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Grüne stellten Umweltdezernenten fast 50 Fragen zu Garzweiler II – dazu ein Vis-á-vis-Interview mit Ulrich Laubach von den Mönchengladbacher Grünen

27-Laubach-UlrichDer Braunkohletagebau rückt näher. Die Diskussion um die Folgen wird intensiver. Die „Wall-oder-Wand-Auseinandersetzungen“ machten dies deutlich.

In den nächsten Monaten dürften die Regelungen im Braunkohleplan häufiger und aufmerksamer gelesen und das Verhalten der Mönchengladbacher Umweltverwaltung deutlich kritischer betrachtet werden, als das bisher der Fall war.

Und das nicht zuletzt wegen der schon vielfach diskutierten Rolle, die sie bei der besagten „Wand-oder-Wall-Diskussion“ [1]spielte. Und die Mönchengladbacher Grünen werden in ihren Fragestellungen präziser .

Vor diesem Hintergrund sprachen wir mit Ulrich Laubach, einem der Vorsitzenden der Mönchengladbacher Grünen u.a. über den „Fragenkatalog zu Garzweiler II“, den er dem Umweltdezernenten Bernd Kuckels (FDP) am 09.01.2012 [2]übersandte:
 
 
BZMG: Herr Laubach, als Vorsitzender der Gladbacher Grünen haben Sie im Januar dieses Jahres Herrn Kuckels fast 50 Fragen u.a. zum Thema „Bergschäden durch den Braunkohletagebau“ gestellt. Wie kam es dazu?

Ulrich Laubach: Das Thema „Bergschäden“ ist den meisten Bürger in unserer Stadt nicht wirklich präsent.

Obwohl viele betroffen sind, wissen nur wenige, dass es auch in unserer Stadt Bergschäden gab und gibt.

Dabei geht es nicht nur um Schäden an Gebäuden, Denkmälern und Straßen, sondern auch um Naturdenkmäler wie Auen- und Bruchlandschaften, die ebenfalls unter der Absenkung des Grundwasserspiegels in Folge der Sümpfungen durch RWE Power zu leiden haben.

Das Thema Sümpfungen ist hin und wieder durch die Betroffenheit in Wanlo im Gespräch, weil dort bereits seit rund zwei Jahren Sümpfungsbrunnen gesetzt werden.

BZMG: Warum haben Sümpfungsmaßnahmen Auswirkungen auf das Grundwasser in unserer Stadt?

Laubach: Durch das Näherrücken des Tagebaues Garzweiler II nimmt die Zahl der Sümpfungsbrunnen zu, die durch Abpumpen das Grundwasser auf ein Niveau unterhalb des abzubauenden Flözes senken. Das können in Wanlo bis zu 300 Meter werden.

Dadurch sinkt auch in der näheren und weiteren Umgebung des Tagebaues der Grundwasserspiegel. Es kann zu Setzungen kommen, die besonders dann zu Schäden an Gebäuden führen, wenn sich der Boden ungleichmäßig setzt.

Ein anderes Problem sind die Gebäude, die auf Holzpfählen gebaut wurden.

Wenn diese Pfähle nicht mehr im Wasser stehen, weil das Grundwasser abgepumpt wird, kommt es zu Fäulnisbildung und sie verlieren ihre Stabilität.

Schlimmstenfalls müssen solche Häuser abgerissen werden, weil sie nicht mehr standsicher und daher auch nicht mehr bewohnbar sind.

Was das für Betroffene bedeutet, muss sicher nicht weiter erläutert werden.

Betroffen sind davon nicht nur Privathäuser, sondern z.B. auch die Schlösser Wickrath und Rheydt.

BZMG: In solchen Fällen werden die Betroffenen aber doch von RWE Power entschädigt…

Laubach: Fast richtig. Zumindest sollte es so sein.

In eindeutigen und vor allem schwerwiegenden Fällen geschieht das meist, indem RWE Power das betreffende Objekt meist stillschweigend kauft. Das soll auf der Talstraße in Odenkirchen bereits geschehen sein, wo mehrere Häuser unbewohnbar wurden…

BZMG: … geht das etwas genauer?

Laubach: Leider nicht, denn offizielle Informationen dazu gibt es nicht. RWE verlangt von den Verkäufern, nichts über diese Transaktionen zu sagen. Und das sogar vertraglich. RWE will keine Öffentlichkeit!

