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Bebauungsplan ehemalige „Engländersiedlung“: Verwaltung und Politik dem Investor „zu Diensten“? • Städtebaulicher Vertrag war nicht Bestandteil der Offenlage • Bewährtes Bürgerbeteiligungsinstrument „Anhörungskommission“ bewusst ausgehebelt? • Droht Klage?

[1]Am liebsten würden manche „Bau“-Politiker und Teile der Verwaltung das einmalige – wenn auch freiwillige – Bürgerbeteiligungs­instrument „Anhörungskommission“ ganz abschaffen.

Damit würde die Beteiligung von einem Bauvorhaben Betroffener wieder auf den formellen und gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen der Bürgerbeteiligung nach dem Baugesetzbuch (Offenlage) beschränkt werden.

Solange es dieses Instrument aber noch gibt, haben die Bürger, die sich zu einer Änderung des Flächennutzungsplanes und/oder einem Bebauungsplan schriftlich geäußert haben (Einwender), in Mönchengladbach das Recht zu einer mündlichen Erläuterung ihrer Stellungnahmen.

Vorsitzender der Anhörungskommission, die dem Bauausschuss angegliedert ist, ist noch, bis zur Kommunalwahl am 25.05.2014, der Vorsitzende des Planungs- und Bauausschusses, Horst-Peter Vennen (SPD), der auch die Einladung der Betroffenen initiiert und vornimmt.

Die Offenlage des B-Plans 725/N endete am Mittwoch, den 09.04.2014, die Sitzung der Anhörungskommission fand am Donnerstag, den 10.04.2014 statt.

In der Vergangenheit wurden die Einwender nach dem Ende der Offenlage einge­laden, vor der Anhörungskommission ihre Positionen mündlich zu erläutern, so dass die der Kommission angehörenden Fraktionsmitglieder diese Zusatzinformationen noch in ihren Fraktionen besprechen konnten.

Im vorliegenden Fall des Bebauungsplan 725/N Peter-Nonnenmühlen-Allee / Rembrandtstraße / Schürenweg wurde den Bürgern, die Ihre Einwände erst kurz vor Ende der Offenlage eingereicht hatten, also dieses Anhörungsrecht verwehrt. Von einem Versehen kann also keine Rede sein. Sie wurden bewußt nicht eingeladen.

Dass es die nach dem Anhörungsdesaster im Zusammenhang mit der Methangas­anlage in Wanlo [2]vom Rat beauftragte „Geschäftsordnung Anhörungskommission“ immer noch nicht gibt, ändert nichts an der Tatsache, dass hier fehlerhaft gehandelt wurde.

[3]Rechtsdezernent Dr. Michael Schmitz (CDU) hatte im Dezember 2010 festgestellt, dass es sich um ein bindendes Gewohnheitsrecht handelt, durch das Vertrauenstatbestände des Bürgers bestünden: http://www.bz-mg.de/themenreihen/methangas-anlagen/antrag-der-ampel-geschaftsordnung-fur-die-anhorungskommission.html [4]

Nach unserer Zeitung vorliegender Informationen waren von der „Nichteinladung“ im Fall des Bebauungsplanes 725/N mindestens sieben (namentlich bekannte) Personen betroffen.

Wenn es nach der Stadtverwaltung geht, soll das Thema am kommenden Dienstag im Planungs- und Bauausschuss endgültig abgeschlossen und der Bebauungsplan so beschlossen werden, wie es die Kölner Investorengruppe wünscht.

Ob es aber dazu kommt wird sich erst noch zeigen.

Der Bebauungsplan 725/N sorgt seit seiner erstmaligen Vorstellung vor fast zwei Jahren für Unmut und Ärger bei den umliegenden Anwohnern.

Aber nicht nur Anwohner, sondern auch andere Bürger der Stadt können Art und Weise, wie beispielsweise am Schürenweg Neubauten errichtet werden (sollen), ohne dass das Wohnumfeld hinreichend berücksichtigt wird, nicht nachvollziehen

[5]So auch ein Teilnehmer „vom Fach“ beim „Live-Duell“ zwischen Norbert Bude (SPD) und Hans Wilhelm Reiners (CDU) am 13.03.2014 beim BVMW, als es um Missstände bei der Erteilung von Baugenehmigungen ging: http://www.bz-mg.de/kommunalwahl-2014/live-duell-zwischen-bude-und-reiners-bei-bvmw-teil-v-uber-die-missstande-bei-der-erteilung-von-baugenehmigungen-mit-video.html [5]

Dass bei einer Umsetzung des Bebauungsplan 725/N Peter-Nonnenmühlen-Alle/Rembrandtstraße/Schürenweg ein grüner Stadtbereich erheblich beeinträchtigt wird, nehmen die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung offenbar billigend in Kauf.

