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Moratorium zur Landesbauordnung (LBO) NRW • Teil I: Demonstration vor dem Düsseldorfer Landtag für mehr barrierefreie, rollstuhlgerechte und bezahlbare Wohnungen [mit Videos]

[1][18.09.2017] Etwa 150 mobilitätsein­geschränkte Menschen waren dem Aufruf des Sozialverbandes Deutschland, des VdK, der LAG Selbsthilfe NRW und dem Landverband Selbstbestimmt Leben NRW gefolgt, am 13.09.2017 gegen das Moratorium zur Landesbauordnung (LBO) zu demonstrieren.

[2]Die Teilnehmerzahl wäre sicherlich wesentlich höher gewesen, hätten die Wetterprognosen nicht Regen mit Sturmböen vorhergesagt.

Dennoch machten die Teilnehmer lautstark mit Trillerpfeifen und Rasseln so auf sich aufmerksam, dass einige Landtagsabgeordnete die Plenarsitzung mit der ersten Regierungserklärung von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verließen und zu den Demonstranten kamen.

Zu Beginn seiner Rede zeigte Horst Ladenberger von der Initiative „Selbstbestimmt Leben“ kein Verständnis für die Aufschiebung des Inkrafttretens der novellierten Landesbauordnung (LBO) durch die neue schwarz-gelbe Landesregierung, die in vielen Jahren zwischen den Betroffenenverbänden und der bisherigen Landesregierung intensiv diskutiert worden seien.

Gleichwohl sei die im letzten Jahr verabschiedete LBO noch nicht „das Ei des Kolumbus“, jedoch ein Schritt in die richtige Richtung wenn es um die Barrierefreiheit gehe.

Ladenberger betonte, dass viele Betroffene das in der UN-Behindertenkonvention verbriefte Menschenrecht auf die freie Wahl der Wohnform nicht wahrnehmen könnten, weil es in NRW an rollstuhlgerechten Wohnungen mangele.

Die einzige Alternative bliebe dann nur das Heim.

Als Beispiel nannte Ladenberger die Stadt Köln, wo im Jahr 2014 im geförderten Wohnungsbau lediglich 12 rollstuhlgerechte Wohnungen geschaffen wurden , im Jahr 2015 waren es nur sechs.

„Nur auf die Eigenverantwortung von Investoren zu setzen, hat in den Schlamassel geführt, in dem wir uns heute befinden“, so Ladenberger.

Perspektivisch fehlen in NRW 500.000 barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen.

Mit dem Moratorium gehe nichts mehr voran, weil wichtige Entscheidungen verschoben oder gar nicht umgesetzt würden.

Deutlich wandte sich Ladenberger gegen die Behauptungen, barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen seien um bis zu 20% teurer als „normale“ Wohnungen.

Dies sei nachweislich falsch, wie belastbare Gutachten bewiesen hätten, weil der tatsähcliche Mehraufwand bei lediglich 0,5% liege.

Wer dies negiere betreibe Stimmungsmache.

Man glaube keinen Versprechungen mehr und auch nicht daran, dass ausschließlich Fördermaßnahmen erfolgreich sein würden.

Die Forderungen an die neue Landesregierung sind, dass sie die schon beschlossenen Regelungen zu barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen in Kraft treten lässt und das auch im privaten Bauen.

„Barrierefreiheit braucht kein Moratorium, sondern eine flächendeckende Umsetzung. Jetzt!“, schließt Ladenberger unter großem Applaus seiner Zuhörer.


Rede von Horst Ladenberger zum Nachlesen am Bildschirm und/oder zum Download [3]

Anschließend waren es spontane, kurze und prägnante Wortbeiträge, die von den Demonstrationsteilnehmern mit zustimmendem Applaus bedacht wurden.

So wies Petra Nöhre (VdK Neuss) darauf hin, dass bei der Frage zur Größe von barrierefreiem und rollstuhlgerechtem Wohnraum immer nur Ein- oder Zweipersonenhaushalte im Fokus stünden, entsprechende Familien mit einem größeren Raumbedarf jedoch außer Acht gelassen würden.

Heinz Pütz, ehrenamtlicher Behindertenbeauftragter in Geilenkirchen, forderte die Landesregierung auf, bei der Bestellung des Landesbehindertenbeauftragten nicht auf einen „Versorgungsfall“ zu setzen, sondern auf eine Person, die die Belange von Menschen mit Behinderungen durchsetzt und der Politik auch mal „auf die Füße tritt“.

Die Mitarbeiterin des ZSL Köln, Silvie Schein, hat den Eindruck, dass sich die Barrierefreiheit negativ entwickelt und Vorteile bei denen liegen, die „das meiste Geld“ zahlen könnten.

Eine weitere Mitarbeiterin einer Beratungsstelle weist darauf hin, dass barrierefreie Wohnung kein Luxus seien, und beschreibt, dass manche ihrer Klienten keine andere Möglichkeit haben, auf Händen und Knien ihre Wohnungen und das Haus zu verlassen. Manche hätten seit zwei Jahren ihre Wohnungen nicht verlassen können, weil sie es alleine nicht schaffen.

Daniel Kreuz vom Sozialverband Deutschland stellt fest, dass die Landesbauordnung nur Angelegenheiten von Neubauten regeln würde, mindestens ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger sei, das Bauordnungsrecht anzupassen.

Schließlich definiere das Landesbehindertengleichstellungsgesetz, Barrierefreiheit mit Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit für alle Menschen.