Haushaltsplanentwurf 2015: Erreichen des Stärkungspakt-Zieles ungewiss • Kämmerer Bernd Kuckels schließt Erhöhung von Kommunalsteuern nicht aus • JHQ-Anmietung oder -Kauf überhaupt verantwortbar? [mit Audio]

Bernhard Wilms [ - Uhr]

[06.10.2014] Mit dem Beitritt zum Stärkungspakt im Jahr 2012 hat sich die Stadt Mönchengladbach verpflichtet, im Jahr 2018 einen ausgeglichenen Haushalt auszuweisen.

Dazu will das Land bis 2021 Konsolidierungshilfen in Höhe von 307 Millionen Euro beisteuern.

Danach muss die Stadt ohne die Hilfen des Landes auskommen und einen ausgeglichenen Haushalt sicherstellen.

„Schon 2018 wird ein Haus­halts­aus­gleich ‚aus eigener Kraft‘ nicht mehr möglich sein“, erklärte Stadtkämmerer Bernd Kuckels (FDP) in seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2015.

Als Gründe dafür nannte Kuckels u.a.

  • einen überproportionalen Anstieg der Sozialkosten um 7,8 Millionen Euro unter anderem für Mehrausgaben zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen,
  • die Kosten der SAP-Einführung,
  • die beschlossene Erhöhung des Theaterzuschusses,
  • den höheren Personalkostenanstieg und
  • einen überplanmäßigen Anstieg von Sozialausgaben,
  • den Rückgang der Schlüsselzuweisungen des Jahres 2014 um 12,2 Mio. €.

Nach den Vorgaben des Stärkungspaktgesetzes bilden Haushaltspläne und Haushaltssanierungsplan (HSP) eine Einheit, wobei mit dem HSP der Rat Einsparmaßnamen beschließt, mit welchen in der Fortschreibung für die Jahre bis 2018/2021 ausgeglichene Haushalte erreicht werden.

Bis 2014 existierten noch so genannte „Puffer“, durch die Ausgleiche für Einsparungen geschaffen wurden, die nicht erzielt werden konnten.

Diese „Puffer“ sind aufgebraucht, stehen also nicht mehr zur Verfügung, so dass nach den im Haushaltsentwurf 2015 zusammengestellten Zahlen mit einem Fehlbetrag von 28,4 Mio. EURO zu rechnen sein wird; das sind 10 Mio. EURO mehr als 2014 für 2015 prognostiziert wurde.

Dennoch ist Kämmerer Kuckels der Auffassung: „Der Haushaltsentwurf 2015 erfüllt die Kriterien der Genehmigungsfähigkeit“.

Das jedoch nur, wenn

  • entweder die vom Bund zugesagten Mittel aus dem Bundesteilhabegesetz fließen, oder
  • Gewerbe- und/oder Grundsteuer B erhöht werden.

Letztere bezeichnet Kuckels mit einer durchaus kreativen Wortschöpfung als „konditionierte Eventualsteuererhöhung“, was im Klartext bedeutet: Zahlt der Bund nicht, werden die Steuern erhöht.

In den kommenden Jahren werden Defizitsteigerungen von 6,9 Millionen Euro in 2018 und bis 17,8 Millionen Euro im Jahr 2021 erwartet.

Würde der Bund zahlen, würde die Stadt 19,67 Millionen Euro pro Jahr erhalten.

Diese Beträge schon jetzt in den Planungen für 2015 und die nachfolgenden Jahre zu berücksichtigen, ist der Stadt Mönchengladbach als Stärkungspaktkommune nicht gestattet, weil das Bundesteilhabegesetz noch nicht in Kraft gesetzt ist.

Hier die Haushaltsrede von Kämmerer Bernd Kuckels als Audio (nachgesprochen)

[audio: 14-10-01-kuckels-haushaltsrede-2015.mp3]

 

und hier als PDF zum Nachlesen: 14-10-01-einbringungsrede-haushalt-2015-kuckels

Zusätzlich zu den umgesetzten, teilweise umgesetzten und noch offenen HSP-Einsparungs­maßnahmen schlägt die Verwaltung aktuell fünf weitere Maßnahmen vor, durch die zwischen 2015 und 2021 Einsparungen in Höhe von etwa 57.421.000 EURO erzielt werden sollen:

  • Verzicht der Aufstellung von Großplakatwänden bei politischen Wahlen, 5.000 EURO jährlich (2015 bis 2021 = 35.000 EURO)
  • Ertragsverbesserung durch Anbieten zusätzlicher Termine für die Gruppenbelehrungen nach § 43 des Infektionsschutz­gesetzes, 22.500 EURO jährlich (2015 bis 2021 = 157.500 EURO)http://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__43.html

Offensichtlich wurde diese „Gruppenbelehrungen“ bislang nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt.

