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Rockfestival und Erstaufnahmestelle im JHQ: Passt es zusammen, weil es unbedingt zusammen passen muss?

[1]Viel wurde in den letzten Wochen über Miete oder Kauf des JHQ-Areals gesprochen und geschrieben und medial verbreitet. Unstrittig ist, dass die Stadt Mönchengladbach von einem Festival allenfalls einen Image-Vorteil hat, wie schon Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners am 09.07.2014 in einem Interview in der Lokalzeit Düsseldorf bestätigte.

Er bestätigte indirekt aber auch, dass wirtschaftliche Vorteile für die Stadt nicht zu erwarten seien: http://www.bz-mg.de/specials/themenreihe-jhq/rock-im-jhq-nur-des-images-wegen-%E2%80%A2-bis-zu-20-stadtsche-mitarbeiter-mit-planungen-beschaftigt-mit-video-link.html [2]

Über die vermeintlichen Vorteile, die ein Festival im JHQ der Stadt bringen würde schossen die Spekulationen ins Kraut, und (nicht nur) so mancher Kommunalpolitiker sah Mönchengladbach schon als neues Mekka der „Rock am Ring“-Anhänger und dieses Event als Auslöser für ähnliche Großveranstaltungen.

Diese Euphorie erlitt spätestens bei der Pressekonferenz mit „RaR-Godfather“, Marek Lieberberg, einen kräftigen Dämpfer, als dieser vollkommen entspannt zum Besten gab, dass er niemals vorhatte das Großereignis „Rock am Ring“ nach Mönchengladbach zu verlegen, und es auch niemals bei allen Verhandlungen um dieses ging: http://www.bz-mg.de/stadtbezirk-west/rheindahlen-broich-peel/rock-am-ring-im-jhq-wunschtraum-einiger-monchengladbacher-%e2%80%a2-marek-lieberberg-stellt-klar-mit-o-ton.html [3]

Aber, wie das so ist, nach einem ausgefallenen Rocktraum ist vor dem nächsten. Denn Lieberberg machte den GroKo-Akteuren Hoffnung auf ein anderes, neues Festival am selben Ort.

Allerdings mit dem Haken, dass es sich auch um ein deutlich kleineres Event handeln würde. Wobei Spielraum auf der nach oben offenen Hoffnungsskala bestehen könnte.

Der Erfolg einer neuen Veranstaltung, welchen Genres auch immer, kann eben auch von einem Marek Lieberberg nicht verbindlich zugesagt werden.

Ein um die Hälfte kleineres Festival mit 30 – 40.000 Besuchern (so die Hoffnung) würde allerdings auch bedeuten: weniger Einnahmen für den Veranstalter Lieberberg (inklusive Risiko einer Neuunternehmung) und demzufolge eine neue, wirtschaftliche Abwägung der Kosten, die für die Anmietung geeigneter Flächen im und um das Ex-JHQ-Gelände entstehen.

Soweit so gut oder ungut. Unbestritten dürfte Lieberbergs Erklärung einiges an Ernüchterung ausgelöst haben. Aber, da die Hoffnung, insbesondere derer, die Mönchengladbach schon als neues Rockfestival-Zentrum sahen, zuletzt stirbt, geht es voller Enthusiasmus und ungebrochenem (Zweck-) Optimismus mit Volldampf weiter.

Damit Lieberberg nächstes Jahr im JHQ tatsächlich ein neues Festival präsentieren kann, müssen Entscheidungen fallen, die für diese Stadt bedrohliche Dimensionen zur Folge haben können.

Das Dilemma ist, dass überwiegend mit vagen Zahlen und diversen Unwägbarkeiten operiert wird.

In solchen Situationen ist es interessant zu erleben, welche Kreativität solcher (Planungs-)Stress erzeugen kann. Vor allem, wenn unbedingt Image-Träume realisiert werden sollen.

Ausgaben sollten bekanntlich Einnahmen gegenüber stehen. Idealerweise sollten sie die Kosten decken und am Ende eine mindestens schwarze Null, besser ein Überschuss stehen.

An dieser Stelle wird es auch bei den aktuellen Träumen diverser Protagonisten bei den Miet- oder Kaufabwägungen des JHQ-Geländes interessant.

Man erinnert sich nun reflexartig einer Planung, die einige Zeit lang von Teilen der Politik nicht besonders engagiert verfolgt wurde, da es sich mehr um Einspareffekte bei Neubauten für die Unterbringung von Asylbewerbern handelte.

Nun, da es um 620.000 Euro Landesmittel geht, die ein wichtiges Teilchen im Finanzierungs-Puzzle, als nachhaltige Einnahmequelle und Konstante darstellen würden, erhält die Einrichtung urplötzlich einen höheren Stellenwert.

