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Ehemalige Rheydter SPD-Bezirksvertreter Bernd Adelt und Norbert Freyer verlassen die SPD

[1]Dass sich die Begeisterung von Mitgliedern im SPD-Ortsverein Süd (RyO) für die dort betriebene parteiinterne Kommunikation „in Grenzen hält“, ist nicht erst seit „gestern“ bekannt. Viele Genossen fühlen sich un- und desinformiert. Nur wenige wollen sich äußern.

Andere ziehen die Konsequenzen, wie die ehemaligen Mitglieder der Bezirksvertretung Rheydt Mitte, Norbert Freyer und Bernd Adelt (im Bild v.l.). Sie haben nach etwa 20jähriger SPD-Mitgliedschaft nun „gekündigt“ und ihr Parteibuch zurückgegeben.

Dass ähnliche Verhältnisse wie in „RyO“ auch in anderen Mönchengladbacher SPD-Ortsvereinen existieren, ist kaum zu erwarten. Beobachtungen lassen solche Schlüsse jedenfalls nicht zu.

Darüber, warum Adelt und Freyer aus der SPD ausgetreten sind, haben Sie in einem längeren Gespräch mit unserer Zeitung erläutert. Hier eine Zusammenfassung des Interviews:

BZMG: Herr Adelt, Herr Freyer, wir haben erfahren, dass Sie nach 17 bzw. fast 20 Jahren SPD-Partei-Zugehörigkeit Ihr Parteibuch zurückgegeben haben. Herr Adelt, Sie vor ein paar Wochen, und Sie Herr Freyer?

Norbert Freyer: Ende voriger Woche

BZMG: Welche Gründe haben Sie zu diesem Schritt bewogen? War es ein bestimmtes Ereignis oder etwa Frust?

Bernd Adelt: Die Gründe sind vielfältig. Darauf in allen Details einzugehen ist müßig. Frust nenne ich es nicht, eher Enttäuschung.

Freyer: Das ist ganz einfach. Ich habe – außer von Bernd – keinerlei Informationen mehr bekommen. Ich hatte angeboten, mich an Vorbesprechungen zu Sitzungen der Bezirksvertretung zu beteiligen. Dazu wurde mir gesagt, dass ich nicht erwünscht sei.

Das war insbesondere so nach der Zusammenlegung zum Ortsverein Süd. Auch hier hatte ich meine Mitarbeit angeboten. Dazu wurde mir gesagt, das ginge nicht, weil der Vorstand sonst zu groß würde. Und das bei nur 15 Leuten.

Seitdem, also seit etwa zwei Jahren, bin ich als Mitglied vom Ortverein nicht mehr direkt informiert worden..

Wenn man nicht erwünscht ist, muss man auch nicht weiter Parteimitglied sein.

Wenn ich sehe, was in meinem Fachgebiet als Architekt und Planer passiert und Äußerungen fallen, bei denen ich nur noch den Kopf schütteln kann, muss ich feststellen: ‚Das ist nicht mehr meine Partei’.

Manchmal muß ich mich geradezu schämen, wenn Dinge behauptet werden, von denen ich genau weiss, dass sie unsinnig sind. Und wenn ich in diesem Zusammenhang auch noch von Architektenkollegen auf meine SPD-Zugehörigkeit angesprochen werde, ist das Maß einfach voll.

BZMG: Herr Adelt, Sie sprachen soeben von Enttäuschung. Enttäuschung über bestimmte Personen?

Adelt: Wenn ich von Personen enttäuscht bin, sage ich das denen, die es betrifft, unmittelbar und nicht über die Zeitung.

BZMG: Herr Freyer, machen Sie Ihre Enttäuschung an Personen fest?

Freyer: Letztendlich ja. Die Personen, um die es geht, sind sattsam bekannt.

