Masterplan Mönchengladbach – Teil III: Vison für ein Mönchengladbach mit 300.000 Menschen?

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

In gestalterisch durchaus ansprechenden Charts präsentierte ein Teil des Grimshaw-Teams am gestrigen Abend (25.06.2012) den etwa 300 Teilnehmern am so genannten „Dialog 3“ in der Business-Lounge des Borussenstadions seine Vision für Mönchengladbach.

„Der Masterplan Mönchengladbach nimmt greifbare Gestalt an! Ideen und Anregungen wurden erneut gewichtet und verdichtet. Sie fließen jetzt zu klar strukturierten Entwürfen zusammen, die städtebauliche Wege vom Hier und Jetzt in eine mögliche Zukunft des Mönchengladbacher Stadtkerns aufzeigen“, hieß es in der Ankündigung.

Während der 1. Dialog im November 2011 und auch noch der Workshop im Januar und der 2. Dialog im März Hoffnungen auf eine Verbindung neuer Ideen mit der Realität machten, waren die gestern präsentierten Ergebnisse „brutal ernüchternd“, wie es ein Teilnehmer gegenüber unserer Zeitung äußerte.

Ernüchternd deshalb, weil die Planer im wahrsten Sinne des Wortes „geklotzt“ hatten.

Vorhandene urbane Bebauungen, wie beispielsweise der Bereich Moselstraße sollen neuen Bauwerken weichen, aus Firmengeländen, wie Schorch an der Breitestraße, soll ein Forschungsstandort werden und der „Sportpark Rheydt“ (Grenzlandstadion usw.) soll einer Wohnbebauung weichen.

Neue Wohnbebauungen stellen sich die Masterplaner auch an anderen Stellen vor, wie beispielsweise an und rund um die ehemalige Radrennbahn im Bereich Volksgarten.

Woher die Menschen kommen, die dort wohnen sollen, ließen sie offen. Und das, obwohl ihnen die Demographiezahlen für Mönchengladbach und die Zahlen und Daten bezüglich der Sozialstruktur durchaus bekannt sein dürften.

Schließlich steht Mönchengladbach in NRW an dritter Stelle hinter Gelsenkirchen und Essen bei den Menschen, die von ALG II leben müssen.

Die vielen „weißen Blöcke“, die durchaus als Neubauten zu interpretieren sind, lassen vermuten, dass die Planer der Auffassung sind, dass die Bevölkerungszahl irgendwann einmal auf 300.000 steigen wird.

Schaut man sich die „weißen Blöcke“ genauer an und würde man danach forschen, welche Grundstücksflächen davon betroffen sein können, wird man schnell zu der Vermutung kommen, dass diese „visionären“ Planungen gar nicht so visionär sind, weil sie schon längst bekannte „Interessen“ widerspiegeln.

Vor diesem Hintergrund könnten sich auch anfänglich geäußerte Vermutungen, die Initiative „MG 3.0“ sei eine interessengesteuerte 500.000 EURO-Aktion, bestätigen. Bestimmte öffentlich bekannte „Sponsoren“ würden dann eine weitere Bestätigung liefern.

Diese und weitere Aspekte wird auch das „Expertenforum Masterplanung“ zu berücksichtigen haben, in dem neben Vertretern vom „MG 3.0“, dem Planungsdezernenten und anderen Mitgliedern der Verwaltung, auch Politiker vertreten sind.

Sie müssen im Rahmen der „Qualitätsicherung“ u.a. das tun, was aus den bisherigen Ergebnissen der Masterplaner nicht zu erkennen war, nämlich die notwendige Verzahnung zwischen ihren „Visionen“ und den laufenden Planungen und konkreten Entwicklungen herzustellen.

Auch werden die Experten die noch fehlenden Perspektiven für die weiteren Verfahrensschritte einzufordern und auf die Umsetzungsstrategien hinzuweisen haben.

Gesprächen mit Politikern nach der gestrigen Veranstaltung waren Zweifel daran zu entnehmen, dass die vorgestellten Ergebnisse Aussicht haben, gemäß dem Zeitplan von „MG3.0“ ab September vom Rat als städtebauliche Leitlinie „Masterplan“ verabschiedet zu werden.

