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Symptome der Macht – Teil XIV: Von Ahnungen, Vermutungen, Gewissheiten und Alleingängen [mit PDF]

logo-spd-neu-thbDa beklagen sich führende SPD-Funktionäre darüber, dass „Ihr Norbert“ und „Ihr Lothar“ ständig „schlecht gemacht“ würden – nicht öffentlich sondern immer „am Rande“ irgendwelcher Treffen und Veranstaltungen. Dabei müssten sie doch genau wissen, warum.

Sollte das nicht der Fall sein, könnte man ja auch mal in die eigene Partei und die eigene Fraktion hineinhören.

Dann würde man Vorwürfe zu „Alleingängen“ erfahren, Unzufriedenheiten in breiter Front wahrnehmen und den Druck vermittelt bekommen, dem sich einige ausgesetzt fühlen, im Rat  unbedingt für die Methangas-Anlage stimmen zu müssen und nichts gegen „die Beiden“ nach draußen verlauten lassen zu dürfen.

bzmg-P1070628 [1]Der Zeitpunkt, dass  so etwas auf Dauer nicht gut gehen könnte, war schon lange abzusehen, mindestens jedoch zu ahnen. Spätestens bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages am 04.11.2009 im Rathaus Abtei.

Damals, nach der Kommunalwahl schien es das Selbstverständlichste von der Welt zu sein, dass der Kooperationsvertrag auch vom alten und neuen Oberbürgermeister Bude mit unterzeichnet wurde.

bzmg-P1070654 [2]Es herrschte „eitel–Freude, Sonnenschein“ und niemand (fast niemand) hatte sich Gedanken darüber gemacht, welche Konsequenzen das haben könnte – zumindest nicht in den Parteiführungen von FDP und Grünen.

Mit Fortschreiten von Zeit und Kooperation hat sich die Situation auch für Außenstehende erkennbar verändert. Selbst – oder besser gesagt gerade Bürger bemerken diese Veränderungen.

Politiker sollten die Bürger nicht unterschätzen. Sie sind wie Seismographen und nehmen vermeintlich kleinere „Erschütterungen“ viel stärker wahr als diejenigen im Epizentrum.

Der Bürger an sich ist nämlich durchaus klever, gewitzt und mit feinem Gespühr für das, was unausgesprochen bleibt oder zwischen Zeilen steht.

Problematisch wird es, wenn der Bürger, infolge fehlender Geschlossenheit einer Partei in der Öffentlichkeit, zu ahnen beginnt, dass gar nichts mehr so zu sein scheint, wie es sein sollte.

So geschehen, als die Bundestagswahl anstand und OB Bude nicht als Wahlkämpfer für seinen Parteigenossen Hermann-Josef Krichel-Mäurer zu erkennen war. Erste Vermutungen drängten sich regelrecht auf, dass Bude offensichtlich lieber „sein eigenes Ding“ machen würde.

Ein ähnliches Bild zeigte sich im Landtagswahlkampf 2010. Auch hier wurde Bude nicht „in der ersten Reihe“ als Wahlkämpfer für seine Parteigenossen Angela Tillmann und Hans-Willi Körfges wahrgenommen. Erst als sich die Verluste der CDU auf Landesebene abzeichneten, war der OB wieder zur Stelle. Nun bestand immerhin die Chance zu glänzen und sich in den  Mittelpunkt zu stellen.

Häufig die Nähe der SPD-Parteivorsitzenden Hannelore Kraft suchend, nährte er durch seine Auftritte die Vermutungen, Abwanderungsgedanken in Richtung Düsseldorf zu haben. Weder parteiintern, noch in der Öffentlichkeit ließ Bude erkennen, dass diese Vermutungen falsch seien; Krafts Anrede „Mein liebster Oberbürgermeister“ bei einer SPD-Veranstaltung in der Jahn-Halle tat ihr übriges.

Im Nachhinein kann man diesen Ausspruch auch als Kraftschen Fingerzeig interpretieren: „Bleib lieber OB in Mönchengladbach und mache Dir keine falschen Hoffnungen …“

Karrieredenken wurde ihm unterstellt und auch sein „Kein Kommentar“ auf eine Journalistenfrage nach einer eventuellen Abwanderung in die Landespolitik, verunsicherten die eigenen Parteimitglieder und die Ampel-Kooperationspartner.

Auch die Bürger, die Bude bewusst gewählt hatten, fragten sich, warum er nicht klar Position bezog, sondern vielmehr „abzutauchen“ schien.