  • Einsparung städt. Grundbesitzabgaben durch die Reduzierung der Müllentsorgungs- und Straßenreinigungs­gebühr, 1.276.200 EURO jährlich (2015 bis 2021 = 8.933.400 EURO)

Diese Einsparungsprognose bezieht sich auf die städtischen Grundstücke und unterstellt, dass auf Grund der Rekommunalisierung der GEM die hier aufgeführten Gebühren wirklich sinken werden.

  • Geltendmachung der Arzneimittelrabattierung im Rahmen der Beihilfe 5.000 EURO jährlich (2015 bis 2021 = 35.000 EURO)

Offensichtlich wurde diese Rabattierung bislang nicht (vollumfänglich) in Anspruch genommen.

  • „Konditionierte Eventualsteuererhöhung“ zur Absicherung der Entlastung aus dem Bundesteilhabegesetz ab 2018, zwischen 7,972 Mio. EURO (2018) und 18,832 Mio. EURO (2021) = 53,316 Mio. EURO

Werden diese HSP-Maßnahmen vom Rat beschlossen, müssen sie auch realisiert werden. Das ist eine unabdingbare Vorgabe des Stärkungspaktgesetzes. Eine „Rücknahme“ einer HSP-Maßnahme ist unzulässig.

Sollten Realisierungen nicht möglich sein, müssen weitere HSP-Maßnahmen „erdacht“ und umgesetzt werden.

Auf die „Eventualsteuererhöhung“ kann dann verzichtet werden, wenn der Stadt auf der Grundlage des Bundesteilhabegesetzes entsprechende Mittel zufließen.

In diesem Zusammenhang machte Kuckels deutlich: „Meine Damen und Herren, indem wir in unserer Haushaltsplanung nunmehr, wenn auch mit der von der Kommunalaufsicht verlangten Absicherung, entscheidend auf den Entlastungseffekt des Bundesteilhabegesetzes setzen, spielen wir gleichsam einen unserer letzten Joker.“

 

JHQ-Übernahme als „Haushaltskiller“?

An anderer Stelle seiner Rede erklärte der Stadtkämmerer: „Aufgrund weiterer Verschlechterungen sind wir mit dem Haushaltsentwurf 2015 nun an einem Punkt angekommen, wo wir tatsächlich nicht mehr in der Lage sind, das zwingend vorgegebene Ziel des Haushaltsausgleichs ab 2018 aus eigener Kraft zu erreichen.“

Diese und weitere Passagen mit ähnlichen Einschätzungen in Kuckels Einbringungsrede führen das Bestreben von CDU, SPD und FDP, das JHQ-Areal von der Stadt anzumieten und/oder (über die EWMG?) kaufen lassen zu wollen, ad absurdum.

Weder in der Aufwands- noch in der Ertragsrechnung des Haushaltsplanentwurfs 2015 konnten die prognostizierten Kosten und die bislang erhofften Erträge Eingang finden.

Zu vage schienen der Verwaltung die eigenen Annahmen zu den einzelnen Kostenpositionen. Ansonsten hätte eine Aufschlüsselung möglicherweise so ausgesehen.

Mit Blick auf die avisierten Konkretisierungen für die nächste Ratssitzung am 20.11.2014 und die vorlaufenden Gremien wären Hinweise – wenn auch nur verbal – sicherlich angebracht gewesen.

Dass die in Vorbereitung auf die Ratssitzung am 01.10.2014 kommunizierten Kosten geringer ausfallen werden, ist kaum zu erwarten, zumal es Kostenblöcke gibt, die nach eigenem Bekunden der Verwaltung in keinster Weise geschätzt werden konnten. Dass sich daran bis zum 20.11.2014 etwas ändern wird, ist ebenfalls nicht zu erwarten.

Abgesehen von den vielen anderen Unwägbarkeiten des Vorhabens (Verkehrssicherungspflicht, Naturschutzbelange, Abriss der aufstehenden 2.000 Gebäude, der Kosten in Höhe von über 42.000.000 EURO auslösen würden usw.) das JHQ (zunächst) für 5 Jahre von der BImA zu mieten, um es dann anschließend möglicherweise zu kaufen, ist politisch kaum verantwortbar.

Ansonsten läuft man Gefahr, dass zur Sicherstellung der Ziele des Stärkungspaktes weitere, den Bürgern nicht mehr zu erklärende Einsparungen oder die Erhöhung von Gewerbe- und Grundsteuer B zugemutet werden müssten …

…nur um einem pekuniär nicht darstellbaren, vermeintlichen „Imagegewinn“ für die Stadt hinterher zu laufen.