11-05-00-masterplan-projektablauf_03-04Aufgrund der teilweise konstruktiven aber auch mach ausgesprochen kritischen Äußerungen nach der Präsentation sind Zweifel angebracht, ob der Zeitplan überhaupt eingehalten werden kann.

Soll doch im Anschluss an den gestrigen „Dialog 3“ mit der Aufarbeitung und der Abstimmung der „Masterplanbroschüre“ begonnen und die Broschüre Mitte August „in Druck“ gehen.

Die Masterplaner teilen den Untersuchungsbereich „Mönchengladbacher Innenstadt“ in diese drei Bereiche auf

  • Gladbach Tal
  • Hochschulviertel
  • Rheydt

und beschreiben ihre Visionen so (Auszug aus dem Flyer mit Stand 25.06.2012):

Gladbach Tal – Die Große Linie

12-06-26-präsentation-gladbachtalDie Vision macht sich das Bild des Gladbachs und die damit verbundene identitätsstiftende Kraft zunutze, indem das Ensemble des Abteibergs gestärkt wird und das Stadtzentrum eine klare belebte Stadtkante erhält.

Eine neue Landmarke auf der städte­baulichen Achse der Bismarckstraße verschiebt den Fokus weg vom Berli­ner Platz und führt zu einer besser lesbaren städtebaulichen Gesamt­struktur.

Der bisher ungenutzte Be­reich „City Ost“ wird als neue Desti­nation mit einem breiten Mix an Nut­zungen wiederbelebt.

All diese Ele­mente werden durch einen kontinu­ierlichen, grünen Landschaftsraum miteinander verknüpft, welcher den Verlauf des Gladbachtals nachzeich­net.

Hochschulviertel – Stadträume verbinden

12-06-26-präsentation-hochschulviertelDie Vision setzt im Bereich des Hoch­schulviertels einen Fokus und schlägt einen neuen Campus, sowie einen Standort für hochschulaffine For­schungseinrichtungen vor.

Das ent­stehende Quartier wird zum verbin­denden Element zwischen den Zen­tren Gladbachs und Rheydts.

Die Stär­kung der Ost-West-Verbindung, ins­besondere durch eine Landschafts­brücke über die Bahngleise, wird die Durchlässigkeit der Stadt insgesamt verbessern.

Unterstützt wird diese Strategie durch eine Hierarchisierung der Straßen.

Ziel ist es unterschiedli­che Straßentypen herauszuarbeiten, die durch ihre Vielfalt und eigene Charaktere ein Gefühl des Ortes ver­mitteln und eine klare Orientierung im Stadtraum bieten.

Rheydt – Eigenständigen Charakter bewahren

12-06-26-präsentation-rheydtDie Strategie für Rheydt zielt darauf ab, das Innenstadtkonzept über den engen Citybereich hinaus auszudeh­nen. Die Vernetzung Rheydts insge­samt soll dabei verbessert werden.

Eine neue Landmarke an der Kreu­zung Odenkirchener Straße/Limiten­straße wird die Identität Rheydts stär­ken, indem ein wichtiger Knoten­punkt hervorgehoben und gleichzei­tig ein neuer städtischer Platz ge­schaffen wird.

Der Bahnhofsbereich wird durch seine neue Ausrichtung nach Westen über die Bahngleise hinweg gestärkt. Hier entsteht die Chan­ce für eine neue Destination im Wes­ten Rheydts.

Im Osten öffnet die Stadtpforte Rheydt im Bereich der Keplerstraße den Stadtteil zu den Niersauen hin.

Schon jetzt lässt sich erkennen, dass viele Aspekte (noch) nicht hinreichend angesprochen werden, weil es – wie der Auftrag auch heißt – es sich im Ergebnis um einen städtebaulichen Masterplan handeln soll und nicht um einen Masterplan in ganzheitlicher Betrachtungsweise, also einschließlich der Bevölkerungsstruktur und des aktuellen und zukünftigen Lebens in den Quartieren und in der Gesamtstadt.

