Tour de France 2017 fährt durch Mönchengladbach • Kosten: Mindestens 100.000 EURO • Hochschul-Professor Dr. Rüdiger Hamm sieht keinen Nutzen, weder wirtschaftlich noch fürs Image

Bernhard Wilms [ - Uhr]

Die Tour de France 2017 führt auch durch Mönchengladbach. Das verkündete Tour-Chef des französischen Tour-Veranstalters Amaury Sports Organisation (ASO) Christian Prudhomme (im Foto rechts) Ende voriger Woche auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf.

„Ich freue mich riesig. Es ist eine großartige Chance für die sportbegeisterte Stadt, die Region und für die Sportnation Deutschland angesichts der weltweiten Medienpräsenz, die eine solche Tour de France hat. Der Grand Départ 2017 wird der Sportstadt Mönchengladbach sehr gut zu Gesicht stehen. Damit setzen wir die Reihe unserer Sport-Großereignisse fort“, wird Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners (CDU) zitiert.

Mit „Sport-Großereignisse“ meint Reiners die Hockey-Weltmeisterschaft 2006 und die Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011, an die sich in Mönchengladbach kaum noch jemand erinnern wird.

Positive wirtschaftliche „Nachwirkungen“ blieben aus und von einem gerne von der GroKo, MGMG und WFMG aufs Schild gehobene „Imagegewinn“ dieser Veranstaltungen für Mönchengladbach war und ist nichts zu spüren.

Die 2. Etappe, die am 2. Juli 2017 in Düsseldorf startet, dann durch das Neandertal führt und nochmals Düsseldorf passiert, wird im weiteren Rennverlauf auch durch Mönchengladbach führen.

„Wir gehen dabei von gut über 200.000 Besuchern aus, die sich das Mega-Event nicht entgehen lassen wollen“, so Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners weiter.

Die Tour sei nicht nur ein Imagegewinn für die teilnehmenden Städte, sondern auch aus wirtschaftlicher Hinsicht eine großartige Chance, was den Umsatz für Handel, Gastronomie und Hotellerie angehe.

Wesentlich realistischer und abgeklärter zeigt sich hingegen jemand, der sich seit Jahren von Berufs wegen mit Image- und Wertschöpfungseffekten von Sportveranstaltungen befasst: Prof Dr. Rüdiger Hamm von der Hochschule Niederrhein, der sich selbst als „bekennender Volkswirt“ bezeichnet (Archivbild).

Er sagte am 22.04.2016 in der Lokalzeit Düsseldorf u.a.: „Ich wäre bei Image- und Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten sehr sehr vorsichtig. Ich glaube nicht, dass Menschen von weit her nach Mönchengladbach … anreisen werden, um die Tour de France zu sehen.“

Er sehe allenfalls Interesse bei Zuschauern aus der Region, die sowieso ihr Geld hier ausgeben würden.

Und zum „Image-Effekt“ meinte Prof. Hamm, die Radfahrer würden einmal dadurch fahren, es gebe eine Sprintwertung und seien dann auch wieder weg.

Dabei ist „Sprintwertung“ nicht mit „Einzelzeitfahren“ zu verwechseln. Das findet am Etappen-Startpunkt Düsseldorf statt und soll auf einer Strecke von 13 km Länge durchgeführt werden.

Zwar steht der genaue Streckenverlauf der Tour noch nicht fest, doch wird die „Schleife“ in jedem Fall durch die Mönchengladbacher Innenstadt führen.

Wenn man eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h annimmt, kann jeder potenzielle Zuschauer selbst erahnen, wie viele Minuten oder Sekunden er die Radprofis zu sehen bekommt.

Dafür muss die Stadt Mönchengladbach mindestens 100.000 Euro investieren.

Die Stadt verhandele derzeit mit einer Reihe von Sponsoren, um das Geld aufzubringen, heißt es in der Pressemitteilung der Stadt.

