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NEW-Gutachten zu Windkraftanlagen im Bereich „südlich Hardter Wald“ ohne Wert? • Klagen möglicherweise nicht erfolglos

[1]Da lässt die NEW Mönchengladbach für gutes Geld ein Gutachten zur Umwelt­ver­träglichkeit von Windkraftanlagen im Bereich „südlich Hardter Wald“ erstellen und die Autoren besagten Gutachtens kommen zu dem Schluss, die geplanten Windkraftanlagen seien umweltverträglich.

Wen soll das wundern, denn schließlich ist ja die NEW Auftrag- und Geldgeber.

Erst eine nähere Prüfung des Gutachtens lässt offensichtliche Mängel in dem „Gesamtwerk“ erkennen.

Methodische Unzulänglichkeiten

Bei einem Gutachten nach Regeln guter wissenschaftlicher Praxis sollten die verwendeten Fledermausdetektoren (Hersteller, Modell) und eingesetzte Bestimmungsmethoden genannt werden.

Sollte bei der Detektorerfassung ein Zeitdehner verwendet worden sein, muss beachtet werden, dass durch die Aufnahmetechnik mittels Zeitdehners 90% der Aufnahmezeit während der Begehung verloren geht und somit in der Auswertung nur 1/10 der Erfassungszeit in der akustischen Nachbestimmung abgebildet wird.

[2]Bei einem Zeitdehner werden für einen kurzen Zeitraum, beispielsweise einer Sekunde, alle Ultraschallsignale digital gespeichert, um sie hörbar bzw. speicherbar zu machen, müssen sie zeitgedehnt, d.h. in der Regel 10-mal langsamer abgespielt werden.

In der Zeit während der Zeitdehnung können keine neuen Ultraschallsignale erfasst werden.

Bei der im Gutachten aufgeführten  Horchbox wurde ein Mischertyp verwendet, d.h. nur in einer engen Bandbreite in Abhängigkeit der eingestellten Frequenzen können hier Fledermausarten registriert werden.

Im Gegensatz zu einer Vollspektrum-Erfassung kann eine nachträgliche Zuordnung zu einzelnen Arten daher nur noch sehr eingeschränkt vorgenommen werden.

Im „Leitfaden für die Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ (Seite 21) werden in erster Linie automatische Erfassungen mit Vollspektrum-Geräten wie „Batcorder“ empfohlen, Horchboxen sollen lediglich ergänzend eingesetzt werden.

Einschätzung der Häufigkeit der vorgefundenen Breitflügelfledermaus

Die im Gutachten aufgeführte und lokalisierte Fledermausart muss unbedingt geschützt werden. Nach dem Nationalen Bericht zum Fledermausschutz in der Bundesrepublik Deutschland (2010) konnte eine deutliche Verschlechterung der Bestandssituation im letzten Jahrzehnt nur bei einer Art in NRW verzeichnet werden und zwar bei der Breitflügelfledermaus. Aus diesem Grund sollte bei dieser kollisionsgefährdeten Art auf den Bau von Windkraftanlagen verzichtet werden.

Artenschutzrechtliche Prüfung

Bei der artenschutzrechtlichen Bewertung werden im Gutachten die kollisionsgefährdeten Arten Kleiner Abendsegler, Rauhhaut- und Mückenfledermaus ausgeklammert mit der Begründung, dass hier keine mittleren bzw. häufigen Nachweise vorliegen.

[3]Dies ist als unzulässig und kritisch anzusehen, da die Erfassung von bodennahen Standorten aus  erfolgte, die geplanten Windkraftanlagen aber eine Nabenhöhe von 108 Meter aufweisen sollen und  Rotoren haben, die ca. 40 Meter lang sind.

[4]Dies ergibt einen Kollisionssraum von 70 bis 150 Meter über dem Boden. Mit einem am Boden befindlichen Detektor können Fledermäuse je nach Art nur aus einer Entfernung von ca. 30 bis 100 Metern gehört werden.

[5]Ein „Batcorder“-Gondelmonitoring bei laufendem Betrieb ist nicht zielführend, weil der „Batcorder“ Fledermäuse an Windrädern mit Rotorlängen über 30 m nicht mehr registriert (siehe Brinkmann 2011, Abb.5).

Eine realistische Abbildung der Aktivitäten ist nicht möglich, weil 80% der anfliegenden Tiere im Bereich der größten Gefahr, dem Schlagbereich der Flügelspitzen und dem Luftraum mit extremen Druckunterschieden und Luftverwirbelungen, außerhalb der Erfassungsreichweite sind und die meisten Tiere vermutlich vor dem Eindringen in den Innenradius getötet oder schwer verletzt werden.

Oberhalb der Nabe, also auf 40% der Eingriffsfläche, werden Fledermäuse ohnehin nicht erfasst (siehe Brinkmann et al. 2011, Abb.5).

Eine Anbringung des Batcordermikrofons in Richtung Himmel scheitert bis heute an der geringen Wetterfestigkeit der Mikrofone.

Nur ein Gondelmonitoring unter Abschaltung von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang während der Aktivitätsperiode und Zugzeiten im Jahr vom 1.3.- 31.10. bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 7 m/s (Leitfaden zum Artenschutz an WEA Saarland 2013) und Temperaturen über 10°C, in den Zugzeiten im Frühjahr und Herbst niedriger, kann ein realistisches Bild über die Fledermausaktivitäten in der Höhe nachzeichnen und die Betroffenheit klären.