Plötzlich steht die Erstaufnahmestelle für Asylsuchende und Flüchtlinge, die seit Anfang 2013 im Gespräch ist, im Fokus. Sie soll die Flüchtlingssituation in Mönchengladbach entspannen und nun schnellstmöglich im JHQ eingerichtet werden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Felix Heinrichs berichtete auf dem SPD-Unterbezirksparteitag am 13.09.2014: „Und es gibt noch was anderes. Das Gespräch, das wir letzte Woche geführt haben – und sind damit direkt beim nächsten Thema, beim Innenminister, ging nicht darum, ob Rock am Ring stattfinden kann.

Bei dem Gespräch mit dem Innenminister ging es darum, die Flüchtlingsproblematik, die wir in ganz Nordrhein-Westfalen haben, und die wir auch in Mönchengladbach haben, jetzt endlich zu lösen.“ (Zitat Ende)

Klar. Selbstverständlich hat das Eine mit dem Anderen rein gar nichts zu tun.

Zumindest bemühte sich Heinrichs seinen Genossen dies so darzustellen.

Er führte weiter aus: Diese Chance prüfen wir zur Zeit.

Und wenn das Ergebnis ist, dass wir es hinbekommen können, kurzfristig, nicht erst Ende nächsten Jahres, eine Lösung herbei zu führen als Stadt, dann nutzt das der Stadt, das nutzt aber vor allen Dingen den Menschen, die auf der Flucht sind, die vertrieben worden sind, die unter Terror und Krieg in ihrem Heimatland leben.

Das ist ein Wert an sich, liebe Genossinnen und Genossen, und es darf nicht der Zungenschlag rein kommen, dass wir das gegeneinander aufrechnen, und dass es nur um ein Festival geht an der Stelle.“ (Zitat Ende)

In der Tat, es sollte keinesfalls dieser „Zungenschlag rein kommen“, dass gegeneinander aufgerechnet wird.

Wie will Heinrichs verhindern, dass genau dies geschieht? Zu deutlich liegen die Zusammenhänge offen.

Selbstverständlich geht es an dieser Stelle vor allem um ein Festival, das damals noch vermeintlich, wie Heinrichs es auch nannte, eindeutig „Rock am Ring“ war und für das viel Geld in die Hand genommen werden muss, so die Stadt als Mieter/Pächter oder gar Eigentümer agieren will.

Es dürfte für jeden ersichtlich sein, der einigermaßen 1 und 1 addieren und schlussfolgern kann, dass es um ein Einnahmeproblem geht, das die Stadt hat, wenn sie sich das ehemalige JHQ-Areal, auf welcher Basis auch immer, „leisten“ will.

Jeder, dem ein solch riesiges Areal für einen lediglich symbolischen Euro angeboten wird, weiß oder ahnt zumindest, dass es sich nicht um ein Schnäppchen handelt, sondern sehr schnell die Gefahr bestehen dürfte, sich finanziell zu übernehmen.

Ausnahme: es gibt bereits potente Interessenten, die als Mieter oder Käufer mit erfolgreichen Geschäftsmodellen die eine gewinnbringende, sichere Option darstellen.

Insbesondere sollte man hellhörig werden, wenn Fachleute mit entsprechender, jahrzehntelanger Erfahrung und Qualifikation bei der Vermarktung von Konversionsflächen, wie die der BImA, die die Fallstricke solcher Immobilien bestens kennen, ein Angebot sozusagen zum Nulltarif unterbreiten.

Es muss zu denken geben, dass sich die BImA dieses vermeintlich gute Geschäft mit Lieberberg offensichtlich gerne entgehen lässt.

Anders ist nicht zu erklären, dass die BImA deutlich machte, warum sie mit Lieberberg nicht mehr verhandeln werde.

Dies vor allem nach ihrer Aussage dass sich in unmittelbarere Nähe des Festivalgeländes die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende und Flüchtlinge befinden würde.

Ex-OB Bude (SPD) hatte im vergangenen Jahr hinsichtlich der Erstaufnahmeeinrichtung noch erklärt: „Ob es dazu kommt, hängt jetzt zunächst von einer technischen Machbarkeitsstudie ab, mit der die landeseigene Entwicklungsgesellschaft NRW Urban derzeit durch das Land beauftragt ist, und deren Ergebnis wir schnellstmöglich erwarten“. (Zitat Ende)

Seine Pressemitteilung, in der er sich, neben den Vorteilen, die eine solche Einrichtung der Stadt bietet, auch zu unserer „gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für diese Menschen“ äußerte, ist hiern nachzulesen: http://www.moenchengladbach.de/index.php?id=526&user_wfp2pressenewsdetails_pi1%5Bnews_id%5D=12087&cHash=02e87931efb69d93298b7221384e599a [4]

Außerdem erklärte er: „Ich bin durch die Landesregierung in die Gespräche eingebunden, wie die Errichtung der Landesstelle für Mönchengladbach verträglich gelöst werden kann.

