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Bemerkenswerte Juso-Unterbezirkskonferenz mit Neuwahl des Vorsitzenden

johannesjungilligensWie zu erwarten war, haben die Mönchengladbacher Jusos den bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Johannes Jungilligens zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt.

Bei einer Enthaltung stimmten neunzehn der zwanzig anwesenden und wahlberech­tigten Jung-Genossen für den 21-Jährigen, der in Bochum Psychologie studiert.

DSC06370 [1]Unter durchaus als professionell einzuordnender Versammlungsleitung durch Josie Gauselmann (18) und ihrem Vertreter Felix Heinrichs arbeiteten die Mitglieder neben der Wahl weitere neun Tagesordnungspunkte ab, an deren Ende fünf Anträge ausgiebig diskutiert wurden.

DSC06316 [2]Die SPD-Jugend blieb „unter sich“. Vertreter der „Mutter-Partei“ nahmen an dieser Unterbezirkskonferenz nicht teil, was bei „Wahlkonferenzen“ nicht ungewöhnlich sei, wie der scheidende Vorsitzende Robert Peters unserer Zeitung mitteilte.

 

12-10-19-hutschenreiter [3]Dennis Hutschenreiter (24), Vorgänger von Robert Peters in der Vorsitzendenfunktion, studiert in Köln und steht kurz vor der Abgabe seiner Masterarbeit  Volkswirtschaftslehre.

Hutschenreiter war mit den übrigen Mitgliedern der Wickrather SPD Gegner einer Methangas-Anlage in Wanlo und vertrat diese Position gemeinsam mit seinem Wickrather Ratskollegen Uli Mones konsequent auch in der SPD-Ratsfraktion.

Während andere SPD-Ratsmitglieder sich in dieser Frage nicht „outeten“ und sich dem „Fraktionszwang“ unterwarfen, setzten beide durch ihre konsequente Haltung ihr Ratsmandat „aufs Spiel“. [4]

Im August 2011 gab Hutschenreiter sein Ratsmandat zurück, weil er seinen Lebensmittelpunkt nach Köln verlegte. Dadurch konnte Gülistan Yüksel wieder in den Rat einziehen.

Dass Hutschenreiter wohl kaum noch einmal in die Mönchengladbacher Politik zurückkehren wird, konnten wir einem Gespräch mit ihm entnehmen.

Gleichwohl will er eine starke Verbundenheit zu den Mönchengladbacher Jusos aufrecht erhalten, wie er in seinem Grußwort betonte.

In weiten Teilen mit philosophischen Ansätzen blickte Hutschenreiter auch auf seine Zeit bei den Jusos zurück, in der die Jugendorganisation „wieder zu einer politischen Stimme“ in der Stadt geworden sei.

U.a. mit Bezug auf das Godesberger Programm der SPD wies er auf die „dienenden Aufgaben“ des Menschen hin und darauf, dass dies gelernt werden müsse:

[audio: 12-10-19-jusos-03-hutschenreiter.mp3][ca. 11 Min]

Hutschenreiters „Grußwort“ hinterließ Nachdenklichkeit bei den Anwesenden.

Nachdenklichkeit, die manchen Protagonisten in der Mönchengladbacher Mutterpartei sicherlich auch gut täte.

 

DSC06350 [5]Felix Heinrichs, der auf Grund seines jungendlichen Alters zwar formell den Jusos zuzuordnen wäre, war innerhalb dieser Partei­organisation nicht wirklich aktiv und wird es auch nicht mehr werden, wie er den Anwesenden in seinem Grußwort mitteilte.

Er bedankte sich bei den Jusos für die Unterstützung seiner „Kandidaten-Kandidatur“ für den Bundestag, bei der er bei der Mitgliedervollversammlung mit 111 Stimmen Gülistan Yüksel (168 Stimmen) unterlegen war [6].

Man musste schon sehr konzentriert hinhören, um alles zu verstehen, was Heinrichs sagte, denn er verfiel in seinen „alten Fehler“ des Schnellsprechens, den er zwischenzeitlich schon einmal abgelegt hatte.

Seinen Dank verband Heinrichs mit dem Hinweis, dass dies wohl nicht das letzte Mal gewesen sei, dass er auf die Juso-Unterstützung hoffe.

Auf die Arbeit des scheidenden Juso-Vorsitzenden bezogen hob Heinrichs hervor, dass Peters über die parteiinterne Arbeit hinaus das „Jugendforum“ angestoßen habe, das in der Fraktion noch keinen Anklang fand.

Für junge Leute sei es schwierig, sich in der Partei zu verankern, meinte Heinrichs. Im Unterbezirksvorstand seien drei von 15, in der Fraktion zwei von 19, die unter 35 Jahre alt sind, wobei diese beiden „reingerutscht“ seien, obwohl sie „gar nicht sollten“.

Junge Genossen hätten bewiesen, dass „sie etwas können“, obwohl sie nicht seit 30 Jahren in der Partei seien.

Heinrichs forderte die Jusos dazu auf, sich nicht abspeisen zu lassen, wenn sie ernsthaft durch ein Mandat etwas erreichen wollten.

