Causa Wurff • Teil XII: Der (vorläufig?) letzte Akt • Eine außergewöhnliche Ratssitzung [mit Video] [jetzt ohne Video]

Hauptredaktion [ - Uhr]

[18.03.2015] Sie war nicht nur eine außerordentliche, sondern in vielerlei Hinsicht auch eine außergewöhnliche Ratssitzung am 16.03.2015, die sicherlich nicht zu einer „Sternstunde“ dieses Gremiums zu zählen ist.

Über das Inhaltliche und Formelle zur Abwahl des parteibuchlosen Baudezernenten Andreas Wurff wurde hinreichend berichtet und viel kommentiert.

Die geheime Abstimmung

Die GroKo und OB Hans Wilhelm Reiners (CDU) hatten versucht, über die Abwahl offen abstimmen zu lassen, was jedoch nicht gelang, weil sich die erforderliche Zahl von 14 Ratsmitgliedern für eine geheime Abstimmung aussprach.

Bei der Abstimmung enthielten sich zwei Ratsmitglieder (dem Vernehmen nach die AfD- und FWG-Vertreter), 14 Ratsmitglieder stimmten gegen und 51 (hochwahrscheinlich alle Ratsmitglieder von CDU, SPD und FDP) für die Abwahl von Andreas Wurff.

 

Wurffs persönliche Erklärung

Dass jemand, für den mit nahezu absoluter Wahrscheinlichkeit feststeht, dass er seinen Arbeitsplatz verliert, dennoch bei seiner „Abwahl“ anwesend ist, zeigt Stil.

Er werde bis zu seiner Abwahl von der Stadt Mönchengladbach bezahlt und nehme daher natürlich auch an dieser Ratssitzung teil, hatte Andreas Wurff unserer Zeitung vor Beginn der Ratssitzung erklärt. Außerdem habe er sich nichts vorzuwerfen.

Dass er nach seiner Abwahl von OB Reiners die Möglichkeit erhielt, auf seinen (Wurffs) Wunsch hin noch eine persönliche Erklärung abzugeben, war auch nicht zu erwarten gewesen.

Außergewöhnlich waren dann auch Wurffs abschließende Worte: „Ich wünsche der Stadt und den Bürgern für die Zukunft alles Gute und diesem Hause weisere Entscheidungen“.

Zuvor hatte Wurff erklärt, dass mit seiner Abwahl auch seine Gedanken abgewählt worden seien und sein Name auch für Integrität gestanden habe.

Einigen im Ratssaal schienen beim Wort „Integrität“ die Gesichtszüge förmlich zu erstarren.

 

Abwahlgegner demonstrierten

Zahlreiche Mitglieder aus den die Abwahl Wurffs ablehnenden Parteien und Gruppen, aber auch andere Bürger hatten sich vor der Ratssitzung und später dann auch auf der Zuschauertribüne eingefunden.

Diese Aktion war ebenso außergewöhnlich, wie die vorzeitige Abwahl als solche.

 

Der Umgang mit der Geschäftsordnung

Die Geschäftsordnung des Rates und seiner Ausschüsse verbietet Beifalls- und Missfallensbekundungen, das Zeigen von Plakaten, Fahnen und ähnlichem während der Sitzungen.

Soweit die Regeln für deren Einhaltung der Oberbürgermeister als Versammlungsleiter zu sorgen hat. Dies gelang in der Vergangenheit meist durch Appelle an die Akteure.

Das Außergewöhnliche an der Ratssitzung am letzten Montag war, dass OB Reiners in den demonstrierenden Mitglieder einige von im Rat vertretener Parteien und Gruppen identifizierte.

Ob er aus diesem Grund teilweise so schroff und wenig moderat, phasenweise sogar kleinlich reagierte, oder ob es der insgesamt angespannten Situation geschuldet war, ließ sich nicht eindeutig erkennen.

Dieses „Kleinlichsein“ gipfelte darin, dass Reiners eine nichtausgerollte Fahne, DIN A 4-große, bedruckte Blätter und ein an der Wand stehendes Schild nicht sehen wollte.

An dieser Stelle muss die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen undifferenzierten Regelung gestattet sein.

Dass Demonstrationen dieser Art möglicherweise Ratsmitglieder beeinflussen könnten, ist allein schon deshalb ausgeschlossen, weil während Gremiensitzungen lediglich die Verwaltung und die Pressevertreter die Zuschauertribüne einsehen können.

Wie Reiners‘ Vorgänger im OB-Amt, Norbert Bude (SPD), reagiert hätte, kann nicht gesagt werden.

