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VHS-Politik-Forum: „Ist Europas Frieden in Gefahr?“ • Willy Wimmer in der VHS im Haus Berggarten • Auch Wiedersehen mit politischen Weggefährten [mit Video]

[1] [02.05.2015] Nur drei Monate hatte Martina Roßbach – bei der Mönchengladbacher Volkshoch­schule zuständig für politische Themen – benötigt, um ihre Idee umzusetzen, den ehemaligen parlamentarischen Staatssekretär und geborenen Rheydter Willy Wimmer zu einem Vortrag in die VHS am Berggarten einzuladen.

Dieser traf dann auch auf politische Weggefährten aus seiner politischen Zeit in Rheydt und Mönchengladbach, wie Peter Uhler, der für einige Jahre in Wimmers Wahlkeisbüro tätig war und sich 2008 parteiinternen (CDU-)Machenschaften zu erwehren hatte, die man heute als „Mobbing“ bezeichnen würde, und sich danach aus der aktiven Kommunalpolitik zurückzog.

Wimmer war 33 Jahre lang direkt gewählter CDU-Bundestagsabgeordneter, zunächst in Rheydt und Mönchengladbach, dann in Nachbarwahlkreisen des Rheinkreises Neuss, als die Bundestagswahlkreise neu „geschnitten“ worden waren.

Uhler engagiert sich weiterhin im Bereich Kultur, der Erwachsenenbildung und hier besonders in der Friedrich-Spee-Akademie Mönchengladbach, deren stellvertretender Vorsitzender er auch ist.

Uhler und die übrigen fast fünfzig Teilnehmer erlebten keinen „trockenen“ Sachvortrag, sondern einen durchaus auch ortsbezogenen Abriss dessen, welche Entwicklung die politische Situation in und um Europa, insbesondere nach dem Ende des 2. Weltkrieges und dem Ende des „Kalten Krieges“ genommen hat.

Unter den Teilnehmern waren erkennbar nur vier aktive Kommunalpolitiker, obwohl es gerade den jüngeren – auch den „Politologen“ unter ihnen – sicherlich gut getan hätte, ihr politisches Gesichtsfeld zu erweitern und somit Bezüge zum eigenen politischen Handeln in örtlichen und regionalen Gremien herzustellen.

In den Fokus seiner Ausführung stellte Willy Wimmer sein Plädoyer für die Einhaltung des Völkerrechts, gegen das Unterlaufen dieser politischen Prämissen durch die Vereinigten Staaten und in diesem Zusammenhang seine politische Überzeugung „Verhandlung statt Krieg“.

Wimmer beschreibt die positiven Auswirkungen von KSZE und OSZE, deren Vizepräsident Wimmer einst war, auf das friedliche Miteinander der ehemals verfeindeten europäischen Staaten.

Dieses friedliche Miteinander – besonders mit der russischen Föderation – sieht er durch die geostrategisch motivierte Rolle der Amerikaner in der Ukraine akut in Gefahr.

Als „roter Faden“ zogen sich zwei Gedenktage, die für die deutsche Geschichte von Bedeutung sind und deren 70. bzw. 25. Jahrestag in 2015 begangen wird, durch Wimmers Ausführungen: Der 8./9. Mai 1945 als Zeitpunkt der Kapitulation Deutschlands und dem Ende des 2. Weltkrieges, sowie der 3. Oktober 1990, der als „Tag der deutschen Einheit“ im Einigungsvertrag von 1990 als Nationalfeiertag festgelegt wurde

Historisch betrachtet erinnert Wimmer daran, dass schon seit der Reichsgründung im Jahr 1871 die Amerikaner versucht hätten, ein Zusammenwirken Deutschlands und Russland unter allen Umständen und mit allen Mitteln zu verhindern.

In der Kombination von deutschem Know-how, russischen Rohstoffen und „Manpower“ sehen die Amerikaner seitdem eine Gefahr für ihr schon damals stark entwickeltes Weltmachstreben.

Dies würden, so Wimmer, amerikanische Politiker auch heute noch ganz offen zugeben.

