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Stellt Euch vor, Ihr habt ein Leitbild … und keiner macht mit

[14.06.2008] Das mit den Leitbildern ist schon so eine Sache. Sie gibt es und auch wieder nicht. Viele Unternehmen gaben sich Leitbilder. Ob Siemens und BMW, Telekom und Post, ja sogar die Bahn.
Sie alle (das heißt ihre obersten „Führer“) ließen hehre Ziele formulieren und schworen sich (zunächst) und ihre Mitarbeiter auf diese Ziele ein.

An teuren Kommunikationsstrategien wurde gestrickt um im vielzitierten „TOP-DOWN-Prozessen“ auch möglichst jeden Mitarbeiter zu erreichen. Das nennt man „Unternehmensphilosophie“.

Da werden Erscheinungsbilder gebastelt, die dazu führen, dass vom Logo über das Türschild bis hin zum (internen) Briefbogen alles neu gemacht werden muss. Und das bitte bis zu einem „Stichtag“, nach dem es ein Frevel ist, das weiter zu benutzen, was schon einmal Geld gekostet hat – koste es was es wolle.

Da werden Arbeitssuchende zu „Kunden“ und ganz Deutschland und besonders die Betroffenen greifen sich an den Kopf. Und das nicht zu Unrecht, denn manche Hartz IV-Empfänger fühlen „verwaltet“ und teilweise „gegängelt“. Das macht man mit wirklichen „Kunden“ nicht!

Nach jahrelanger Berufstätigkeit erleben sie einen Arbeitsplatzverlust, den sie nicht selbst verschuldet haben und müssen einen sozialen Abstieg (oder sollte man sagen: Absturz) erleben.

Da hilft kein „Leitbild“, keine „Unternehmensphilosophie“ nach dem Motto „Wir verpflichten uns …“!

Weder bei Siemens, das die Handysparten an BenQ verscherbelte, noch bei der Telekom, die 50.000 Stellen abbaut, noch bei der Bahn, die fern ab von jeder „Öffentlichkeit“ sich in den letzten Jahren von weit über 100.000 Arbeitsplätzen trennte, noch bei der Post, von der man hört, dass sie ihr Filialnetz aufgeben will. Gut, bei den ehemaligen Staatunternehmen rutscht kaum jemand in die Arbeitslosigkeit a  la Hartz IV, weil ein Großteil der der betroffenen Beschäftigten Beamte sind oder durch langfristige Tarifverträge nicht betriebsbedingt gekündigt werden können.

Aber alle pfeifen auf Leitbilder und auf die in diesem Zusammenhang gehaltene „Fensterreden“. Sie haben andere Probleme.

Die Idee Norbert Bude’s und die viele Arbeit, die er und andere in sein Leitbild gesteckt haben, waren grundsätzlich nicht schlecht. Aber eben nicht opportun.

Nicht opportun, weil Leitbilder – wenn überhaupt – nur dann greifen, wenn sie von allen verstanden, mitgetragen und gelebt werden (wollen).

Nicht opportun, weil Bude’s Leitbild zu einem Zeitpunkt entstand, wo es der Stadt Mönchengladbach wirtschaftlich richtig schlecht geht.

Nicht opportun, weil „Selbstverpflichtungen“ nur langfristig wirksam sind und mit jeder Kommunalwahl die politischen Karten neu gemischt werden.

Und last but not least nicht opportun, weil die aktuelle Ratsmehrheit in Bude einen „natürlichen Feind“ sieht, obwohl der 2004 nur durch Eigenverschulden der CDU zum Oberbürgermeister gewählt wurde; und das tut noch heute weh.

Aber: Selbst wenn Bude der CDU angehören würde und dann vielleicht für sein Leitbild eine Mehrheit erhalten hätte, darf eine reale „Selbstverpflichtung“ der einzelnen Protagonisten angezweifelt werden.

Denn irgendwie sind alle Politiker Lobbyisten und die sind nach aller Erfahrung anderen Dingen (oder sollte man sagen: „Anderen“ bzw. „Anderem“?) verpflichtet.

Also: Leitbild hin oder her – wenn keiner mit macht, sind Leitbilder das Papier nicht wert auf das sie geschrieben sind.

Wohlgemerkt: Nicht die Inhalte haben zu Bude’s Leitbild-Scheitern geführt, sondern die Opportunität im Sinne von Zweckmäßigkeit.