Volksbegehren für G9 in NRW • Teil I: 1,1 Mio. Unterschriften aus NRW erforderlich • Zwei Wege zur Stimmabgabe möglich • „Mehr Demokratie“ unterstützt „Elterninitiative für Kinderrechte“

Red. Schule, Studium & Arbeitswelt [ - Uhr]

[28.01.2017] Im Jahr 2005 war die Schulzeit an Gymnasien in NRW auf acht Jahre gekürzt worden. Hiergegen wendet sich die „Elterninitiative für Kinderrechte“ mit ihrem Volksbegehren „G9 jetzt in NRW“, das zum Ziel die Rückkehr zu einer Regelschulzeit mit Abitur nach neun Jahren hat.

Die Initiatoren des Volksbegehrens beklagen als Folge der Verkürzung eine zu hohe Unterrichtsbelastung der Schüler, deren Schultag nun manchmal erst gegen 16 Uhr ende.

Eine Volksinitiative zum gleichen Thema hatte der Landtag 2015 abgelehnt.

Anders als diese führt ein Volksbegehren nach einem „Nein“ des Landesparlaments zum Volksentscheid.

Konkret wird mit dem Volksbegehren gefordert:

  • Rückkehr zum Abitur an Gymnasien in NRW nach 13 Jahren (G9)
  • Halbtagsunterricht mit 6 Unterrichtsstunden pro Tag
  • Entzerrung der Stoffdichte in der Sekundarstufe I (Sek I) zur Verbesserung der Lernbedingungen
  • Beginn der zweiten Fremdsprache wieder ab der 7. Klasse
  • Ganztagsangebote ja, aber kein Pflichtunterricht am Nachmittag (Sekundarstufe I)

Die Elterninitiative hält das Volksbegehren für notwendig, weil kein einziges pädagogisches Argument für die G 8-Schulzeitverkürzung spreche, viele jedoch dagegen.

So forderten laut verschiedeneder repräsentativer Umfragen 75 – 80% der Eltern fordern die Rückkehr zu G9 ohne Nachmittagsunterricht und werden dabei durch Schulleiter, Lehrer, Wissenschaftler unterstützt.

Eltern wollen offene Ganztagsangebote ohne Nachmittagsunterricht statt Ganztagspflicht, wie die Umfrage der Landeselternschaft der Gymnasien NRW gezeigt habe.

Die Lösungsmodelle, mit denen die Parteien in den Wahlkampf ziehen, würden sich bei genauer Betrachtung als „feiges Abwälzen von Verantwortung“ und „Mogelpackungen“ entpuppen.

Erkennbar seien derzeit folgende Positionen:

 Wahlmöglichkeit: Die Entscheidung für “ G8“ oder „echtes G9 ohne Nachmittagsunterricht“ wird Gymnasien überlassen.

Für G9-Einführung: hohe Hürden.

Folgen:

  • große Unruhe an den Schulen,
  • keine Gewähr, dass G9 für jeden Schüler möglich wird.

Wahloption G8/G9 (zweigleisig an einer Schule) für jeden Schüler: Sek 1 = 6 Jahre/ Sek 2 = 2-4 Jahre.

Wichtige Konzeptdetails werden erst nach der Landtagswahl entschieden. Parteivorstand hält am Nachmittagsunterricht fest.

Folge:

  • Nachmittagsunterricht auch für G9er,
  • Entzerrung der Stoffdichte in Sek.1 aus organisatorischen Gründen fraglich,
  • G8er werden Stundenplan in der Oberstufe vorgeben, so dass unnötige Freistunden mit Nachmittagsunterricht auch für G9er folgen

Das Super-Flexi-Konzept „Jedem Kind seine individuelle Schulzeit!“ ist  Utopie;

Realität:

  • Schulchaos zu Lasten der Kinder und der Bildungsqualität inklusive Abschaffung gymnasialer Bildung,
  • weiterhin  Nachmittagsunterricht

Wahloption G8 oder G9 mit hohen Hürden für jede Schule (Schulen bieten entweder G8 oder G9 an oder beides parallel; G8 wird von Partei favorisiert).