Mehr und mehr wurde für manche zur Gewissheit, dass es ihm durch mehr oder weniger geschicktes Taktieren nur um sein eigenes  „Fort-Kommen“ zu gehen schien. Spätestens als dann der „Ruf aus Düsseldorf“ ausblieb, hätte man vermuten – ja erwarten – können, dass Bude nun endlich seinen sicherlich nicht schlecht bezahlten Job als Verwaltungschef mit Elan angegangen wäre.

Die im Kommunalwahlkampf den Bürgern versprochene Transparenz anstelle eines „Weiter wie bisher“ sucht man vergebens.

Stattdessen schien das Taktieren weiterzugehen. Ohne erkennbare Abstimmung mit „seinen“ Kooperationspartnern in der Ampel (SPD, FDP und B90/Die Grünen) tauchte eine 2,5 Mio. EURO teure Bustrasse für den Borussiapark im Haushalt auf, die Bude dem Borussenpräsidenten König zugesagt haben soll.

Das erinnert stark an Bude’s „Geheimverhandlungen“ mit ECE im Zusammenhang mit dem HDZ an der Hindenburgstraße [3]. Deren Mammut-Zentrum konnte nur durch aufmerksame Politiker verhindert werden, woraufhin erst die bekannte europaweite Ausschreibung zustande kam, aus der schlussendlich MFI mit einer tolerierbaren Größe als Gewinner hervorging.

Dass Bude Mitglied in der Stiftung „Lebendige Stadt“ ist, [4] wäre normalerweise nicht erwähnenswert, würde diese Stiftung nicht aus dem Umfeld des 1965 von Werner Otto (Otto-Versand) gegründeten Unternehmens ECE stammen. [5]

Scheinbar ohne sich Gedanken darüber gemacht zu haben, ob seine Verwaltung die Arbeiten zu leisten in der Lage wäre, stielte Bude quasi im „Alleingang“ über die WFMG das Projekt „Tante Ju“ ein, für das die Stadt Fördermittel in Höhe von rund 4 Mio. EURO aus dem NRW-EU-Programm “Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung 2007-2013″ (EFRE) zur Verfügung bekommen könnte.

Als dann diese Mittelzusage kam, waren alle Protagonisten hocherfreut und klopften sich selbst begeistert und gegenseitig auf die Schultern.

Ob und wie dieses Projekt jemals umgesetzt werden kann, ist nicht absehbar. Absehbar ist aber, dass die Fördermittel nicht abgerufen werden können, wenn der Verwaltungschef nicht handelt.

Seitdem ist nicht zu erahnen, ob es jemals zu einer Realisierung kommen wird, weil nur die Kommune diese Fördermittel „vereinnahmen“ kann und dazu ein geeignetes Areal zur Verfügung zu stellen hat, das sie im Moment noch nicht besitzt.

Stattdessen wird der OB fast nur in den Medien, im Brauchtum, – am liebsten hoch zu Ross -, bei irgendwelchen Eröffnungen, mit irgendwelchen Schlüsseln oder vergrößerten Scheck, bei Vorbereitungen zur Frauen-Fußball-WM usw. usw. gesichtet; immer schön vor laufenden Kameras oder blitzenden Fotoapparaten.

Nun könnte man vermuten, dies sei vornehmlichste Aufgabe eines Oberbürgermeisters.

Könnte man.

Wenn da nicht die vielen „Baustellen“ in unserer Stadt wären, die konsequentes und zukunftsweisendes Handeln eines Verwaltungschefs erfordern.

Energisches, verantwortungsbewusstes, zupackendes Handeln des Verwaltungschefs? Fehlanzeige!

An dieser Stelle wünscht man sich die Zeiten zurück, als es noch einen Oberstadtdirektor gab, der sich als Verwaltungschef ausschließlich um die wichtigen Probleme der Stadt und ihrer Bürger zu kümmern hatte, (fast) frei von Repräsentationsauftritten.

Unweigerlich gelangt man so wieder in die „Niederungen“ der Mönchengladbacher Kommunalpolitik. Wenn es beispielsweise darum geht, ob der aktuelle Standort des Polizeipräsidiums ausreicht oder ob unbedingt ein neuer Standort her musste; zu welchem Preis und durch welche politische, persönlichen und wirtschaftlichen Einflussnahmen aus einer Zeit, die erklärtermaßen der Vergangenheit angehören sollte.

Dann ist der Weg auch nicht mehr weit zur zunächst undurchsichtigen Rolle von OB Bude in Sachen „Methangas-Anlage Wanlo“.