BZMG: Dass RWE Häuser kauft, ist aber nicht der Normalfall, oder?

Laubach: Stimmt. Der Normalfall ist, dass RWE zunächst einmal Schäden nicht anerkennt.

Dann wird es für die Betroffenen schwierig. Denn es ist ja nicht immer so, dass Häuser durch Bergschäden unbewohnbar werden, sondern stabilisierende Maßnahmen oder Reparaturen erforderlich werden. Aber da kommen schnell einige Tausend Euro zusammen.

Der Haken daran ist allerdings, dass die Betroffenen nachweisen müssen, dass es sich um einen Bergschaden, also um einen Schaden handelt, der durch den Braunkohletagebau verursacht wurde.

Das kostet Zeit, Nerven und vor allem Geld.

Die Betroffenen müssen aber auch erst einmal wissen, dass die Ursache für einen Schaden an ihrem Haus im Braunkohletagebau liegen kann. Und dann natürlich, dass und wie man Ansprüche gegenüber RWE geltend machen kann.

Zu diesem Thema müssten die Bürger besser informiert werden.

BZMG: Im Klartext also: Ein Hauseigentümer muss nachweisen, dass es sich um einen Bergschaden handelt, den RWE zu verantworten hat.

Laubach: Genauso ist es leider immer noch. Das liegt am Bundesberggesetz, das noch aus dem 19. Jahrhundert stammt und in der Nazi-Zeit passend gemacht wurde.

Während nach diesem Gesetz beim Untertagebau der Bergbautreibende beweisen muss, dass ihn keine Schuld trifft, gilt das für den Tagebau nicht.

Deshalb fordern wir Grüne seit Jahren auch für den Tagebau die Umkehr der Beweislast. Alles andere ist den Betroffenen nicht zuzumuten.

Auch die Unterscheidung zwischen Tage- und Untertagebau ist nicht zu vermitteln.

Oft geht nichts ohne juristische Auseinandersetzungen, in denen der Geschädigte auch noch einen Gutachter beauftragen muss, was weitere enorme Kosten verursacht.

Die meisten Hauseigentümer können die nicht aufbringen und versuchen es dann auch gar nicht erst. Und darauf setzt RWE.

Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand. Im Januar diesen Jahres haben Bündnis 90/Die Grünen und die SPD zu dieser Problematik gemeinsam im Landtag eine Große Anfrage gestellt.

BZMG: Gibt es dazu schon eine Antwort

Laubach: Nein, noch nicht. Darauf müssen wir wohl bis nach der Landtagswahl warten.

BZMG: In Ihrem Schreiben an Herrn Kuckels sprechen Sie von zwei- bis dreitausend Häusern in Mönchengladbach, die auf Pfählen stehen sollen.

Das ist eine Menge. Wissen Sie, wo diese Häuser stehen?

Laubach: Nein, wo sich diese Häuser befinden ist nicht bekannt. Deshalb ja auch unsere konkrete Nachfrage.

Im Braunkohlenbericht der Stadt Mönchengladbach von 2007 steht z.B., dass es im Süden Mönchengladbachs deutliche Absenkungstendenzen gibt. Da Wanlo, Wickrathberg, Wickrath und Odenkirchen im Süden liegen, könnte es sich besonders um diese Stadtteile handeln.

In diesem Bericht ist auch nachzulesen, dass 1982/83 eine Karte mit sümpfungsbedingt gefährdeten Bereichen erstellt wurde und bereits Anfang der 1980er Jahre 160 denkmalgeschützte Gebäude RWE mitgeteilt wurden.

Priorität sollten danach Haus Horst, Schloss Wickrath und Schloss Rheydt haben.

Die Beweissicherung wurde, wie dort ebenfalls zu lesen ist, durch RWE vorgenommen.

Es ist schon eigenartig, dass RWE selbst den Zustand der Gebäude überprüft und einschätzt.

Auch deshalb wollen wir Grünen erfahren, was hinsichtlich drohender Bergschäden bekannt ist und vor allem, was präventiv unternommen wurde oder wird.

Wenn schon in den 1980er-Jahren RWE denkmalgeschützte Gebäude mitgeteilt wurden, muss es darauf eine Reaktion gegeben haben. Darüber muss uns die Verwaltung Auskunft erteilen.

