Der Barbier von Sevilla, eine haarige Angelegenheit, Vorstellungen im TiN

Red. Theater [ - Uhr]

logo-vsbEin Verschnitt von Rossinis  „Barbier von Sevilla“, ziemlich gekürzt und auf Kinder zugeschnitten. Geht das auf?

Ich meine, wie ich aus der Reaktion von Kindern am 22. und 28.05.2011 entnehmen konnte, durchaus nicht immer.

Regisseur Ulrich Proschka und seine Bühnen- und Kostüm- Bildnerin Christine Knoll brachten hier ein Bühnenbild, das auch in Farben den Lebensraum der Figuren  darstellen sollte.

Welches Kind kann wohl solche Spielereien nachvollziehen. Wieso kommt, wenn Rosina eine Wand herunterklappt, das Bild des Almaviva dorthin, den sie doch kaum kennt?  Intellektuelle Vorstellungen des Regisseurs?

Die  Kostüme der beiden Damen wurden von Kindern abfällig beurteilt, die gesanglichen Leistungen sehr unterschiedlich. Wie sagt man so schön: Kindermund ist ehrlich und oft sehr direkt.

Nun gut, so versuche ich hier einmal, die Sicht des Erwachsenen mit der der Kinder zu verknüpfen. In dem, von Kindern ganz gewiß nicht verstandenen Doppel-Bühnenbild gaben sich die Darsteller, Susanne Seefing als Rosina, Markus Heinrich als Almaviva, Tim Stekkelies als Barbier und nicht zuletzt Matthias Wippich als Bartolo alle Mühe, die Intentionen des Regisseurs nachzuvollziehen. Manches wirkte  steif und überzogen.

Susanne Seefing sang rund und klangvoll, Markus Heinrich tat sich mit allen hohen Tönen reichlich schwer und intonierte diese fast immer zu tief.

Wie sagt Goethe im Erlkönig: „Erreicht den Hof mit  Müh und Not“, leider zu tief. Tim Stekkelies spielte beweglich und sang mit tenoralem Bariton, dem im Gegensatz zum Tenor die hohen Töne seiner Partie keine Mühe bereiteten.

Er legte sogar in seiner Auftrittsarie ein hohes „ C „ ein. Dies wurde früher von großen Stimmvertretern dieser Rolle oft gemacht .

Matthias Wippich spielte und sang den Bartolo ausgezeichnet, ihn nicht als Bösewicht, sondern als geldgierigen alten Mann darstellend. Eine wunderbare Vis comica.

In der zweiten Vorstellung gab es eine Umbesetzung, Lilia Tripodi als Rosina, Luis Lay als Almaviva.

Lilia Tripodi bemühte sich redlich, den Koloraturen ihrer Partie gerecht zu werden. Ihre Stimme klang in der Tiefe recht matt, in der Höhe forciert. Sie konnte die Darstellung von Frau Seefing nicht erreichen.

Die zweite Neubesetzung war Luis Lay.

Ich hörte ihn das erste Mal in Zar und Zimmermann als Peter Iwanow, schon damals fiel mir seine schöne, lyrische Stimme auf, in der ich eigentlich die Partie des Chateauneuf hörte.

Auch seine Spielgewandtheit, die ich dann in „ Me and my Girl“ außer seiner schönen Stimme bewundern konnte gefiel mir sehr.

Nun also der Almaviva.

Stimmlich hervorragend, hier hörte man eine runde, kräftige Stimme, die der hohen Tessitura dieser Partie durchaus gewachsen war.

Und dann das lebensechte Spiel, in der Zusammenarbeit mit dem Barbier und dem Griesgram Bartolo! Jede Sekunde ausgefüllt.  Sichtlich und hörbar machte es den Herren Spaß.Natürlich auch hier wie in der Premiere das Aufsetzen der Maske als Installateur, Blaumann, Lockenperücke und Eulenbrille. Einfach zum Wimmern komisch.

Das Publikum reagierte spontan und herzlich. Die Ensembles gerieten hier wie auch in der Premiere blitzsauber.

Natürlich konnte man bei Lay in der Tanzlehrerscene den echten Tänzer sehen. Welcher Spanier von Geblüt kann keinen Flamenco  tanzen ?

 In der Premiere mußte der Tenor einen Zinnsoldaten „tanzen“ . Eine Interpretation des Regisseurs der Komik halber?

Ein Vorschlag: Sollte man nicht die Besetzung der Rosine tauschen? Frau Seefing zu Herrn Lay, Frau Tripodi zu Herrn Heinrich?

Auch der Rest der Besetzung war in der 2. Vorstellung erheblich lockerer und besser, einfach schön.

Das kleine Orchester, geleitet von Karsten Seefing spielte sauber und begleitete excellent.

In der von mir hier vorgeschlagenen Besetzung kann ich dieses Operchen nur herzlich und ausdrücklich empfehlen. (Vielleicht sollte man sich vor der Kartenbestellung nach der Besetzung erkundigen).

Herbert Rommerskirchen

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