Seine im Kommunalwahlkampf gerne zur Schau gestellte Bürgernähe und propagierte Transparenz: Fehlanzeige.

Nicht ein einziges Mal  hat er sich die Mühe gemacht, persönlich mit den Wanloern zu sprechen. Unangenehmen Dingen, wie diesen, schien er auch hier gerne aus dem Weg zu gehen.

Ganz anders vor der Kommunalwahl, als er sich gemeinsam mit seiner Partei medienwirksam gegen das CDU-Konzept „Giesenkirchen 2015“ aussprach, den vermeintlich möglichen Politikwechsel und einen persönlichen Wahlerfolg in der Stadt klar im Blick.

Bei der Methangas-Anlage überließ er den unangenehmen – weil möglicherweise nicht in sein persönlich-taktisches Kalkül passenden – Part gerne seinem Parteifreund Lothar Beine. Und fast wäre Bude auch aus dieser Sache ohne nachhaltigen „Imageschaden“ herausgekommen.

Da half es auch nicht, dass die „schwarze Presse“ ihn in dieser Sache nicht so aufs Korn nahm, wie sie das bei anderen Gelegenheiten gerne getan hatte.

Als hätten die Bürger dieses Spiel nicht längs durchschaut, gab er sich, als ob ihn diese Angelegenheit rein gar nichts anginge. Bis, ja bis es in seiner Partei und in der Ampel-Kooperation zu brodeln begann, weil engagierte Bürger zeigten, welche Kompetenz und Energie in ihnen steckt.

Sein „Comming-Out“ zur Methangas-Anlage hatte Bude dann, als er allen klar zu machen versuchte, dass er die Entscheidung am 23.02.2011 für dieses umstrittene Projekt „auf Biegen und Brechen“ herbeizuführen gedenke, und seien dazu Sondersitzungen aller einzubindenden politischen Gremien notwendig; koste es, was es wolle.

Vorwürfe, dass schon bei der Gesellschaftsgründung nicht alles sauber gelaufen sei, tat er ohne weitere öffentliche Erläuterung ab.

Dass er (über Lothar Beine?) den Ampel-Partnern mit Auflösung der Gestaltungsmehrheit gedroht haben soll, ist noch eine Vermutung. Bei der Frage zum neuen Standort für das Polizeipräsidium scheint das schon eher Gewissheit zu sein.

Wenn jemand mit der „Basta-Faust“ auf den Tisch haut, ist das in der Regel kein Zeichen von Souveränität, eher ein Indiz für Schwäche in der Argumentation und meist mit einer Drohung verbunden.

Sollte es im Zusammenhang mit der Methangas-Anlage so gekommen sein, müsste man sich fragen, welche Drohung dahinter gesteckt haben könnte. Etwa, dass Bude als OB zurücktritt? Oder dass er als „Mit-Unterzeichner“ des Kooperationsvertrages diesen aufkündigen würde?

bzmg-P10706451 [6]Und damit sind wir wieder bei der Frage, warum Bude den Ampel-Vertrag mit unterzeichnet hat.

Nach dem tieferen Sinn dieser „Aktion“ vom 04.11.2009 befragte führende „Ampel-Politiker“ schauten nicht nur erstaunt, sondern ausgesprochen nachdenklich.

Die Antworten reichten von „Das weiß ich auch nicht.“ über „Darüber haben wir uns damals keine Gedanken gemacht, das war halt so besprochen.“ bis „Wenn Sie das jetzt so sagen…“

Niemand konnte sagen, warum und in welcher Funktion Bude mit unterschrieben hatte, ob als Verwaltungschef oder als politisches „Oberhaupt“ der Stadt.

Alle bestätigten jedoch, dass es undenkbar gewesen sei, dass – im Falle eines Falles – ein CDU-Oberbürgermeister diesen Vertrag hätte mit unterzeichnen dürfen.

Warum also Bude? Als Verwaltungschef oder als politisches „Oberhaupt“ der Stadt?

Fakt ist jedenfalls, dass die Gestaltungsmehrheit damit nicht aus drei, sondern aus vier Partnern besteht, wovon ein Partner nur eine Person ist: ein Vertrag, vier Unterschriften, vier Partner.

So kann man vermuten, dass alle vier Partner dann wohl auch immer an einem Tisch sitzen, zumindest, wenn es um „wichtige“ Angelegenheiten geht – im Extremfall sogar um das Fortbestehen „Ampel“.

