„Blues Brothers“ im Stadttheater nicht „im Auftrag des Herrn“

Red. Theater [ - Uhr]

logo-komoedieNach der Klamotte „The Rocky Horror Show“  der Klamotte „Ewig jung“ nun abermals ein „Werk“, das man nicht anders als Klamotte bezeichnen kann.  

Die Lautstärke  an diesem ohrenschädigenden Abend spottete jeder Phonvorschrift. Eine Aufführung in einer Diskothek wäre besser gewesen. 

Als was soll man dieses Stück nun bezeichnen:

Ist es ein Roadmovie, ein Actionkracher oder lediglich eine Hommage an den sogenannten „Kultfilm“ „The Blues Brothers“?

Eine Adaption dieses nur durch Action, Tempo und skurrile Situation möglichen Films musste auf einer Theaterbühne, wie hier, scheitern. Es war schlicht und ergreifend nur laut und langweilig.

Zur Handlung, wenn man das Dargebotene so bezeichnen sollte, Folgendes:

Jake Blues, Paul Steinbach, wird aus dem Gefängnis entlassen und von seinem Bruder,  Elwood Blues, Adrian Linke, abgeholt.

Natürlich wird beim Verpacken seiner Habseligkeiten besonders ein verpacktes, das ja noch benutzt werden kann, und ein gebrauchtes  Präservativ besonders dem geehrten Zuschauer vorgeführt. Und das in einem Männergefängnis?  

Man besucht dann das Waisenhaus, in dem beide aufgewachsen sind. Die Nonne, hier Pinguin genannt, ist in großer Not, da sie 5.000 $ auftreiben muss, um das Waisenhaus vor dem Fiskus zu retten.

Die Brüder beschließen spontan, das Geld zu besorgen. Ein Banküberfall, wie zuerst gedacht, geht nicht, da man, wenn man geschnappt wird, wieder ins Staatshotel muss.

Wieso dann „Unterwegs im Namen des Herrn“? So beschließen sie, ihre Band „Blues Brothers“ wieder aufleben zu lassen.

Die sehr dürftige Story ist nur ein Vehikel für eine Reihe von Songs mit Hitpotential. 

Eine Reihe von unglaubwürdigen Szenen folgt nun, das ständige Autofahren-Mimen der Brüder, während ein Spielauto über die Bühne düst,  dann auch noch das Spielzeugauto der beiden Polizisten die weit besser „Auto fahren“.

 Gab es da nicht vor vielen Jahren in unserem Haus Wagners „Siegfried“, in der Regie von John Dew, in dem ein Spielzeugpanzer den Riesen Fafner spielte? 

Eine Szene in einer Kneipe in der ein Teil der Band spielt, die dann natürlich mitmachen wird, mit einer auf mollig getrimmten Wirtin, die erneute Fast – Verhaftung und als Deus ex Machina ein Plattenproduzent, der als Anzahlung die 5.000 $ gibt. Das Waisenhaus ist gerettet.

Schlimmer geht es kaum noch. 

Auf einer Einheitsbühne mit ein paar Versatzstücken fielen „Statisten(?)“ höchst angenehm auf. Sie spielten, tanzten und bewegten sich wie alte Profis. 

Unter den Darstellern ragte Joachim Henschke schauspielerisch, heraus, ihm glaubte man den Blues.

Die beiden Hauptdarsteller, der Publikumsliebling Adrian Linke, hier wie immer darstellerisch ausgezeichnet, aber grässlich kreischend, und Paul Steinbach, eigentlich glaubhafter,  da zurückhaltender, ein bisschen leiser und höher singend. 

Köstlich die in mehreren Rollen auftretende Esther Keil.

Warum die arme Marianne Kittel dauernd mit einer MP knallen musste, ohne auch nur einmal zu treffen , blieb rätselhaft.

Cornelius Gebert  und Felix Banholzer, die Vielbeschäftigten, mimten die Polizisten, Bruno Winzen gleich mehrere Rollen. 

Die Bühne blieb, einer Fabrikhalle gleichend, im Gefängnis durch ein Gitter geteilt, nicht illusionsfördernd. 

Die Kostüme waren natürlich in der Nachfolge des Films, Petra Wilke. 

Matthias Gehrt führte Regie.

Ralph Frey war für die wirklich gute Choreographie zuständig. 

Die Liveband unter Willi Haselbek  spielte laut und famos. Für die Tontechnik können die ja nichts! 

Das zum Teil in schwarzen Anzügen, schwarzen Hüten und großen Sonnenbrillen erschienene Publikum, sichtlich und hörbar Fans des Films, trugen einem großen Teil des Abends durch lebhaftes Mitsingen, Klatschen und Jubeln bei. 

 Stehender Schlussapplaus. 

Facit: Ein durchaus zu entbehrender Abend.

Herbert Rommerskirchen

Ein Kommentar zu “„Blues Brothers“ im Stadttheater nicht „im Auftrag des Herrn“”
  1. Ja, das Stück kann man als musikalische Klamotte bezeichnen. Eine Klamotte ist ein derber Schwank ohne geistigen Tiefgang, außerdem soll dieses Wort der Gaunersprache entstammen. Also ein durchaus passendes Wort für die „Blues Brothers – im Auftrag des Herrn“.

    Der erste Teil kam nicht in Fahrt – daran änderte auch die Fahrt der Blues Brothers und der Polizisten nichts. Es fehlte schlichtweg an Witz und Tempo.

    Auch die Nonne, deren Bitte um Hilfe, kam nicht wirklich an. Warum sollten sich Kinder in einer kirchlichen Einrichtung – bei so einer Nonne – wohler fühlen als in einem staatlichen Kinderheim?

    Der anschließende Besuch der Gospel-Messe führte wenigestens zur Erleuchtung, wie man auf ehrliche Weise zu Geld – nämlich mittels Musik – kommen könnte.

    Die MP-Lady irritierte – aber man hoffte auf eine Lösung des Rätsels, warum diese Frau dauernd auftauchte, um auf die Blues-Brothers zu schießen. Logisch, dass sie nicht traf, das Stück wäre ja sonst vorbei. Schließlich heißt das Stück „im Auftrag des Herrn“ und nicht „zum Herrn“.

    Plötzlich – besser gesagt abrupt – war Pause.

    Auf Besserung hoffend ging es nach der Pause zurück. Und nun kam endlich Tempo und Stimmung ins Stück, was wohl in erster Linie an der klassen Musik lag. Nebenbei löste sich auch das Rätsel um das Flintenweib.

    Fazit: ein Stück muss nicht immer geistigen Tiefgang und feinsinnigen Witz haben. Es ist auch schön, einfach mal mitgerissen zu werden. Dies gelang nicht im ersten Teil, aber im zweiten.

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