Adelt: Hinzu kommt die Tatsache, dass Politiker, die fachlich mit einem Thema nicht klar kommen, einen Sündenbock suchen und diesen ganz schnell in der Fachverwaltung gefunden zu haben glauben. Dann hört man Vorwürfe, die Verwaltung habe nicht, nicht rechtzeitig oder unvollständig geliefert. Dabei wissen genau diese Politiker, dass die Verwaltung in den Fachbereichen Planung und Bauen seit Jahren vollkommen unterbesetzt ist.

Da hätte von der Verwaltungsspitze schon längst eine Veränderung herbeigeführt werden müssen.

Aber natürlich hat das auch Gründe, denn je weniger die Verwaltung zu regeln in der Lage war, umso mehr konnten bestimmte Kreise „ihre eigenen Süppchen kochen“.

BZMG: Sie beide, Herr Adelt und Herr Freyer, hatten zu Zeiten der alten BV Rheydt-Mitte nicht unmaßgeblich fachlichen und politischen Anteil am Zustandekommen des Innenstadtkonzeptes Rheydt.

Wie sehen sie rückblickend auch die aktuellen Ergebnisse?

Freyer: Lassen Sie es mich so formulieren: Es ist vieles angestoßen und auf den Weg gebracht worden. Wir sind froh, dass wir mit einem Denkmalschutzantrag das Pahlkebad retten konnten.

Adelt: … Stimmt, da hatte die SPD im Rat dem Abriss des Bades und einem Neubau quasi schon zugestimmt und sich nur mit einem erheblichen Aufwand unsererseits mit den Vorteilen unseres Denkmalschutzgedankens – sagen wir mal – angefreundet.

Freyer: Die Neukonzeption des Hugo-Junkers-Parks ist ebenfalls gut und wichtig; die Ausführung jedoch lässt zu wünschen übrig. Ähnliches zeichnet sich beim Marktplatz ab …

Adelt: … Hier hätte ich mir gewünscht, dass sich die Politik in der Bezirksvertretung Süd die Ausführungsplanungen hätte vorlegen lassen.

Möglicherweise wäre es dann auch nicht zu der unseligen Auseinandersetzung um das Portal gekommen. …

Man hätte sich auch ansprechendere Lösungen für die Treppen und den Aufzug von der Tiefgarage überlegen können. Man hätte sich Gedanken zur barrierefreien Erschließung des Ratskellers machen können…

Das einzige, was dann wiederholt öffentlich präsentiert wurde, waren die visuellen Darstellungen vom Ende des Wettbewerbs.

Die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Süd hat nicht auf mich gehört und die Umsetzung einfach so hingenommen.

BZMG: Das klingt etwas nach „Abrechnung“ …

Adelt: „Abrechnung“ ist der falsche Ausdruck. Es ist eine Bilanz, die ich für mich aufstelle und die letzendlich auch dazu beigetragen hat, dass ich aus der Partei ausgetreten bin.

Freyer: Wir waren es einfach leid, uns über die strukturellen Verhältnissen in der Mönchengladbacher SPD zu ärgern und darüber, wie man miteinander umgeht und wie man miteinander kommuniziert.

BZMG: Geht es etwas deutlicher?

Adelt: In den mehr als 15 Jahren, in denen ich mich für die SPD engagiert habe, ging es uns immer nur um Sachthemen, die wir aus beruflicher Sicht als Architekten und Verkehrs- und Stadtplaner einbringen wollten.

Freyer: Da gab es zu viele parteitaktischen Verhaltensweisen Einzelner, die nach unserer Meinung nur noch wenig mit der eigentlichen Aufgabe von Kommunalpolitikern zu tun haben, nämlich fach- und sachgerechte Lösungen für die Stadt und die Bürger zu finden.

BZMG: Und was meinten Sie mit der Kommunikation?

Adelt: Das ist einfach erklärt. Wenn es beispielsweise um bezirksbezogene Themen geht, dann sollten diese im Vorfeld der Beratungen in den städtischen Gremien mindestens auch in den  Ortsvereinen angesprochen und diskutiert werden.

Darin sollten auch Informationen aus der Ratsfraktion mit einfließen. Beides geschieht leider nicht.