Nicht wundern sollte man sich, wenn schlussendlich die städtischen Gesellschaften oder Unternehmen mit städtischer Beteiligung ins Sponsoring einsteigen (müssen), und damit der Bürger mittelbar dieses „Kurz-Event“ finanziert.

Ganz zu schweigen von den Kosten, die die AöR Stadtbetrieb bzw. die GEM dafür aufwenden müssen, um die Hinterlassenschaften der Besucher dieses „Events“ zu entsorgen.

Gemunkelt wird auch schon, dass in der GroKo Stimmen laut wurden, diesen ersten Sonntag im Juli 2017 zu einem „verkaufsoffenen“ zu machen.

 

4 Kommentare zu “
Tour de France 2017 fährt durch Mönchengladbach • Kosten: Mindestens 100.000 EURO • Hochschul-Professor Dr. Rüdiger Hamm sieht keinen Nutzen, weder wirtschaftlich noch fürs Image”
  1. Radfahrer für Sekunden vorbeifahren sehen, dafür aber am Sonntag schoppen. O.K., wem es Freude macht, und wenn es den Geschäftsleuten hilft.

    Kann ich verstehen. Das Personal ist gekniffen. Die werden weniger jubeln.

    Ob dafür 100.000 € gerechtfertigt sind? Davon könnte man bestimmt in mindestens 2 – 3 Schulen die widerlichen Toiletten endlich sanieren.

    Der Aufwand, der betrieben werden muss dürfte auch entsprechend kosten. Auch bei Unterstützung durch Sponsoren.

    Radsportfans werden das anders sehen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, was ein paar Sekunden Tourfeeling bringen sollen.

    Ein simpler verkaufsoffener Sonntag hätte dann auch gereicht.

    Vielleicht mit Rudelgucken der Tour auf je einer Großleinwand am Rheydter Markt und am Alten Markt.

    Da würden Interessierte sicher viel mehr sehen und Geschäftsleute und Gastronomie hätten bei gutem Wetter bestimmt auch was davon.

  2. Image, Image über alles! Koste es was es wolle.

    100.000 Euro sind „relativ“ wenig. Dafür passiert auch relativ wenig. Nix, als dass eine große Radfahrergruppe vorbei rast. Schwupp – weg sind se. 🙁

    Die Tour und die Teilnehmer lassen sich gerne jeden Meter und jedes noch so kleine Werbeetikettchen versilbern.
    Cleveres Geschäftsmodell. Doping und das Risiko deswegen kostet nun mal.

    Ach ja, äh, richtig, die Tour ist neuerdings sauber –oder so. Bis auf all die asthma- und sonstwas kranken.

    Die müssen nun mal dringend Medikamente nehmen, die „rein zufällig“ leistungsfördernde Nebenwirkungen haben. So ein Pech aber auch …

    Doping:

    2015 -Tour de France: „Es gibt noch genug Tricksereien“:

    Deutsche Anti-Doping-Experten zweifeln vor dem Start der Tour de France am sauberen Radsport.

    Die Doper hätten lediglich raffiniertere Methoden. Und auch die Teamchefs haben sie kritisch im Auge.

    http://www.spiegel.de/sport/sonst/doping-bleibt-auch-vor-der-tour-de-france-ein-thema-a-1041695.html

  3. Da sollte unser Event- und Image-OR (Oberradfahrer) Reiners doch mal auf die hören, die etwas vom Image-Geschäft verstehen.

    Dennoch: Vielleicht könnte Herr Reiners es ja schaffen, wenn die Radfahrer schon durch Mönchengladbachs Innenstadt fahren sollen, die Route über die Hindenburgstraße planen zu lassen und oben noch eine „Bergwertung“ reinzuschieben.

    😉

  4. Da wird sich der ein oder andere Gynäkologe ja über ein mächtiges Umsatzplus freuen können:

    http://www.rp-online.de/sport/andere/doping-die-wichtigsten-antworten-zum-skandal-in-england-aid-1.5877052

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