Wenig bekannt, dennoch aber nicht verwunderlich, ist die Forderung des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger, in Europa ein Völkerrecht „einzuführen“, das nur den Interessen Amerikas dient.

Beleg dafür scheint der von den USA massiv betriebene völkerrechtswidrige Jugoslawienkrieg zu sein, der von den Amerikanern als „Korrektur einer Fehlentscheidung“ von Dwight D. Eisenhower angesehen wurde und wird.

Eisenhower hätte es nämlich 1944 unterlassen amerikanische Bodentruppen auf dem Balkan zu stationieren.

Der Ukraine-Konflikt sei so entwickelt worden, dass das Verhältnis zwischen Deutschland und dem übrigen Europa und Russland „von heute auf morgen“ fast schon „kriegsfähige“ Züge angenommen hat.

Auch in diesem Zusammenhang kritisiert Willy Wimmer die Berichterstattung in der hiesigen Presse, die ihn stark an die „Qualität“ der Berichterstattung zu Zeiten des „Kalten Krieges“ erinnerte.

Die ungelösten Probleme nach dem 2. Weltkrieg – aber auch schon nach dem 1. Weltkrieg – hätten erkennen lassen, so Wimmer , dass eine Welle von Wohlstandsmigranten auf Europa zukommen würde.

Wimmer: „Wir sahen Afrika auf uns zukommen. Und zwar in gewaltigen Migrationsbewegungen.“

Diese Befürchtungen wurden durch die Kriege im Nahen Osten und dessen Destabilisierung Wirklichkeit. Die USA weigern sich, Flüchtlinge aus diesen Gebieten aufzunehmen.

Mit Bezug auf die Entwicklung nach Auflösung des Warschauer Paktes im östlichen Europa, Russland und darüber hinaus, beschreibt Wimmer die destruktive Rolle der USA bei den Bestrebungen in Kasachstan, Kirgistan und anderen angrenzenden östlichen Staaten, das europäische „Erfolgsmodell“ KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – von 1975 bis 1995), heute OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – seit 01.01.1995) als Maßnahme für ein ähnliches Vorhaben in diesem Teil der Welt zu installieren. Ziel war (seinerzeit der KSZE) und ist (der OSZE heute) die Konfliktprävention, das Konfliktmanagement und die Konfliktlösung.

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Friedenspolitik/OSZE/Uebersicht_node.html [2]

Die diversen amerikanischen Versuche, eine entsprechende Vereinbarung zu verhindern, scheiterten mit dem Ergebnis, dass die USA in diesem Teil der Welt nun „außen vor“ sind.

Offensichtlich könnten die USA mit einer auf Frieden ausgerichteten Welt nichts anfangen und haben mit ihren militärischen Möglichkeiten die Welt in ihrem Interesse „aufgemischt“.

In dieses Fahrwasser hatte sich auch der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) begeben, als er, als oberster Befehlshaber der Bundeswehr, deutsche Truppen in Jugoslawien einsetzen lies.

Dass er (Schröder, für den er – Wimmer – durchaus Sympathien hege) damals das Völkerrecht gebrochen habe, hatte er vor kurzem „fröhlich“ unumwunden zugegeben.

In anderen Fällen landen solche Politiker vor dem Haager UN-Tribunal.

Aufklärend wirkt Wimmer auch „in Sachen Krim“.

Dabei stellt er den letztlich gescheiterten Versuch der USA heraus, die Wirkung der russischen Schwarzmeerflotte zu vermindern, unter deren Schutz Russland nach wie vor das syrische Assad-Regime unterstützt.

Das, was vor einem Jahr (Beginn der Ukraine-Krise) passierte, sei eine in Europa hinein geschleuderte „Brandfackel“ gewesen, die am nächsten Tag hätte explodieren können.

