Frohes neues Hartz-IV-Jahr … oder: „Ich bin dann mal weg!“

Torben Schultz [ - Uhr]

Das Jahr 2016 beginnt für Hartz-IV-BezieherInnen nur scheinbar mit einer Erhöhung des Regelsatzes um 5,00 Euro. Denn wer Inhaber des Sozialtickets ist, muss zum 1. Januar 2016 eine Erhöhung um 1,05 Euro hinnehmen und eine weitere zum 1. April 2016 um 2,80 Euro:

http://www.vrr.de/de/tickets/vielfahrer/sozialticket/

Somit bleiben von der Erhöhung gerade mal 1,15 Euro.

Doch trotz extrem geringer Inflationsrate in 2015 müssen wir noch immer von 0,25 bis 0,35 % ausgehen.

Und somit verabschiedet sich der Rest der Regelsatz-Erhöhung mit dem schönen Buchtitel: ‚Ich bin dann mal weg!‘; und das obwohl wir noch gar nicht zu Ende gerechnet haben.

Die geringe Preissteigerung ist inzig auf die „Warenkorbgruppe Energie“ zurückzuführen.

Im Novembervergleich war das ein Minus von 7,5 %, bei Nahrungsmitteln hingegen stiegen die Preise um 2,3 % und dafür wird der größte Teil des Regelsatzes ausgegeben:

https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2015/11/PD15_441_611.html

DIE LINKE stellt klar, dass die Inflationsrate in 2016 nicht so gering bleiben wird.

Die Öl- und Gaspreise sind schon länger auf einem sehr niedrigen Niveau und der Preisindex wird im Vergleich mit dem Vorjahr ermittelt.

In diesen zwei Bereichen muss also bestenfalls von konstanten Preisen ausgegangen werden.

Dazu kommt aber die Ankündigung der Stromkonzerne, die Preise um fast 3 % zu erhöhen.

Wir müssen also ab Februar von einer Inflationsrate über 1 % ausgehen und bei dem eh schon viel zu knapp bemessenen Regelsatz wird das die Hartz-IV-BezieherInnen hart treffen.

Bei ihrer Kritik an der Bemessungsgrundlage des Regelsatzes steht DIE LINKE nicht alleine.

Erst zum Jahresende 2015 hatte der Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) die Bundesarbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) aufgefordert, die Praxis aus der Zeit der Vorgängerregierung zu korrigieren.

Aus diesem Grund forderte der DPWV-Präsident Schneider eine Anhebung der Leistung um 23 % auf 491,00 Euro im Monat:

http://www.rp-online.de/wirtschaft/paritaetischer-wohlfahrtsverband-hartz-iv-satz-muss-sofort-auf-491-euro-erhoeht-werden-aid-1.5656272

Kern der falschen Berechnung aus dem Jahr 2011 ist, dass Frau von der Leyen (CDU) nur die einkommensschwächsten 15 % der Bevölkerung heranzog, um den Hartz-IV-Satz zu ermitteln. Zuvor hatten die unteren 20 % als Basis gedient.

Eine weitere Kritik war sowohl von den Wohlfahrtsverbänden als auch von der SPD, dass zwar die Hartz-IV beziehenden Haushalte aus der 15 %-Vergleichsgruppe heraus gerechnet wurden, aber nicht die Aufstocker:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sozialministerin-nahles-wegen-hartz-iv-berechnung-in-der-kritik-1.2774792

Ob nun mit oder ohne Sozialticket, alle Zahlen machen klar: Mit der 5,00 Euro Erhöhung wird nicht das Existenzminimum abgesichert, sondern Armut verschlimmert.

Wenn die SPD schon nicht auf Forderung einer sanktionsfreien und die gesellschaftliche Teilhabe garantierende Mindestsicherung eingehen will, dann muss sie sich als guten Vorsatz für 2016 wenigstens die deutliche Erhöhung des Regelsatzes auf ihre ToDo-Liste schreiben.

Das sind nämlich ihre eigenen Forderungen von vor 5 Jahren.

Foto: birgitH | pixelio.de

3 Kommentare zu “
Frohes neues Hartz-IV-Jahr … oder: „Ich bin dann mal weg!“”
  1. Franz Müntfering der saturierte, ebenfalls bestens durch uns Bürger versorgte Spezialdemokrat zur Einführung der Hartz-Gesetze (geschrieben durch die Bertelsmann-Stiftung, Einfluss überwiegend durch Konzerne, die „ihre“ Vertreter zahlreich am Tisch sitzen hatten, im Gegensatz zu den Arbeitnehmern):

    „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, das stünde schon in der Bibel.

    Blöd nur, dass dort steht: „Wer nicht arbeiten WILL, soll auch nicht essen.“

    Bei Einführung von Hartz IV waren offiziell 4 Mio. Menschen arbeitslos, außen vor Statistik-Wortakrobatik.