Aus einem nur ein- bzw. zweijährigen Monitoring einen langjährigen Abschaltalgorithmus zu entwickeln ist statistisch nicht haltbar.

Zweijährige Untersuchungen (Bach et al. 2011, Aschoff et al. 2005) zeigen die starke Schwankungsbreite zwischen Jahren.

Es ist festzuschreiben, dass, falls das zweijährige Gondelmonitoring unter Abschaltung keine hinreichend übereinstimmenden Ergebnisse erbringt, das Monitoring als Risikomanagement fortzuführen ist.

Die vorbezeichneten Argumente zeigen, dass das von der NEW zugrunde gelegte Gutachten offensichtlich das Papier nicht wert ist, auf dem es geschrieben steht.

Sollte die NEW an ihren Bauplanungen im Bereich „südlich Hardter Wald“ festhalten, lässt sich bereits jetzt absehen, dass eine Klage gegen das Vorhaben nicht unberechtigte Aussichten auf Erfolg haben dürfte.

Fotos: Shyamal, wikimedia und Autor | (c) Grafiken: Autor | BürgerZeitung Mönchengladbach

3 Kommentare (Öffnen | Schließen)

3 Kommentare Empfänger "NEW-Gutachten zu Windkraftanlagen im Bereich „südlich Hardter Wald“ ohne Wert? • Klagen möglicherweise nicht erfolglos"

#1 Kommentar von Günter Heymanns am 1. Dezember 2014 00000012 13:06 141743921601Mon, 01 Dec 2014 13:06:56 +0000

NEW Avifaunistisches Gutachten:

Der Artikel scheint ja für reges Interesse zu sorgen.

Inzwischen wurde er auch bereits mehrfach bei Facebook verteilt und alleine auf unserer Seite BI Windkraft mit Abstand über 200 x gelsen!

[6]

Danke für das Interesse!

#2 Kommentar von Brummbär am 11. Februar 2015 00000002 21:31 142369029509Wed, 11 Feb 2015 21:31:35 +0000

Der Biologe Christian Voigt und weitere Berliner Forscher des Leibniz-Institutes für Zoo- und Wildtierforschung fordern mehr Schutz für Fledermäuse.

Erwähnt wird auch das Barotrauma (Druckverletzung), durch das zukünftig wahrscheinlich noch viel häufiger Fledermäuse sterben werden, weil die Rotoblätter immer größer werden.

In einem Artikel (proplanta) ist folgendes zu lesen , Zitat:

„Zum Schutz von Fledermäusen sollte nach Einschätzung von Forschern mehr getan werden. An Windrädern in Deutschland könnten pro Jahr mehr als 250.000 Fledermäuse umkommen.

Bei der Windkraft zählt Deutschland zu den Vorreitern in der Welt. Doch mit jeder zusätzlichen Anlage sterben mehr Fledermäuse, sagen Forscher. Eigentlich stehen die Tiere unter strengem Schutz.

Das passiert, wenn die Anlagen ohne Rücksicht auf Naturschutz betrieben werden, schätzen Berliner Forscher um den Biologen Christian Voigt (Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, IZW) im Fachblatt «European Journal of Wildlife Research». Sie hatten verschiedene Studien zu dem Thema gesichtet.

Deren Schätzungen, wie viele Fledermäuse im Jahr umkommen, gehen demnach stark auseinander – von unter 100.000 bis zu über 400.000.

Vermutlich erfülle nur ein Bruchteil der aktuell rund 24.000 Windkraftanlagen entsprechende Auflagen, teilte das IZW mit. Dazu gehört unter anderem, dass die Betriebszeiten der Windräder an den Fledermausflug angepasst werden. Die exakte Zahl der unter diesen Auflagen betriebenen Windräder ist laut Voigt nicht bekannt.“

[7]

#3 Kommentar von Brummbär am 13. Februar 2015 00000002 10:18 142382271910Fri, 13 Feb 2015 10:18:39 +0000

Im Handelsblatt wird mehr zu dem Barotrauma ausgeführt und warum die Fledermäuse nicht immer sofort im Umfeld von Windenergieanlagen tot gefunden werden:

„Forscher stützen sich bei ihren Untersuchungen bislang vor allem auf Suchaktionen unterhalb von Windrädern.

Dort finden sie aber nur Tiere, die sofort umkommen – etwa, weil sie Knochenbrüche erlitten oder erschlagen wurden.

In anderen Fällen zerreißen innere Organe durch die großen Luftdruckänderungen: Experten sprechen von einem Barotrauma.

„Fledermäuse mit mildem Barotrauma sterben jedoch vermutlich nicht sofort, sondern könnten noch einige Minuten oder sogar Stunden weiterfliegen“, sagt Christian Voigt.

Da moderne Windräder mit größeren Rotorblättern arbeiten, erwarten Wissenschaftler das Barotrauma als Todesart in Zukunft häufiger.

Denn die Tiere sind im Umfeld der großen Rotoren deutlich stärkeren Kräften ausgesetzt. So könnte sich nach Einschätzung Voigts auch die Zahl der unentdeckten Todesfälle erhöhen.“

[8]