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Über die (politische) Grenze geschaut: Wer ist denn da so frei?

uitslag_roermond_PS_111 [1]Vor gut einem Jahr wählten die Niederländer. Bei den Wahlen im Juni 2010 hatten am Ende die Liberalen von der VVD die Nase vorn und stellen seit dem 31 der 150 Abgeordneten in der Zweiten Kammer des Nachbarlandes, vergleichbar mit dem Bundesrat.

Der eigentliche Wahlgewinner aber war für alle Beobachter im In- und Ausland die Partij voor de Vrijheid (PVV). Die PVV hat nur ein Gesicht, das des gebürtigen Venloers Geert Wilders. Von den übrigen 23 Mitgliedern seiner Fraktion erfährt man in den deutschen Medien wenig.

In seinen Tagträumen vor den Medien sah sich Wilders schon als Ministerpräsident, schon lange bevor sich VVD und CDA einig waren, sich von Geert Wilders‘ PVV dulden zu lassen. Seitdem sorgt Wilders immer wieder für Schlagzeilen.

„Wilders, das ist doch der, der wegen Fremdenhass vor Gericht stand, letztendlich aber freigesprochen wurde“, wissen der Mann und die Frau auf der Straße hierzulande etwas mit dem Namen anzufangen.

Hierzulande gilt Wilders als Rechtspopulist, womit sich weitere Fragen beinahe erübrigen. Doch werfen wir einmal einen Blick ins Internet.

Wer gibt sich denn da die Ehre, am 3. September Berlin zu besuchen? Geert Wilders, am 6. September 1963 in Maasbree bei Venlo geboren, niederländischer Politiker, Vorsitzender der Partij voor de Vrijheid, weiß Wikipedia, die Enzyklopädie im worldwide Web.

Und Google ergänzt, dass er am Regierungssitz der Angela Merkel seine politischen Freunde besucht. Ein Platz in der ersten Reihe (zuzüglich Vorverkaufsgebühr) kostet 100 Euro, auf den billigen Plätzen muss man 35 Euro berappen. Natürlich nur per Lastschrift und von einem deutschen Bankkonto.

„Aus Sicherheitsgründen können wir Ihnen den genauen Veranstaltungsort erst ca. 24 Stunden vorher mitteilen.“ So die Information des Veranstalters, der sich DIE FREIHEIT nennt.

„Nenne mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist“, weiß der Volksmund. Schauen wir mal nach und wechseln wir auf die Website der Partij voor de Vrijheid: http://www.pvv.nl/ [2]

Statt der Kopfzeile mit den Schubladen „Aktuelles, Politik, DIE FREIHEIT, International, Aufnahmeantrag“ fällt der Blick zunächst einmal auf den Mann mit den blonden Haaren.

Folgt man der Definition einer bekannten Internet-Enzyklopädie, muss er die „charismatische Persönlichkeit“ sein, die von den Medien als Köpfe einer populistischen Bewegung gehandelt werden.

Die Schubladen der Partei, mit der sich Wilders 2006 von der VVD abspaltete, tragen folgende Aufschriften: Home, Agenda (Kalender), Nieuwsbrief (Aktuelles), Fracties (Fraktionen), Visie (Vision), Multimedia, In de Media (in den Medien), Vacatures (offene Stellen) und Partij (Partei).

Zum Vergleich eben noch die Kopfleisten der beiden liberalen Volksparteien in den beiden Nachbarländern. FDP: Politik, Themen A-Z, Partei, Presse, Dialog und als Unterzeile: Mitglied werden, Spende, FDP regional, Mitmachen, Service.

VVD: Standpunten (Standpunkte), Actueel (Aktuell), Mensen (Menschen), Agenda (Kalender), Over de VVD (über die VVD), Pres (Presse), Doneren (Spenden), Word lid (Mitgliedsantrag).

Alle Parteien stellen sich auf ihren Websites ähnlich vor mit ihren Themen, ihrem Programm, ihrem Kalender.

Auffallend: Die PVV hat keine Schublade, in der ein Antragsformular auf Sie wartet, mit dem Sie die Mitgliedschaft beantragen könnten.

Und wenn Sie die Schublade Partij aufziehen, werden Sie sofort gelinkt. Wenn Sie zweimal kurz auf die Maus Ihres Computers drücken, landen Sie statt bei der niederländischen Partei für die Freiheit (PVV) auf der Seite von Geert Wilders.

Der Blonde im blauen Anzug und dem roten Schlips zum weißen Hemd spricht Besucher seiner Website in English an, nicht in der Landessprache, wie http://www.geertwilders.nl/ [3]  vermuten ließe.

Und er bittet Sie um eine Spende per Paypal oder auf das Konto der Freunde der PVV in Den Haag.

Für gewöhnlich zahlen Mitglieder hüben wie drüben ihren Mitgliedsbeitrag nicht auf ein Spendenkonto, sondern auf das ihrer Partei ein. Ein Beitragskonto findet sich aber weder auf der Seite des Geert Wilders oder der PVV.

