- BürgerZeitung für Mönchengladbach und Umland 1.0 - http://www.bz-mg.de -


Die Sache mit Schornstein & Schorn­steinfeger • Was Hauseigentümer und Straßenpassanten interessieren sollte

[1][06.03.2017] Vor Jahren fiel in einem Stadtteil von Mönchengladbach ein Schornstein auf eine Straße und man konnte froh sein, dass es nicht zu Personenschäden kam. Im Jahr 2016 ein erneuter Vorfall.

Daraus ergab sich folgende grundsätzliche Fragestellung an die zuständige  Bezirksregierung zu einem baufälligen Schornstein ebenfalls auf der gleichen Straße:

Wie wird begründet, dass ein Bezirksschornsteinfeger, der durch zu lange Fristsetzung bei Gefahr im Verzuge nicht mindestens ein Verweis erhält?

Der Bezirksschornsteinfeger schreibt an den Hauseigentümer bei dieser Fristsetzung von über 3 Wochen, dass durch den entstandenen Mangel die Gefahr besteht, dass durch eventuell herunterfallende Teile Menschen verletzt werden könnten.

Die Bauordnung der Stadt wurde hierüber vom Bezirksschornsteinfeger nicht informiert, obwohl dies seine Aufgabe gewesen wäre. Das übernahm ein Bürger als der feststellte, dass nicht geschehen war.

Die Bauaufsicht nahm unmittelbar nach Information durch den Bürger eine Sichtung durch und veranlasst sofort, dass Feuerwehr und Polizei wegen offenkundiger „Gefahr im Verzuge“ eingeschaltet wurden.

Da die Feuerwehr einen Teil der Schornsteinkrone nicht halten konnte, flogen Brocken in den Garten des Hauses ; Es kam dabei glücklicherweise nur zu Sachschaden.

Dieser Vorgang ist nicht in den Pressemitteilungen der Feuerwehr Mönchengladbach enthalten.

Der Bürgersteig des Hauses mit dem baufälligen Schornstein ist stark frequentiert .In unmittelbarer Nähe befindet sich eine Bushaltestelle.

Mit viel Beharrlichkeit erhielt der Bürger bei der Bezirksregierung, der Aufsichtsstelle für Schonsteinfeger, diese Informationen:

Die Auswahl von Bewerbern geschieht nach einem Punktesystem, bei dem zuvor verhängte Ordnungsmaßnahmen zum Punktabzug führen können.

Ein Sensibilisierungsschreiben soll gleichwohl erreichen, dass der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger sich künftig bei ähnlich gefahrträchtigen Situationen unverzüglich mit der dortigen Bauaufsicht in Verbindung setzt.

Der Bezirksschornsteinfeger erhält keinen Verweis, da sich ein solcher bei den Bewerbungen (alle 7 Jahre) negativ auswirken kann.

Im konkreten Fall wolle man die Organisation des Meldeweges zwischen dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und der Bauaufsicht noch überprüfen.

Hierzu müsse die Stellungnahme der beteiligten Behörden noch abgewartet werden.

Fraglich ist, ob dieser „Fall“ nach einem halben Jahr noch zu klären ist, da nach Auskunft der Bauaufsicht dort eine diesbezügliche Anfrage der Bezirskregierung nicht bekannt ist.

 

Die Entscheidung der Bezirksregierung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 21 Abs. 3 Schornsteinfeger-Handwerkgesetz kann die Aufsichtsbehörde einen Verweis erteilen, wenn der Schornsteinfeger gesetzliche Aufgaben und Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt.

Das Wort „kann“ macht einen Ermessensspielraum der Behörde deutlich.

Im Interesse ggf. haftender Hauseigentümer, aber auch möglicherweise zu Schaden kommender Passanten ist es sinnvoll, auf diese Zusammenhänge hinzuweisen.

Foto: Rainer Sturm | pixelio.de

6 Kommentare (Öffnen | Schließen)

6 Kommentare Empfänger "
Die Sache mit Schornstein & Schorn­steinfeger • Was Hauseigentümer und Straßenpassanten interessieren sollte"

#1 Kommentar von Schimanski am 6. März 2017 00000003 16:22 148881732204Mon, 06 Mar 2017 16:22:02 +0000

Es geht nichts über eine starke Lobby (siehe Kannvorschrift)

Wir hatten einmal nachfolgendes Erlebnis, dass wir hier wahrheitsgemäß wiedergeben:

Als ich den Schornsteinfeger bei einer Kehrarbeit begleitete, um mich als Laie sachkundig zu machen, nahm ich zur Kenntnis, dass er vom Kaminloch im Speicher nach unten kehrte. (Anschluss Kaminofen)

Nachdem er das Kehrgerät aus dem Kaminloch des Speichers wieder herausgezogen hatte, machte er das Kaminloch wieder zu mit dem Deckel, ging Richtung Treppe und wollte sich verabschieden.

