Offener Brief von Brandts-Urenkelin Oda Walendy zur Diskussion um Zentral­bibliothek Blücherstraße • Benennung in „Carl-Brandts-Haus“ immer noch nicht vorgenommen

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

Nach dem Aus eines Bibliothekneubaus und Diskussionen um denselben, die nahezu die gesamte „Ampelzeit“ anhielten und damit endeten, dass sich nicht nur die Wünsche und Träume auflösten, sondern auch das Ampelbündnis, flackert die Diskussion um das Gebäude an der Blücherstraße erneut auf.

Diesmal ist es die Kooperation aus CDU und SPD, die mit Statements Aufmerksamkeit erregt. Zunächst ging es lediglich um ein Ausweichquartier für die Zentralbibliothek an der Blücherstraße, da das Gebäude wegen einer Brandschutzsanierung während dieser Arbeiten nicht genutzt werden kann.

Für diesen Fall schlug die CDU das leer stehende Vituscenter (in Insolvenz) vor, das die Stadt eventuell, so es sich finanziell darstellen lässt, kaufen möchte. Darüber hinaus soll in Erwägung gezogen worden sein, dass die Zentralbibliothek auf Dauer hier untergebracht wird.

Der kulturpolitische Sprecher der CDU, Dieter Breymann, erklärte bereits, dass er dafür plädiere, dass die Kulturverwaltung nach erfolgter Sanierung in das jetzige Bibliotheksgebäude an der Blücherstraße umziehen solle.

Die SPD wiederum könnte sich, nach Aussage des Fraktionsvorsitzenden Felix Heinrichs, vorstellen, dass das BIS in die Bibliothek an der Blücherstraße umzieht und meint auf diese Weise die Renovierungskosten von, wie er ausführt, fünf Millionen Euro reduzieren zu können.

Bisher waren (durch einen externen Gutachter) 2.527.562,45 Euro für die Brandschutzsanierung vorgesehen. Das wäre nahezu die Hälfte der von Heinrichs genannten Summe.

Neubau Zentralbibliothek oder „Kollektiv der Zahlenjongleure“? – Teil X: Bibliothek an der Blücherstraße kann für ca. 2,5 Mio EURO über 2017 hinaus weiter betrieben werden 

Wieso Heinrichs meint, dass somit die, nach seiner Aussage, umfangreiche Sanierung eines der beiden Häuser an der Bismarckstraße, in denen das BIS derzeit untergebracht ist, die 800.000 Euro kosten soll, „eingespart“ würde, ist nicht ersichtlich.

Bei einem dieser beiden Häuser [Bismarckstraße 97] handelt es sich ebenfalls um eine Stiftung (Oskar-Kühlen-Stiftung).

Bekanntlich ist auch das Grundstück, auf dem die Bibliothek steht, eine Stiftung.

Die Ur-Enkelin der Eheleute Carl Brandts, Oda Walendy, äußert sich dazu und zu der bis heute nicht erfolgten Benennung des Bibliotheksgebäudes in „Carl-Brandts-Haus“, die gemäß der Schenkungsurkunde vorgesehen war, im nachstehenden offenen Brief an Oberbürgermeister Reiners:

 

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

in den letzten Tagen waren Berichte über Nutzungsänderungen des Bibliotheksgebäudes an der Blücherstraße zu lesen, die mich aufhorchen ließen und betroffen machten.

Sicher ist bekannt, dass das Grundstück, auf dem die heutige Zentralbibliothek an der Blücherstraße steht, meinen Ur- Großeltern, den Eheleuten Carl Brandts, gehörte und diese es, mit dem seinerzeit aufstehenden Gebäude, ihrem Sohn Reinold Brandts vererbten.

Mein Großonkel Reinold Brandts und seine Frau Paula wollten mit Ihrer Schenkung des Objektes  an die Stadt Mönchengladbach im Jahre 1926, unter leicht erfüllbaren Auflagen, die Erinnerung an ihre Eltern wachhalten, die sich in dieser Stadt, wie sicher als bekannt vorausgesetzt werden darf, sowohl sozial als auch kulturell sehr engagierten.

