Stellt die Telekom hunderten Beschäftigten in NRW den Stuhl vor die Tür? • Für ver.di ist geplanter „Standortkahlschlag“ absolut inakzeptabel • Proteste an vielen Standorten

Hauptredaktion [ - Uhr]

Wenn am morgigen Freitag an der Pescher Straße die Mittagspause beginnt, wird es anders sein, als sonst.

Es wird eine so genannte „Aktive Mittagspause“ sein, in der die Telekom-Mitarbeiter u.a. über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze diskutieren.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) weist die Pläne zur Umorganisation der Standorte des Innendienstes der Telekom-Tochter Deutsche Telekom Technischer Service GmbH (DTTS) als „vollkommen unverantwortlich“ zurück.

Ver.di fordert das Unternehmen auf, erneut in Verhandlungen über ein sozialverträgliches Konzept einzusteigen.

„Die geplanten Standortmaßnahmen bedeuten für die Beschäftigten und ihre Familien einen unzumutbaren Kahlschlag, der im Ergebnis zu einem nicht nachvollziehbaren Rückzug von Arbeitsplätzen aus der Fläche führen würde“, kritisierte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von DTTS, Frank Sauerland, am vergangenen Donnerstag.

„Die geplanten Standortmaßnahmen gefährden die Qualität des technischen Kundenservice und stellen das Erreichen wichtiger Unternehmensziele wie zum Beispiel den geplanten Netzausbau der Telekom in Frage.“

In NRW sind in der DTTS GmbH derzeit im Innendienst rund 1.850 Beschäftigte, überwiegend im Remote-Service, in der Störungsannahme und in der Disposition tätig.

Sie verrichten ihre anspruchsvollen Tätigkeiten bisher in 21 Städten.

Künftig will die Telekom diese Arbeitsplätze auf nur noch 3 Städte in NRW konzentrieren.

Bundesweit droht bis Ende 2017 ein Kahlschlag von Standorten in 153 Städten auf nur noch 18 Standorte.

Nach den Plänen der Telekom sollen allein in NRW rund 1.200 Beschäftige an die Zielstandort in Ballungsräumen wechseln.

Für die meisten der Betroffenen drohen künftig deutliche längere Wegezeiten zur Arbeit, die für große Teile der Beschäftigten auch mehr als ein bis zwei Stunden einfache Fahrtstrecke betragen können.

ver.di fordere stattdessen eine deutlich höhere Anzahl von Standorten, ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Ab­milderung der Folgen des Umbaus sowie Standortgarantien und Schutzregelungen, stellte Sauerland klar. „Wir werden es nicht kampflos hinnehmen, wenn der Konzern Tausende von Beschäftigte infolge eines untauglichen Standortkonzepts gleichsam ‚auf die Straße‘ schickt und damit ihrer Freizeit und Erholungszeit beraubt“, sagte Sauerland.

Die Beschäftigten lassen sich nicht widerstandlos den Stuhl vor die Tür stellen.

Zunächst werden sie sichtbar machen, was die Pläne der Telekom an den bestehenden Standorten bedeuten. Mittelfristig könnten in Mönchengladbach etwa 60 Arbeitsplätze betroffen sein.

Dazu finden an vielen Standorten des Innendienstes des Technischen Service aktive Mittagspausen statt.

2 Kommentare zu “
Stellt die Telekom hunderten Beschäftigten in NRW den Stuhl vor die Tür? • Für ver.di ist geplanter „Standortkahlschlag“ absolut inakzeptabel • Proteste an vielen Standorten”
  1. Es trifft aktuell wieder mal zig Beschäftigte, aber die Strategie ist alt und in allen Konzernen immer dieselbe.

    Bereits aus Juni 2014:

    Deutsche Telekom: BEST-Programm bringt tausende Entlassungen

    http://winfuture.de/news,82286.html

    Geht es noch zynischer als ein Entlassungs-Programm, nichts anders ist es nun mal, auch noch „BEST“ zu nennen? Da jubeln die Betriebswirtschaftler am grünen Tisch, die Shareholder Value-Jünger und –Profiteure!

    Zitat (obiger Link):

    „Im Zuge eines neuen Umbau-Programms, das die Telekom „BEST“ nennt, sollen die Etats allein bei der Telekom Deutschland nach Schätzungen bis 2018 um drei Milliarden Euro gekürzt werden.

    Das berichtete das Nachrichtenmagazin Focus in seiner heutigen Ausgabe. Wie viele Mitarbeiter von dem Abbau-Programm betroffen sein werden, will das Unternehmen derzeit noch nicht offiziell sagen.