Da kam mir plötzlich der Gedanke, dass vom Speicherloch nach oben zum Kaminausgang nicht gekehrt wurde Ich habe dem Schornsteinfeger dann diesbezüglich befragt.

Er antwortete mir nach energischem Nachfragen, dass er das notwendige Gerät dazu nicht bei sich habe und es sich im Auto befinde.

Ich verlangte eine unverzügliche Nachbearbeitung.

Als er dann das Gerät auf meine Veranlassung im Auto geholt hatte und nach oben kehrte war selbst er erschrocken, was für ein großes Nest von Dohlen dabei zerstochen wurde.

Diese Schlamperei hätte tödlich enden können.

Danach habe ich nach Besprechung mit Fachleuten einen „Dohlenschutz“ installiert.

Fazit: Vertrauen ist gut , Kontrolle ist besser.

#2 Kommentar von Marianne am 7. März 2017 00000003 21:02 148892057309Tue, 07 Mar 2017 21:02:53 +0000

wir danken der Bürgerzeitung für diesen Artikel;

demnach lohnt es sich, künftig mal den eigenen Schornstein in Augenschein zu nehmen.

Das trägt dann nicht nur zur eigenen, sondern auch zur Sicherheit anderer Mitbürger bei.

Ausserdem kann es nicht schaden, den Schornsteinfeger mehr über Sinn und Zweck seiner Arbeit zu befragen.

#3 Kommentar von Marianne am 8. März 2017 00000003 13:40 148898043601Wed, 08 Mar 2017 13:40:36 +0000

nachträglich:

Die Empfehlung zur Achtsamkeit der Mitbürger und Schornsteinfeger kann mit 2 weiteren Vorkommnissen aus dem o.a. Bezirk belegt werden.

(Fotos und Nachweise liegen vor; diese werden zum Schutz der Beteiligten nicht veröffentlicht)

Vor ein paar Jahren knallte ein kantiges Abdeckblech eines Schornsteins bei Sturm in den Hof eines Nachbarhauses.

Das Abdeckblech war sehr marode und offensichtlich war der Schornstein vorher nicht überprüft worden. Der Eigentümer hat den Schornstein danach saniert.

Aktuell wurde ein weiterer Schornstein saniert. (Bushaltestelle unterhalb des Hauses)

Die Bauordnung hat den Eigentümer nach einem erstmaligen Hinweis von einem Bürger angeschrieben. Der Eigentümer hat zeitnah reagiert.

Vom Schornstein geht jetzt keine Gefahr mehr aus.

#4 Kommentar von Schimanski am 9. März 2017 00000003 07:01 148904288307Thu, 09 Mar 2017 07:01:23 +0000

Es ist schon bemerkenswert, dass der komplette Vorgang bei Gefahr im Verzuge nicht in der Pressemitteilung der Feuerwehr Mönchengladbach aufgeführt ist, wenn man bedenkt, dass an diesem Tag u.a. nachfolgende Sachverhalte in der Presssemitteilung stehen:

– Kühlmittelaustritt im Supermarkt
– Ausgelöster Heimrauchmelder

Die Aufführung in einer Pressemitteilung wäre auch sinnvoll gewesen, weil es zur Sensibilisierung der Mitbürger beigetragen hätte; mal abgesehen davon, dass die Aufsichtsbehörde durch das Weglassen nicht die „Nase“ an diesen Vorfall bekommt.

Gegen die wohlwollende Auslegung des Ermessungsspielraums seitens der Bezirksregierung ist grundsätzlich rein menschlich nichts einzuwenden.

Gleichwohl kommt hier natürlich die Frage nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz auf, denn andere Berufsgruppen dürfen diese Vorzüge von Aufsichtsbehörden in der Regel nicht erwarten.

#5 Kommentar von Schimanski am 16. März 2017 00000003 08:13 148965201308Thu, 16 Mar 2017 08:13:33 +0000

Gestern wurden in einem Beitrag von PlusMinus über Schornsteinfeger u.a. auch die Aufsichtsbehörden kritisch beleuchtet.

Die Vorgehensweise der Bezirksregierung beim Sachverhalt im Artikel hier ist zwar rechtlich nicht zu beanstanden; man könnte es jedoch als eine ausgesprochene Gefälligkeitsprüfung im Rahmen einer Ermessung seitens der Bezirksregierung interpretieren.