4 Kommentare zu “
Haushaltsplanentwurf 2015: Erreichen des Stärkungspakt-Zieles ungewiss • Kämmerer Bernd Kuckels schließt Erhöhung von Kommunalsteuern nicht aus • JHQ-Anmietung oder -Kauf überhaupt verantwortbar? [mit Audio]”
  1. Wie ticken diese städtischen Unternehmen? Was dürfen die alles? Auch immer Miese machen? Wer erlaubt denen das? Wer zahlt das? Alles wir?

    Also, wenn ich nix mehr habe überweist mir niemand was aufs Konto oder gibt mir Bares.

    Wo kann ich mich melden, damit ich auch was abbekomme?

    Wenn das bei diesen Gesellschaften, also Gesellschaften in Not geht, muss das doch auch bei Bürgern in Not klappen!

    Mir sagen die bei der Stadtverwaltung oder den Parteien dann bestimmt, dass ich besser mit meine Geld umgehen muss und noch was dazu verdienen muss oder mehr sparen. Oder alles zusammen. Wie ist denen bestimmt egal.

    Ich finde, dass diese Unternehmen viel besser behandelt werden als wir Normalos. Wir zahlen für die und schauen in die Röhre. Die machen was die wollen und hauen Geld raus. Super!

    Haut denen niemand auf die Finger? Gibts keinen der denen mal sagt wo es lang geht und die Kasse total leer ist!

    Vielleicht leben die noch in einer ganz anderen Welt als wir Normalos! Also muss die endlich jemand aufwecken und die grausame Wahrheit sagen! Gehaltskürzungen inklusiv.

    Eben wie im richtigen normalen Leben. So läuft das bei uns kleinen Leuten schon lange.

    Also auch mal endlich den Gürtel enger schnallen!

  2. @ Ypsilon

    Sie haben noch was vergessen. Dr. Schückhaus kriegt noch für alles was vermittelt wird noch 5% Provision.

    Der Rockwahn läuft sicher noch. In der RP tauchte dieser Tage mal wieder dieses „Four Seasons“ auf. Das sind Saudis (glaube ich) die wollen nur 60 ha. Vielleicht sollen die jetzt die Kohle rüberwachsen lassen, die Lieberberg nicht ausgeben will.

    Wäre doch prima für die Rock-Image-Jünger. Vielleicht haben die den Traum: Die Scheichs investieren und zahlen und Lieberberg kann dann billig (für ihn) ein Festival veranstalten.

    Frage: wollen solche Investoren Höllenlärm für 3-4 Tage?

    Asylanten und Flüchtlingen kann man sowas zumuten. Reichen Investoren bestimmt nicht. Die werden sich das nicht bieten lassen.

    Wenn da nichts in der Richtung läuft, also dass ein Investor im JHQ das allein stemmen kann, ohne dass die Stadt drauf zahlt, bleibt nur eins: Finger weg vom JHQ! Wir sind bereits pleite!

    Die Städtischen Gesellschaften? Schließe mich den Kommentatoren an: liquidieren! Das sind Geldvernichter und Klüngel-Anhängsel.

  3. @ Findus

    Gute Vorschläge!

    Sowohl Rock im Ex-HQ als auch die vielen städtischen Gesellschaften, allen voran EWMG und WFMG könnten wir uns im wahrsten Sinn des Wortes sparen. Die kosten mehr als sie bringen.

    Die Frage, ob sich Gladbach ein Rockfestival oder anders ausgedrückt das JHQ-Areal leisten kann, dürfte sich mit diesem Haushaltsplanentwurf eigentlich erledigt haben.

    Ist aktuell ohnehin seltsam ruhig geworden, was das anbelangt. Hat Herr Lieberberg noch nichts zu dem versprochenen „kleineren“ Festival erklärt? Das soll doch im August 2015 stattfinden.

    So’n bisschen mehr Image und Möchtegern-Glamour (sicher gerne auch VIP beim Rock im HQ für die, die sich dafür ins Zeug gelegt haben, dass Lieberberg Kohle machen kann) muss den Bürgern dieser Stadt doch was wert sein!

    Was ist dagegen schon die Erhöhung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B, die sich auf alle, auch die Mieter, auswirkt?

    Einsparpotenzial gibt es bestimmt noch viel mehr.

    Da wären die Dividendenzahlungen der NEW/aus RWE-Anteilen (nun ist der Kurs ja voll im Keller!), die seit 2001 oder 2002 (meine das ist richtig) mit schöner Regelmäßigkeit an die EWMG „geflossen“ sind.

    Das waren in guten Zeiten schon mal 15 bis 20 Millionen Euro –wie viel davon blieb in der Stadtkasse und was kassierte die EWMG in den vergangenen Jahren? Wenn alles an diese ging, wo versickerte dieses Geld?