„Wenn man darauf wartet, dass man gefragt wird, kann man lange warten“, erläuterte Heinrichs auf seine eigenen Erfahrungen verweisend.

[audio: 12-10-19-jusos-04-heinrichs.mp3][ca. 7 Min]

 

DSC06366 [7]Die Ausführungen des scheidenden Vorsitzenden Robert Peters war mehr ein Tätigkeits- als ein Rechnschaftsbericht und befasste sich demnach auch vorzugsweise mit Aktionen und Aktivitäten, die die Jusos durchgeführt bzw. an denen sie beteiligt waren und wie es dazu kam, dass er das Amt des Vorsitzenden der Mönchengladbacher Jusos abgebe.

Peters erläuterte, warum sein neues Amt im Juso-Landesvorstand sowohl persönlich als auch politisch nicht mehr vereinbar mit dem Amt des Mönchengladbacher Juso-Vorsitzenden sei.

Auf die Art und Weise von Rechenschaftsberichten eingehend beschieb Peters den „klassischen Bericht à la Hans-Willi Körfges“, der sagt: „Leute, das will ich Euch an der Stelle aber ersparen“, um an dieser Stelle dann die ganze Geschichte doch zu erzählen und sogar noch weiter auszuschmücken.

Diese Beobachtung beschrieb Peters zutreffend, wobei er zu erwähnen vergaß, dass Körfges meist noch hinzufügt, dass er sein Manuskript einfach beiseite lege.

Obwohl Peters diese „Methode“ als durchschaubar darstellte, verfiel er genau in diesen „klassischen Bericht á la Körfges“, was sich in der Länge seiner Rede wiederspiegelte.

Am Ende richtete Peters noch ein Wort „an alle, die sich in Zukunft in der SPD eine handzahmere Parteijugend wünschen“.

Mit Hinweis auf den neuen Vorsitzenden meinte Peters dazu: „Das Leben ist hart und ungerecht. Und nicht jeder Wunsch geht in Erfüllung“.

[audio: 12-10-19-jusos-05-peters-bericht.mp3][ca. 18 min]

 

Dsc06375 [8]Wie alle, die sich bei dieser Juso-Veranstaltung zu Wort meldeten, kann man auch Johannes Jungilligens (22) bereits als redegewandter bezeichnen als manchen SPD-Protagonisten.

Schon zu Beginn seiner „Bewerbungsrede“ machte Jungilligens deutlich, dass er, obwohl er zwischenzeitlich in Bochum wohnt „hier nicht weg möchte“.

Bei den Jusos 2009 eingetreten, bezeichnet er sich selbst als „Kind des Wahlkampfes“, weil er von Beginn an intensiv in den Wahlkämpfen aktiv gewesen sei.

Dass die Jusos „kampagnenfähig“ seien, müsse erhalten bleiben, wobei es nicht nur um den Wahlkampf gehe, sondern besonders um die Inhalte.

Als Vorsitzender werde er daher darauf achten, dass die Jusos auch grundsätzliche politische Fragen diskutieren und sich gleichzeitig die Frage stellen, wie gut die Jusos sind und wie gut sie sein könnten.

Bei seinen vornehmlich „nach innen“ gerichteten Zielbeschreibungen vermisste man die kommunalpolitischen Facetten und die Forderung, dass die Jusos intensiver in dieses „Tagesgeschäft“ einbezogen werden bzw. sich aktiv einmischen.

Und zwar  wie Felix Heinrichs es am Ende seines Grußwortes empfohlen hatte.

[audio:12-10-19-jusos-06-jungilligens-vorstellung.mp3][ca. 9 Min]

Resümee

Will man als Außenstehender auf der Grundlage der Redebeiträge und der Diskussionen, insbesondere zu den Anträgen ein Resümee zu dieser außerordentlichen Juso-Unterbezirkskonferenz ziehen, ist eine Tendenz zur Akademisierung unübersehbar.

Einerseits könnte damit der Effekt verbunden sein, dass es der SPD-Jugendorganisation schwer fällt Jugendliche die kein Studium, sondern als Auszubildende praktische Berufe anstreben, dauerhaft zu aktivieren.

Andererseits könnte sich der Führung und anderen Protagonisten der politischen „ersten Reihe“ der Mutterpartei die Chance bieten, damit zu beginnen, ihr momentan erkennbar qualitatives und quantitatives Personalproblem durch Einbindung junger Genossen in das politische Tagesgeschäft zu minimieren.

Das setzt natürlich voraus, dass die aktiven Politiker bereit sind, ihre Erfahrungen mit den „Jungen“ zu teilen und nicht auf Gedeih und Verderb auf den Besitzstand ihrer mehr oder weniger politisch und finanziell lukrativen Posten zu bestehen.

Spätestens bei der Besetzungsdiskussion für die Direktkandidaten zur Kommunalwahl 2014 sowie der Vergabe der Listenplätze für Rat und Bezirksvertretungen wird sich zeigen, inwieweit die SPD-Führung an einem kontinuierlichen und qualtätsorientierten Generationswechsel interessiert ist und damit „Zufallsmandate“ vermeidet.

