Bundesregierung: Einsatz von Langzeitarbeitslosen in Heimen „gute Idee“

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bzmg-ulla-schmidt.jpgWie die dpa berichtet, hat die Bundesregierung den umstrittenen Einsatz von Langzeitarbeitslosen in Pflegeheimen als „gute Idee“ verteidigt. Das Projekt werde die Betreuung von altersverwirrten Menschen entscheidend verbessern, sagte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) der «Rhein-Neckar-Zeitung» am 19.08.2008.

Ihr Sprecher Klaus Vater warnte am Montag in Berlin davor, diese «gute Idee» durch Einwände «kaputtzumachen». Grundsätzliche Unterstützung kam von Pflegeverbänden und der Diakonie.

Vater nannte als Ziel, den Pflegeheimen rasch die Möglichkeit zu geben, zusätzliche Hilfskräfte einzustellen, wie dies die seit 1.Juli geltende Pflegereform vorsehe. Danach können die Heime etwa 10 000 neue Stellen einrichten. Es gehe darum, in den Pflegeheimen «eine Lücke zu schließen» und Hilfen wie Vorlesen oder Basteln anzubieten, für die das Fachpersonal keine Zeit habe, sagte Vater.

Auch der Sprecher des Bundesarbeitsministeriums, Stefan Giffeler, wies die Kritik zurück. Es handele sich um eine «gute Sache», von der Arbeitslose und Demenzkranke gleichermaßen profitierten.

Vorgesehen ist, Langzeitarbeitslose neben den Pflege-Fachkräften nach kurzer Qualifizierung als zusätzliche Pflegeassistenten einzusetzen. Beide Sprecher betonten, das Konzept sei intern und mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) abgestimmt. Vater sagte, laut BA-Statistik gebe es etwa 15.000 Erwerbslose – meist Frauen -, die früher pflegerisch tätig waren und nun zurück in den Beruf wollten.

Sie sollen nach Tarif bezahlt werden. Es handele sich nicht um Ein- Euro-Jobs, betonte Vater. Ministerin Schmidt sagte der Zeitung: «Es geht nicht nur um Langzeitarbeitslose. Es geht darum, Menschen für Tätigkeiten zu interessieren und zu begeistern, die sozial unendlich wichtig sind.»

Nach BA-Angaben sind von Heimen bereits rund 500 freie Stellen gemeldet worden. Nur dort, wo Einrichtungen konkreten Bedarf anmelden, würden Vermittlungsvorschläge für Bewerber unterbreitet.

Die Pflegeheime sollen dann selbstständig entscheiden, ob und wen sie einstellen. Insgesamt seien bei den Arbeitsagenturen zurzeit etwa 35 000 Altenpfleger und Altenpflegehelfer arbeitslos gemeldet; 63.000 Menschen aus diesen Berufen seien als arbeitssuchend registriert.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) wertete die Pläne positiv. «Wir begrüßen, dass nach Lösungen gesucht wird, wie die Menschen mit demenziellen Erkrankungen in Heimen schnell und unbürokratisch die neuen Leistungen erhalten können», sagte bpa-Präsident Bernd Meurer der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Da es sich um zusätzliche Stellen handele, sehe er «keine Gefahr der „Billig-Pflege“».

Scharfe Kritik hatte der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wilhelm Schmidt, geäußert: «Der Wert der Pflege wird so gering eingeschätzt, dass nun Hilfskräfte eingesetzt werden sollen, die nach einem Kurzlehrgang auf die Menschen losgelassen werden sollen. Wer sich das ausdenkt, hat von Pflege und Menschlichkeit keine Ahnung», sagte er dem Berliner «Tagesspiegel». Der Altenpflege-Kritiker Claus Fussek nannte es in der «Schweriner Volkszeitung» „arrogant gegenüber den pflegebedürftigen alten Menschen, solche Pläne zu schmieden“.

Der Deutsche Pflegeverband (DPV) begrüßte das Vorhaben. „Grundsätzlich gibt es auch unter Arbeitslosen Menschen mit sozialer Kompetenz und sozialer Intelligenz“, sagte DPV-Geschäftsführer Rolf Höfert der dpa.

Voraussetzung sei aber, dass die Arbeitslosen Interesse an diesem Job hätten und dazu nicht gezwungen würden. Auch reiche eine Vorbereitung von 160 Stunden nicht aus. Die Diakonie, die sich grundsätzlich zustimmend äußerte, sieht durch die Pläne das Problem der zusätzlich erforderlichen Fachkraft-Stellen nicht gelöst.

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