    Fest steht dagegen laut dem Magazin bereits der Abbau von 4.900 Stellen binnen der kommenden zwei Jahre bei der Telekom-Tochter T-Systems.“

    Und weiter im nächsten Absatz wird erläutert, was man auch den Protestierenden in Gladbach „klar machen“ wird. Zitat:

    „Hunderte sollen „freiwillig“ gehen

    Die Alternative sehe so aus, dass genügend Mitarbeiter über Abfindungsprogramme und Vorruhestandsregelungen freiwillig das Unternehmen verlassen.

    Auch andere Methoden würden geprüft, hieß es.

    „Es ist denkbar, dass einzelne Abteilungen von der Hauptniederlassung Darmstadt nach Dresden verlegt werden – und umgekehrt“, sagte ein Telekom-Aufsichtsrat dem Focus.

    Dadurch würde es den Betroffenen schlicht sehr unbequem gemacht, ihrer Arbeit weiter nachzugehen, da sie entweder weite Wege zum neuen Arbeitsplatz, einen Umzug oder eine firmeninterne Versetzung auf sich nehmen müssten.“ Zitat Ende.

    Man dreht einfach das Standortkarussell. Wie WIDERLICH ist das!

    So geht das im Raubtierkapitalismus, in dem die Telekom (auch international) schon lange zuhause ist.

    Zynischer und menschverachtender geht es kaum.

    Tja, Pech, dass dann einige „auf der Strecke“ bleiben und durch Verlegungen von Standorten betroffen sind, die gar nicht erforderlich sind, sondern nur ein hin und her schieben sind, damit so viele Mitarbeiter wie irgendwie möglich aufgeben und „freiwillig“ gehen.

    Diese „Methode“ ist nicht neu und funktioniert seit Jahrzehnten blendend.

    Das sind die miesen Spiele der sogenannten „Eliten“, die den Hals von Geld und Macht gar nicht voll genug bekommen können. Die meisten schlafenden Bürger kriegen gar nicht mit was da läuft.

    Wer bekommt schon mit, dass die Gewinnquote im gleichen Verhältnis steigt, wie die Lohnquote sinkt? Wer weiß schon, wie da getrickst wird? Dem Mitarbeiter und Außenstehenden wird sowas als „alternativlos“ verkauft.

    Hauptsache alles ist billig und hip. Und man dämmert, begleitet von Privatfernsehen, dem deutschen „Qualitätsfernsehen“ von ARD und ZDF und solch wichtigen „Medien“ wie der Blödzeitung und den Printmedien, die in der Hand einiger weniger, mächtiger Familien sind (z.B. Bertelsmann/Mohn), dahin.

    Auch die, die glauben auf der Gewinnerseite zu stehen, sollten sich solche Vorgänge genauer ansehen, denn sie können schon morgen, ob bei der Telekom, einem anderen Konzern oder diesen „zuarbeitenden/-liefernden“ Unternehmen genauso betroffen sein, denn Schareholder Value und ewiges Wachstum sind nun mal nicht umsonst zu haben.

    Jemand muss dafür zahlen. Auf keinen Fall aber die Reichen und Mächtigen.

    Den Preis zahlen früher oder später alle. Die einen merken es schon jetzt, die anderen, noch profitierenden, erst, wenn die Einschläge (=Sparmaßnahmen, damit Rendite und Profite weiter wachsen) näher kommen, dass sie nun auch „dran“ sind.

    Bis dahin dürfen alle weiter schlafen und hoffen, dass schon alles gut wird und an die Märchen von Politik, Wirtschaft und Medien glauben.

    Von einem „Goldenen Handschlag“ wie ihn schon Ron Sommer (richtiger Name Aaron Lebowitsch), der 2002 angeblich „nur“ 11,6 Millionen Euro, statt der vermuteten 65 Millionen, bekam, davon können die aktuell Streikenden/Betroffenen nicht mal träumen. Der machte nur, was er sollte (in den USA Unternehmen zukaufen, was zu Verlusten führte und dem amerikanischen Unternehmen den deutsch-europäischen Markt „öffnete“) und ließ sich dann für viel Geld verabschieden.

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/deutsche-telekom-aufsichtsrat-keine-65-millionen-euro-fuer-ron-sommer-172098.html

    „Einfache“ Mitarbeiter, die das Geld verdienten, das die Unternehmen draufhauen und an Manager verteilen, setzt man einfach vor die Tür. Irgendwo muss man schließlich sparen!

    Im Gegensatz zu Sommer (und anderen Managern) sind sie nur Bauern in dem Spiel, die man eben opfern muss und das gekonnt.

    Eben durch geschickte Arbeitsplatzverlagerung oder wie in dem Artikel hier ausgedrückt: „Standortverlagerungen“. Kostet die Telekom (oder andere Unternehmen) nix und die Mitarbeiter haben die A … karte.

    Man kann das ohne weiteres eine beabsichtige Vergrämungsmaßnahme nennen.

  2. Die Mitarbeiter müssen immer dran glauben. Hauptsache Wachstum, am besten grenzenloses Wachstum, bis die Kunden sich zusätzlich Ohren zulegen, um noch mehr telefonieren zu können. Schade, dass das (noch?) nicht funktioniert.

