„Der Barbier von Sevilla“ von Rossini • Gute Sängerleistungen

Herbert Rommerskirchen [ - Uhr]

Der Barbier von Sevilla von Gioacchino Rossini, sein wohl bekanntestes Werk wird immer als komische Oper bezeichnet.

Das stimmt auch, wenn man Text, Handlung und die unglaublich spritzige Musik zugrunde legt.

Wenn diese wohlausgewogene Mischung Rossinis, er hat doch den Text Beaumarchais als Vorlage gehabt, die Übertragung durch Cesare Sterbini , der das Libretto nach den Wünschen Rossinis verfasste, auf die Bühne gebracht wird, kann der Zuhörer, wenn die Komik, aber auch der etwas schwarze Humor, der in der Partie des Bartolo deutlich sichtbar und hörbar ist, einen unterhaltsamen und erfrischenden Abend erwarten.

 

Dieses gelang leider in der Inszenierung  von Kobie van Rensburg und im Bühnenbild von Steven Koop und Kobie van Rensburg nur bedingt.

Der erste Akt wurde durch das ständige Herunterlassen und Heraufziehen von Projektionsflächen empfindlich gestört, zumal immer die Hälfte der Bühne nur sichtbar war.

Die deutsche Übersetzung war fremd. Zuweilen fehlte sie ganz.

 

Die Konzentration auf Geschehen und Gesang litt.

 

Bereits bei „Die Hochzeit des Figaro“ und bei „Don Giovanni“ hatten wir das „Vergnügen“, die Inszenierungen von Herrn van Rensburg zu genießen, es nutzt sich ab!

Befremden, von Hinnahme abgelöst.

 

Kurz zum Inhalt:

 

Graf Almaviva hat sich nach einem kurzen Sehen in das Mündel des Dr. Bartolo, die hübsche Rosina verliebt. Der Barbier Figaro soll ihm bei der Eroberung helfen.

Gegen Bezahlung macht der das natürlich.

Ein Ständchen vor den Fenstern der Geliebten, hier vor Fensterfronten, wenn sie durch die Vorhänge zu sehen sind; Verkleidungen, um in das Haus des Vormundes zu gelangen, natürlich kommt es hier zu Verwicklungen, das Happy-End kommt aber selbstverständlich.

 

Die Personenregie konnte ich nicht immer nachvollziehen, die Bühne, ziemlich leer, nur wenig an Bühnenbild oder Mobiliar, zwei Telefone, wie sie in „modernen“ Inszenierungen unvermeidlich sind, einige Podeste, die immer wieder auf  die Bühne geschoben werden.

In graue Burka gekleidete Personen waren hierfür zuständig, tanzten auch sonst auf der Bühne herum, Sinn und Zweck?

Was sollte die Figur des Rossini/Ambrosio?

 

Junge Damen arbeiteten als  Aushilfen für den Friseursalon, hätten aber auch in anderen Berufen gewiss Erfolg gehabt.

 

Wer der Annahme war, Figaro wäre Friseur, wurde eines Besseren belehrt, er betätigte sich hier als Perückenaufsetzer für Dr. Bartolo, übrigens eine der wenigen Szenen, bei  denen gelacht wurde.

 

Almaviva  betätigt sich als Pizza-Bäcker, sollten es Crèpes sein? Die flogen an Schnüren nett durch die Luft, aber ist Almaviva nicht ein Graf? Übt er hier ein heimliches Hobby aus?

 

Das Schlimmste war aber, dass man den ganzen Abend die Sänger in Großaufnahme auf der Rückwand sehen musste. Nicht immer vorteilhaft.

 

Positiv die Gewitterszene, wo die Personen bei Regen und Sturm eine Leiter erkletterten.

Natürlich Film.

 

Ich denke, das genügt zum Regiekonzept.

 

Die musikalische Ausführung litt etwas.

 

Sophie Witte als Rosina ist sehr hübsch anzusehen, hat tolle Beine, singt in der hohen Lage ganz vorzüglich, sollte sich aber vor ständigem Forcieren hüten.

Ihre Rolle lag ihr sehr, sie musste aber den Grafen wieder einmal, so etwas kam in den anderen Inszenierungen des Regisseurs auch vor, in der Haltung anspringen, in der gewisse Damen auf Kundschaft warten.

 

Debra Hays als Berta machte wieder einmal aus einer Nebenrolle eine absolute Hauptrolle.