Immer wieder wird man von der eigenen Partei überrascht und erfährt über die Presse oder von anderer Seite, außerhalb der Partei, von Entscheidungen und Beschlüssen, von denen man bis dahin keine Kenntnis hatte. So stelle ich mir sach- und fachbezogene Pateiarbeit nicht vor.

BZMG: Das scheint Sie ja nicht erst seit heute zu bewegen. Warum ziehen Sie den Schlussstrich erst jetzt?

Freyer: Meine Gründe habe ich genannt. Wenn ich keine Informationen mehr bekomme, interpretiere ich das so, dass man auf meine Mitarbeit keinen Wert mehr legt und dann muss auch Schluss sein.

Adelt: Seit Längerem habe ich mehrfach sowohl mit Leuten aus dem Ortsverein als auch aus dem Unterbezirk darüber gesprochen. Mehr als Absichtserklärungen, dass sich diesbezüglich etwas ändern müsse und werde, habe ich leider nicht erfahren. Daher mein jetziger Parteiaustritt.

BZMG: Herr Freyer, Herr Adelt, Sie bleiben ja nach wie vor politische Menschen. Wie soll es für Sie „politisch“ weitergehen?

Adelt: An unserer Grundeinstellung, dass auf kommunaler Ebene Sach- und Fachthemen im Vordergrund stehen müssen, wird sich nichts ändern. Und wenn jemand glaubt, dass wir dazu einen Beitrag leisten können, und uns anspricht, stehen wir gerne mit fachlichem Rat und unseren Erfahrungen zur Verfügung. …

Freyer: … Das sehe ich genau so. Wir werden auch zukünftig unsere Meinungen zu Sachthemen sagen, wenn wir glauben, fundiert etwas dazu beitragen zu können. Auf welche Weise würde ich gerne noch offen lassen …

BZMG: … in einer anderen Partei?

Freyer: Nein, wohl kaum. Dann würde ich womöglich vom Regen in die Traufe kommen. Das werde ich mir nicht mehr antun.

Adelt: Das gleiche gilt auch für mich.

Aber, lassen Sie mich an einem Beispiel noch etwas zu Ihrer Frage deutlicher machen: “Warum jetzt?’

Ich war ja bis zu meinem Austritt vor ein paar Wochen noch Mitglied im Vorstand des Ortsvereins RyO.

Seit Monaten wurde nur noch über die Kommunalwahl, über Plakate, über Aktionen und ähnliches diskutiert. Für Themen, die auf der Tagesordnung von bevorstehenden Sitzungen der Bezirksvertretung standen, also Themen, die die Bürger betreffen, war keine Zeit mehr da.

Da fragt man sich, warum man sich den ganzen Abend da hinsetzt.

BZMG: Lassen Sie uns zum Abschluss doch noch einmal darauf zurückkommen, wie es mit Ihnen politisch weitergehen wird. Herr Adelt, Herr Freyer ist da noch etwas zurückhaltend, können Sie etwas konkreter werden?

Adelt: Momentan noch nicht. Aber soviel vielleicht doch: Wenn wir nach unserer Meinung zu baulichen Themen, zu Stadt- und Verkehrsentwicklung und –planung gefragt werden, sagen wir sie gerne. Entscheiden müssen natürlich Politik und Verwaltung.

BZMG: Dürfen sich auch Parteien an Sie wenden?

Adelt: Aber natürlich.

BZMG: Also auch die SPD?

Freyer: Ja, auch unsere Ex-Genossen.

BZMG: Herr Adelt, Herr Freyer, vielen Dank für das offene Gespräch.

 

4 Kommentare (Öffnen | Schließen)

4 Kommentare Empfänger "Ehemalige Rheydter SPD-Bezirksvertreter Bernd Adelt und Norbert Freyer verlassen die SPD"

#1 Kommentar von Rendoerseg am 24. Mai 2014 00000005 18:48 140095731206Sat, 24 May 2014 18:48:32 +0000

Für mich sind es etwas wirre Gründe für einen Austritt.
Wenn man schon an die Öffentlichkeit tritt, muss man auch konkret werden.

