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Tante JU: Über 2,5 Mio. € Umsatz pro Jahr und der Bürger finanziert die „Unterkunft“ • Event-Hangar–Richtfest ohne sie [mit Slideshow]

[1]Hallo Leute, erst mal mein Wunsch, wenn auch etwas verspätet, für ein gutes neues Jahr an alle Leser!

Wie viele habe auch ich die Zeit „zwischen den Jahren“ und noch einige Tage danach, genutzt Urlaub zu machen. Aber, was soll ich sagen, kaum zurück, gab’s schon was von der Redaktion auf meine fesche Plümmelmütze …

Hatte ich im Vorweihnachtsstress und meinen Urlaub im Blick doch glatt vergessen, meinen Artikel über das Richtfest für Tante JUs Garage, äh, Event-Hangar, nee Hugo-Junkers-Hangar [2] abzuliefern.

Ich hoffe, Ihr seht mir das nach. Also jetzt nichts wie ran und das Versäumnis nachgeholt. Dafür gibt es auch ’ne Menge Bilder.

Wie bei solchen Gelegenheiten üblich, sind alle glücklich, zufrieden, voller Zuversicht und gegenseitiges Lob allgegenwärtig. Genauso war’s beim Richtfest für eines der aktuell hochgelobten Gebäude unserer Stadt, weil auch das ein Symbol für den Aufbruch in derselben darstellen soll …

Die JU-Garage steht in einer Reihe mit der Neugestaltung der Innenstadt Rheydts (Marktplatz ist richtig super geworden!), dem Hugo-Junkers-Park und den Arkaden (den Namen Minto mag ich nicht). Von all den anderen tollen Baumaßnahmen, die noch kommen werden bzw. sollen, ganz zu schweigen.

[3]Rund 80 Gäste waren pünktlich zum Richtfest erschienen und mussten erst mal warten. Ich hoffte schon das läge daran, dass die JU 52 doch noch als Überraschungsgast einfliegen würde und vielleicht delayed wäre.

Aber nix da. Lag nur daran, dass das Planungsteam noch tagte und deshalb verzögerte sich der Beginn des für 11.00 angesetzten Richtfestes merklich auf 11:00 c.t. (cum tempore, akademisches Viertel, 15 Minuten später) bei gefühlten mindestens minus 5°. War echt fies kalt, wie man an den vielen roten Nasen sehen konnte.

Anwesend waren vor allem jene, die in irgendeiner Weise mit dem Bauwerk zu tun hatten und haben.

David Bongartz, Geschäftsführer der eigens gegründeten Event-Hangar-GmbH, trug vor, wie es zu diesem gekommen war. Also die offizielle Version. Die können Sie deshalb auch hier viel besser nachlesen, als ich das wiedergeben kann.

[4]Richtfest am Hugo-Junkers-Hangar [5]

 

Davon, dass die JU 52 ursprünglich eine Dauerleihgabe sein, also „grounden“ sollte (letzte Landung für immer und Altersresidenz im neuen, schicken Hangar) und zeitlich auf 15 Jahre befristet sicherungsübereignet werden sollte (vielleicht ist das noch so?), war nicht mehr die Rede.

Von wegen Absicherung Risiko für Kredite!

[6]Das Projekt mit dem eindeutigen Namen „Die letzte Landung der JU 52“ war 2010 eines der Gewinnerprojekte aus dem Förderwettbewerb „Erlebnis.NRW“.

Wie man erfahren konnte wurde die alte Dame, durch die Firma Rimowa gesponsert, in der Schweiz überholt. Eitel ist sie also auch noch, dachte ich so bei mir. Aber Facelifting ist heutzutage ja nix besonderes mehr.

Von wegen Facelifting!

Die Überholung muss der reinste Jungbrunnen gewesen sein, denn diese wirkte offensichtlich so beflügelnd, dass von „grounden“, gar einer Dauerleihgabe, wie schon erklärt, nicht mehr die Rede war und die Tante JU nun, wie viele Rentner heutzutage, noch quicklebendig durch die Lüfte düst, bienenfleißig arbeitet [7] und mit Rund- und Sonderflügen Geld einfliegt. [8]

Und nicht nur das, sie agiert auch wie ein Modell. Als solches präsentierte sie sich im Jahr 2004 in einer Hapimag-Lackierung. Hapimag AG steht für Hotel und Appartementhaus Immobilien Anlage AG. Typisch Frau! Hin und wieder mal ein neues Outfit und damit auch noch Geld verdienen!

Ganz schön geschäftstüchtig für eine alte Lady.

Das Business scheint gut zu laufen, wie einer Broschüre zum Hugo-Junkers-Hangar [9]zu entnehmen ist:

„Gemeinsam können JU-Air mit dem Rundflugservice und der VFL jährlich zehntausende Menschen mit ihrem Rund- und Eventflugangebot erfreuen und der Verein ist seit 1997 in der Lage die JU HB-HOY in Deutschland zu präsentieren“.

Das ließ mich aufhorchen. Zehntausende Menschen?

Mir war sofort klar, sobald ich zuhause bin, wird erst mal gegoogelt.