Beispielsweise fallen durch die Neubauten auf dem Gelände der ehemaligen „Engländersiedlung“ 4 alte Platanen und mehrere große Buchen, mit zum Teil Höhen von über 25 Metern und Stammumfängen von größer als drei Meter zum Opfer.

„Ein so brutales überplanen eines alten Baumbestandes wurde mir von Fachleuten als absolut unüblich erklärt“, so Frank Sentis, einer der Sprecher der Initiative Quartier Windberg. „Hier wurden Gebäude geplant und danach geschaut ob man noch freie Stellen hat, an denen man Bäume erhalten kann“, so Sentis weiter.

Bei dieser Methode sei es nicht verwunderlich, dass von den weit über 100 Bäumen in diesem Gebiet gerade mal 8 Stück erhalten werden sollen.

So häufen sich die Anzeichen, dass Verwaltung und Politik „auf Biegen und Brechen“ dieses Projekt in der aktuell von den Investoren gewünschten Form und Umfang noch vor der Kommunalwahl durchsetzen wollen und offenbar auch darauf setzen, dass kein Politiker der Bezirksvertretung Nord und des Planungs- und Bauausschusses die 386 (!) Seiten „Abwägungen“ auch nur im Ansatz wirklich lesen, verstehen und bewerten kann und wird.

Schließlich gab es über 190 Einwendungen zu diesem Bebauungsplan.

Zuletzt glaubte man von Seiten der Initiative Quartier Windberg einen Kompromiss gefunden zu haben.

„Leider will man nun die zugesagten Gebäudehöhen aber nicht im Bebauungsplan festschreiben“, so Frank Sentis. „Im Bebauungsplan stehen immer noch Höhen bis 10,8 Meter obwohl man nur 9 Meter für diese geplante Bebauung braucht. Als Spielraum für den Investor, wie man uns sagte“.

Mehrere Architekten haben zwischenzeitig bestätigt, dass man für die geplanten zwei Vollgeschosse plus Staffelgeschoss tatsächlich nur 9 Meter benötigt.

Selbst in den „Abwägungen“ der Verwaltung sind diese Einschätzungen zu lesen.

„1,8 Meter Spielraum für einen Investor? Das ist doch ein schlechter Scherz!“, so Sentis sichtlich verärgert. „Und die werden dann später rein zufällig nochmal um 50 cm überschritten, das kennt man ja!“

Ähnliches befürchtet die Initiative „Quartier Windberg“ für die Länge der Gebäuderiegel entlang des Schürenweges: „Im Rahmen des Verfahrens zur „Bausünde Schürenweg 35“ vor zwei Monaten, hatten sich die Politiker dazu bekannt, dass am Schürenweg in Zukunft kein Gebäude mehr erlaubt werden solle, dessen Breite 33 Meter überschreitet“.

„Im Bebauungsplan 725/N gibt es ein Gebäude von fast 50 Meter Länge. Was ist mit der Zusage? Das ist doch erst zwei Monate her. Hat man das schon vergessen?“, so Frank Sentis.

Sentis weiter: „Die Verwaltung arbeitet hier knallhart für den Investor. Das ganze Projekt soll jetzt schnellstmöglich durchgezogen werden, koste es was es wolle. Es wurde Hals über Kopf eine Sondersitzung der BV Nord einberufen.

Die Politiker bekamen eine Woche vor der Sitzung über 380 Seiten Abwägungsunterlagen. Die kann kein Mensch in so kurzer Zeit durcharbeiten und verstehen um danach sachgerecht entscheiden zu können.

Ob man seitens der Politik nun die Vorschläge der Verwaltung, wie bereits zuletzt im Planungs- und Bauausschuss geschehen, abändern wird, wird sich am Dienstag, den 06.05.2014 (ab 15:00 Uhr im Ratssaal Rheydt) zeigen.