Folge:

  • große Unruhe an den Schulen,
  • Entzerrung der Stoffdichte in Sek. 1 fraglich,
  • außerdem weiterhin Nachmittagsunterricht,
  • G9 nicht zwangsläufig für jeden

G9 ist eine Ganztags-Einheitsschule.

 

Hier diese Einschätzungen der Initiatoren im Original

 

Für den Erfolg des Volksbegehrens müssen sich binnen eines Jahres (bis zum 04.01.2018) mindestens 1,1 Millionen Bürgerinnen Bürger in die Unterschriftenlisten eintragen.

Und es müsste eine Ja-Mehrheit von mindestens 15 Prozent aller Stimmberechtigten erreicht werden.

Unterschreiben dürfen Deutsche ab 18 Jahren mit Erstwohnsitz in NRW.

Neben der freien Unterschriftensammlung gibt es auch die Möglichkeit zur Eintragung in Rathäusern und anderen von den Gemeinden angebotenen öffentlichen Einrichtungen.

Hier ist die Eintragungsfrist aber auf 18 Wochen beschränkt.

Die Initiative „Mehr Demokratie“ kritisiert diese zeitliche Einschränkung.

„Wenn man die Amtseintragung für wichtig hält, sollte man sie auch über die ganze Länge des Volksbegehrens anbieten. Erfahrungsgemäß tragen sich viele Menschen erst zum Ende der Eintragungsfrist in die Unterschriftenlisten ein. Die Kommunen legen die Listen aber eher zum Beginn des Volksbegehrens aus. Zu dessen Finale fehlt diese Eintragungsmöglichkeit dann“, kritisiert Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser.

In Schleswig-Holstein lägen die Listen für die komplette dort halbjährige Dauer eines Volksbegehrens in den Rathäusern aus.

Daran solle NRW sich ein Beispiel nehmen.

Das letzte und einzig erfolgreiche NRW-Volksbegehrens hatte 1978 stattgefunden, erinnert „Mehr Demokratie“

Binnen zwei Wochen hatten sich damals 29,9 Prozent aller Stimmberechtigten in die Unterschriftenlisten der Initiative „Stop Koop“ (Kooperative Schule) eingetragen.

Die sozialliberale Landesregierung hatte daraufhin ihr Projekt zur Einführung einer Kooperativen Schule aufgegeben.

1974 war ein Volksbegehren gegen die Gemeindegebietsreform an der hohen Unterschriftenhürde von seinerzeit 20 Prozent aller Stimmberechtigten gescheitert.

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Weitere Informationen zum Volksbegehren für G9 in NRW

… sowie in weiteren Teilen der BZMG-THEMENREIHE „Volksbegeehren für G9“

Ein Kommentar zu “
Volksbegehren für G9 in NRW • Teil I: 1,1 Mio. Unterschriften aus NRW erforderlich • Zwei Wege zur Stimmabgabe möglich • „Mehr Demokratie“ unterstützt „Elterninitiative für Kinderrechte“”
  1. Ich muss hier dringend auf den der Linken zugeschriebenen Satz eingehen:

    „G9 ist eine Ganztags-Einheitsschule.“

    Dies hat DIE LINKE so nie gesagt und es widerspricht jeglichen Forderungen der Partei, der ich angehöre.

    Allerdings hat nicht die BZ-MG hier etwas verdreht, sondern viel mehr hat die Initiative gegen G8 uns hier etwas zugeschrieben, dass so nicht stimmt. Die BZ-MG berichtet nur darüber, was die Initiative behauptet.

    Um nun aber nicht komplett den Rahmen eines Kommentar zu sprengen, will ich es mal in ein paar Spiegelstrichen klar stellen:

    – Einheitsschule?