Was zehntausende können, kann ich schon lange!

Wenn die JU schon nicht zum Richtfest kommt, komme ich eben zur JU. Der Sound der Motoren soll ja regelrecht süchtig machen.

[10]Also verließ ich das zukünftige Heim der JU 52 beschwingten Fußes und war schon in Gedanken bei meinem Flug mit dieser lebenden Legende, als mein Blick auf die vielen Banner am Bauzaun fiel.

Eines davon erklärt, dass die JU ehrenamtlich gehegt und gepflegt wird. Nämlich vom Verein der Freunde historischer Luftfahrzeuge, kurz VFL.

In dem kleinen Katalog, der auslag, steht sogar was von „Ehrenamt & Herzblut“.

Ich also zuhause an meinen Computer, und was soll ich sagen, kaum fündig geworden, staunte ich nicht schlecht. Für Ihre fast 60 Jahre ist die fliegende alte Dame richtig dick im Business.

Ein Rundflug (17 Personen können abheben) von 40 Minuten über Mönchengladbach kostet z.B. 241 Euro [8]plus Flugsteuer, pro Person versteht sich. Wenn von den „jährlich zehntausenden Menschen“ nur ein Viertel auf die JU des VFL entfällt (die JU-AIR hat drei Maschinen plus die des VFL), ist das nicht schlecht für eine Rentnerin, dachte ich so für mich.

Im Flugplan sind z.B. fünf Rundflüge am 14.05.2015 fast und vier am 21.06.2015 komplett ausgebucht. Für ein Wochenende im Juli 2015 (11. und 12.) sind täglich sieben Flüge geplant.

Nach dem Flugplan scheint die JU des VFL nur einmal im Monat für einige Tage, meist ein Wochenende, in Mönchengladbach zu verweilen oder besser gesagt über unserer Stadt rund zu fliegen.

[11]Bei so viel Zahlen schwirrt einem der Kopf. Mein Taschenrechner musste her, und ich kam an einem Tag mit sieben Rundflügen auf sagenhafte 28.679 Euro! Holla die Waldfee, dachte ich.

Soviel Knete an nur einem Tag! Dafür muss ‘ne alte Frau (also nicht die alte Tante JU!) lange für stricken! Nicht schlecht für ‘ne Seniorin.

Läuft es an einem Wochenende gut, kommen locker mehr als 55.000 Euro zusammen!

Gut, da gehen Kosten ab, trotzdem eine ganze Menge Kohle. Ich war echt baff!

Tja und das Maschinchen fliegt ja nicht nur über Gladbach rum.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die nach einem Wochenende in Gladbacher Gefilden nur noch ermattet irgendwo (ja, wo denn eigentlich?) rumsteht, denn man kann sie auch noch chartern, in ihr heiraten, ja, sie haben richtig gelesen.

Wer sich traut, kann das unter den Wolken erledigen. [12] Unter, weil die JU nur in geringer Flughöhe unterwegs ist, was andererseits bestimmt eine tolle Aussicht garantiert.

Also grübelte ich so vor mich hin und überlegte, wie viel wohl nach einem Monat emsigen Rundfliegens in wessen Kasse auch immer (JU AIR oder VFL oder beiden) groundet (für immer landet).

Wenn ein Wochenende schon mehr als 55.000 Euro bringt, macht das an vier schon mehr als 220.000 Euronen!

Sollte die JU 52 noch so gut drauf sein, dass sie auch „unter der Woche“ arbeitet, kommt da ein ordentliches Sümmchen zusammen.

Ich kratzte mich bei diesen Überlegungen so heftig unter meiner Plümmelmütze, dass die ‘nen Abflug machte und zu Boden ging. Ich war echt platt!

[13]Und dann fiel mir doch glatt wieder dieses Banner ein, das da am Bauzaun hing. Stand da nicht was von „ehrenamtlich gehegt und gepflegt“ und in der Broschüre „Ehrenamt und Herzblut“?

… und dann, dann war ich plötzlich total verwirrt.

Wenn die JU 52 des VFL seit 17 Jahren fliegt und es schafft an einem einzigen Wochenende sooo viel Geld einzufliegen, warum musste sie dann sooo lange auf ein eigenes Heim warten?

Ich schnappte mir nochmal meinen Taschenrechner, tippte mehrmals, weil ich das Ergebnis kaum glauben konnte, denn der kam auf die sagenhafte Summe von 2.640.000 Euro jährlich, wenn „nur“ monatlich 220.000 Euro für Rundflüge eingenommen werden.

Klar, kann das mal mehr, mal weniger sein – aber Leute, nur am Wochenende – ohne das, was vielleicht sonst noch so dazu kommt!

Wie lange ist die JU im Geschäft? 17 Jahre!

Wenn ich nur die Planungszeit  von 2009 bis 2014 für den Event-Hangar, also fünf Jahre berücksichtige, sind das schlappe 13.200.000 Euro! Nu war ich aber echt baff!

Wenn das stimmt, ich nix an den Augen habe, nicht falsch denke oder mein Taschenrechner vielleicht ‘nen Defekt hat, dann frage ich mich nun:

Warum müssen wir, die Bürger Europas, des Landes NRW und vor allem unserer Pleitestadt so einer gut verdienenden alten Dame eine Nobel-Garage finanzieren!

