Ein politischer Kommunal-Journalist ist der natürliche „Feind“ der Kommunal-Politiker – sollte man meinen

Glossi [ - Uhr]

Neuer Mitarbeiter bei der BürgerZeitung MönchengladbachHallo Gladbach. Ich melde mich mal wieder aus der Ost-Provinz. Hat etwas gedauert, aber auch als Volontär hat man mal Urlaub und den konnte ich jetzt nehmen.

Nun ja – um auch das Thema zurückzukommen – „Feind“ ist wohl nicht der richtige Begriff. „Gegner“ wäre wohl besser, aber das hängt davon ab. Nämlich, wo der Journalist politisch steht.

Wo mein „Tutor“ Jürgen Rebew politisch wirklich steht – da war ich noch nicht so richtig hintergestiegen. Der ist nämlich sehr verschlossen, macht selten ein freundliches Gesicht, grüßt bei Pressekonferenzen seine Kollegen kaum und ist auch immer wieder schnell verschwunden. Und eine gewisse Arroganz kann man ihm nicht absprechen.

Und so schreibt er auch.

Ich habe ihn – Rheinländer, der ich nun mal bin – mal darauf angesprochen und eine ebenso verschlossene Antwort bekommen: so sei er halt.

Na Klasse, Kollege!

Später dann ist er etwas aufgetaut und gab mir auf den Weg: „Sieh mal (jetzt duzen wir uns sogar!) wenn Du so einen Job hast, musst Du austarieren, woher der Wind weht. Du musst sehen, wer Dich schon früh mit Infos versorgt, die die anderen noch nicht haben. Da musst Du schon mal für die schreiben.“

Da hab ich natürlich nachgebohrt und versuche hier, das Gespräch aus dem Gedächtnis nachzuvollziehen:

Ich: „Ja aber, da kommen manchmal Dinge raus, die gar nicht den Tatsachen entsprechen oder die 100% die Meinung Deiner „Informanten“ wiedergeben.“

Rebew: Na und? Das spielt doch keine Rolle. Ich hab meinen Bericht – und gut ist“.

Ich: Was mir auffällt ist, dass Du mehr von denen und über die schreibst, die im Gemeinderat die Mehrheit haben, als über die Opposition.

Rebew: Ich doch klar. Mit denen verbindet mich mehr als mit den anderen und wenn ich meine Meinung schreiben kann, warum denn nicht.

Ich: Aber das hat doch nichts mit dem Journalismus zu tun, den ich gelernt habe. Hast Du da keine Skrupel?

Rebew: Ganz ehrlich: Skrupel? Was ist das?

Ich: Ich denke doch, dass ein Journalist beobachtend und neutral schreiben soll und nicht – wie Du doch sehr oft – mit Tendenzen.

Rebew: Also weißt Du. Du musst noch viel lernen. Vor allem, welche Macht Du hast. Und Macht zu haben ist doch was Feines – find ich …

Ich: … wie Politiker also?

Rebew: Na klar. Merk Dir: Was der Leser „Schwarz auf Weiß“ sieht, hält er immer noch für Wahrheit. Und da er hier kaum eine Alternative hat, kann er auch nicht vergleichen; schließlich haben wir hier mit der Elbischen das Monopol …

Ich: … das Meinungsmonopol?

Rebew: Ja

Ich: Und damit Macht?

Rebew: Kluges Kerlchen!

Ich: … und Manipulationsmöglichkeiten?

Rebew: Auch richtig, Du lernst ja langsam.

Ich: Ich hab festgestellt, dass Du zu manchen Themen zwar über die Opposition und deren Ansichten dazu schreibst, aber irgendwie immer wieder die Vorstellungen der Ratsmehrheit einbaust. Warum machst Du das?

Rebew: Ganz einfach! Ich kann die Opposition ja nicht ganz totschweigen. Das würde ja auffallen. Aber immer dann, wenn die Opposition was von sich gibt, spielt sie mir – natürlich ungewollt – den Ball zu und gibt mir die Möglichkeit – sagen wir mal Hintergrundinformationen – zu schreiben. Und dass die in einem Artikel manchmal ausführlicher ausfallen, als die Meinung der Opposition, ist reiner Zufall [Rebew grinst hintergründig].

Ich: Und Du meinst, das merkt keiner?