Nicht nur unsere Schlösser, die Kultur und Naherholung für die Bürger bieten und touristische Attraktionen unserer Stadt darstellen, gilt es zu erhalten und zu schützen, sondern alle als Denkmal eingestuften Gebäude, von denen sich bestimmt viele auch in Privatbesitz befinden.

BZMG: Ist vorstellbar, dass denkmalgeschützte Gebäude eine andere Priorität für Verwaltung und RWE haben als, ich drücke es mal so aus „normale“ Häuser?

Laubach: Eine solche Unterscheidung dürfte es meiner Ansicht nach nicht geben. Wir vermuten jedoch stark, dass  die gemacht wurden und auch weiterhin gemacht werden.

Derzeit kennen wir die Antwort von RWE zu diesem Thema nicht. RWE hält sich auch hier sehr bedeckt.

Ein prominentes Beispiel eines Bergschadens ist die Kirche St. Margareta in Hockstein, die auf dem Rheindahlener Sprung liegt. Sie wurde mit einem sicher enormen Kostenaufwand, ich sage das mal so vereinfacht, auf hydraulische Federtöpfe gestellt.

Für uns als Grüne ist es wichtig, dass alle Bürger unterstützt werden und Zugang zu Daten erhalten, die für sie wichtig sind. Die Geheimniskrämerei von RWE ist nicht hinzunehmen.

BZMG: Gilt das auch für die Straßen?

Laubach: Ja, ähnliches trifft für städtische Straßen und Kanäle zu. Wie das Beispiel Talstraße zuletzt gezeigt hat..

Im Braunkohlenbericht der Stadt von 2008/2009 ist zu lesen, dass z.B. Duven-, Steinfelder und Talstraße, sowie der Reststrauch betroffen sind.

Nicht nur Straßenbelag muss dort immer wieder nachgebessert werden.

Auch die Ver- und Entsorgungsleitungen bis hin zu den Hausanschlüssen müssen regelmäßig auf Dichtigkeit geprüft werden.

BZMG: Sie erwähnen die Dichtigkeit von Hausanschlüssen.

Das Thema „Dichtheitsprüfung“ erregt derzeit landauf landab die Gemüter.

Kann ausgeschlossen werden, dass in einigen Bereichen der Stadt Bergschäden für Risse und Setzungen an Kanalrohren verantwortlich sind?

Laubach: Nein,das kann nicht ausgeschlossen werden. Wie die genannten Straßenzüge zeigen, können unserer Meinung nach Bergschäden durchaus der Grund von Undichtigkeiten sein.

Damit bekommt das Thema „Dichtheitsprüfung“ einen ganz neuen Stellenwert. Dieses Thema ist schließlich auch noch nicht vom Tisch.

Es muss unbedingt verhindert werden, dass Bürger irgendwann für Schäden zur Kasse gebeten werden, die RWE Power verursacht hat.

Dasselbe gilt natürlich auch für die Straßen. Auch hier interessiert uns selbstverständlich wer zahlt. Die Stadt, also der Bürger oder RWE Power als Verursacher.

BZMG: Bergschäden ein schier unerschöpfliches Thema. Erstaunlich ist, dass so wenig darüber bekannt ist…

Laubach: Richtig. Nicht jeder Bürger kommt auf die Idee die Braunkohlenberichte zu lesen, was auch die wenigsten gewählten Vertreter im Rat und in den Ausschüssen getan haben dürften.

Dann hätten die vielleicht gemerkt, dass im Zusammenhang mit Bergschäden viel von „könnte sein“ und „besteht die Möglichkeit, dass…“ zu lesen ist.

Die Betroffenen stehen meist alleine da und müssen den Beweis dafür erbringen.

Genau an dieser Stelle hakt es und kann nicht so bleiben.

Hier muss dringend die Gesetzeslage geändert werden.

BZMG: … Und wie geht’s nun weiter?

Laubach: Zunächst warten wir auf die Antwort von Herrn Kuckels.

Auf Landes- und Bundesebene haben wir Abgeordnete, wie Oliver Krischer und Wibke Brems die sich mit diesen Themen seit Jahren auseinandersetzen und als Experten gelten.