    DIE LINKE fordert seit langem „Eine Schule für alle“. Das ist aber in keiner Weise mit „Einheitsschule“ gleich zu setzen. Es geht der Linken nicht darum Chancengleichheit über gleichbehandlung her zu stellen. Viel mehr sieht DIE LINKE, dass jede/r Schüler/in unterschiedliche Fähigkeiten hat, unterschiedlichen Förderbedarf, unterschiedliche Entwicklungsphasen und Entwicklungsgeschwindigkeiten.

    Diesen vielen Unterschieden bei jedem/r einzelnen Schüler/in können nicht die Schulsysteme von Haupt- über Realschule bis zum Gymnasium gerecht werden. Viel mehr muss jedes Schulsystem auf die individuellen Fähigkeiten eingehen und die individuellen Schwächen angehen. Und genau da setzt „Eine Schule für Alle“ an, dass sie die SchülerInnen die in einem Thema weiter sind zu FörderInnen der anderen macht. Darüber holen die einen im Thema auf, die anderen lernen sozialen Umgang und vertiefen ihr Wissen, weil sie es angewand weiter geben können.

    Eine sehr verkürzte Schilderung, aber ausgeweitet gehört es hier nicht hin. Aber hin gehört hier, dass DIE LINKE halt keine „Gleichmacherei der SchülerInen“ fordert, sondern im Gegensatz dazu „Eine Schule für Alle“ in einem Schulsystem allen gerecht werden kann.

    Utopie?

    Nein, weil dies von skandinavischen Systemen übernommen wurde, dort funktioniert und es schon sehr nahe an einem Gesammtschulsystem ist. Also an dem System wo in Mönchengladbach leider jedes Jahr zwischen 300 bis 500 Kinder abgelehnt werden.

    Schon deswegen ist die der Linken zugeschriebene „Ganztags-Einheitsschule“ völlig falsch!

    UND vor allem hat es rein gar nichts mit G8 oder G9 zu tun. Es geht um eine Schulsystem-Frage an sich.

    -Wo bleibt das Gymnasium?

    Die Initiative macht in ihrer gesamtsicht keinen Hehl draus, dass sie Gymnasien stärken wollen. Ob dies Ziel auch durch den jetzigen Volksentscheid eingeleitet wird ist fraglich. Sprich die Konsequenzen des eingereichten Gesetzentwurf müssen Juristen benennen.

    Aber dass die Initiatoren ohne Bewertung des jetzigen Volksentscheid andere Ziele verfolgen lässt sich nachlesen auf der eigenen Webseite der Inititoren.

    Genau diese erweiterten Ziele der Stärkung des Gymnasiums ist nicht das Ziel von DIE LINKE! Wir sehen ein zwei Säulen Model aus Gesamtschule und Gymnasium als Übergang zu unserem System der „Eine Schule für Alle“.

    Wir wollen aber deswegen nicht jetzt die Gymnasien stärken. Wir wollen nur im ersten Schritt die Haupt- und Realschulen abschaffen um sie in Gesamtschulen zu wandeln.

    – Was nun? G8 oder G9?

    DIE LINKE spricht sich ohne wenn und aber zur Rückkehr zu G9 aus. Da teilen wir auch die begründung der Initiative. Das steht auch so in unserem Landtagswahlprogramm.

    Fazit:

    DIE LINKE ist sich noch nicht einig, ob wir die Volksbegehren Unterstützen, weil es G8 ablehnt oder ob DIE LINKE mit einer Unterstützung das abgelehnte Modell der verschiedenen Schulsysteme verfestigt.

    Klar ist das nein zu G8 und das ja zu G9.

    Klar ist auch, wir wollen ein anderes Schulsystem als das jetzige!

    Und somit ist der uns zugeschriebene Satz „G9 ist eine Ganztags-Einheitsschule“ einfach falsch 🙁

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