Wie finanziert sich nun die Partei für die Freiheit? Darüber findet sich auch einiges im Internet.

Seit drei Jahren verspricht die Minderheitsregierung, das niederländische Gesetz zur Parteienfinanzierung zu überarbeiten.

Femke Halsema, bis vor kurzem Fraktionschefin von GroenLinks im Parlament, wollte es wissen. Bei „Pauw & Witteman“, einer abendlichen Talkrunde zu aktuellen Themen des Tages, meinte die Professorin im öffentlich-rechtlichen Fernsehen: „Wilders lässt sich nicht kontrollieren.“

Ein Gesetzentwurf von Guusje ter Horst Ter Horst, bis 2010 Innemministerin im letzten Kabinett Balkenende, sah vor, dass Privatleute maximal bis zu € 25.000 an Parteien spenden dürfen, anonyme Spenden sollten auf € 700 limitiert werden.

PVV-Fraktionsmitglied Brinkmann verschlug dieser Vorschlag die Worte.

Gegenüber der Tageszeitung Vrij Nederland wurde der Volksvertreter deutlicher: „Nehmen wir an, Ihr Nachbar möchte der PVV 2.000 Euro schenken. Aber er möchte auch die freundschaftliche Beziehung zur Nachbarin nicht aufs Spiel setzen, die immer seine Blumen tränkt, wenn er Urlaub macht. Und die Nachbarin nennt die PVV eine extrem-rechte, faschistische Partei. Dann wird er doch wohl nicht mit Vor- und Zunamen spenden.“ (siehe: politiek www.startpagina.nl/prikbord [4] )

Auch der Kolumnist Bas Heine machte sich Ende Oktober vergangenen Jahres im NRC Handelsblad seine Gedanken. Er rätselte, welcher Spender wohl hinter der Frage Baklava of rijstevla? stand.

„Baklava oder Reistorte?“ war der Titel eines Songs beim alljährlichen Wettbewerb Kinderen voor Kinderen. Wilders und sein Fraktionskollege Martin Bosma wollten vom Minister wissen, warum ein sechzehnjähriges, schüchternes, unschuldiges Mädchen mit marokkanischem Migrationshintergrund in einer öffentlich-rechtlich ausgestrahlten Fernsehsendung mindestens 27 Mal „Allah Akbar“ singen musste.

Der Kolumnist bekennt im Folgenden, dass er sich bei der PVV nie sicher ist, was Fanatismus und was eiskalte Berechnung ist. Sicher ist, dass Wilders Spenden aus dem Ausland erhält, so belegen mehrere Quellen.

So werben zum Beispiel amerikanische und israelische Organisationen. Genauer gesagt gehen die Spenden auf das Konto der Freunde der PVV und werden (formal) von dort weitergeleitet an Wilders und die Partei.

Ein anderes Problem spricht Gerrit Voerman an, Professor an der Universität Groningen und Direktor des dortigen Dokumentationszentrums für politische  Parteien.

Geert Wilders lässt sich offenbar ungern von jemand reinreden. Am Phänomen PVV wird deutlich, dass es auch Parteien ohne Mitglieder gibt, die wie ein Shootingstar am Parlamentshimmel auftauchen.

Für die Gründung einer Partei gilt im Nachbarland dasselbe wie bei der Gründung eines Vereins. Zwei Personen gründen einen Verein und lassen diesen bei der örtlichen KvK ins Register eintragen.

Weil Geert Wilders derzeit das einzige Mitglied der PVV und nicht gleichzeitig Regierungsmitglied, Fraktionschef, Parteivorsitzender in einer Person sein kann, hätte er auch nicht Ministerpräsident werden können, selbst wenn seine PVV als stärkste Fraktion aus den Wahlen im Juni 2010 hervorgegangen wäre.

Voerman erläutert: „Es erscheint mir sinnvoll, Parteien freizustellen, eine Organisation aufzubauen. Das beinhaltet aber auch, dass der Gesetzgeber die Parteienfinanzierung entsprechend verändern und anpassen muss.“

Seit Jahren zieht sich nun die Gesetzesreform hin. Für den Groninger Experten ist dafür die PVV mitverantwortlich. Denn sie blockiert Beschlüsse, die verlangen, Spender und Spenden von mehr als € 4.500 öffentlich zu machen.

Da hielten sich die etablierten Parteien lieber zurück, als sich eine Blöße zu geben, welche (Rechts)Populisten gleich für ihre Kritik nutzen.

Eine genauere Analyse des Parteiensystems in den Niederlanden und Deutschland würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Darum zum Ende nur ein Tipp: Googlen Sie einmal und vergleichen Sie http://www.wikipedia.nl/ [5] – Politieke Partijen mit http://www.wikipedia.de/ [6] – Politische Parteien.

Quellen:

pvv.nl, geertwilders.nl, parlement.com, rug.nl/dnpp/index, www.ru.nl/letteren/voorzieningen/cpg [7], maastrichtuniversity.nl/web/Faculteiten/FdR/Thema/Capaciteitsgroepen/Publiekrecht.htm