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Neue Sozialdezernentin Dörte Schall (SPD): Vorstellung & Vorstellungen [mit „Print-Version]

[1]In der Ratssitzung vom 20.11.2014 stimmten 52 der 66 anwesenden Ratsmitglieder in nicht unüblicher geheimer Wahl für Dörte Schall (SPD) als neue Mönchengladbacher Rechts- und Sozialdezernentin und Nachfolgerin von Dr. Michael Schmitz (CDU), der sich vor der Kommunalwahl nicht zur Wiederwahl gestellt hatte.

Zwölf Ratsmitglieder stimmten gegen sie, ein Mitglied enthielt sich. Ihren Dienst tritt die 37-jährige Bonner Volljuristin am 02.02.2015 an.

Bonn wird auch weiterhin ihr Lebensmittelpunkt bleiben. Sie wird also täglich zwischen Bonn und Mönchengladbach pendeln. Ihre beiden Töchter werden dann tagsüber von ihrem Mann betreut, der bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn als Politik-Wissenschaftler tätig ist.

Seit ihrer Jugend ist Schall SPD-Mitglied und wurde von der SPD aus 13 Bewerbern ausgewählt.

Das Vorschlagsrecht der SPD für diesen Dezernentenposten ergab sich aus der GroKo-Kooperationsvereinbarung .

Erfahrungen mit praktischer Kommunalverwaltung und -politik bringt die momentan als Gewerkschaftssekretärin bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie Tätige nicht mit.

„Wir glauben, dass Frau Schall auf Grund ihrer Persönlichkeit und ihres persönlichen Lebensweges durchaus geeignet ist, hier in Mönchengladbach Akzente zu setzen, die Verwaltung zu führen und zu entwickeln“, erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Felix Heinrichs beim Pressegespräch am 13.11.2014.

Jura studierte die gebürtige Ludwigshafenerin in Trier mit Schwerpunkt „Französisches Recht“.

Mit kommunalem Recht kam Schall während ihrer Referendarzeit im Rahmen einer halbjährigen Tätigkeit bei einer rheinlandpfälzischen „Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion“ (ähnlich Bezirksregierung in NRW) durch die Begleitung von Aufsichtstätigkeiten in Berührung.

Ihre Erfahrungen in sozialen Bereichen bringt die neue Sozialdezernentin vornehmlich aus ehrenamtlichen Tätigkeiten, wie beispielsweise als Präsidentin des Studierendenparlaments der Universität Trier mit.

Ihre politische Entwicklung ist gezeichnet von diversen Funktionen innerhalb der SPD bis hin zur stellvertretenden SPD-Vorsitzenden in Bonn und Mitglied des dortigen SPD-Regionalvorstandes Mittelrhein.

Soweit dies in einem Pressegespräch möglich ist, waren diese Kernpunkte erkennbar:

Zusammenwirken der Problemfelder „Jugend“ und „Schule“

Nach wie vor bestehen bei betroffenen Eltern Unsicherheiten in den Zuständigkeiten für soziale Angelegenheiten von Kindern und Jugendlichen einerseits und Schule andererseits.

Im Vorfeld der Kommunalwahl gab es Diskussionen über ein mögliches Zusammenführen von vorschulischen mit schulischen Aufgabenstellungen in einem Dezernat.

Dazu heißt es in der Kooperationsvereinbarung der GroKo Mönchengladbach u.a.: „Aufgrund der vielfältigen Schnittstellen im Bereich Jugendhilfe und Schule streben wir eine enge Verzahnung dieser beiden Bereiche an. Eine Koordinierung zwischen Jugendhilfe und Schule mit dem Ziel einer integrierten Planung wollen wir erreichen. Schulsozialarbeit ist für uns ein integraler Bestandteil der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule.“ (Zitat Ende)

Dies sieht Schall als Herausforderung, weil es Überschneidungen gebe, die nicht zu trennen seien.