    Ein krankes System, das durch Unternehmen wie der Telekom mit befeuert wird. Dran glauben müssen die Mitarbeiter, die wie Bauern auf dem Schachbrett hin und her geschoben werden oder ganz vom Feld fliegen, wenn sie sich nicht willig genug verschieben lassen und Einbußen jeder Art hinnehmen.

    Diese ständigen „Konzentrationen“ an wenigen Standorten, sind doch nichts anderes als krank und mit dem Kalkül versehen, dass schon einige freiwillig aufgeben, wenn sie nur lang genug täglich pendeln müssen oder sich gleich überlegen in der Hängematte im Büro zu nächtigen.

    Sicher gibt es dann auch wieder die viel zitierten „Synergieeffekte“, die angeblich Geld sparen. Sowas von krank! Als ob dieselben Leute konzentriert auf 3 Standorte, plötzlich mehr leisten könnten. Wie soll sowas funktionieren?

    Die Arbeit bleibt dieselbe, Platz wird an den neuen Standorten für mehr Mitarbeiter benötigt (oder sollen die wie in der Massentierhaltung gehalten werden?).

    Kosten können also vielleicht nur bei Mieten gespart werden, die an den neuen Standorten ggf. höher werden (weil mehr Platz erforderlich).

    Nicht zu vergessen, das eine oder ander Gehalt dessen, der freiwillig aufgibt, in Alterteilzeit oder so schnell wie möglich „in Rente“ geht.

    Neueinstellungen gibt es dann nicht und der Rest muss sehen, wie er mehr Arbeit bewältigt bekommt. Vemutlich wird vor allem auf diesen „Synergieeffekt“ gesetzt. Man muss schließlich sparen, koste es was es wolle (natürlich nur die Mitarbeiter!).

    Die Wortakrobatik und Rechenpirouetten, die da betrieben und gedreht werden, möchte ich mal sehen. Eben Betriebswirtschaft am grünen Tisch statt Volkswirtschaft, Logik und ein wenig Menschlichkeit (ja, ist vermessen). So einfach ist das.

    Bleibt also nur die Vermutung, dass man Mitarbeiter mürbe machen und dank langer Wegezeiten rausgraulen will. Widerlich!

    Wofür das alles? Damit die Gewinne stimmen und die Aktionäre (vor allem einige große Player wie z.B. BAnken, Versicherungen, Fonds) Kasse machen können. Shareholder Value eben.

    Was interessieren da Mitarbeiter, die das Unternehmen schließlich zu dem gemacht haben, was es ist!

    Überall (vor allem bei Konzernen und Großunternehmen) dasselbe ekelhafte, gierige, menschenverachtende Geschäftsmodell. Die Lohnquote sinkt analog des Anstieges der Gewinnquote, wobei letztere sogar noch mehr. Das hat seit den 1980er und verstärkt den 1990er-Jahren System. Eben Kapitalismus.

    Spiegel: „Jahreszahlen: Telekom verdreifacht Gewinn

    Der Nettogewinn des Unternehmens verdreifachte sich 2014 auf 2,9 Milliarden Euro, wie der Konzern mitteilte. Den Umsatz steigerte das Unternehmen um 4,2 Prozent auf 62,7 Milliarden Euro.

    „Wir haben den Konzern wieder auf Wachstumskurs gebracht und wir werden diesen Weg konsequent weitergehen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Timotheus Höttges in Bonn.“

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/telekom-verdreifacht-gewinn-a-1020604.html

    Wie dieser konsequente Weg aussieht, bekommen die Mitarbeiter gerade zu spüren.

    Aussage von Ex-Chef Obermann, der den Konzern verließ, im Spiegel dazu:

    „Rücktritt von Obermann: Gehen, wenn man am schönsten aussieht

    René Obermann verlässt die Spitze der Telekom, bevor er seine vielen Versprechen eingelöst hat. Diese Kärrnerarbeit überlässt er lieber seinem Nachfolger. Ein ziemlich cleverer Schritt.“

    Verständlicher Wunsch von Obermann damals:

    „Manchmal wünsche ich mir, in einem kleinen, innovativen Unternehmen zu arbeiten“, sagte er. Immer nur bestehende Umsätze zu verteidigen, das sei ziemlich mühsam.“

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ruecktritt-von-telekom-chef-obermann-gehen-wenn-man-gut-aussieht-a-874169.html

    Leider können die nun betroffenen Mitarbeiter auf Grund der miserablen Lage am Arbeitsmarkt (die nun mal ALLES für Unternehmen möglich macht) nicht denselben Schritt tun, denn im Gegensatz von Mitarbeitern an denen schon lange gespart wird, die das nicht können, konnte sich Herr Obermann auch in finanzieller Hinsicht seinen Abschied locker erlauben.

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