Mit einem Kirmesvorstand lebt die Tradition einer Schützenbruderschaft

Red. Neuwerk [ - Uhr]

Jedes Jahr die gleichen spannenden Fragen: „Wä wöd et?“ und „Hant se enne?“

Zumindest spannend für Bürger, die dem Sommerbrauchtum eng verbunden sind.

Aber auch interessant für Bürger, die sich zumindest gerne zur Kirmeszeit Paraden und Prunkumzüge ansehen, sich an bunten Fähnchen freuen und vielleicht auch mal an einem Abend unter „Uniformierten“ das Tanzbein in einem Schützenzelt schwingen wollen.

Wenn dann allerdings mal in einem Jahr kein Schütze den Vogel von der Stange holen möchte, ja dann wird es stiller im Ort: Kein Brudermeister, kein Fähnrich, kein König wird mit Marschmusik abgeholt. Die Altarparade fällt für diese Bruderschaft ebenso aus wie der Prunkumzug.

In solch einem Jahr schläft die nach außen sichtbare Tradition.

Solch ein Jahr steht 2014 der St. Maria Männerbruderschaft in Bettrath bevor. Das Königssilber dieser Bruderschaft bleibt in der Krönungsmesse im Koffer, der anschließende Empfang wird kein fröhlicher.

Präsident Ralf Thönneßen kann angesichts dieser Aussichten nur eines sein: Tief traurig.

Natürlich werden sich die Bruderschaftler unter das Jahr weiterhin im Gemeindewesen engagieren, sei es bei Gemeindefesten, in der Senioren- und Jugendarbeit oder bei Sanierungsarbeiten an Kirchengebäuden.

Doch das, was auf Dauer die Gemeinschaft zusammenhält, was sie erhält, was ihr neue Mitglieder zuführt, sind die nach außen gelebten Traditionen.

Eng damit verbunden ist die Pflege der Nachbarschaften, denn auch hier verhindern Traditionen wie „Fähnchen aufhängen“, „Röschen drehen“ und „Kränzen“ für die Mitglieder des amtierenden Kirmesvorstandes in Straßenzügen und in den Honschaften die Ausbreitung einer Großstadt typischen Anonymität: Anwohner treffen sich, reden miteinander, pflegen Kontakte. Man sieht sich, kennt sich, hilft sich…

Solch ein Jahr der Auszeit gibt also manche Denkanstöße. Auch jene, die mit einer Bruderschaft eigentlich „nicht viel am Hut haben“, weil ihnen die Auswirkungen nicht bewußt sind, würden die schleichenden Folgen dauerhaft fehlender Kirmesvorstände in einem Stadtteil merken.

Doch da Ralf Thönneßen im Grunde seines Herzens ein fröhlicher Mensch ist, will er trotz allem das Lachen nicht verlernen. Nur eines schließt er kategorisch aus: „Einen nachträglichen Königsschuss wie im Jahr 2007 wird es definitiv nicht mehr geben“, meinte er beim Königsempfang in der Bezirksverwaltungsstelle Neuwerk.

Hierzu hatte am 24.09.2013 Bezirksvorsteher Hermann-Josef Krichel-Mäurer eingeladen. Aufmunternd meinte er zu Ralf Thönneßen: „Auch mit einem weinenden Auge werdet ihr trotzdem eine schöne Kirmes feiern…“.

Dessen ist sich der Präsident der St. Johannes Junggesellenbruderschaft sicher. Doch vorher mussten die Bettrather Junggesellen zittern:

Auch hier gab es zunächst keinen Anwärter auf das Königsamt, so dass Präsident Nils Thönneßen kurz entschlossen antrat: „Wenn ich schon das Silber als Präsident tragen muss, dann stelle ich auch einen Vorstand.“

Doch vorher verhinderte ein technischer Defekt am Schießstand (ein Drahtseil war gerissen) diese Absicht. Mit einstündiger Verspätung wegen der Reparatur ging es dann schließlich doch noch los.

Nils Ingenhoven, 2. Präsident der St. Johannes Junggesellenbruderschaft, stellte den anwesenden Bezirksvertretern auch die Brudermeister vor, die dem neuen König, der bereits 2007 das Silber trug, zur Seite stehen:

Bruder Tim Thönneßen unterstützt ihn als 1. Brudermeister, Tim Krause ist 2. Brudermeister.

Ralf Hoppenkamps, Präsident der St. Barbara Bruderschaft Neuwerk, wünschte allen Königen ein schönes Kirmesjahr. „Auch wir standen kurz vor dem Vogelschuss vor der gleichen Situation“, meinte er zu Ralf Thönneßen gewandt. Doch Gott sei Dank fand sich dann mit Dieter Bayer auch in diesem Jahr ein Träger des Königssilbers.

Dieter Bayer ist seit 33 Jahren Bruderschaftler, war bereits 2003 König und im Folgejahr Bezirksminister.

Ihm zur Seite steht als 1. Brudermeister Toni Wingartz, seit 51 Jahren der Bruderschaft verbunden.

Angesichts dieses reichen Erfahrungsschatzes braucht sich der 2. Brudermeister Hans-Peter Inderfurth, der seit sieben Jahren Mitglied ist und zum ersten mal in einem Vorstand mitwirkt, keine Sorgen zu machen.

Auch Willi Schmitz, Präsident der St. Maria Junggesellenbruderschaft, bedauerte aufrichtig den fehlenden König in Bettrath. „Man sollte daraus Lehren ziehen und sich gegenseitig helfen“, äußerte er sich nachdenklich. „Das Brauchtum lebt schließlich vom jährlichen Schützenkönig.“

Auch er ist herzlich froh, dass die Klosterwache entschied, ihre Jahre in der Neuwerker Junggesellenbruderschaft mit der Königswürde abzuschließen.

Marcel Wessel holte deswegen den Vogel herunter.

1. Brudermeister ist Stefan Platzer. Sven Lehnackers übernimmt den Part des 2. Brudermeisters.

Der Schützenzug freut sich nun auf die kommende aufregende, arbeitsreiche und schöne Zeit als Vorstand. Danach freut sich die St. Barbara Bruderschaft auf neue Mitglieder.

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