Zur Frage, ob sie auch eine organisatorische Zusammenführung anstrebe, erklärte sie, man hätte im vergangenen halben Jahr genügend Zeit gehabt, in den Dezernaten Änderungen vorzunehmen, wenn man das gewollt hätte.

Dadurch, dass dies nicht geschehen sei, sei ganz klar die Entscheidung getroffen worden, dass sich an den Zuständigkeiten nichts ändern werde.

Felix Heinrichs bestätigte die „große Herausforderung“ die darin bestünde, sich beispielsweise beim Thema „Offene Ganztagsschule“ (OGATA) mit dem Schuldezernenten Dr. Fischer (CDU) zu einigen, wer zukünftig welche Aufgaben erledigen werde und an wen sich betroffene Eltern zuverlässig wenden können.

Einsparungen im Sozialetat • Leistungsvereinbarungen über „Pflicht-Leistungen“

Bekanntlich beansprucht der zukünftig von Dörte Schall zu verantwortende Sozialbereich einen Großteil des städtischen Haushalts.

Sicherzustellen, dass diese Mittel, die vornehmlich in den so genannten „Pflichtaufgaben“ ausgegeben werden, auch weiterhin zur Verfügung gestellt werden, ist für Schall eine weitere „Herausforderung“.

Man sollte besser „vorher“ (also präventiv) weniger Geld in die Hand nehmen, als zu einem späteren Zeitpunkt mehr Geld für (soziale) „Reparaturaufgaben“ ausgeben zu müssen, so ihre Vorstellung.

Im Mittelpunkt scheint für Schall die sehr große Zahl von Leistungsvereinbarungen mit so genannten „freien Trägern“ (AWO, Diakonie, Caritas, DRK u.ä.) und deren Evaluationen zu stehen.

Diese Vereinbarungen sind ihrer Einschätzung nach kompliziert, so dass Verstehen, Umsetzen und Kontrolle problematisch sind.

Daher würden sie offensichtlich bislang zu wenig oder zu wenig konkret evaluiert.

Als „Außenstehende“ habe sie den Vorteil, nicht „irgendwie verbandelt“ zu sein und habe daher keine „Probleme“ bei einer kritischen Herangehensweise.

Einsparungen im Sozialetat • Leistungsvereinbarungen über „freiwillige Leistungen“

Auch den „nicht-pflichtigen Leistungen“ (also den Leistungen, die nicht auf gesetzlicher Vorgaben und/oder vertraglicher Vereinbarungen basieren) die vergeben werden, will sich Dörte Schall „annehmen“.

Auch diese seien zu evaluieren, um ggf. festzustellen, wo Gelder möglicherweise „versickern“.

Viele dieser freiwilligen Leistungen sind derzeit nicht quantifizierbar, ja nicht einmal identifizierbar, wie Bernd Kuckels (FDP) bei einem Pressegespräch im Rahmen der Haushaltseinbringung 2013 bestätigte.

Manche dieser freiwilligen Leistungen sind politisch „sakrosankt“, also vermeintlich unangreifbar, weil sie nicht selten (partei)politischen Zielen dienen.

Haushalt 2014 und HSP-Fortschreibung: Freiwillige Leistungen der Stadt an den Tierpark „sakrosankt“? [2]

Diese auf den Prüfstand zu stellen wäre mit Blick auf die Bedingungen des Stärkungspaktes und der damit verbundenen Haushaltssicherungsplanung elementare Aufgabe mindestens von Vergabeausschuss, Rechnungsprüfungsamt und der Bezirksregierung.

Da „freiwillige Leistungen“ – wie der Name schon sagt – nicht zwingend erbracht werden müssen, bieten diese ein nicht unerhebliches, rasch zu realisierendes Einsparpotenzial, dessen Hebung (nicht nur) für den Sozialbereich politisches Konfliktpotenzial birgt.

