Betriebskostenabrechnung: Diskussionspunkt Wasserkosten

Bernhard Wilms [ - Uhr]

wohnungswasserzahlerNun ist wieder die Zeit der Betriebs­kosten­abrechnungen gekommen. Immer mehr Eigentümer von Mehrfamilienhäusern gehen dazu über, die Betriebskosten von messtechnischen Fachunternehmen ermitteln zu lassen. Der wohl beste Weg zu einer gerechten Abrechnung der Wasserverbräuche ist der Einbau von so genannten Wohnungswasserzählern (Bild).

„Der Versorger verlangt 1,57 € für einen Kubikmeter Wasser. In der Betriebskostenabrechnung meines Vermieters stehen aber 2,17 €. Das kann nicht sein. Hier werde ich eindeutig übervorteilt!“, ist eine typische Aussage von Mietern, die bei ständig steigenden Wasser- un Abwasserpreisen durchaus verständlich ist.

Die Wasserkosten sind heute vielerorts schon fast so hoch wie die Heizkosten und jeder will sparen, aber zumindest nur das bezahlen, was er auch verbraucht hat.

Wie kommen solche Differenzen zustande? Liegt hier möglicherweise wirklich eine Übervorteilung vor?

Diese Fragen entstehen besonders dann, wenn Hauseigentümer bei Neu- oder Umbaumaßnahmen für jede Wohnung Wasserzähler einbauen lassen, um so eine verbrauchsabhängige Kostenermittlung zu ermöglichen.

Dadurch wird sichergestellt, dass die einzelnenen Mieter nur mit den Kosten belastet werden, die durch ihren individuellen Wasserverbauch entstehen. Soweit das System.

Wie sieht die Abrechnungspraxis aus?

Der Wasserversorger rechnet mit dem Hauseigentümer das gelieferte Wasser anhand des Hauptwasserzählers ab. Zur Weiterverteilung der Wasserkosten werden die Wasserzähler für die Wohnungen genutzt.

Es gibt keine Wasserabrechnung ohne Messdifferenzen. So ist es typisch, dass der Hauptzähler der Versorger beispielsweise 200 m³ Verbrauch anzeigt, die Summe der Wohnungswasserzähler aber nur 160 m³ ergibt.

Der Kubikmeterpreis ist schon dadurch zwangsläufig höher, als der Kubikmeterpreis in der Rechnung des Versorgers. Den Mietern wird also keinesfalls nur der Ku­bikmeterpreis des Versorgers in Rechnung gestellt.

Verteilt wird immer die Summe der Gesamtwasser-Kosten auf der Basis des von den Wohnungswasserzählern erfassten Verbrauchs. Somit ist die gerechte Kostenverteilung auf alle Mieter gewährleistet.

Schlupfmengen

Es gibt einige technische Gründe, die dazu führen, dass der Verbrauch an den Wohnungswasserzählern nie identisch mit dem Ergebnis eines Hauptwasserzählers sein kann. Auch wenn es erstrebenswert wäre, ist es technisch und wirtschaftlich nicht möglich, dass die Wohnungswasserzähler so genannte Schlupfmengen im untersten Messbereich vollständig anzeigen.

Je nach Typ und Einbaulage beginnen Wohnungswasserzähler erst ab einem Durchfluss von 12 Litern pro Stunde zu zählen.

problem-zahlereinbaueinbauWenn die Wasserzähler aus leitungstechnischen Gründen senkrecht eingebaut werden mussten, kann eine Messung beispielsweise erst ab 20 Litern Durchfluss in der Stunde beginnen.

Die konstruktiv und technisch wesentlich aufwendigere und damit auch relativ teure Hauptzähler, die die Versorger zur Gesamtwassererfassung verwenden, läuft dagegen schon bei einem Durchfluss von 7 Litern pro Stunde an.

Während auf einen Wohnungswasserzähler gerade mal zwei oder drei Zapfstellen mit Kleinstdurchflüssen einwirken, ist es beim Hauswasserzähler dagegen die Summe aller Zapfstellen des Hauses. Vereinfacht gesagt erfassen Wohnungswasserzähler kleinste Wassermengen nicht, wogegen der Hauswasserzähler darauf reagiert.

Dadurch ergeben sich einige fehlende Kubikmeter an den Wohnungswasserzählern im Vergleich zum Hauptzähler und in der Folge ein anderer Kubikmeterpreis als der, den ein Versorger in Rechnung stellt.

Mit den heutigen technischen Möglichkeiten wäre es keine Schwierigkeit, auch die Wohnungswasserzähler so zu konstruieren, dass sie die Genauigkeit des Hauswasserzählers erreichen.

Kein Hersteller bietet einen solchen, erheblich teureren Wasserzähler an, da man wesentlich mehr für die Messung ausgeben müsste, als durch die Verwendung des Wasserzählers eingespart werden kann.

Bedeutung für die Abrechnung

Eine völlige Übereinstimmung der Anzeigewerte zwischen dem Haus- und den Wohnungswasserzählern ist – wie ich erläuterte – aus technischen, aber auch aus organisa­tori­schen Gründen, nicht möglich.