Dabei ist auch wichtig, dass alle derzeit diskutierten Ideen für eine Nachfolgenutzung durch eine solche Anlaufstelle nicht behindert werden“. (Zitat Ende)

Mit Blick auf erste Ideen (mögliches Festivalgelände und Nutzung regenerativer Energien) gab Bude damit ganz klar zu verstehen, wo der Schwerpunkt für ihn nicht lag, nämlich bei einer Erstaufnahmeeinrichtung.

Ähnlich war Budes weiter gehende Äußerung, notfalls die Asyleinrichtung zur Disposition zu stellen.

Wie dem auch sei, auffällig und interessant ist, wie wichtig die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber nun plötzlich wieder wurde.

Interessant wäre auch zu erfahren, ob bei der Machbarkeitsstudie, die durch NRW Urban erstellt wurde oder wird, berücksichtigt wurde, dass in nur 300 Metern Entfernung der Erstaufnahmeeinrichtung mindestens einmal im Jahr gerockt werden soll und vor allem, ob man der Meinung ist, dass dies gerade Asylsuchenden und Flüchtlingen, von denen viele eine intensive medizinische und psychologische Betreuung auf Grund traumatischer Erlebnisse benötigen, zuzumuten ist.

[5]Aus humanitärer Sicht ist es unmöglich diese „Kombination“ auch nur ansatzweise nachzuvollziehen, selbst mit „mobilem“ Schallschutz, der in Form von gestapelten Seecontainern hergestellt werden soll.

Wer kann wirklich ernsthaft behaupten und glaubhaft versichern, dass etwas Derartiges zumutbar ist?

Steht wirklich nur der Aspekt im Vordergrund, dass Menschen in Not geholfen werden soll oder ist es nicht doch vor allem die Summe von 620.000 Euro, die eine solche Einrichtung „bringen“ wird und sehr wohl zur Gegenfinanzierung dringend benötigt wird?

Statt Menschen in Not eine Festivalfinanzierung in Not?

Wie erklärte doch Heinrichs in seiner, schon zitierten Rede hinsichtlich der Erstaufnahmeeinrichtung: „… Das ist ein Wert an sich, liebe Genossinnen und Genossen, und es darf nicht der Zungenschlag rein kommen, dass wir das gegeneinander aufrechnen, und dass es nur um ein Festival geht an der Stelle.

Bei aller Euphorie, uns geht es auch darum, dass wir das Thema „Flüchtlinge“ an dieser Stelle gut und zufriedenstellend und schnell gelöst bekommen.“ (Zitat Ende)

Richtig: Es geht nur um Menschen.

Es geht (natürlich) keinesfalls um die finanzielle Absicherung eines Festivals, und es geht erst recht nicht darum „das gegeneinander aufzurechnen“ … oder etwa doch?

Natürlich geht es darum, denn ohne diese Landesmittel wird es für diese Stadt teuer, sehr teuer, ja unmöglich, sich das Ex-JHQ-Gelände zu „leisten“!

1 Kommentar (Öffnen | Schließen)

1 Kommentar Empfänger "Rockfestival und Erstaufnahmestelle im JHQ: Passt es zusammen, weil es unbedingt zusammen passen muss?"

#1 Kommentar von M. Angenendt am 1. Oktober 2014 00000010 09:25 141215554309Wed, 01 Oct 2014 09:25:43 +0000

Rockfestival und Erstaufnahmeeinrichtung?

Passt gar nicht!

Geht gar nicht!

Ist unverschämt und menschenverachtend!

„Menschenhandel“ der besonderen Art. Land gibt Geld für Unterbringung von Menschen in Not.

Stadt braucht es, um Trallala und eine Riesensause, so ne Art Ringelpiez mit anfassen für Leute zu finanzieren, die mal ein verlängertes Wochenende abrocken und so richtig die Sau raus lassen wollen.

Weil ohne die Knete vom Land kommt kein Geld für das JHQ rein. Also könnte sich unsere Pleitestadt das nicht leisten!

Wie das bei so einem Festival abgeht kann jeder im Internet sehen oder kennt jemand, der sowas schon mal erlebt hat. Wer behauptet, dass das nicht so ist (höflich: seeehr gewöhnungsbedürftig und speziell), kann gern den Gegenbeweis antreten. Hab das mal einen Tag erlebt. Mir hat das für immer gereicht.

Um was es wirklich geht ist in vielen Foren zu lesen (mit Liste, was man fürs Dixi-Klo -das ist auf solchen Festivals wirklich super ekelhaft!- und Camping braucht – Duschzeug ist da nicht so wichtig, ist sowieso schwierig und duschen erst wieder zu Hause angesagt– wüüüürrrg!).

Sind sicher nicht alle so drauf, aber zu viele und 24 Stunden Lärm bleibt Lärm!

Wer‘s mag, bitte! Gerne jedem das Seine und Profit für Lieberberg. Die Stadt kriegt nix außer Image. Toll!

ABER: nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Erstaufnahmeeinrichtung mit Asylanten und Flüchtlingen!

Wie unterirdisch abartig und würdelos ist nur die Idee!! WER kommt auf sowas!