Privatisierung der städtischen Kindertageseinrichtungen

Unter Federführung der FDP in der „Ampel“ wurde schon 2010 eine Untersuchung angestoßen, ob und wie die städtischen Kindertagesstätten (Kita) privatisiert werden könnten.

Nachbetrachtung zur „Privatisierungsidee“ von FDP, SPD und Grünen für die Kinderbetreuung [3]

Kita-Trägerschaft: OB Bude und Ampel aus SPD, FDP und B90/Die Grünen verhindern klare Entscheidung [4]

Der Protest der möglicherweise betroffenen Mitarbeiter ließ nicht lange auf sich warten.

Dr. Michael Schmitz (CDU), Vorgänger von Dörte Schall, ließ daraufhin intern die beauftragte Untersuchung durchführen, die zum Ergebnis hatte, dass eine Auslagerung in eine privatwirtschaftliche Gesellschaft oder auf andere „freie“ Träger zu keinen Verbesserungen führen würde.

Da auch die SPD seinerzeit diesen „Ampel“-Auftrag mitgetragen hatte, liegt es nahe, die grundsätzliche Frage „Privatisierung oder nicht?“ der neuen Sozialdezernentin mit SPD-Parteibuch zu stellen.

Schall meinte, dass es in Mönchengladbach verschiedene diesbezügliche Träger bzw. Angebote gebe, und sie keinen Grund für eine solche Maßnahme sehe, es würde lediglich zu einer Verschiebung der anstehenden Probleme führen.

Die an den „GroKo-Vertreter“ beim Pressegespräch am 12.11.2014 gleichlautende Frage beantwortete Felix Heinrichs: „Wir haben nicht vor, Kindergärten zu privatisieren!“.

Heinrichs ergänzte, dass man in den Kooperationsverhandlungen dieses Thema nicht als eigenes festgelegt habe , aber SPD-Meinung sei, dass man dies nicht wolle.

Heinrichs betonte wörtlich, dies sei in der GroKo kein Thema: „Wir als SPD wollen das auch nicht!“

Aktuelle politische Konstellation „GroKo“ in Mönchengladbach

Zu ihrer Entscheidung, sich für den Posten „Rechts- und Sozialdezernent“ zu bewerben, hat die Tatsache, dass eine große Kooperation zwischen CDU und SPD die Mehrheit im Rat stellt, für Schall keine herausragende, aber dennoch eineRolle in ihrer „20-Punkt-Checkliste“ gespielt.

Es sei gut, mit einer stabilen Kooperation die Arbeit zu beginnen und nicht mit einem politischen Experiment. Dies sei ihr für eine kontinuierliche Arbeit sehr wichtig.

Hier dieser Artikel als „Print-Version“ [5]

2 Kommentare (Öffnen | Schließen)

2 Kommentare Empfänger "Neue Sozialdezernentin Dörte Schall (SPD): Vorstellung & Vorstellungen [mit „Print-Version]"

#1 Kommentar von Ypsilon am 25. November 2014 00000011 15:47 141693047503Tue, 25 Nov 2014 15:47:55 +0000

Sehr merkwürdige Aussagen:

„Dies sieht Schall als Herausforderung, weil es Überschneidungen gebe, die nicht zu trennen seien.

Zur Frage, ob sie auch eine organisatorische Zusammenführung anstrebe, erklärte sie, man hätte im vergangenen halben Jahr genügend Zeit gehabt, in den Dezernaten Änderungen vorzunehmen, wenn man das gewollt hätte.

Dadurch, dass dies nicht geschehen sei, sei ganz klar die Entscheidung getroffen worden, dass sich an den Zuständigkeiten nichts ändern werde.“

Was bedeutet das in der Praxis? Nicht klar abgegrenzte Kompetenzen und Zuständigkeiten sind ein Alptraum für jeden.