Zweck sollte stets, wie es seinerzeit ausgedrückt wurde, die „würdige Unterbringung der Bibliothek, sowie zu Archiv- und Museumszwecken“ sein.

Dass das aufstehende Gebäude, das bis in den Zweiten Weltkrieg hinein als Bibliothek diente, durch diesen so zerstört wurde, dass ein Wiederaufbau unmöglich war, konnte zum Zeitpunkt der Schenkung und später niemand voraussehen.

Es ist eine Tatsache, dass seinerzeit die Schenkung von der Stadt Mönchengladbach mit Freuden angenommen und den Bedingungen der Stiftung zugestimmt wurde.

In der Schenkungsurkunde wurde ebenfalls ausdrücklich vermerkt, dass das Gebäude an der Blücherstraße den Namen „Carl-Brandts-Haus“ tragen solle und diese Bezeichnung durch eine entsprechende Aufschrift anzubringen sei.

Dies ist, aus welchem Grund auch immer, weder in der Vergangenheit geschehen, noch später bei der neu errichteten Bibliothek.

Nach ihrer Zerstörung war die Bibliothek lange Jahre in dem heutigen Haus des BIS (Kühlen-Stiftung), ebenfalls einer Schenkung, an der Bismarckstraße untergebracht, das aktuell ebenso wie die Zentralbibliothek, zur Disposition steht und dies bereits öffentlich thematisiert wird.

Die Stadtväter Mönchengladbachs hatten sich nach dem Krieg nach langen und reiflichen Überlegungen, da es sich in finanzieller Hinsicht um einen nicht unerheblichen Kraftakt handelte, für die Errichtung eines neuen Gebäudes auf dem gestifteten Grundstück an der Blücherstraße entschieden.

Sicher nicht von ungefähr, sondern weil ihnen für die aufstrebende Stadt Kultur und Bildung ein Anliegen waren und gleichzeitig mit dem ideal gelegenen Stiftungs-Grundstück ein geeigneter Platz bereits vorhanden war und auch die Erinnerung an die Eheleute Carl Brandts erhalten bleiben sollte.

In der Kuratoriumssitzung vom 22.05.1959, an der auch der damalige Oberbürgermeister Mönchengladbachs als Kuratoriumsvorsitzender teilnahm, wurde der Grund dafür klar benannt.

In einer Niederschrift dazu heißt es:

„Das Grundstück der Carl-Brandts-Stiftung habe sich wegen seiner Größe, seiner günstigen Verkehrslage und wegen seiner Zweckbestimmung am geeignetsten erwiesen. Hier lasse sich der Ideal-Grundriss einer Bibliothek verwirklichen.“

Eine Aussage, die auch heute noch Bestand hat. Auch wenn inzwischen nicht mehr der Ideal-Grundriss bei Bibliotheken favorisiert wird.

Der Stiftungszweck musste wegen der veränderten Sachlage (zerstörtes Ex-Bibliotheksgebäude) abgeändert werden, und der entsprechende Beschluss wurde durch den Rat der Stadt Mönchengladbach am 11.06.1959 gefasst, nachdem vorher das Kuratorium der Carl-Brandts-Stiftung (dies war eine Bedingung des Hauptausschusses gewesen) dieser Änderung ebenfalls zugestimmt hatte.