Jetzt stellt sich die Frage, wie mit diesen Messdifferenzen in der Abrechnung umgegangen wird, damit trotzdem ein gerechtes Ergebnis für alle Ihre Mieter herauskommt.

Wohnungswasserzähler dienen der relativen Kostenverteilung. Der Gesamtverbrauch eines Hauptzählers erfasst die zu verteilenden Gesamtkosten eines Gebäudes. Der Preis eines Kubikmeters Wasser ergibt sich in der Abrechnung aber erst aus der Formel: Gesamtkosten dividiert durch die Summe der Werte aller Wohnungswasserzähler.

problem-kostenaufteilungDadurch erhöht sich der Preis je Kubikmeter Wasser um die Fehlmenge und damit trägt jeder Mieter „seinen“ proportionalen Anteil an den Differenzen. Wer einen hohen Verbrauch hat, bezahlt einen höheren Anteil an den Messdifferenzen, wer einen geringen Verbrauch hat, einen entsprechend kleineren.

Durch diese, übrigens ausnahmslos von allen Abrechnungsunternehmen praktizierte Verteilungsart, entstehen den Mietern keine Nachteile, weil dieses Abrechnungsprinzip ja für alle gilt.

In der Praxis können Messdifferenzen im Regelfall bis zu 30% betragen. Die Verteilung der Gesamtwasserkosten auf der Basis des gemessenen Verbrauchs der Wohnungswasserzähler ist gängige Praxis und auch ganz vernünftig, selbst wenn der Kubikmeterpreis dann höher ist, als der vom Versorger berechnete.

Dass das so vernünftig und richtig ist, wurde in dieser Form auch schon von den Gerichten ent­schieden, z. B. vom Amtsgericht Mannheim (AZ 10 C 390/93) und vom Amtsgericht Dortmund (DWW 92 180).

Entscheidend ist, dass mit der vorhandenen und gesetzlich anerkannten Technik eine rechtlich gesicherte Basis für eine wirtschaftliche und verursachergerechte Abrechnung der Wasserkosten gegeben ist.

Dazu muss man wissen, dass der Erfassung von Flüssigkeits- und Wassermengen technische und physikalische Grenzen gesetzt sind. Das Erreichen einer hohen Genauigkeit ist zwar prinzipiell möglich, wäre aber mit so hohen Kosten verbunden, dass die Wassermessung insgesamt zu teuer und damit unwirtschaftlich wäre.

Um dem Verbraucher dennoch eine größtmögliche Genauigkeit innerhalb eines wirtschaftlich vertretbaren Aufwandes zu gewährleisten, sind durch das Eichgesetz und durch die Eichordnung die Toleranzgrenzen genau definiert. Bei Kaltwasserzählern der meisten Hersteller liegt die Eichtoleranz zwischen ±2% bis ±5%.

Neben dieser sog. Eichfehlertoleranz gibt es Toleranzen im täglichen Betrieb. Diese entstehen durch die Art des Einbaues der Wohnungswasserzähler und bei Wasserentnahmen in geringen Mengen.

Die größten Abweichungen ergeben sich, wenn sehr wenig Wasser durch den Zähler läuft. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Einlauf bei WC-Wasserkästen extrem niedrig eingestellt ist.

problem-wasserentnahmeAber auch tropfende Wasserhähne und kleine Rinnsale bei defekten WC-Spülungen werden durch die preisgünstigen Wohnungswasserzähler nicht erfasst, wenn die Durchflussmenge unter 12 Litern pro Stunde liegt (bei horizontaler Einbaulage des Wasserzählers). Bei vertikaler Einbaulage beginnt der Wasserzähler erst ab einem Durchfluss von 20 Liter pro Stunde zu laufen.

Fazit:

Differenzen bei der Verbrauchsmessung für Warm- und Kaltwasser bis zu 30% sind nicht ungewöhnlich und durch technische und organisatorische Gründe zu erklären. Es ist zwar möglich, den Messfehler zu reduzieren, dann wird die Wassererfassung aber viel zu teuer.

Durch die gleiche Messausstattung in allen Wohnungen relativiert sich der Fehler und jeder hat letzten Endes den richtigen Anteil an den Kosten des Gesamtwasserverbrauchs zu bezahlen.

 

Nachbemerkung:

Diese Erläuterungen zum Thema „Wohnungswasserzähler“ stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um von der NVV AG Mönchengladbach falsch eingebauten Hauptswasserzählern.

Gleichwohl werden sich betroffene Mieter in Mehrfamilienhäusern und ebenfalls betroffenen Eigentümer von Einfamilienhäusern diese Fragen stellen:

  • Wie und wann gedenkt die NVV AG den Austausch der „falschen“ Hauptwasserzähler vorzunehmen / vornehmen zu lassen?
  • Wer trägt die Kosten dieses Austausches?
  • Wann und in welchem Umfang wird die NVVAG zuviel gezahlte Gebühren für falsche Hauptwasseruhren erstattet?
  • Wie groß sind die Messunterschiede zwischen den „falschen“ und den „richtigen“ Hauptwasseruhren und werden die Kosten für zuviel berechnete Wassermengen erstattet?
  • In wieweit werden aufgrund von Messunterschieden die darauf aufbauenden Abwasserkosten ebenfalls erstattet?

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