Verwaltung stellt erst nach Intervention „barrierefreie“ Planung für die Gesamtschule Stadtmitte vor • VdK hatte an OB Reiners geschrieben • Fordert Schuldezernent Dr. Fischer bald „Nachschlag“?

Bernhard Wilms [ - Uhr]

Man darf getrost unterstellen, dass Architekten, ihrer Standesregeln entsprechend, gemäß der geltenden Gesetze und Baunormen planen. Bestandteil von Planung ist auch die Beratung der Bauherrschaft.

Das gilt sowohl für private Architekten als auch für Architekten in öffentlichen Verwaltungen.

Architekten in öffentlichen Verwaltungen planen im Auftrag anderer (bestellender) Fachbereiche, d.h. sie beraten und setzen dann deren Vorgaben planerisch um.

Im Ergebnis liegt es am bestellenden Fachbereich, die Planungen mit einer Gesamtkostenplanung eines Vorhabens zu hinterlegen und der Politik als letztlich entscheidende Instanz vorzulegen.

Wie so etwas nicht funktioniert, haben die Planungen zum angestrebten Neubau der Zentralbibliothek gezeigt.

In diesem Fall war es Dr. Gert Fischer (CDU) in seiner Eigenschaft als „Kultur­dezernent“, der sich – Angriffen aus der Politik ausgesetzt sehend – mit falschen Zahlen und Kosten operierte, sich plötzlich nicht mehr als verantwortlicher „Besteller“ sah und dem Baubereich und seinen Architekten dafür die Verantwortung in die Schuhe schieben wollte.

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Auf ähnliche Weise scheint Fischer auch im Zusammenhang mit der 6. Gesamtschule agiert zu haben.

Die Kosten für die von der „Ampel“ politisch gewollte Einrichtung bezifferte er in der Berichtsvorlage vom 16.11.2010 mit 1,25 Mio. EURO, die in den Doppelhaushalt 2010/2011 eingestellt wurden. Geradezu ein „Schnäppchen“.

Dabei beliefen sich die Baukosten auf 950.000 EURO. Die restlichen 300.000 EURO wurden für Einrichtungen veranschlagt.

Wer diese Baukosten ermittelt hatte und welche Maßnahmen damit in den beiden damals in Rede stehenden Standorten an der Aachener Straße realisiert werden sollten, blieb bis heute unklar.

Die Bauverwaltung hatte er zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht konsultiert.

Ansonsten wäre ihm schon zum damaligen Zeitpunkt bewusst geworden, dass in diesen Gebäudekomplexen Sanierungen in größerem Umfang erforderlich waren, um den Betrieb der Gesamtschule Stadtmitte unter baurechtlichen Gesichtspunkten auf Dauer zu gewährleisten.

Dies wäre umso bemerkenswerter, wenn es zutrifft, dass Dr. Fischer in seinem Schuldezernat eine Architektin beschäftigt.

Sie hätte ihm sicherlich auch etwas dazu sagen können, dass im Zeichen von Inklusion für 950.000 EURO auch in diesen Schulgebäuden Barrierefreiheit nicht herstellbar ist.

Bis zur Sitzung der BV Nord am 28.01.2015 sah die Planung vor, dass lediglich das Erdgeschoss des neu zu errichtenden Anbaues barrierefrei über eine Rampe erreichbar wäre und über eine Behindertentoilette verfügt.

Alle anderen (Bestands)Gebäude waren für mobilitätseingeschränkte Lehrer, Schüler und Eltern nicht nutzbar.

Die Tatsache, dass Dr. Fischer die Gesamtschulen in Mülfort und Hardt für eine barrierefreie Herrichtung „auserkoren“ hatte, lässt den Schluss zu, dass für ihn – als Auftraggeber an den städtischen Fachbereich „Hochbau“ – Barrierefreiheit für die 6. Gesamtschule (Stadtmitte) kein Thema war.

Sonst hätte eine derartige Planung sicherlich nicht vorgestellt werden dürfen.

Der im Mönchengladbacher Kreisverbandsvorstand des Sozialverbandes VdK NRW e.V. beim Thema Inklusion federführende Werner Knor wandte sich nach der Sitzung der BV Nord, am 02.02.2015, mit einem Schreiben an OB Hans Wilhelm Reiners (CDU) und wies darin auf die „Nicht-Barrierefreiheit“ der Gesamtschule Stadtmitte hin.

Darin thematisierte Knor auch den Bedarf hinsichtlich Barrierefreiheit für den neuen Standort der Geschwister-Scholl-Gesamtschule an der Aachener Straße.

Überrascht, aber auch enttäuscht zeigte sich Knor von der Tatsache, dass OB Reiners bislang die im VdK-Schreiben gestellten Fragen nicht beantwortete.

Nicht einmal die erbetene Eingangsbestätigung habe Reiners gegeben, erklärte Knor.

Und weiter: „Der ehemalige Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD) hat mindestens eine Eingangsbestätigung gesandt oder senden lassen, auch wenn die Beantwortung mancher Fragen gar nicht oder erst verspätet eingegangen sind“.

Überrascht zeigte sich Knor auch davon, dass in der Sitzung des Planungs- und Bauausschusses am 10.02.2015 plötzlich eine überarbeitete bauliche Planung für die Gebäude der Gesamtschule Stadtmitte mit weitgehender Barrierefreiheit vorgestellt wurde.

Was letztendlich zu diesen doch erheblichen Planänderungen geführt hatte, vermochte Werner Knor nicht zu sagen, schließt aber nicht aus, dass das VdK-Schreiben an OB Reiners beim Schuldezernenten und Reiners-Parteifreund Dr. Gert Fischer, der nicht unbedingt als Verfechter der Gesamtschule oder gar von Inklusion bezeichnet werden kann, zu einem Umdenken geführt hat.

„Das macht Hoffnung, dass wir nicht ständig hinterher hecheln müssen, wenn es um die Belange von Menschen mit Behinderungen in unserer Stadt geht,“ gibt sich Knor zunächst einmal zuversichtlich.

Jedoch werden der VdK und die mit ihm in der ARGE der Mönchengladbacher Behindertenverbände kooperierenden Organisationen nach wie vor ein konstruktiv-kritisches Auge auf alles haben, was in Mönchengladbach auch nur im Ansatz mit Inklusion zu tun hat.

Spannend wird sein, ob sich die von Schuldezernent Fischer vorgelegte neuerliche Kostenkalkulation, die durch fast 11 Mio. EURO mit über dem 11-Fachen des ursprünglichen Kostenansatzes für Baumaßnahmen abschließt, mit dem Argument der „Barrierefreiheit“ weiter erhöhen wird … und wer dann für eine solche Kostensteigerung verantwortlich gemacht werden soll.

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