BZMG: Gibt es schon Antworten oder irgendeinen Zwischenbescheid vom Umweltdezernenten?

Laubach: Herr Kuckels hat uns geantwortet, dass unsere Anfrage auf Grund ihres Umfanges noch in Bearbeitung sei. Auch RWE und NEW wurden, wie er mitteilte, einbezogen.

BZMG: Herr Laubach, danke für das Gespräch.

pfeil-rechts1Interview mit Bärbel Höhn: http://www.bz-mg.de/aus-dem-umland-nrw-und-darueber-hinaus/vis-a-vis-mit-der-stellvertretenden-bundestagsfraktionsvorsitzenden-der-grunen-barbel-hohn.html [3]

pfeil-rechts1Interview mit den Vorsitzenden der Mönchengladbacher Parteien: http://www.bz-mg.de/category/themenreihen/vis-a-vis-mit [4]

pfeil-rechts1Themenreihe Braunkohletagebau: http://www.bz-mg.de/category/themenreihen/braunkohle-tagebau [5]

2 Kommentare (Öffnen | Schließen)

2 Kommentare Empfänger "Grüne stellten Umweltdezernenten fast 50 Fragen zu Garzweiler II – dazu ein Vis-á-vis-Interview mit Ulrich Laubach von den Mönchengladbacher Grünen"

#1 Kommentar von CichyA am 10. Mai 2012 00000005 20:52 133668312108Thu, 10 May 2012 20:52:01 +0000

Endlich stellt mal jemand die richtigen Fragen. Finde ich Klasse. Erstaunt bin ich nur darüber, dass das nicht schon längst passiert ist. Und auf die Antworten bin ich auch mal gespannt.

Und wenn man H. Körfges bei dem Wort nehmen darf, dass er in Wanlo bei der Informationsveranstaltung des öfteren zu Gunsten der Tagebauanlieger ergriffen hat, sollte auch die SPD allen Grund haben, an der Klärung der Fragen konstruktiv mitzuarbeiten.

Vielleicht trägt dieser Artikel ja auch dazu bei, den Menschen im gesamten Stadtgebiet klar zu machen, dass nicht nur der Süden mit Wanlo betroffen ist, sondern dass es im ganzen Gebiet von Mönchengladbach und darüber hinaus zu Problemen und Schäden kam, kommt und weiter kommen wird.

Zu wünschen ist, dass es viel viel mehr Öffentlichkeitsarbeit durch die Stadt gibt, um den hier lebenden Menschen die Probleme und ihr Ausmaß zu verdeutlichen.

Spannend ist auch der Teil der Fragen von Uli Laubach, der sich mit den Kosten und deren Übernahme durch den Verursacher, RWE Power, beschäftigt.

Wieviele Millionen mögen hier dem Haushalt der Stadt MG und damit den Bürgern schon entgangen sein ? Letzten Endes ist spätestens hier jeder Einwohner von MG an den Kosten, und damit dem Schaden durch RWE, beteiligt.

Ich hoffe, demnächst hier eine Kopie der Antworten lesen zu können.

#2 Kommentar von Der vom Morken am 10. Mai 2012 00000005 22:46 133668997910Thu, 10 May 2012 22:46:19 +0000

Gute Fragen – mal sehen ob die Antworten es auch sein werden.

Bergschäden reichen kilometerweit.

Viele interessante Fragen gibt es auch für das Wasser. Genauer Grundwasser. Die Auswirkungen der Sümpfungen lassen das Grundwasser sogar in den Niederlanden absinken.

Im Gebietsentwicklungsplan von 1999, aktualisierte Auflage 2011, wird zum Wasser und Wasserqualität ausgeführt:

„Insgesamt gibt es keine akuten Mengenprobleme im Regierungsbezirk Düsseldorf. In einzelnen Bereichen, z.B. im Raum Mönchengladbach, im Raum Willich/Krefeld und im Einflussbereich der Sümpfung für das rheinische Braunkohlerevier, sind solche Mengenprobleme jedoch gegeben.“

Die Probleme sind nicht klein und die kosten auch noch richtig Geld. Zahlt RWE für das alles?

Guter, informativer Beitrag dazu, wenige Minuten, die sich lohnen, von Rangar Yogeshwar:

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Lasst Euch nicht für dumm verkaufen!

Glückauf!