Jedoch hat er in anderen Situationen, mit teilweise wesentlich mehr „Demonstranten“, manchmal sogar zu zwei vollkommen unterschiedlichen Tagesordnungspunkten, wesentlich souveräner reagiert, in dem er Transparente an der Brüstung der Zuschauertribüne nicht monierte und sogar für die Dauer der Debatten um diese Tagesordnung die Türen des Ratssaals hatte öffnen lassen.

Damals wäre die „Beeinflussung“ von Ratsmitgliedern wesentlich „unmittelbarer“ gewesen.

Man kann sich des Eindruckes mancher Demonstrierender am 16.03.2015 durchaus anschließen, die nach der Sitzung glaubten, dass die Art und Weise mit der OB Reiners die Geschäftsordnung des Rates durchzusetzen versuchte, eher politisch motiviert war.

Andere führten sein diesbezügliches Agieren auf seine Unerfahrenheit zurück und hoffen zukünftig auf mehr Gelassenheit und Souveränität in solchen Situationen.

 

Stellenausschreibung

Die FDP hatte ihre Zustimmung zur Abwahl von Andreas Wurff davon abhängig gemacht, dass eine Stellenausschreibung vorgelegt werde. (Klick auf Grafik öffnet PDF).

Dem kam die GroKo nach, versäumte dabei jedoch, dass die Bewerber die erforderlichen baufachlichen Kompetenzen, beispielsweise durch ein abgeschlossenes Bauingenieurstudium, nachzuweisen hätten.

Dies veranlasste die FDP-Fraktion, der Stellenausschreibung nicht zuzustimmen und sich stattdessen zu enthalten.

Foto Wahlurne: Rolf Kühnast | pixelio.de

7 Kommentare zu “
Causa Wurff • Teil XII: Der (vorläufig?) letzte Akt • Eine außergewöhnliche Ratssitzung [mit Video] [jetzt ohne Video]”
  1. Der guten Vollständigkeit halber:

    http://www.bz-mg.de/politik-verwaltung-parteien/mg-verwaltung/causa-wurff-%E2%80%A2-teil-xiii-16-03-2015-doch-nicht-der-letzte-akt-%E2%80%A2-oberburgermeister-mahnt-bzmg-ab-mit-audio.html

  2. Üblicherweise ändern wir einmal veröffentlichte Artikel im Nachhinein nicht mehr.

    Auf Intervention des Oberbürgermeisters der Stadt Mönchengladbach in Form einer ABMAHNUNG, die uns heute um 11:50 Uhr erreichte, haben wir das Video mit der „Persönlichen Stellungnahme“ von Andreas Wurff aus diesem Artikel entfernt:

    „…in der Sitzung des Rates der Stadt Mönchengladbach am 16.03.2015 wurden ohne Einwilligung der Betroffenen – und somit rechtswidrig – Bild- und Tonaufzeichnungen angefertigt. Diese Aufzeichnungen werden auf der von Ihnen betriebenen Internetseite http://www.bz-rng.de als Videostream der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

    Ich fordere Sie daher auf, den Videostream oben genannter Aufzeichnungen innerhalb von drei Tagen nach Zugang dieser Abmahnung von Ihrer Internetseite http://www.bz-mg.de herunterzunehmen und jede öffentliche Zugänglichmachung der Aufzeichnungen zukünftig zu unterlassen.

    Sollten Sie meiner Aufforderung binnen genannter Frist nicht nachkommen, sehe ich mich ge¬zwungen, Sie darüber hinaus zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufzufordern, die für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe i.H,v. 5.000,- € vorsehen wird.“

    Sollte sich jemand im mittlerweile gelöschten Video in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt gefühlt haben, bitten wir dafür um Entschuldigung.

  3. @ Findus

    Klasse Idee von Ihnen!

    Zu Ihrer Aussage:

    „Ich finde, die Abwahl von Herrn Wurff zeigt einmal mehr, dass die gegen ihn intrigierenden Ratsmitglieder von CDU und SPD aber auch jegliches Augenmaß verloren haben.“

    Verlieren kann man nur was man hat.

    Die allermeisten haben gar kein Augenmaß, das sie verlieren können. Das sind Abnicker, denen wird gesagt, was zu machen ist und alle heben wie gewünscht ihre Finger.

    Nicht nur im Fall Raus-Wurff.

  4. Hach – de „Jru’ete Koalitiu’en ….

    … or angisch jeseit: „Jroko“!