Wimmers Fazit: „Staaten, die eng miteinander kooperieren, führen keine Kriege gegeneinander. Diese Möglichkeit hat man mit den Entwicklungen um Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Syrien und Libyen abgeschnitten. Wir nähern uns einer Situation, in der wir nicht darüber befinden werden, was ‚in der nächsten Woche‘ hier in Europa passiert.“

Bezüglich der Sanktionen gegen Russland meinte Wimmer gegen Ende seines Vortrages: „Wenn wir mit dem System der Sanktionen so weiter machen – das kennen wir aus den Sanktionen gegenüber dem Iran – haben wir den Weg zum Krieg.“

Es sei nicht verantwortbar, in einem Jahr mit Gedenktagen, die deutlich machen, wie erfolgreich und wie erfolglos Politik gemacht wird, dass wir im westlichen Bündnis offensichtlich auf eine Fortsetzung der Entwicklung setzen, die zum 8./9. Mai 1945 geführt hat, statt darauf, was dem deutschen Volk die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 gegeben hat.

 

Die hohe Qualität der anschließenden Fragen an Willy Wimmer zeigte einmal mehr, dass Bürger sehr wohl an der politischen Entwicklung – über die eigene Kommune hinaus – interessiert sind.

Dass die Volkshochschulen eine gute Basis für derartige Veranstaltungen bieten, hat die VHS Mönchengladbach mit Willy Wimmer bewiesen. Vor allem aber auch, dass sie damit ihrem Bildungsauftrag gerecht wird.

Diesen und anderen überparteilichen, politischen Foren in Volkshochschulen ist jedoch eine größere Resonanz zu wünschen.
 


 
Foto: Heinrich Vetter

2 Kommentare (Öffnen | Schließen)

2 Kommentare Empfänger "
VHS-Politik-Forum: „Ist Europas Frieden in Gefahr?“ • Willy Wimmer in der VHS im Haus Berggarten • Auch Wiedersehen mit politischen Weggefährten [mit Video]"

#1 Kommentar von Ypsilon am 3. Mai 2015 00000005 23:31 143069587811Sun, 03 May 2015 23:31:18 +0000

Es ist traurig, wie wenig sich Menschen aus dieser Stadt offensichtlich für die großen, brisanten Fragen unserer Zeit interessieren.

Von „unseren“ Politikern will ich gar nicht sprechen. Die scheinen sich für dieses Thema nicht zu interessieren. Sind sie blind und taub? Wollen oder müssen die das sein?

In anderen Städten sind die Säle überfüllt!

Interessiert sich niemand für eigene und das Wohl und Wehe unseres Landes? Bei Veranstaltungen im Süden, nahe der Schweiz, kommen sogar Schweizer zu Herrn Wimmers Vorträgen und nehmen dabei lange Anfahrten/Anreisen in Kauf.

Interessiert wirklich nur wenige Menschen die aktuelle Krim-Krise, die den Krieg immer noch nach Europa, also auch Deutschland tragen könnte?

Weit weg davon sind wir leider nicht, denn die USA WOLLEN diesen Krieg.

Wollen wir weiter zusehen, wie wir in den nächsten großen, womöglich 3. Weltkrieg hineingezogen, gar getrieben werden?

Wie sagte ein Zuhörer: es geht bei uns (er meinte Deutschland) zu wie in einer Irrenanstalt.

Wenn man berücksichtigt was Mr. Friedman von Stratfor ungeschminkt erklärte, müsste jedem regelrecht übel werden und vieles, auch die vergangenen beiden schrecklichen Weltkriege in einem vollkommen anderem Licht gesehen werden. Noch klarer kann es nicht ausgedrückt werden:

STRATFOR: US-Hauptziel seit einem Jahrhundert war Bündnis Russland + Deutschland zu verhindern:

[3]

Sogar die Sanktionen wurden uns von den USA aufgezwungen, während diese inzwischen munter Geschäfte mit Russland machen.

Joe Biden: Obama zwang die Europäer zu Sanktionen gegen Russland:

Zitat Youtube: „3.Oktober 2014: Bei einer Rede an der Kennedy School of Government an der Universität Harvard erklärte US-Vizepräsident Joe Biden stolz, dass die US-Führer die EU zu Sanktionen gegen Russland gezwungen haben. Zur Erinnerung: Joe Biden ist der Vater von Hunter Biden, der gerade angefangen hat, in der Ukraine das Gas zu plündern….“

[4]

Biden erklärt locker, dass die Europäer diese Sanktionen nicht wollten, aber „wir“ (die USA) haben sie dazu gezwungen.

