Exposé eines Essays: „Über die Würde – Eine konstruktive Kritik“

Klaus Ketterer [ - Uhr]

bzmg-wuerde-4.jpgDer schon Jahrtausende alte Begriff der „Würde‘, womit bisher in einer Art automatischer Gleichsetzung überwiegend die Menschenwürde gemeint war und ist, ist inzwischen in vielerlei Texten des positiven Rechts und auch rechtsnaher Festlegungen eingegangen. Dieser Begriff ist zumindest im westlichen Kulturkreis zwar allgemein akzeptiert und gebräuchlich, ..

.. doch bei genauerem Hinhören und Hinschauen ist festzustellen, dass selbst in diesem unserem westlichen Kulturkreis die Vorstellungen darüber, was dieser Begriff für das Individuum und für die Gesellschaften bedeutet, sehr weit auseinander gehen.

Diesem Begriff fehlt ein Inhalt! Es bestehen allenfalls diffuse Vorstellungen darüber, was das inhaltlich eigentlich sei: ‚die Menschenwürde‘.

Individuell mag im Einzelfall die Vorstellung dessen, was Würde denn sei, schon sehr konkret sein, doch wird im Abgleich untereinander einerseits oft sehr schnell deutlich, dass der Andere nur verschwommene Vorstellungen vom Inhalt dieses Begriffes hat, andererseits: hat auch er konkrete Vorstellungen, sind diese allzu oft sehr verschieden. Diese Unterschiede sind international und zwischen den Kulturen noch sehr viel größer.

So ist es nicht verwunderlich, dass der Begriff der Würde interkulturell, international, aber auch innerkulturell und innerhalb der Staaten widersprüchlich verwendet, ausgelegt und gehandhabt und nicht einheitlich akzeptiert wird.

Es ist leichtfertig, das für bedeutungslos zu halten. Maßgebliche Bedeutung für uns Deutsche ergibt sich beispielsweise aus der Präambel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, in der von der Unantastbarkeit dieser Würde gesprochen wird und davon, dass es „Aufgabe aller staatlichen Gewalt“ sei, diese Würde zu „achten und zu schützen“.

Wie soll etwas geschützt werden können, wenn man sich nicht einmal darüber hat einigen können, was das zu Schützende eigentlich sei, wenn man sich nie auf eine Definition hat einigen können? Dabei haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes dieses durchaus versucht.

Sie haben auf den Rat des damaligen Mitgliedes des Parlamentarischen Rates und späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss hin diesen Versuch aber abgebrochen, und den Begriff der „Würde des Menschen“ als „uninterpretierte These“ stehen lassen in der Hoffnung, dass jeder intuitiv wisse, was damit gemeint sei. Dem ist aber keineswegs so, weder in unserer Bundesrepublik, noch international und schon gar nicht außerhalb unseres Kulturkreises.

Es ist damit die reine Einfalt, die beklagt, dass in dem einen und anderen Kulturkreis die Menschenwürde nicht oder auch nur weniger beachtet werde. Es ist ebenfalls einfältig, „aller staatlichen Gewalt“ den Auftrag zu erteilen, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, ohne klar zu definieren, was denn da genau geachtet und geschützt werden solle und wie das umzusetzen sei.

Es ist auch nicht so, dass man darauf verzichten könnte, weil man ja die Gesetze habe. Denn (beispielsweise!) das so genannte „Dritte Reich“ und dessen Vollzugsorgane haben mit vielen ihrer Verbrechen gar nicht gegen Gesetze verstoßen. Sie hatten das Meiste dessen, was wir heute in tiefster Ãœberzeugung als Verbrechen ansehen, durch entsprechende Gesetze erst möglich gemacht.

Das waren Gesetze, die nach unserer heutigen Auffassung gegen Menschenrechte und Menschenwürde verstoßen haben, ohne dass das damals von den Meisten so gesehen wurde, eben auch, weil die Würde des Menschen nicht definiert war und darüber hinaus keine staatliche Institution verpflichtet war, dieses Undefinierte zu achten.

Wollen wir innerhalb unserer Gesellschaften und auch gesellschaftsübergreifend – also international und interkulturell – im friedlichen Interessenausgleich miteinander leben, brauchen wir nicht nur Gesetze und internationale Vereinbarungen (also positives Recht), wir brauchen auch eine einheitliche Vorstellung vom Menschen, seinem Wert und seiner Stellung in den sozialen Gemeinschaften.

Wir brauchen also eine gemeinsame Vorstellung von dem, was die „Würde des Menschen“ sein soll. Wir brauchen eine Definition der Menschenwürde und damit eine Definition der Würde überhaupt, denn es ist erst noch zu klären, ob und in welchem Umfang allein dem Menschen Würde zukommt.

Der vorliegende Essay unternimmt den Versuch, eine Definition des Begriffes der Würde und in der Folge der Menschenwürde zu erarbeiten, die international und interkulturell akzeptiert werden könnte.

Der Essay untersucht hierzu zuerst die schon vorhandenen „Definitionsversuche“, die aus der Geschichte bekannt sind (von etwa 500 v. Chr. bis in die heutige Zeit), kommt dann zu dem Ergebnis, dass eine allgemeingültige Definition nicht existiert, begründet die Notwendigkeit einer solchen Definition, und schafft eine solche Definition in sieben Schritten. Dabei wird herausgearbeitet, dass zwischen einer „reinen Würde“ und mehreren unterschiedlichen „spezifizierten Würden“ (darunter auch die Menschenwürde) unterschieden werden sollte.

Es ergibt sich, dass für eine interkulturelle Akzeptanz eines solchen Begriffes die Würde von allen religiösen und ideologischen Einstellungen befreit werden muss und kann. Es wird herausgestellt, dass ‚Würde‘ nicht automatisch und allein ‚Menschenwürde‘ sein kann, sondern dass es darüber hinaus auch eine (abgestufte) Würde alles Lebenden geben sollte und eine Entscheidung dazu allein uns Menschen obliegt. Es werden Parallelen zu den erarbeiteten Definitionen in der Historie und der Grad der Zielerreichung untersucht und das erarbeitete Ergebnis zur Diskussion gestellt.

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