Welch eine Mimik, welch ein Ausdruck in ihren Bewegungen.

Das sprang direkt auf das Publikum über.

Dazu sang sie in absoluter Frische mit zauberhaften Tönen bis in die höchsten Lagen.

Sie ist mit ewiger Jugendfrische gesegnet.

Das Publikum dankte es ihr.

Wenn man überlegt, welche Fächer sie an unserem Haus verkörpert hat, immer perfekt als die darzustellende Person, die sie von der Koloratur bis zu der Altwurze im Figaro, der dramatischen Elvira im Giovanni, hier wieder die Berta, eigentlich eine Mezzopartie, gesungen hat, stellt sich der Verdacht, dass man sie, falls einmal die „Daphne“ von Richard Strauss gespielt werden sollte, sie die Gäa (Kontraalt) singen würde.

 

Bravo.

 

Von den Herren seien uncharmanterweise nicht zuerst der Figaro, sondern Basilio und Bartolo genannt.

 

Hayk  Dèinyan als Dr. Bartolo entwickelte hier eine „Vis comica“ die ich nicht erwartet hatte.

Mit dem Mop auf dem Kopf sah er aus wie ein unfrisierter Dorftrottel.

Umwerfend komisch, dabei auch noch prachtvolle Basstöne singend.

Die Arie kannte ich so ausführlich nicht.

Eine große Leistung.

 

Matthias Wippich in seiner für mich besten Rolle als Basilio.

Als strenger Herr dargestellt, trotzdem komisch, zeigte er in der Verleumdungsarie die Stimmkraft, die für eine solche Partie  unabdingbar ist.

Auch in den Ensembles vorzüglich

 

Shinyoung Yeo  gleich in zwei Rollen, ließ wieder aufhorchen.

Gleich in der Eröffnungsszene deklassierte er den Sänger des Almaviva nach Längen.

Als Offizier zeigte er, zu welcher Stimmkraft er imstande ist.

Er ist Sänger der Opernstudios.

Hoffentlich bleibt er unserem Haus erhalten, da er ja auch sehr intensiv spielt.

Hier sehr ich eine große Karriere.

 

Rafael Bruck in der Titelpartie des Figaro.

Er ist ein sehr beweglicher Darsteller, sieht gut aus, hat eine sehr schöne Stimme, die er hier rücksichtslos einsetzt, durch das auftrumpfende Orchester, der Dirigent verwechselte hörbar Rossini mit der Elektra von Richard Strauss, zu ständigem Forcieren gezwungen.

Die Stimmgattung des Figaro ist doch der Kavaliersbariton, bei denLautstärken des Orchesters wäre aber ein Heldenbariton erforderlich gewesen.

 

Die Auftrittsarie verzierte er mit einem hohen “c“, wenige Baritone können oder machen das.

Alles, was nicht forciert war klang sehr schön.

 

Ja, und dann der Tenor.

Sehr beweglich, körperlich und stimmlich, eine nicht perfekte Kopie von Juan Diego Florez bringend.

Kein Genuss.

Wer hat ihn engagiert? Wurden die unnötigen Koloraturen, die doch nur den dramatischen Ablauf aufhalten und stören für ihn wieder aufgemacht?

Es hörte nicht mehr auf.

 

War in Krefeld nicht ein anderer Tenor?

 

Eine solche, andere Besetzung hatten wir doch schon im Don Giovanni mit der Donna Anna.

Die hier in Rheydt Singende war wesentlich schlechter als die Krefelder Besetzung.

 

Der Herrenchor, Maria Benyumova,  14 Herren, zeigte seine Stimmkraft durchaus, kam im Finale dann auch zu sehr schönem Singen.

 

Das Orchester, geleitet von Andreas Fellner kam unter einem gesunden Forte nicht weg, hat Rossini kein Piano, kein Pianissimo vorgeschrieben?

Differenzen fielen durch die ständige Lautstärke nicht so auf. Spritzig war es nie.

Es war unter dem Niveau des Orchesters.

 

Facit:

 

Da der Barbier schon einige Jahre nicht mehr gespielt wurde, lohnt es sich.

Die Sänger sind, wie geschrieben, gut bis sehr gut.

Der Schlussbeifall nahm, durch die in Premieren immer vorhandene Claque angeheizt, große Lautstärken an.

Aber es gab auch „Buh“ für den Regisseur.

 

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