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Ein Abend, um sich genüsslich zurückzulehnen: „My Fair Lady“ im Stadttheater

Es scheint, als ob das Stadttheater Krefeld – Mönchengladbach sich entschlossen hätte, nach einer ganzen Reihe von Flops  einmal einen richtigen Klops gönnen zu müssen.

Dies dürfte auf „ My Fair Lady“ zutreffen. Ein Musical, das wirklich über Jahrzehnte nicht klein zu kriegen ist, feierte jetzt am Haus fröhliche Urständ.

Dank einer hervorragenden, verständlichen, Inszenierung gelang das Wunder, dass die fast  3  stündige Aufführung fast keinen Moment langweilte.

Vielleicht hätte man die sehr langen Monologe des Professor Higgins und die Dialoge mit Pickering kürzen sollen, aber die Beiden waren sehr temperamentvoll und füllten die Bühne aus.

Geschickte Führung der Personen und selbst des Chores zeichneten die kurzweilige Regie aus. Es passierte immer etwas.

Die Bühne verführte einige Zuschauer, mit denen ich in der Pause sprechen konnte, dazu, zu sagen, dass seit Jahren ein solch schönes, praktikables Bühnenbild und so nette Kostüme nicht mehr erlebt wurden.

Hier kam die Drehbühne einmal ganz toll zu Einsatz. Der Szenenwechsel funktionierte in Sekundenschnelle. Infolgedessen blieb der Zuschauer im Stück. Dieser Aussage schließe ich mich an, nur fand ich das Ascot-Bild falsch.

Hier sahen die Kostüme nach Kostümball aus, Pferde und Ähnliches auf den Hüten, billige Kleider, die eher nach dem Markt aussahen.

Hier aber sollte doch der Unterschied zwischen der sogenannten Gesellschaft und den Armen klar werden. Eine Kleinigkeit, aber erwähnenswert. 

Es ist die Geschichte einer armen, aber nicht dummen Blumenverkäuferin, Eliza genannt, Tochter eines Müllkutschers und Säufers namens Doolittle.

Zufällig trifft der fanatische Sprachforscher Higgins auf dem Markt auf sie und ist ob ihrer grässlichen Sprache entsetzt. Es ist im Original wahrscheinlich der Cockney-Akzent. Hier wird ganz herrlich berlinert.   Sie wird für ihn als Studienobjekt interessant.

Zusammen mit seinem Freund Pickering beschließt er, sie zu einer Dame zu formen.

Damit geht ihr Elend los. Tag und Nacht, bis zu Essensentzug, wird sie mit Vokal- und Sprachübungen geplagt.

Die beiden Herren schließen eine Wette ab, ob dieses Vorhaben gelingt.

Natürlich kommen dann auch Gefühle ins Spiel, die der perfekte Junggeselle und Muttersöhnchen Higgins sich nicht eingesteht. Die Wette klappt, das Menschliche geht nicht.

So kommt es nicht zu einem Happy-End. 

Frederick Loewe hat zu dieser Vorlage von George Bernhard Shaw eine ganze Menge der schönsten, unvergessenen Musical-Hits geschrieben. Ein Ohrwurm folgt dem anderen. 

Die vom Regisseur, Roland Hüve glänzend geschulten Sänger/Schauspieler waren in ihren Rollen wie in einer zweiten Haut.

Die Hauptperson war hier nicht Eliza, sondern Higgins, Markus Heinrich, der diese Riesenpartie mühelos meisterte, leider sehr oft die harte Resonanz benutzte, was die nicht so sehr gute Verstärkung vergrößerte, schauspielerisch aber überzeugte, in den wenigen wirklich gesanglichen Passagen sehr gut war.

Thomas Peter war der hervorragende Partner in Dialog, Gesang und Darstellung, Pickering als menschlicher Dialogpartner.

Gabriela Kuhn zeichnete eine bewegliche, berührende, agile Eliza, der man die wissensdurstige, später menschlich enttäuschte Frau durchaus glaubte.

Die große Überraschung war Hayk Dèinyan als Doolittle, der als seriöser Bass stets Väter (wie auch hier) dazustellen hat, aber als Berliner (nicht Kennedy) zu überzeugen wusste. Perfekt!

Musikalisch war Rafael Bruck, wie auch schauspielerisch, in der Rolle de Freddy ein Genuss.

Eine junge, bildschöne Stimme, ein frischer Darsteller.

Debra Hays, Mrs. Pearce, als viel zu junge Hausdame, wird sie überhaupt nicht älter, Johanna Lindinger als vornehme Mutter, wie auch die gesamten Kleindarsteller, waren auf hohem Niveau. 

Der Chor präsentierte sich in schauspielerischer Bestform. 

Das Orchester spielte fast immer zu laut!

Feinheiten kamen höchst selten zum Tragen. Die Stimmen der Solisten, die doch eine gewisse Verstärkung erfuhren, gingen im Orchester sehr oft unter. Technische Probleme oder unnötige Verstärkung des Orchesters? Leitung Andreas Fellner. 

Fazit: 

Eine sehr gelungene Aufführung eines nicht totzukriegenden Musicals.

Eine sehr gelungene Regie, Roland Hüve, wunderbares Bühnenbild und Kostüme, Okarina Peter und Timo Dentler, absoluter Einsatz der Darsteller. 

Eine rundum zu empfehlende Vorstellung, zu der man sich nach der ausverkauften Premiere schnellstmöglich Karten besorgen sollte. 

Herbert Rommerskirchen