#2 Kommentar von Brummbär am 24. Mai 2014 00000005 20:16 140096256908Sat, 24 May 2014 20:16:09 +0000

@ Rendoerseg

Wieso wirre Gründe? Wer sich in der Kommunalpolitik auskennt, weiß sehr genau, was hier gemeint ist.

Grade in Rheydt, wo drei SPD-Ortsvereine zu einem (RYO) zusammengelegt wurden. Nicht aus Kostengründen oder weil es praktischer wäre.

Da ging es nur drum Macht zu bündeln und einer Genossin namens Gersmann den Vorsitz eines nun „mächtigeren“ Ortsverbandes zu ermöglichen.

Raten Sie mal warum!

Vielleicht lesen Sie noch mal. In dem Interview steht einiges drin, das keine Empfehlung für eine Mitgliedschaft im SPD-RYO-Ortsverband ist.

#3 Kommentar von Rendoerseg am 25. Mai 2014 00000005 08:11 140100550208Sun, 25 May 2014 08:11:42 +0000

@ Brummbär

„Wer sich in der Kommunalpolitik auskennt, weiß sehr genau was hier gemeint ist.“

„Raten Sie mal warum?“

Wieder solch ein undurchsichtiges Gemuschel. Zumindest haben Sie schon einmal einen Hinweis auf diese Frau Gersmann gegeben. Was ich bisher hier in dieser Stadt gelernt habe, ist, dass diese Frau wohl das Liebchen des OB ist.

Was sie allerdings politisch so leistet, kenne ich nicht, gabe ich auch noch nirgendwo wahrnehmen können. Vielleicht spielt sie ja diese graue Eminenz und zieht im Hintergrund an der Strippe (meine nicht den OB damit).

Habe das Interwiev noch einmal gelesen und erkenne eigentlich nur, dass 2 Architekten sauer darüber sind, dass ihre Fachkompetenz in der SPD nicht gefragt ist.

#4 Kommentar von D. Pardon am 26. Mai 2014 00000005 19:43 140113341407Mon, 26 May 2014 19:43:34 +0000

Im Unterschied zu einem Bürger in einem Verein oder einer Initiative zeichnet Parteimitglieder oftmals eine ausdauernde Leidensfähigkeit aus.

Je nach Konstitution könnte man auch von Zähigkeit oder unerschütterlichem Optimismus auf bessere Zeiten sprechen – bis eben irgendwann das berühmte Maß voll ist (was hier der Fall zu sein scheint).

Solch eine Geschichte ist allerdings generell die Krux bei Parteien: Auf die eigenen Fachleute wird gehört, so lange sie ins Kalkül, ins Interesse derjenigen passen, die in einer Partei das Sagen haben.

Der Erfolg einer Partei liegt schließlich im Taktieren und Paktieren.

Fachwissen spielt im Gegensatz zu Bürgerinitiativen in Parteien eine eher untergeordnete Rolle (obwohl die meisten den vermeintlichen Fachleuten ihrer Partei und der Verwaltung glauben, was widersinnig zu sein scheint, aber tief menschlich ist, schließlich kann man nicht alle Aussagen anzweifeln oder auf Wahrheitsgehalt kontrollieren oder sich selbst zum Fachmann in allem weiterbilden – der Bürger wählt schließlich keine Fachleute, sondern Bürger, womit das Dilemma seinen Anfang nimmt).

Zurück bleiben in der Mehrheit stromlinienförmige Parteigänger, meist gut fürs Kleistern, selten Impulsgeber.

Was letztlich für Parteitage voller Harmonie und Begeisterung sorgt (Ausnahmen bestätigen die Regel).

Und manche Bürgerinitiative freut (und auf Dauer deren Erfolg ausmacht): Dort ist nämlich Fachwissen und Engagement in der Verfolgung eines gemeinsamen Ziels ungeachtet einer politischen Färbung höchst willkommen.