Rebew: Kann sein, dass das jemand merkt, ist mir aber egal. Ich hab meinen Artikel gehabt und was danach kommt interessiert mich nicht. … Naja, ein Bisschen schon, denn wenn sich einer von der Opposition aufregt, ist das doch wieder ein schöner Anlass für einen weiteren Artikel usw. usw. Und dann wärme ich halt wieder die Hintergrundinformationen auf und meine Freunde der Mehrheit im Gemeinderat sind auch zufrieden.

Ich: Freunde?

Rebew: Das war mehr – sagen wir – platonisch gemeint. Richtige Freundschaften mit Politikern wirst Du als Journalist nie haben. Die benutzen Dich und Du benutzt sie – je nachdem was ansteht. So hat jeder irgendwann seine Vorteile.

Ich: Das riecht aber stark nach Korruption, oder?

Rebew: Hoppla, das ist aber starker Tobak. Ich bekomme doch kein Geld für meine Berichte. Von der Elbischen ja: mein Gehalt. Aber doch nicht von den Politikern.

Ich: Sag ich auch nicht, aber wenn ich das richtig gelernt habe, ist Korruption im politischen Sinn die Verletzung eines allgemeinen Interesses zu Gunsten eines speziellen Vorteils.

Rebew: Guter Spruch, den hast Du wohl auswendig gelernt. Aber alles etwas theoretisch und hochtrabend. Komm mal wieder runter!

Ich: Also keine Korruption!

Rebew: Natürlich nicht! [Rebew ist erbost]

Ich: OK, lassen wir das. Eine Frage hätte ich noch für heute: wie ist das mit den Bildern? Wonach wählst Du die aus?

Rebew: So richtig auswählen tue ich die nicht, das machen andere, aber etwas Einfluss hab ich schon. Wenn ein Artikel nur wenig Text hat und trotzdem hervorgehoben werden soll, dann kommt halt ein großes Bild rein. Das fällt dem Leser sofort ins Auge, er vermutet eine wichtige Nachricht dahinter und liest.

Ich: Klar, ich erinnere mich. Da hatte die Opposition doch gegen die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes gewettert. Die Ratsmehrheit wollte umgestalten und Du hast darüber berichtet.

Rebew: Stimmt.

Ich: Und dabei hast Du in nur ein paar Zeilen über die Meinung der Opposition geschrieben und dabei das ganze Vorhaben der Mehrheitsparteien noch mal aufgewärmt und dann auch noch das große Bild …

Rebew: … Klasse, was?

Ich: Naja, so toll finde ich das ehrlich gesagt nicht. Das war doch wieder ganz klar Meinungsmache für Deine Freunde … und Lesermanipulation.

Rebew: Also Manipulation würde ich das ja nicht gerade nennen, aber Meinung verbreiten schon. [Rebew grinst]

Ich: Und wie sieht Deine Chefin Altfrau das?

Rebew: [lacht] Die? Die kann das oft noch besser als ich. Die schreibt ja nicht mehr soviel von draußen, aber spinnt quasi die Fäden. Woher die manche Infos hat, weiß ich wirklich nicht. Die scheint tiefer drin zu stecken, als Du das von mir vermutest. Aber da fragst Du sie besser selbst.

Ich: OK mach ich – wenn ich es schaffe.

Damit war unser Plausch auch schon zu Ende. Alles in Allem schon aufschlussreich, was so ein politischer Kommunal-Journalist so drauf hat oder?

Ob ich auch mal so werde? Ich weiß es noch nicht.

Übrigens: Anschließend hab ich mich mal stiekum über Rebew schlau gemacht. Wie der Name schon vermuten lässt, kommt er irgendwo aus dem Osten. Sein Vater war wohl kein Deutscher, was aber wirklich interessant war: Rebew hat wohl schon früher geschrieben, als „Neu-Fünf-Land“ noch nicht „Neu-Fünf-Land“ war. Bei irgendeinem staatlichen Jugendblatt soll er gewesen sein. Aber nichts Genaues weiß man nicht über das nur einsfünfundsechsig große drahtige Kerlchen.

Ist aber auch nicht so wichtig. Das wollte ich nur mal gesagt haben.

Euer Glossi (zur Zeit Volontär bei der „Elbischen Post“)

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