#6 Kommentar von Marianne am 16. März 2017 00000003 08:25 148965273608Thu, 16 Mar 2017 08:25:36 +0000

anbei eine Dokumentation zur Sendung PlusMinus vom 15.03.17 für interessierte Büger:

Zitat:

Die Behörden wiegeln ab

Doch wenn ein Bürger Verstöße an die zuständigen Aufsichtsbehörden meldet, passiert meist nichts, so die Erfahrung von Ofenhändler Andreas Döring: „Ich habe in den letzten Jahren diverse Fälle – wir reden hier nicht über Einzelfälle, sondern über eine große Fallsammlung verschiedenster Kundenhinweise, wo Bezirksschornsteinfeger entsprechend sich nicht korrekt verhalten haben – gesammelt, diese aufgearbeitet und an die Behörden gegeben. Mit dem Ergebnis, dass die Behörden abwiegeln. Es passiert nichts!“

Dabei sagen auch die Schornsteinfeger, man solle Missstände den Behörden melden. Stephan Langer vom Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks rät den Verbrauchern: „Da gibt es sicherlich in Einzelfällen schon irgendwelche Vorkommnisse wie überall in allen Berufssparten, die dann vielleicht nicht ganz mit dem Gesetz konform sind oder sogar gegen das Gesetz verstoßen. Und da steht es jedem frei, das entsprechend zur Anzeige zu bringen.“

Kein Unrechtsbewusstsein

Paragraph

Gesetzesverstoß der Schornsteinfeger?

Das probieren wir von Plusminus aus. In München konfrontieren wir die zuständige Behörde mit einem konkreten Fall. Wir erzählen dem Mitarbeiter am Telefon von einem Bezirksschornsteinfeger, der seinen Kunden während der hoheitlichen Tätigkeit eine Heizungswartung anbietet. Künftige Messungen oder Abnahmen seien dann kein Problem mehr. Erstaunliche Antwort des Mitarbeiters: „Wir haben denen schon öfter gesagt, sie sollen das nicht so offensichtlich machen.“

Auf Nachfrage teilt uns sogar die Leitung der Behörde mit, es gebe dafür gar keine gesetzliche Regelung.

Falsch! Denn ein solches Verhalten des Bezirksschornsteinfegers kann sogar eine Straftat sein, wie uns Prof. Dr. Bernd Heinrich vom Lehrstuhl für Strafrecht an der Universität Tübingen erläutert: „Er darf nicht den Anschein erwecken, dass sich die Prüfung, die Abnahme der Feuerstätte, die hoheitliche Tätigkeit in irgendeiner Art und Weise danach richtet, was privatwirtschaftlich abgeschlossen wird. Das heißt: Sobald der Bürger sich unter Druck gesetzt fühlt – es muss gar nicht wirklicher Druck sein – sobald er sich unter Druck gesetzt fühlt, mit ihm oder einem Bekannten einen Vertrag abzuschließen, damit er eine ordnungsgemäße Prüfung kriegt, dann haben wir die Grauzone überschritten und sind im Bereich strafrechtlicher Korruption.“
Verbotene Praktiken – Aufsichtsbehörden schauen weg

Und es geht noch weiter. Wir treffen Ralf Milz, der in einem Ofenstudio arbeitet. Er zeigt uns einen Schornstein, der gegen geltendes Recht errichtet wurde. Die Fenster des Hauses daneben sind dafür zu nahe am Schornstein – oder: Der Schornstein ist nicht hoch genug. Seit 2010 darf ein Schornstein so nicht mehr gebaut werden.

Theoretisch zumindest. Denn Ofenbauer Milz hat anderes erlebt: „Ich habe das vor einem halben Jahr angeboten. Da war ich mal hier. Ich habe aber dann gesagt, ich kann es nicht bauen, weil wir die Ableitvorschriften nicht einhalten können. Darauf hat die Kundin zu mir gesagt, der Schornsteinfeger hätte aber jemanden, der es bauen könnte oder wie auch immer. Und damit waren wir raus aus dem Geschäft.“

Der Schornstein wird schließlich von der anderen Firma errichtet – entgegen den gesetzlichen Bestimmungen. Und die Abnahme erfolgt durch den zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger. Ohne Probleme, wie uns auch die Eigentümerin bestätigt. Ein klarer Gesetzesverstoß des Schornsteinfegers.

Für Strafrechtler Prof. Dr. Bernd Heinrich von der Universität Tübingen ist klar: Es besteht Handlungsbedarf: „Es wird eine Sache der Praxis sein, dass man hier durch intensive Maßnahmen sowohl der Aufsichtsbehörde als auch durch strafrechtliche Maßnahmen das Bewusstsein schärft, dass die Schornsteinfeger die Finger davon lassen.“

Doch solange die Aufsichtsbehörden weiterhin wegsehen und Gesetzesverstöße nicht ahnden, wird sich an solchen Missständen nichts ändern“.