    Wie schreibt die EWMG auf ihrer Hompage: „Die EWMG stellt die Weichen für wirtschaftlichen Erfolg, gibt Ihnen ein Zuhause und Mönchengladbach ein neues Gesicht.“

    EWMG-Slogan: Wir gestalten die Stadt. Na ja, sowas kostet eben!

    Für sich selbst kriegt die EWMG das mit dem „wirtschaftlichen Erfolg“ offensichtlich aber nicht hin.

    Im Beteiligungsbericht 2012 (2013 scheint noch nicht veröffentlich? zumindest nicht gefunden) stehen auf Seite 26 zur EWMG diese Summen, Zitat:

    „In 2012 zahlte die Stadt ein Geschäftsbesorgungsentgelt in Höhe von TEURO 2.219.

    Die Stadt leistete Sachkostenerstattungen in Höhe von TEUR 1.255 und bekam ihrerseits von der EWMG TEUR 1.538 erstattet.

    Für die Nutzung des Hockeystadions für den Schulsport erhielt die EWMG in 2012 ein Entgelt in Höhe von TEUR 28, sowie Erstattungen in Höhe von TEUR 42.

    In 2012 erhielt die EWMG einen VERLUSTAUSGLEICH in Höhe von TEUR 1.549.

    Für 2011 schüttete die EWMG in 2012 eine Dividende in Höhe von TEUR 839 aus.

    Gegenüber der WFMG Wirtschaftsförderung Mönchengladbach GmbH und der PPG Nordpark GmbH hat die EWMG Ausgleichsverpflichtungen.

    In 2012 betrugen sie TEUR 906 und entfielen ausschließlich auf die WFMG.
    Die WFMG wiederum zahlte einen Zuschuss an die Standort Niederrhein GmbH in Höhe von TEUR 88.

    Diese Aufwendungen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung jeweils Teil der betrieblichen Aufwendungen.

    Die NEW Kommunalholding schüttete in 2012 eine Dividende in Höhe von TEUR 5.417 an die EWMG aus und die PPG führte einen Gewinn in Höhe von TEUR 70 an die EWMG ab.“ Zitat Ende.

    Bei Einnahmen von TEURO 7.493 minus Dividendenzahlung für 2011 TEURO 839, Ausgleichsverpflichtungen an die WFMG TEURO 906, frage ich mich, warum die EWMG dann trotzdem einen Verlustausgleich von der Stadt in Höhe von TEUR 1.549 (!) brauchte.

    Der Nordpark wird auf der HP der EWMG als Erfolgsstory gefeiert. Wie hat diese Erfolgsstory sich in Euro und Cent ausgewirkt? Offensichtlich gar nicht, sonst hätten die keine Miesen gemacht.

    Ein erfolgreiches Geschäftsmodell sieht definitiv anders aus! Das hätte die Stadtverwaltung genauso hinbekommen – vielleicht sogar noch kostengünstiger!

    Aber, dann hätte Dr. Schückhaus auch keinen so lukrativen Job, der ihm rd. 200.000 Euro einbringt.

  4. In der Tat steht der Kämmerer vor einer sehr schweren Aufgabe. Ihm sollte nur eines helfen: Geld sparen.

    Ich hätte da einen Vorschlag:

    Warum spart der Kämmerer nicht bei den städtischen Gesellschaften EWMG/WFMG ?

    Sie kosten den Bürger beträchtliche Summen Steuergeld, die man locker einsparen könnte.

    So platzierte sich gerade ein breit lächelnder Geschäftsführer Dr. Ulrich Schückhaus in einer unübertroffenen Selbstdarstellung am Sonntag 05. Oktober 2014 auf Kosten der Bürger in einer vierseitigen Verlagssonderseite Nr. 28 10/2014 des Anzeigenblattes „Extra Tipp“.

    Anlässlich der Gewerbeimmobilienmesse EXPO REAL in München meinte Herr Dr. Schückhaus offensichtlich, unter den Lesern des EXTRA TIPP potente Kunden für städtische Gewerbegebiete werben zu können.

    Was hat diese unnötige Anzeige der EWMG/WFMG eigentlich den Steuerzahler gekostet?

    Was kostet Herr Dr. Schückhaus nebst Zuarbeitern den städtischen Haushalt im Jahr?

    Und was wird das Rockspektakel im Hardter Wald den Steuerzahler letztlich kosten?

    Alles derart sinnlos verschwendete Gelder, dass man sich nur die Augen reiben kann. Es wird allerhöchste Zeit, dass die Aufsichtsbehörde in Düsseldorf regulierend bei der Stadt Mönchengladbach eingreift.

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