Dann wird sich auch zeigen, wie sensibel man mit dem Fällen der großen Zahl von Bäumen, insbesondere der alten Platanen und Buchen umzugehen gedenkt.

Fraglich ist nicht nur in diesem Zusammenhang, ob dieser Bebauungsplan nach einem Beschluss des Rates ohne Rechtsstreit umgesetzt werden wird.

Darauf deutet nämlich die Stellungnahme eines Einwenders mit offensichtlich ausgeprägten Rechtskenntnissen (Stellungnahme 36 vom 15.10.2013) hin:

„… V. Gebot der planerischen Konfliktbewältigung

Schließlich verstößt der B-Plan-Entwurf auch insgesamt gegen das Gebot der  planerischen Konfliktbewältigung. Es soll, wie der Begründung des B-Plan-Entwurfs (S. 25) zu entnehmen ist, bis zum Satzungsbeschluss ein städtebaulicher Vertrag detailliert ausgearbeitet und abgeschlossen werden“. Damit bleiben aber wesentliche Aspekte der Planung dem genannten städtebaulichen Vertrag vorbehalten und sind der hier durchgeführten Öffentlichkeitsbeteiligung entzogen.

VI. Fehlerhafte Aufbereitung des Abwägungsmaterials

Aufgrund der dargestellten Defizite ist auch in der Folge das Abwägungsmaterial insgesamt fehlerhaft aufbereitet worden. Ein abwägungsfehlerfreier Beschluss des B-Planes wäre nach derzeitigem Stand daher nicht möglich.

Insgesamt ist festzustellen, dass der B-Plan-Entwurf keine rechtskonforme und abwägungsfehlerfreie Planungsentscheidung sicherstellt. Ein auf ihm beruhender Satzungsbeschluss wäre rechtswidrig und könnte … mit einer Normenkontrollklage angegriffen werden. Die Mitglieder des Stadtrates sind darauf hinzuweisen, dass sie für etwaige Schäden, die aus einer fehlerhaften Planung resultieren, persönlich haften würden.“ (Zitat Ende).

 

Schon in der Sitzung des Planungs- und Bauausschusses am 25.02.2014 wurde festgestellt, dass ein städtebaulicher Vertrag Bestandteil eines B-Planes ist und damit auch von der Politik mit beschlossen werden muss.

Nach langer Diskussion (mit Sitzungsunterbrechung) wurde festgelegt, dass (erst) nach der Kommunalwahl am 25.05.2014 beraten werden soll, in welchem Umfang ein unabdingbarer städtebaulicher Vertrag veröffentlicht und dementsprechend Bestandteil auch der Offenlagen werden kann/muss/soll.

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1 Kommentar Empfänger "Bebauungsplan ehemalige „Engländersiedlung“: Verwaltung und Politik dem Investor „zu Diensten“? • Städtebaulicher Vertrag war nicht Bestandteil der Offenlage • Bewährtes Bürgerbeteiligungsinstrument „Anhörungskommission“ bewusst ausgehebelt? • Droht Klage?"

#1 Kommentar von Stefan Bolten am 5. Mai 2014 00000005 16:38 139930789304Mon, 05 May 2014 16:38:13 +0000

Ich habe bereits bei der ersten Offenlegung im letzten Jahr zu diesem Bebauungsplan meine Einwände an die Verwaltung gesendet.

Unter anderem habe ich auf die extreme Verdichtung und die damit verbundene Vernichtung des Pflanzenbestandes im Plangebiet hingewiesen.

Das man jetzt mal gerade 8 Bäumer erhalten werden sollen, will finde ich eine Unverschämtheit.

Besonders da auch ich nicht zu einer Anhörung eingeladen wurde. Das kann also nicht nur am Abgabetermin gelegen haben.

Meines Wissens sind gerade mal 30-40 Einwänder eingeladen worden.

Bei über 190 Einwänden ist das aus meiner Sicht eine erschreckende Zahl.

Wer entscheidet eigentlich, welche Einwänder die Möglichkeit einer Anhörung bekommen und welche Einwänder zu schweigen haben?

Wieso bekommen nicht einfach alle Einwänder die Möglichkeit einer Anhörung?