Mit Leichtigkeit gegen Flammen und Hitze • Effertz Tore GmbH beim Forschungs- und Innovationspreis der IHK auf Platz 1

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

„Was ist das Produkt, das ihr am dringendsten braucht, aber von dem ihr glaubt, dass ihr es niemals haben werdet?“ Diese Frage stellte Dipl.-Ing. Dirk Becker (44) der Geschäftsführung als er 2003 beim Mönchengladbacher Feuerschutz-Spezialisten Effertz Tore GmbH anfing.

Die Antwort beschrieb einen besonderen Vorhang, in der Fachsprache „textiler isolierender Feuerschutzabschluss“ genannt. Dieser sollte bei einem Brand nicht nur eine gewisse Zeit den Flammen standhalten – solche Produkte gab es bereits –, sondern auch die extreme Hitze nicht von der einen auf die andere Seite lassen.

Eine Isolierung dieser Art ließ sich bislang nur mit Schutzmechanismen größerer Abmessungen und aus anderen Materialien realisieren. Deren offenkundige Nachteile sind der große Platzbedarf, das Gewicht und die dafür notwendige, teilweise sehr große Antriebstechnik.

„Aber Architekten wünschen sich möglichst leichte und unauffällige Abschlüsse, die natürlich am besten auch noch preisgünstig sind“, erklärt Becker.

Absolute Priorität habe aber natürlich der Schutz von Menschenleben. Der Auftrag an den damals neuen Leiter des Bereichs Konstruktion und Entwicklung war also klar: „Ich musste es schaffen, dass der textile Abschluss ausreichend isoliert.“

Und zwar so gut, dass der Vorhang eine allgemeine Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) erhält. Erst mit diesem Prüfsiegel nämlich können Bauherren den gewebten Brandschutz ruhigen Gewissens einplanen – und sind nicht von jeweiligen Einzelfallentscheidungen des DIBt abhängig.

An eine Realisierung des Projekts „Super-Vorhang“ in absehbarer Zeit glaubte bei Effertz niemand so recht.

„Wir wussten damals, dass die gesamte Branche von einem marktreifen Produkt nur träumen konnte“, erinnert sich Dirk Becker.

Trotz der trüben Aussichten auf Erfolg beschäftigte sich der Korschenbroicher ab 2004 immer mal wieder nebenbei mit dem Thema. Größere Investitionen wurden zunächst nicht getätigt.

Doch dann hatte der Ingenieur den Geistesblitz: aufschäumendes Material in Lammellen zu verpacken. Mit Unterstützung eines Zulieferers, des Glasgewebe-Spezialisten Klevers aus Güdderath, entwickelte er den Fibreflam Iso 3.

Die Neuheit zeichnet sich dadurch aus, dass sich der aufrollbare Textilpanzer dank des innovativen Inneren bei Wärme ausdehnt. Im kalten Zustand beträgt die Dicke des Vorhangs 20 mm, bei Hitze kommt er auf 70 mm. Das genügt, um mehreren hundert Grad zu trotzen.

2009 war die Erfindung bereit für Brandversuche.

„Als wir wussten, dass wir auf einem guten Weg sind, haben wir richtig Geld in die Hand genommen“, sagt der Entwicklungsleiter. Die Tests verliefen optimal.

30 Minuten Isolierung bei einem Vollbrand reichten für die DIN-Brandschutzklassifikation T 30. „Unser komplett aus Glasgewebe bestehender Vorhang würde sogar 50 Minuten schaffen“, betont Becker. Dabei sei er nur halb so schwer wie die Stahl-Variante.

Inzwischen ist das Produkt auf dem Markt, im vergangenen Jahr folgte die begehrte DIBt-Zulassung. Das EU-Patent ist erteilt.

„Die Nachfrage ist grandios, vor allem die Architekten sind von den neuen Möglichkeiten begeistert“, so Becker. Inzwischen mache der Fibreflam Iso 3 einen „wesentlichen Teil“ des Umsatzes aus. Diverse Einbauten sind bereits erfolgt.

Beispielsweise soll die Innovation aus Rheydt in einem Gebäude der Schweizer Universität Lausanne im Falle des Falles das Schlimmste verhindern.

Der erste Interessent überhaupt war das St. Martinus-Krankenhaus in Düsseldorf.

„Hier ging es darum, ein Schwesternzimmer von einem Flur abzutrennen“, erklärt der Vater der Erfindung. Wenn in dem Raum ein Feuer ausbricht, soll der Fluchtweg geschützt werden. Bei Feueralarm senkt sich der versteckt angebrachte Panzer automatisch.

„Nur dann wird unser Produkt überhaupt sichtbar“, sagt Dirk Becker. Am besten wäre es, wenn die Innovation aus dem Hause Effertz niemals zum Einsatz kommen müsste.

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