Unverkennbar ist, dass die SPD ebenso wie andere im Rat vertretene Parteien ein „Demograhie-Problem“ hat.

Dazu zählt auch, dass die beiden großen Parteien sich zwar gerne als „Volkspartei“ bezeichnen, tatsächlich in Ihren Parteien das Spektrum des Volkes aber nicht (mehr) abgebildet wird.

Bei der SPD liegt es daran, dass sie es (noch) nicht geschafft hat, die Mitglieder dauerhaft zurück zu gewinnen, die sie beispielsweise an DIE LINKE verloren hat. Vor Ort kann sie aber vielleicht auch nicht mehr die Sprache dieser „Verlorenen“ sprechen.

Ein Indiz dafür scheint zu sein, dass Robert Peters bei der Ankündigung von Hutschenreites Grußwort meinte, dass er (Hutscheinreiter) hoffentlich den „Jungsozialisten-Jargon“ noch nicht verlernt habe.

Als weiteres Indiz ist die Tatsache auszumachen, dass es nicht nur, wie Heinrichs es erklärte, für junge Leute schwierig ist, „sich in der Partei zu verankern“, sonderen altersunabhängig auch für andere.

Vor Ort entwickelt sich eine besondere Art von „Gruppendynamik“, indem die „etablierte“ Gruppe sich als Zweckbündnis versteht, dessen Mitglieder alle die „wegbeißen“, die nicht „gruppenkonform“ sind.

Nicht „gruppenkonform“, wenn es um Sachfragen geht, die mit Personalfragen in Verbindung stehen oder nur um Personalfragen, es also um (Macht-)Positionen, geht.

Aus solchen Erkenntnissen können die Jusos ihre Schlüsse ziehen.

Entweder, sie setzen sich als Gruppe durch und „verankern“ sich auf diese Weise in der Partei, oder sie warten darauf, dass das „Zweckbündnis“ sich nach und nach auflöst.

Oder den Jusos gelingt es, sich in kommunalen Sachfragen soweit zu qualifizieren und zu profilieren, dass ihre Meinungen vom „Zweckbündnis“ nicht mehr ignoriert werden können.

Alternativ könnte man mit Geduld und Ausdauer auf die „demografische Entwicklung“ warten …

Auf jeden Fall bedarf es jedoch eines kritischen Hinterfragens der Äußerung von Felix Heinrichs „durch ein Mandat etwas erreichen zu wollen“. Bleibt nämlich hier die Frage „erreichen wollen“ für wen (?), für was (?), für wieviel (?).

Die Vorgänge rund um die SPD-Kandidatenwahl zum Bundestag wurden auf der Juso-Unterbezirkskonferenz ebensowenig thematisiert, wie das entsprechende Schreiben der Jusos an Gülistan Yüksel und an SPD-Parteimitglieder. [9]

Dies blieb einer anschließenden Sitzung des Vorstandes unter Leitung von Johannes Jungilligens vorbehalten.

1 Kommentar (Öffnen | Schließen)

1 Kommentar Empfänger "Bemerkenswerte Juso-Unterbezirkskonferenz mit Neuwahl des Vorsitzenden"

#1 Kommentar von Kerstin Königs am 22. Oktober 2012 00000010 17:58 135092868205Mon, 22 Oct 2012 17:58:02 +0000

Diesen Artikel habe ich mit großem Interesse gelesen. Auch vor dem Hintergrund der „Wahl“ des Bundestagskandidaten, bei der Frau Yüksel auf für mich fragwürdige Weise gewählt wurde.

Auch dass Frau Tillmann hier auf dieser Zeitung den Jusos Doppelmoral vorwarf, fand ich sehr grenzwertig.

Herrn Hutschenreuters Rede fand ich hervorragend. Für sein Alter ist er bereits sehr souverän und hat „etwas zu sagen“.

Wer ihn früher im Rat oder der Bezirksvertretung erlebt hat, kann das bestätigen. Für die SPD Mönchengladbach ist dieser junge Mann ein Verlust.

An ihm können sich viele in der Gladbacher Politik tätigen SPD-Mitglieder ein Beispiel nehmen.

Auch bei den Reden von Herrn Heinrichs und besondere Herrn Junggilligens merkt man das Engagement. Ob sie die Welt retten werden – wohl kaum, aber einen Beitrag zum Besseren könnten diese jungen Leute (nicht nur die Redner, die hier zu hören sind) bestimmt leisten.

Hoffentlich begreifen die „alten“ SPD-Leute, dass es endlich an der Zeit ist, diesen jungen Leuten mehr Beachtung zu schenken, sie einzubinden (z.B. in der Fraktion), zu fördern und zu unterstützen. Nur dann kann irgendwann der Generationenwechsel gut gelingen. Auch im Interesse der Bürger.

Aber, das ist ja leider nicht nur bei der SPD ein Problem.

Die „Alten“ kleben viel zu sehr an ihren Pöstchen und Wissen, das sie dank ihrer Tätigkeit sammeln konnten. Das geben die ungern ab. Wissen ist angeblich Macht.