    Vizekannsnich Gabriel (SPD) dazu 2015:

    „Der Vizekanzler verwies zudem auf die gesunkenen Arbeitslosenzahlen. „Der Erfolg ist ja sichtbar“, betonte der Minister. „Damals hatten wir fünf Millionen Arbeitslose, heute sind es zwei Millionen weniger.“

    http://www.focus.de/finanzen/news/arbeitsmarkt/bilanz-des-wirtschaftsministers-gabriel-raeumt-fehler-bei-einfuehrung-von-hartz-iv-ein_id_4380192.html

    Wie kommt Gabriel darauf? Weil er immer noch seinen sehr gut dotierten Job hat und von Tag zu Tag im wahrsten Sinn des Wortes „gewichtiger“ zu werden scheint? Auch zum Zeitpunkt des Interviews stimmte das nicht, damals gab es noch weniger offene Stellen als Stand November 2015.

    Wir haben heute (Stand November 2015) 2,6 Mio. Arbeitslose PLUS 3,5 Mio. Unterbeschäftigte = insgesamt sind 6,1 Mio. Arbeitslose denen grade mal 610.000 offene Stellen gegenüber stehen.

    WO sind es weniger geworden? Vor allem durch/wegen Hartz IV???

    Wie verblendet muss man sein so etwas zu behaupten. Das ist eine bewusste Verhöhnung der Arbeitslosen.

    „Weniger“ sind es nur dank Statistiktrickserei und z.B. die Bezeichnung „Unterbeschäftigte“, geworden.

    So können nur Politiker schwadronieren und die Realität ausblenden.

    Sind ja nicht betroffen, bestens finanziell versorgt und abgesichert (Altersversorgung) und haben leicht reden.

    Mit Hilfe der Medien wurden Langzeitarbeitslose derart schlecht geredet und geschrieben, bis es endlich überall angekommen ist, dass es sich um arbeitsscheue Schmarotzer handelt, denen das alles zu recht widerfährt.

    In dem o.g. Link gesteht dieser SPD-Gabriel wenigstens ein, dass Fehler gemacht wurden, da es z.B. keinen Unterschied gibt, ob jemand vorher 1 oder 30 Jahre gearbeitet hat. Den Rest können Interessierte dort nachlesen.

    Noch kapieren die meisten nicht, dass hier ein großes Monopoly gespielt wird, das dank neo-neoliberaler Politik in einem immer rüder agierenden Kapitalismus immer mehr Menschen und Unternehmen aussortiert und logischerweise immer weniger große Player das Sagen haben.

    Übrigens auch entsprechenden Einfluss auf die sogenannte Politik ausüben. Beispiele: CETA, TTIP, TiSA. Die Bürger sind dagegen, was die Politiker, wie in vielen anderen Fällen, nicht die Bohne interessiert.

    Niemand kann allen Ernstes von einer erfolgreichen Politik Merkels oder gar Gabriels (wird gerne von einem Teil der SPD genommen) sprechen.

    Wobei es schon beinah egal ist, wer „dran“ ist. Der Otto-Normal-Bürger wird immer rasiert und ist nur ein Bauer, den man beliebig auf dem Schachbrett benutzen kann, solange dieser sich diese „Behandlung“ gefallen lässt.

  2. Die Einführung von Hartz IV war eine Frechheit.

    Politik und Wirtschaft sind seit Jahrzehnten nicht in der Lage Arbeitsplätze zu schaffen.

    Die Idee oder Begründung für Hartz IV war, dass die Arbeitslosen dann wieder schneller eine Arbeit aufnehmen.

    Wo Arbeitslose Arbeit finden können, wurde nie verraten.

    Es gibt gar nicht genug Arbeitsplätze.

    Auch damals nicht als Hartz IV eingeführt wurde. Schuld daran sind nicht die Arbeitslosen sondern die neoliberale Politik, die uns als das Maß aller Dinge verkauft werden soll.

    Arbeit wurde im großen Stil ins Ausland verlagert wo es noch billiger geht. Warum wohl!

  3. Also bitte, nur nicht so üppig, sonst werden diese Hartz-IV-Bezieher womöglich noch übermütig! Wo kämen wir da hin!

    SPD und ToDo-Liste pro Erhöhung Regelsatz??? Gröhl! LOL!

    Die sind jetzt GroKo und Leute wie Gabriel auf Augenhöhe mit der großen weiten Welt und deren Mächtigen (wie in Davos), da kann man sich nicht mehr um jede Kleinigkeit kümmern!

    Wie tief die Wahlbeteiligung auch sinkt – macht nix, wird man eben von weniger Leuten gewählt.

    Dafür hat man sich die Parteienfinanzierung schließlich erhöht. Ist doch logisch. Weniger Wähler, also muss mehr Geld für weniger Wähler her!

    Sind schließlich „Leistungsträger“, die uns das schon wert sein müssen!

    Besonders an CDU/CSU und SPD (sind schließlich am längsten „im Geschäft“ und schwadronieren seit Jahren, was gegen die Arbeitslosigkeit tun zu wollen, zumindest vor Wahlen):

    Deutschland braucht Arbeitsplätze! Richtige Arbeitsplätze, aus deren Einkommen Menschen auch leben und eine Rente, die diese Bezeichnung verdient hat, aufbauen können!

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