Esprit-Logistikzentrum wächst • Leiharbeiter sollen unbefristet beschäftigt werden • Krankenstand bei 10%

Herbert Baumann [ - Uhr]

[09.10.2017] Im Güdderather Esprit-Logistikzentrum an der A 61 soll die Zahl der Festangestellten noch in diesem Jahr um rund 70 auf dann etwa 360 Mitarbeiter wachsen. Das sagte heute die Betriebsrats­vorsitzende Heike Rohde vor Vertretern der katholischen Betriebsseelsorge.

Damit erhielten vor allem Leiharbeiter einen unbefristeten Job in dem Riesenkomplex, der um fünf auf acht Großhallen wächst.

Den Besuch mit ausgedehnter Betriebsbesichtigung hatte Rainer Ostwald, Betriebsseelsorger des Bistums Aachen eingefädelt. Mit „kirchlichem Segen“ kümmert er sich – da, wo man es zulässt – um Menschen im Betrieb, hält Kontakt zu Betriebsräten und hilft, wenn es beispielsweise um Stress, Mobbing oder Arbeitnehmerrechte in den Firmen geht.

Um den Besuch bei Esprit, das „nach einigen Anläufen“ seit 2012 eine elfköpfige Belegschaftsvertretung hat, hatte er sich längere Zeit bemüht. Heike Rohde („Ich bin für jeden im Betrieb da“) ist einzige freigestellte Betriebsrätin.

Esprit, das chinesische Modeunternehmen mit deutscher Tochter in Ratingen, bedient sich genau genommen des Groß-Logistikers Fiege.

Der macht alles, stellt also auch das Personal zur Verfügung.

Der britische Investor Goodman gibt angeblich für die Hallen-Expansion bei Esprit/Fiege rund 40 Millionen Euro aus.

Wachsen wird man im Güdderather Regiopark also schon, doch die neuen Hallen nehmen vorwiegend aufzugebende Standorte von Esprit/Fiege zum Beispiel in Ibbenbüren auf.

Die Personalstärke werde „nicht signifikant größer werden“, sagt Rohde. Kunde Esprit zahlt für die Fiege-Dienstleistungen quasi Miete und sei langfristig an den Güdderather Standort gebunden.

Aktuell stehen bei Esprit 290 feste Mitarbeiter auf der (Fiege-)Gehaltsliste, 300 Menschen mit Zeitverträgen kommen von Personaldienstleistern.

Rohde versichert, dass man auf die Bezahlung der Zeitkräfte keinen Einfluss habe, aber Mindestlohn (8,84 Euro/Stunde/brutto) würden gezahlt.

Mehr als drei Viertel der Festen sind so genannte Logistik-Helfer, die ebenfalls im Schichtdienst arbeiten – und das für gut elf Euro die Stunde.

Die Zahl der Leiharbeiter ist bereits stark rückläufig. Der Grund: Die Winterware ist längst europaweit und bis nach Kanada an Händler ausgeliefert.

Rohde bedauert, dass es derzeit schwierig sei, Mitarbeiter zu finden.

Deutsch bzw. Englisch und „Lesen können“ seien Grundvoraussetzungen.

Zunehmend bewerben sich jüngere Menschen aus Polen, Tschechien, Ungarn und aus Sri Lanka.

Vermehrt meldeten sich auch anerkannte Flüchtlinge u.a. bei den Personalvermittlern.

Interesse und folglich auch die Anzahl der Azubis ist offenbar gering.

Derzeit werde ein Jugendlicher zur Fachkraft für Logistik ausgebildet.

Neun Schwerbehinderte werden beschäftigt.

Drei Langzeitarbeitslose des Volksvereins gegen Arbeitslosigkeit fanden bei Fiege/Esprit einen unbefristeten Job.

„Das ist erfreulich und durchaus ausbaufähig“, betont Johannes Eschweiler.

Er ist einer der Köpfe im Volksverein.

In den lauten Hallen sieht man kaum Personal.

Sämtliche Artikel – vorwiegend aus Billiglohnländern – kommen von den Überseehäfen per Lkw über die Straße nach Güdderath.

Hier werden Shirts oder Hosen Bestellung für Bestellung mithilfe modernster Technik in eher monotonen Arbeitsgängen versandfertig gemacht.

Und wieder geht es mit dem Lkw weiter. Einen Gleisanschluss gibt es nicht.

Auffällig: Das Labyrinth der Transportstraßen mit rund 24.000 Kilometern Länge und den automatisch gesteuerten Hochregallagern.

Der Dauerlärm sei schon ein Problem, gesteht Betriebsrätin Rohde.

Man werde jetzt erneut mit der Firmenleitung reden und, das sagt sie andeutungsweise, lauter werden, damit es leiser wird.

Derzeit sei der Krankenstand relativ hoch. Bei den „Festen“ seien 30 (von 290) arbeitsunfähig. Über Daten erkrankter Leiharbeiter verfüge sie nicht.

Bei Esprit werden Unmengen an Kartons bewegt. Als positiv bewerteten es die Besucher, dass einige wenige Großkaufhäuser Wert darauf legen, nicht in Kartons beliefert zu werden.

Stattdessen stellen sie Container und Kisten zur Verfügung, die x-mal verwendet werden können.

Dies wiederum bedeutet bei Esprit mehr Handarbeit und weniger Technik.

Wie international es bei Esprit mit seiner Multikulti-Belegschaft zugeht, zeigt auch dieser Arbeitsplatz mit Computer: Da ergänzt eine Frau um die 50 das codierte Etikett verpackter Pullover für den Schweizer Markt mit dem Wappen der Eidgenossen.

Der Freizeit-Überzieher ist dort übrigens um einiges teurer als hierzulande.

Für Ostwald – und nicht nur für ihn – war es „eine informative Veranstaltung“.

Sie fand im Rahmen der Aktion „Aufstehen für gute Arbeit, gerechte Löhne und Mitbestimmung“ der Betriebsseelsorge im Bistum Aachen statt.

Zwischen ihren Vertretern und dem Esprit-Betriebsrat soll es weitere Kontakte geben. Johannes Eschweiler: „Denn wir haben viel zu bieten und Menschen, die Arbeit suchen.“

Bisher keine Kommentare

Ihr Kommentar