Verdis Messa da Requiem in der Kaiser-Friedrich-Halle

Red. Theater [ - Uhr]

Eines der bedeutendsten Werke der großen Chorliteratur erklang in der Kaiser-Friedrich-Halle. Verdi schrieb dieses gewaltige Werk zum Andenken an den Dichter Allessandro Manzoni, den er seit früher Jugend verehrte.

Der Schlusssatz, das Libera me wurde von Verdi schon anlässlich des Todes von Giacchino Rossini komponiert. Die namhaftesten Komponisten Italiens hatten in Gemeinschaftsarbeit die „Messa per Rossini „ komponiert, zu der Verdi, wie bereits erwähnt, das Libera me, den Schlusssatz komponierte.

Bei seiner Komposition der Messa da Requiem übernahm Verdi diesen Satz.

Man wirft Verdi, wie ich meine, sehr zu Unrecht vor, er habe eine Oper mit Messetext geschrieben Es ist seine Musiksprache, die Sprache eines glühenden Italieners, glutvoll und melodisch, keine Musik, wie sie Bach, Beethoven oder andere Komponisten geschrieben hätten.

Seine Musik ist die des Volkes, nicht die des Intellektuellen.

Für eine Aufführung dieses gewaltigen Werkes bedarf es eines großen Apparates, großes Orchester, Fernorchester, Doppelchor und eines Solistenquartetts, das sowohl die Emphase des Meisters wie auch die zarten innigen Momente des Werkes nachvollzieht und ausdrücken kann.

Der Leiter eines solchen Apparates sieht sich vor beinahe übermenschliche Aufgaben gestellt.

Damit komme ich zur Aufführung in der KFH:

Wieder einmal bewies es sich, dass die sogenannte gute Stube der Stadt für Werke, die einen größeren Apparat verlangen, nicht geeignet ist.

Der Chor musste, da der Bühnenraum viel zu klein ist, 90 Minuten stehen. Da soll man sich noch konzentrieren können. Man achtet doch in einem solchen Fall nur noch darauf, nicht umzufallen.

Dieses Haus ist, denke ich, nur für Karnevalsveranstaltungen, Flohmärkte etc., zu gebrauchen. Einen wirklichen Konzertsaal haben wir außer dem Stadthallensaal, der nach dem Umbau viel zu klein ist, nicht.

GMD Graham Jackson leitete umsichtig, behutsam, temperamentvoll, die Solisten wie auch den Chor betreuend, das Ganze. Dass einige Pannen passierten, ist ihm gewiss nicht anzulasten.

Beginnen wir mit dem Hauptträger, dem Orchester.

Gewiss wiederhole ich mich, wenn ich hier sage, dass wir ein wundervolles Orchester haben. Aber, wenn man es , von Jackson sensibel geführt, in zartesten Pianissimi bis zu den Donnerschlägen des Dies irae klangschön, mitdenkend, mitgehend erlebt, sollte man sich wiederholen!

Der Chor, wie bereits oben erwähnt, zweifach gefordert, wurde seiner Aufgabe, perfekt vorbereitet, klangschön und stimmgewaltig seiner Aufgabe gerecht. Kleine rythmische Differenzen, z.b. im Libera me schmälern die Leistung nicht.

Das eröffnende Requiem gelang vorzüglich, obwohl der Tenor Scholdybajew.beim ersten Kyrie-Einsatz schneller wollte als das vom Dirigenten vorgegebene Zeitmaß.

Das Dies irae verlangt von Solisten, Chor und Orchester das Letzte. Es gelang bis auf minimale Dinge, hervorragend bei Orchester und Chor.

Hier hörten wir zum ersten Mal die neu verpflichtete Altistin Eva Maria Günschmann – ja, wir haben eine Altistin!

Geschmackvoll, mit strahlenden Höhen, weicher, doch kerniger Stimme gestaltete sie ihre Partie.
Ein Labsal nach mehreren Jahren ohne einen dramatischen Alt. Toll!