Wie äußerte sich ein Teilnehmer gegenüber unserer Zeitung: „Wenn Sie sich hier im Raum umschauen, finden Sie fast ausschließlich Menschen weit über und nicht die, die jünger als 30 Jahre alt sind und letztlich mit und in solchen Visionen leben sollen. Und die meisten hier werden nicht einmal den Planungsbeginn vieler Einzelmaßnahmen erleben, geschweige dann deren Realisierung. Für wen ist also dieser Masterplan überhaupt gedacht?“

Basisgrafiken: Bildrechte zum Masterplan Mönchengladbach liegen bei „MG 3.0_Masterplan Mönchengladbach e.V.“

Ein Kommentar zu “Masterplan Mönchengladbach – Teil III: Vison für ein Mönchengladbach mit 300.000 Menschen?”
  1. „Für wen ist also dieser Masterplan überhaupt gedacht?“

    Das dürfte nicht so schwierig zu beantworten sein.

    Für die, zumindest einige Personen, die den Masterplan sponsern. Nur aus Liebe zu Mönchengladbach wird dieses Geld bestimmt nicht ausgegeben.

    Planungen müssen (so hofft man vermutlich) schließlich umgesetzt werden und da will man dabei sein. Planungen sollen in Aufträge münden. Was nichts Schlechtes wäre – wenn es nicht immer und immer wieder dieselben wären, die profitieren oder zu profitieren hoffen.

    Nicht schlecht die Idee oder Vorstellung von „MG3.0“, dass diese Pläne schon im September vom Rat als städtebauliche Leitlinie „Masterplan“ verabschiedet werden sollen.

    Bei dem ersten Treffen „im kleinen Kreis hochkarätiger Unternehmerschaft“ (Zitat aus einem Artikel der RP MG) begeisterte Paul Bauwens-Adenauer, Gesellschafter des Bauunternehmens Adenauer-Bauwens, Köln und Präsident der dortigen IHK, mit seinem leidenschaftlichen Plädoyer für einen Masterplan.

    Es wird den hiesigen (Haupt-)Sponsoren wahrscheinlich nicht gelingen einen derartigen Reibach zu machen, wie Bauwens-Adenauer in Köln, der allein durch ein Grundstücksgeschäft (Kauf zu günstigen Konditionen von der Stadt Köln und späterer Verkauf an den BLB -Bau-und Liegenschaftsbetrieb-) Millionen verdiente und auch noch mehr zu verdienen hoffte.

    Denn: Im Masterplan von Albert Speer, den Bauwens-Adenauer Köln schenkte, wurde zufällig empfohlen, dass der Umzug der Fachhochschule in den Kölner Süden erfolgen solle. Und gerade da liegt „zufällig“ besagtes Grundstück. Wer den Campus bauen wollte, dürfte ja auch klar sein.

    Die Kosten des Geschenkes hat Bauwens-Adenauer dank Grundstücksdeal schon längst wieder raus. Das bisschen Ärger, weil sich die Regierung NRW und der Landtag (in 2009) mit diesem Vorgang beschäftigten, dürfte ihn nicht sonderlich aufgeregt haben. Hoffte er doch noch auf einen ordentlichen Auftrag zum Campusbau von mehreren hundert Millionen.

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/hohe-wertsteigerung-adenauer-enkel-machen-erstaunliche-grundstuecksdeals-a-623839.html

    Diesmal scheint Bauwens-Adenauer aber mit Zitronen gehandelt zu haben. Der Grundstücksdeal kostete den BLB zwar Millionen – gebaut wird aber nicht im großen Stil.

    Die Fachhochschule bleibt, wo sie ist, in Deutz und Kalk. Die Grundstücke werden vermutlich wieder veräußert.

    http://www.ksta.de/koeln-uebersicht/fh-campus-bauwens-erstaunt-ueber-sinneswandel,16341264,12499808.html

    Da es ein runder Tisch in Mönchengladbach richten soll, kann man nur sehr hoffen, dass sich die Beteiligten aus Politik und Verwaltung nicht über denselben ziehen lassen.

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