    Tja – be däm Wo’et „Jroko“ he en Jlabbach kütt mesch doch jlatt dat Meddese’äte hu’er.
    (Min Vrau menden, esch soll jevällichs „ü’everjä’eve“ schrive anstatt „kozze“)

    Do hatt dä Wurff doch tatsäschlisch no sinne Tritt en dr Hengisch noch jät jeseit!

    Klasse!!

    Möt twii Wö’et hat dä doch däm janze Klömpkesklupp noch e paar vörr et Jeseet jejo’eve.

    Nu mot esch mesch enns vroore, op die Klozzköpp överhaup wi’ete, wat „Integrität“ hesch?

    Leven Hä’er Wurff – dovü’er, dat err dänne Lüt ut Jlabbach „alles Gute“ wönsche dot, dat jeet Enno’eder.

    Äver dat „…diesem Hause weisere Entscheidungen…“ – dat es dat jliike, als wenn esch dänne Verkes enne Urlaub en e „Fitnesscenter“ spändere donn.

    Nu wu’er esch e bisske domm on hann dat Video em Hönnerstall aanjeki’eke. Esch mot opphü’ere – de Hönner send vott – die hand jät von „Jroko“ jehu’et on läje Morje kenn Eier.

  5. Die Abwahl des Herrn Wurff kostet die Stadt Mönchengladbach nach meiner Information ca. 200.000 € an Bezügen, die dem früheren Beigeordneten nun nach seinem vorzeitigen Ausscheiden zu zahlen sind.

    Es wäre gut und sinnvoll, wenn die Ratsmitglieder, die Herrn Wurff abgewählt haben, diese Gelder aus der eigenen Tasche bezahlen würden.

    Das wäre nur recht und billig. Jetzt fehlen ca. 200.000 € im städtischen Etat, die an anderer Stelle , vielleicht bei Kindergärten, Schulen oder Flüchtlingen wieder eingespart werden müssen.

    Ich finde, die Abwahl von Herrn Wurff zeigt einmal mehr, dass die gegen ihn intrigierenden Ratsmitglieder von CDU und SPD aber auch jegliches Augenmaß verloren haben.

  6. Liebe Hauptredaktion:

    Sie kritisieren den Umgang von Herrn OB Reiners in der Ratssitzung mit der Geschäftsordnung. Erlauben Sie mir eine etwas andere Meinung?

    Wenn Leute, die die Geschäftsordnung des Rates und anderer kommunaler Gremien bestens kennen (weil darin gewählt), aber sich nicht an diese halten, sind für mich bezeichnend undremokratisch und macht sie alleine deshalb UNWÄHLBAR. Es gibt Spielregeln (Geschäftsordnungen) an die man sich zu halten hat! Es ist unbenommen zu versuchen im demokratischen Rahmen diese zu ändern – und wenn Initiativen gestartet und versucht wird Mehrheiten zu erlangen, damit man als Bürger in Ausschussitzungen oder Bezirksversammlungen mitsprechen und Vorschläge machen kann – möchte ich dies gerne unterstützen.

    Mit besten Grüßen

    Stefan Müller

  7. Ich war auch bei der Demo vor dem Rathaus.

    Was schreibt die RP unter ein Bild auf dem Herr Wurff am Rathaus-Eingang zu sehen ist?:

    „Vor dem Ratssaal demonstrierten Unterstützer von Wurff. Er schaute zeitweilig zu.“

    http://www.rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/dezernent-wurff-vom-rat-abgewaehlt-aid-1.4949438

    Was soll die geschickte Wortwahl: „schaute ZEITWEILIG zu“?? Was soll suggeriert werden?

    Muss man doch draus schließen, dass der immer wieder raus kam, um sich bei „seinen“ Demonstranten aufzuhalten. War aber keinen Moment so!

    Herr Wurff kam über die Treppe zu diesem Eingang und blieb nur einen kurzen Moment stehen, um nach unten zu schauen und grüßte. Danach wurde er nicht wieder gesehen.

    Mir muss jetzt keiner kommen, dass ich kleinlich bin. Ich kann diese Art von „Presse“ oder sogenanntem „Journalismus“ nicht mehr ertragen!

    Das ist Meinungsmache der miesen Art. Geschickt und subtil. Kann man immer sagen, dass das gar nicht so gemeint war.

    Auch der Kommentar von diesem Redakteur Jüngermanns ist nichts als Nachtreten für seine CDU. Dass der voll und ganz für die ist, ist immer und immer wieder nicht zu überlesen.

    Gut dass grade der weiß, dass Herr Wurff untragbar war.

    Was ist mit ihm selbst?

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