Der Beschluss lautete (Originaltext):

„Der Zweck der Carl-Brandts-Stiftung wird unter Aufrechterhaltung im übrigen wie folgt geändert:

  1. Das von der Stadt auf dem Grundstück Kaiserstraße 47 zu errichtende Gebäude steht nur Bibliotheks- und Archivzwecken zur Verfügung.
  2. Das Kuratorium wacht über die Einhaltung des durch Ziff. 1 abgeänderten Stiftungszweckes.“

In der Kuratoriumssitzung vom 22.05.1959 hatte der damalige Oberbürgermeister Maubach erklärt, Originaltext:

„Frau Brandts dürfe versichert sein, daß die Stadt bestrebt sei, den Grundgedanken des Stifters in bester Weise zu berücksichtigen. In Übereinstimmung mit den übrigen Mitgliedern des Kuratoriums und auch mit dem Hauptausschuß, der über diese Sache schon beraten habe, weise er darauf hin, daß selbstverständlich das künftige Gebäude den Namen „Carl-Brandts-Haus“ erhalte.“

Der Beigeordnete Dr. Steffens erklärte angesichts der veränderten Umstände, dass nun ein Bibliotheksgebäude durch die Stadt Mönchengladbach errichtet würde, dass das Kuratorium die Aufgabe übernehme, dass der abgeänderte Stiftungszweck eingehalten würde. Zitat:

„Das Kuratorium solle sozusagen das Bollwerk sein gegenüber etwaigen späteren Absichten, die Carl-Brandts-Stiftung zweckzuentfremden.“

Die Worte von Dr. Steffens haben für mich heute, angesichts der Tatsache, dass in Erwägung gezogen wird die Bibliothek an der Blücherstraße aufzugeben, schon fast etwas prophetisches.

Stiftungen und der mit diesen verbundene stadtgeschichtliche Hintergrund scheinen in dieser Stadt keinen großen Stellenwert zu genießen, wie schon häufiger traurig unter Beweis gestellt wurde, sondern werden rasch zur Dispositionsmasse, die vermeintlich Besserem und Neuerem weichen müssen oder es wird aus ihnen Kapital geschlagen, um die Stadtkasse zu füllen.

Leider eine kurzsichtige Bewertung und Handhabung, die auch nun wieder nur zu deutlich zutage tritt.

Ziele der Stifter, Stadtgeschichte, die mit diesen verbunden war und ist, soziales Engagement der Stifter für unsere Stadt, die Tatsache, dass allen Bürgern dieser Stadt etwas geschenkt wurde und wird, dies alles findet wenig Beachtung und Schutz, wenn andere Ziele, warum, wofür und womit auch immer, verlocken.

Mit freundlichen Grüßen

Oda Walendy“

SPECIAL: Zentralbibliothek

REIHE: Zentralbibliothek „Kollektiv der Zahlenjong­leure?“

 

 

2 Kommentare zu “Offener Brief von Brandts-Urenkelin Oda Walendy zur Diskussion um Zentral­bibliothek Blücherstraße • Benennung in „Carl-Brandts-Haus“ immer noch nicht vorgenommen”
  1. Wieder mal typisch Gladbacher „Politik“. Oder wird nur fortgesetzt, was schon lange geplant war?

    Wie lange bleibt das BIS, wenn es dazu kommen sollte, in der dann ehemaligen Bibliothek?

    In der RP-online vom 22.02.2013 gibt es bei dem Bild Nr. 5 bei dem Artikel: „Neuer Standort für die Bücherei Mönchengladbach“ folgende Bildunterschrift:

    „Die Bücherei an der Blücherstraße wird verkauft. Interessant ist für einen Investor vor allem das Grundstück, das im Gründerzeitviertel liegt.“

    http://www.rp-online.de/niederrhein-sued/moenchengladbach/nachrichten/neuer-standort-fuer-die-buecherei-moenchengladbach-1.3151004

    Ein Schelm, wer böses dabei denkt … ?

  2. Wieder mal unsere Politprofis! Meine Güte!

    Wozu soll ein Politiker auch Respekt vor Stiftungen haben, die letztendlich allen Bürgern geschenkt wurden und auch gehören!

    Vom Hintergrund der Schenkungen (ob Brandts oder Kühnen) ganz zu schweigen, der auch immer ein Teil der Stadtgeschichte (wie besonders in diesem Fall) ist.

    Repräsentative Demokratie? Repräsentative Volksverdummung!

    Gibt es bereits Interessenten für das BIS-Gebäude und das Grundstück der Bibliothek?

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