Mir fehlen die Wörter!

Euer Glossi

 

Fotos: M. Bösche

3 Kommentare (Öffnen | Schließen)

3 Kommentare Empfänger "Tante JU: Über 2,5 Mio. € Umsatz pro Jahr und der Bürger finanziert die „Unterkunft“ • Event-Hangar–Richtfest ohne sie [mit Slideshow]"

#1 Kommentar von Brummbär am 16. Januar 2015 00000001 21:03 142144219009Fri, 16 Jan 2015 21:03:10 +0000

Homepage Verein, der eine Halle für lau bekommt, wenn die JU 52 mal grade in Gladbach ist:

„Das öffentliche Interesse an der Geschichte und Gegenwart der deutschen Luftfahrt muss gefördert werden. Unser Ziel ist, die JU 52 und das Andenken an die Leistungen Hugo Junkers kontinuierlich zu erhalten, zu erweitern und angemessen attraktiv zu präsentieren.“

[14]

Würde ich auch sagen, wenn ich auf diese Weise an einen Edel-Hangar komme, ohne dafür auch nur einen Finger krumm machen zu müssen.

In unserer Stadt gibt es ein Gymnasium und einen Park mit dem Namen eines unserer großen „Söhne“ dieser Stadt. Ebenfalls eine Straße, die zu den kürzesten und hässlichsten dieser Stadt gehört.

Das öffentliche Interesse in Bezug auf Hugo Junkers, wie vom Verein beschrieben, wird längst und vor allem viel besser, im Technikmuseum Dessau gefördert, in dessen Umgebung noch weitere denkmalgeschützte Junkers-Bauten stehen, wie das Junkers-Verwaltungshochhaus (1934/36), der Junkers-Windkanal (1934/35),eine Flugzeugkompensierscheibe (1935), die Start- und Landebahn des ehemaligen Junkers-Werkflugplatzes.

[15]

Das öffentliche Interesse an der Geschichte und Gegenwart der deutschen Luftfahrt fördern,
das machen andere schon lange und besser.

Das Technikmuseum Berlin hat ebenfalls (unter anderem) eine JU 52. Dort gibt es sogar den Sturzkampfbomber Junkers JU 87 (gibt weltweit nur noch wenige Maschinen).

Vor allem: IMMER zu besichtigen! Fliegen niemals aus!

[16]

Selbstverständlich gibt es auch im Deutsche Museum in München eine riesige Luft- und Raumfahrtausstellung (selbstverständlich auch mit immer anwesender JU 52) auf der Münchner Museumsinsel (8.000 qm), plus Zweigmuseum „Flugwerft Schleißheim“ mit nochmal 7.800 qm.

[17]

Nur, um mal die wichtigsten zu nennen.

Klar, bei solch unbedeutenden Museen, die die Geschichte der Luft- und Raumfahrt hoch qualifiziert präsentieren, muss in Mönchengladbach unbedingt ein kleiner Verein dafür sorgen, dass das öffentliche Interesse daran gefördert wird. Wie immer das bewerkstelligt werden soll.

Vielleicht mit dem letzten Straßenbahn-Triebwagen aus Mönchengladbach, der, wie mir erzählt wurde, angeblich in dem Hangar einen Platz bekommen soll (Kopf schüttel!).

Sorry, was soll das denn (falls das wirklich stimmt)! In der Schule würde das bedeuten: setzen 6, Thema total verfehlt.

Mit einer ständig abwesenden JU, die Geld einfliegen muss, einigen putzigen Fotos und irgendwelchem Kleinkram, kann man wohl kaum das Interesse wecken. Andererseits DARF der Hangar keinen Museumszweck erfüllen, das widerspricht den Förderauflagen. Wurde ja auch schon mal abgehandelt.

Dieser Millionen Euro teure Hangar dient vor allem nur einem: dem Verein.

Allerdings frage ich mich, WOFÜR wollen die den, wenn die Maschine ohnehin so gut wie nie in Galdbach ist!

Eine Frechheit wie Steuergelder zum Fenster raus geschmissen werden und andererseits an wirklich wichtigen Dingen mehr als gespart wird.

Richtig abgezockt!

#2 Kommentar von Zwiebelpiefke am 17. Januar 2015 00000001 11:48 142149531011Sat, 17 Jan 2015 11:48:30 +0000

Geht sowas auch mit Motorrädern?

Meine Kumpels und ich sind Oldie-Fans. So ne entsprechende Werkstatt und Möglichkeit die gut unterzustellen wäre schon klasse!

Wäre sogar billiger. Denke mit 500.000 könnten wir richtig was auf die Beine stellen. An wen muss man sich wenden?

#3 Kommentar von Ypsilon am 19. Januar 2015 00000001 21:49 142170418609Mon, 19 Jan 2015 21:49:46 +0000

Diese ganze Hangar-Posse ist eine Frechheit und Verschwendung von Steuergeldern!

Wir haben ja sonst keine Probleme.