Die Regeln der Kooperationsvereinbarungen sind auf „Konsens“ angelegt. Das ist vom Grundsatz her zu begrüßen.

„Die drei Fraktionen vereinbaren, auf allen Ebenen ihre gemeinsamen konzeptionellen wie strategischen Absprachen mit Mitgliedern der Verwaltung nur nach vorheriger Ankündigung und im Beisein der Kooperationspartner zu treffen“, heißt es darin.

Wer jedoch sind die „Mitglieder der Verwaltung“? In erster Linie doch wohl der OB als Verwaltungschef.

In Sachen Methangas-Anlage wurden „strategische“ Absprachen wohl in erster Linie zwischen Bude und Beine einerseits und dem NVV-Vorstand andererseits getroffen. Nicht anders ist zu erklären, warum gerade Beine und später auch Bude sich als so vehemente Verfechter darstellten.

Auch an dieser Stelle drängen sich Fragen nach der wirklichen Motivation des OB und seinem  Einfluss, gar Macht innerhalb der „4er-Ampel“ auf. Aber auch, ob er die „K-Frage“ (= „Kooperationsfrage“) stellen kann, schon gestellt hat, oder sie stellen wird, wenn ihm Vorgänge innerhalb der Kooperation nicht „in den Kram passen“, und wie seine sich redlich abmühenden Genossen angesichts seiner persönlichen Ambitionen ihn (nun mit anderen Augen?) sehen.

Natürlich stellt sich auch die – wenn auch momentan eher rhetorische – Frage, wie die Ampel-Kooperation bei einem CDU-Oberbürgermeister agiert hätte.

Und dann wieder die nicht-rhetorische Frage, was dahinter steckt, dass ein OB (= Verwaltungschef) einen Kooperationsvertrag mit unterschreibt, obwohl es Aufgabe aller von den Bürgern gewählten Politiker (= Bürgervertreter) ist, ihm Aufträge zu erteilen und ihn und seine Verwaltung zu kontrollieren.

Alles in Allem hat sich mit Bezug auf OB Bude (bisher) gegenüber seiner vorangegangenen Amtszeit lediglich geändert, dass er nun nicht mehr sagen kann, dass er als Verwaltungschef gegen die politische Mehrheit (damals CDU/FDP) nichts ausrichten könne.

Denn für die Bürger, die bei der Kommunalwahl für ein „Nicht weiter so!“ votiert hatten, stellt sich die aktuelle Entwicklung als „Weiter so!“ dar. In ihren Augen hat ein „Politikwechsel“ nicht wirklich stattgefunden.

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3 Kommentare (Öffnen | Schließen)

3 Kommentare Empfänger "Symptome der Macht – Teil XIV: Von Ahnungen, Vermutungen, Gewissheiten und Alleingängen [mit PDF]"

#1 Kommentar von Halling am 4. Februar 2011 00000002 16:31 129683711104Fri, 04 Feb 2011 16:31:51 +0000

Hallo zusammen.

Wenn ich das so lese wird mir komisch. Ich bin auch einer von denen die Bude gewählt haben. Enttäuscht bin ich auch. Also bin ich nicht allein mit meinem Frust.

Wie nennt man das was wir hier haben dann eigentlich? Bude-Ampel oder BAmpel? Ist Bude noch rot oder schon schwarz? Ich sehe da schon ziemlich schwarz. Geht auch SchwAmpel?

Wer sagt dem Mann endlich mal wos lang geht?

Der soll endlich tun wofür wir ihn gewählt haben. Aber als Sozi. Das ist seine Partei. Vielleicht hat er das vergessen.

#2 Kommentar von Rettisch am 5. Februar 2011 00000002 01:04 129686788801Sat, 05 Feb 2011 01:04:48 +0000

Interessant. So ist es. Funktioniert doch prima für den OB. Dienern alle um ihn herum brav. Nicht zu vergessen Kriecher-Mäurer. Bei so nem Personal kann der sich alles erlauben. Narrenfreiheit nennt man so was.

#3 Kommentar von Mine am 5. Februar 2011 00000002 18:37 129693106606Sat, 05 Feb 2011 18:37:46 +0000

Und Herr Krichel-Mäurer kritisiert, dass die Verteilung eines Positionspapiers durch Grüne Politiker „kein Umgang unter Ampelpartnern sei?“
zu lesen hier: [8]

Die SPD hat doch untereinander selbst schon keinen guten Umgang, wenn man das so liest.

Bude: abgehoben.