Frau Hobbs sang ebenfalls gut, obwohl ich meine, hier schon Verschleißerscheinungen zu hören. Ein Vergleich was ich hier meine: Ein Schmetterling, der den Staub seiner Flügel verliert, kann nicht mehr richtig fliegen, eine Stimme, die ihren Schmelz verliert, wird scharf. Ich hörte Frau Hobbs, die ich sehr verehre, vor einigen Jahren in der ev. Hauptkirche in Rheydt in der gleichen Partie.

Einfach wundervoll. Das wars hier nicht mehr. Sehr vieles einfach nur mit Kraft gesungen. Phrasen, die früher sebstverständlich durchgesungen wurden, wurden zwischengeatmet. Warum das? Verlässt sie sich auf schlechte Berater?

Herr Scholdybajew hatte Schwierigkeiten mit den hervorragenden Zeitmaßen von Herrn Jackson, die für mich absolut richtig waren. Herr Wippich verfügt über ein eigentlich schönes Material, warum setzt er es so ein?

Eine gewiss große Stimme mit zeitweise abgestelltem Vibrato, was gewiss bei Verdi die nicht richtige Art des Singens ist. Verdi verlangt hier einen Basso cantando, d.h. einen singenden Sänger.

Nach dem Dies irae kam eine Buffet-Pause, die für viele Hörer das Stück zerriss.

Danach das Offertorium Domine Jesu Christe, in dem mich besonders die Celli erfreuten, die den schwierigen Anfang, der von vielen, auch bedeutenden Orchestern nicht gemeistert wird, blitzsauber und klangschön spielten. Alle Achtung.

Das Soloquartett sang wirklich schön. Herauszuheben hier das Hostias, das Scholdybajew zwar nicht im Piano, aber sehr schön und sogar mit einem Triller versehen sang. Hier hörte man auch von Frau Hobbs wunderbare Töne (Vitam).

Das Sanctus gelang vorzüglich. Hier zeigte der Chor Glanz und Akkuratesse.

Agnus Dei. Dieses stille Stück war von Solistinnen und Chor bis auf einige schrille, vibratolose Töne von Frau Hobbs sehr schön.

Im Lux aeterna gab Frau Günschmann einen Begriff davon, was Singen und Musizieren heißt. Mit wundervollen Piani in einer für einen Mezzo hohen Lage beglückte sie den Zuhörer. Die beiden Herren waren nicht so gut. Am Ende gab es einen riesigen Schmiss, den man von Profis eigentlich nicht tolerieren soll.

Das abschließende Libera me gab Dara Hobbs Gelegenheit, ihre Gestaltungskraft, ihre Stimmkraft und auch Belcanto zu zeigen. Ebenso der Chor, der bis auf kleine Verhuschungen sehr schön sang. Die flehentliche Bitte um Erlösung ging unter die Haut.

Großartig der a capella Teil , den Chor und Solistin absolut sauber sangen. Dara Hobbs sang ein traumhaftes hohes B in blühendem, tragendem Pianissimo.

Dass Verdi von vielen „Christen“ als nicht gläubig betrachtet wird, zeigt er dadurch, dass er sein Werk nicht in Zuversicht, sondern in bitterer Verzweiflung enden lässt.

Das miterlebende Publikum reagierte auf diesen Schluss mit sekundenlangem Schweigen bis der Beifall ausbrach.
Ein großes Lob möchte ich der Dramaturgin Frau Ziegelhöfer aussprechen, die auch hier wieder sehr Lesenswertes über Komponist und Werk zu sagen hatte. Bravo!

Eine Anmerkung zum Schluss. Warum immer Solisten aus dem Ensemble? So gut sie auch sind oder sein mögen.
Gibt es nicht die Möglichkeit auch einmal andere Sänger hier zu hören? Zu teuer? In einer Stadt, die Millionen für Borussia ausgibt, ohne mit der Wimper zu zucken, etwas seltsam.

Herbert Rommerskirchen

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