Schön, dass Frau Schall das (noch!) als „Herausforderung“ ansieht. Viel Vergnügen dabei! Stress ist da vorprogrammiert.

Noch besser ist Herr Heinrichs. Echt lustig (wäre es nicht so traurig) diese Aussage im Artikel:

„Felix Heinrichs bestätigte die „große Herausforderung“ die darin bestünde, sich beispielsweise beim Thema „Offene Ganztagsschule“ (OGATA) mit dem Schuldezernenten Dr. Fischer (CDU) zu einigen, wer zukünftig welche Aufgaben erledigen werde und an wen sich betroffene Eltern zuverlässig wenden können.“

Schall und Dr. Fischer müssen sich einigen?

Erst das große Tamtam, dass das Ressort und Zuständigkeiten neu geordnet werden muss und nun? Nix! Das ist eine einzige Zumutung.

Zuständigkeits-Hick-Hack – seit wann ist sowas eine Arbeitsgrundlage, gar „große Herausforderung“! Wer hat das letztendlich auszuhalten? Richtig, die Bürger und Betroffenen!

Sowas ist absolut nicht zielführend, blockierend und auch für die städtischen Mitarbeiter nicht zumutbar.

Sorry Herr Heinrichs, der Spruch ist ja mal gar nichts!

Weniger Rockfestival und mehr Sacharbeit, Schaffung klarer Verhältnisse und Zuständigkeiten z.B. in diesem Fall wäre sinnvoll gewesen.

Oder soll Herr Bude hier seinen ersten Auftrag erhalten? Ganz wie „provinzposse“ es hier beschreibt:

[6]

Nicht zu fassen!

#2 Kommentar von Stadtfilzer am 27. November 2014 00000011 22:21 141712687010Thu, 27 Nov 2014 22:21:10 +0000

Na ja, Herr Heinrichs ist noch sehr jung.

Vermutlich hat er unter solchen „Bedingungen“, die er als „Herausforderung“ bezeichnet, noch nicht gearbeitet, sonst wüsste er, was das für eine Zumutung nicht nur für Frau Schall bedeutet, sondern alle dadurch Betroffenen.

Von den Mitarbeitern der Stadtverwaltung bis hin zu den Bürgern.

Wie kann man etwas so diffus formulieren!

Kompetenzen müssen klar abgegrenzt werden.

Bei Stress und Burnout wird regelmäßig auch die betriebliche Organisation und dabei gerade unklare Kompetenzregelungen/strukturelle Veränderungen als Auslöser/Grund genannt.

Wie kann man eine solche unklare Situation bewusst in Kauf nehmen und anderen zumuten!

Ausgerechnet mit Dr. Fischer.

Frau Schall tut mir jetzt schon leid – es sei denn, sie hat mehr Durchsetzungsvermögen, ein sehr großes Selbstbewusstsein, erkennt schnell die Fallstricke und kann mit harten Bandagen kämpfen.

Ob das auch gegen den Klüngel hilft sei noch dahin gestellt.

Zu alledem wird sie die Unterstützung der SPD (Herrn Heinrichs?) und auch des Oberbürgermeisters (dessen Vertreter Dr. Fischer demnächst ist!) brauchen.

Dr. Fischer fühlt sich garantiert als Platzhirsch und in seiner Art, Verhalten und Haltung bestätigt, da sein Vertrag verlängert wurde, er auch noch zum Vertreter des Oberbürgermeisters gemacht werden soll (warum auch immer ausgerechnet er!) und sogar noch finanziell ein ordentliches Schüppchen von rd. 5.000 Euro jährlich oben drauf bekommt.

[7]

Mit diesem Dezernenten soll sich also Frau Schall auseinandersetzen und um Kompetenzen rangeln? Mal sehen, wer den längeren Atem (und Unterstützung der GroKo/des Klüngels) hat.

Eine solche Situation schafft man ausschließlich, wenn man Uneinigkeit im Unternehmen will.

Unfassbar!