Wo ist die Presse, die Medien, die uns mal etwas mehr mitteilen als Einheitsbrei, die ständig erklärt, dass alle, die besorgt und kritisch sind „Verschwörungstheoretiker“, „Putinversteher“ und „antiamerikanisch“, ja sogar rechts sind!

Hallo! Geht’s noch?

Pressefreiheit muss mehr sein als das, was man uns, auch die Öffentlich Rechtlichen, seit Monaten „serviert“.

Es geht um Krieg oder Frieden. Um nicht mehr und nicht weniger!

Wie äußerte sich Victoria Nuland bereits im Februar 2014?:

Fuck the EU!

[5]

Das und der Rest des Telefonates ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten.

#2 Kommentar von D. Pardon am 4. Mai 2015 00000005 22:06 143077720610Mon, 04 May 2015 22:06:46 +0000

Tja, Ypsilon, vielleicht erlebt der Ostermarsch ja in 2016 eine Renaissance und es entsteht wieder eine Friedensbewegung, die die Massen und damit Politiker bewegt.

Immerhin eine Chance.

Vielleicht entsteht aber auch eine Friedensbewegung im Netz, die irgendwann nicht mehr überhört werden kann.

Vielleicht ist ja gerade dieser Artikel, dieser Vortrag, dieses Buch der Anstoss.

Ansonsten betrachten wir’s mal philosophisch wie Hans Jonas. Vielleicht entdeckt ja auch der eine oder andere beim Lesen oder Hören das „Prinzip Verantwortung“, entdeckt seine Möglichkeiten, seine Kreativität, seine persönlichen Grenzen des Tuns und des Nichtstuns.

Ist Geschichte nicht letztlich abhängig vom Charakter der Hauptdarsteller (wozu auch „heldenhafte“ Gegenspieler zählen)? Vom Weitblick oder Beschränktheit der Machthaber?

Vielleicht haben wir ja Glück bei unseren Führungskräften. Kein europäischer Politiker ist ernsthaft an einem 3. WK interessiert, ich sehe in der Bundesregierung keinen Kriegstreiber, immerhin etwas.

Was leider fehlt sind klare Worte und entsprechendes Handeln auch zu „Freunden“. Die deutsche Politik wägt ab, aber vergißt das eigene Volk vor lauter Rücksichtnahme.

In der Politik gibt es aber keine Freundschaft, da gibt es nur die Vertretung von Interessen (und viele haben dabei nur ihre persönlichen Vorteile im Blick und die Karriere).

Die einen suchen den Konsens, was von den anderen als Schwäche ausgelegt wird und gleichzeitig werden im Hintergrund Strippen gezogen, werden Entscheidungsträger schlecht informiert und Vorlagen, nach denen entschieden wird, manipuliert.

Das Intrigantentum stirbt nicht aus.

Ich sehe aber auch keine (abgesehen von Rüstungsindustrie) deutschen Wirtschaftsbosse, die sich vom Krieg Profit erhoffen und damit entsprechend Einfluss auf die Politik nehmen.

Die meisten deutschen Unternehmen sind doch vom Embargo gegen Russland nicht begeistert, halten mehr oder weniger murrend still – bis der Bogen überspannt wird.

Eigentlich muss man nicht gleich ein Snowdon sein, um einen Stein ins Rollen zu bringen, wer eignet sich schon zum Heldentum bis zur Selbstaufgabe? Aber vielleicht ist ja gerade dieser Artikel ein solcher Stein, vielleicht rollen bereits jetzt ganz andere Steine. Eine schöne Vorstellung, oder?

Auch andere „alte“ Herren der Politik äußerten sich im übrigen öffentlich, in TV-Talk-Shows, in Artikel, ähnlich wie Wimmer. Haben die keinen Einfluss mehr in ihren Parteien?

Was wäre, wenn diese sich parteiübergreifend vereinigen würden?

Ich halte es frei nach Luther: Wüßte ich, dass morgen die Welt untergeht, ich würde heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.