Klage gegen Abfallgebühren • Teil VIII: Verwaltung glaubt offensichtlich an Kostenneutralität der „Sauberkeits­kampagne“ der GroKo, bleibt aber den Nachweis schuldig • Einfache Frage im Bauausschuss bislang unbeantwortet • Auch Straßenreinigungsgebühren erhöht statt reduziert

Bernhard Wilms [ - Uhr]

[29.09.2015] Sie lagen immer schon im Nebel, die Grundlagen der Abfallgebühren in Mönchengladbach.

Haupt-Kostenverursacher war und ist die GEM, die als GmbH – anders als bei Kommunen, in denen die Abfallentsorgung vollständig in „kommunaler Regie“ durchgeführt wird – ihre Kosten und Erträge nicht öffentlich und für jedermann transparent zugänglich nachweisen muss.

In ihrer Klage gegen den Abfallgebührenbescheid 2015 hatte die klagende Eigentümergemeinschaft Anfang des Jahres u.a. bemängelt, dass die Verwaltung nicht nachgewiesen habe, dass die zu Unrecht erhobenen Gebühren nicht auch durch „interne Maßnahmen“ hätten vermieden werden können.

Diesen Nachweis blieb die Stadt auch im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf schuldig, weil sie bekanntermaßen dem  Klagebegehren der Eigentümergemeinschaft entsprochen und gleichzeitig sämtliche Verfahrenskosten übernommen hat, wie dem Beschluss der 17. Kammer des  Verwaltungsgerichts vom 01.09.2015 zu entnehmen ist, der unserer Zeitung vorliegt.

Hintergrund war die Vermutung der Klägerin, dass GEM, Verwaltung und GroKo nach dem Motto agiert hätten, dass die zur „Sauberkeitskampagne“ gehörenden Maßnahmen den städtischen Haushalt nicht belasten, weil sie „ja doch vom Gebührenzahler zu tragen sind“.

In der Sitzung des Planungs- und Bauausschusses am 02.06.2015 kam dann die Bestätigung:

Niemand hat die finanziellen Auswirkungen der CDU-Initiative geprüft!

Nachdem in den TOP 9 und 10 Sachstandsberichten zum „Kompetenzzentrum Sauberkeit“ und zur Tätigkeit der so gennannten „Arbeitsgruppe Maßnahmen im Projekt Saubere Stadt“ behandelt wurden, war es eine einfache Frage des FDP-Vertreters im Bauausschuss, Jochen Potz, bei der der Vertreter der Verwaltung – vermutlich der Projektleiter – in Erklärungsnot geriet.

Potz hatte gefragt, ob schon jemand verglichen habe, welche Kosten unter dem Thema „Sauberkeit“ bislang anfallen und diese in Relation zu dem gesetzt hat, was nunmehr unter „Sauberkeitszentrum“ geplant sei.

Ausschussvorsitzender Horst-Peter Vennen (SPD) erklärte, dass er das auch gerne wissen möchte und fragte in Richtung Verwaltung, ob dies schon einmal ermittelt worden sei.

Die Antwort war: „Nein, wurde noch nicht ermittelt, man geht aber davon aus, dass das kostenneutral sein würde.“

Selbstverständlich würde man eine solche Gegenüberstellung natürlich noch gerne erstellen.

Ob der Verwaltungsmitarbeiter oder der ebenfalls in der Funktion als Baudezernent anwesende Hauptverwaltungsbeamte Hans Wilhelm Reiners (CDU) den ergänzenden Hinweis Vennens, die Verwaltung möge eine solche Gegenüberstellung erstellen, als Auftrag eingestuft hat, war nicht zu erkennen.

Reiners selbst äußerte sich dazu nicht.

Wohl mit Bedacht, denn er wäre möglicherweise ebenfalls in Erklärungsnot gekommen, weil er dann die Frage hätte beantworten müssen, warum die Verwaltung eine solche Gegenüberstellung bislang (bewusst?) vermieden hat.

Bemerkenswert ist aber auch, dass Ausschussvorsitzender Vennen eine solche Gegenüberstellung wünscht, obwohl er als stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender diesen Wunsch schon innerhalb der GroKo hätte äußern können.

Aber vielleicht wollte man in der GroKo von einer Kostengegenüberstellung gar nichts wissen und sie auch intern totschweigen, weil eine solche Ergebnisse zutage gebracht hätte, die ihr „Sauberkeitskonzept“ unter finanziellen Gesichtspunkten ins Wanken gebracht hätte.

Vielleicht haben sich (zumindest) die SPD-Fraktionsmitglieder von der vollmundigen Ankündigung ihres Fraktionssprechers Felix Heinrichs blenden lassen:

Felix Heinrichs: „Müllgebühren werden drastisch sinken – Entlastung der Bürger ab 2015“

Dass den Bürgern unberechtigterweise Gebührenreduzierungen von „gut 1,9 Millionen Euro“ vorenthalten wurden, umschrieb Heinrichs mit „Steigerung der Sauberkeit“ und Verbesserung der Qualität des Stadtbildes“.

 

Ob es nun bei dem „wir gehen davon aus, dass das Konzept kostenneutral ist“ des Verwaltungsmitarbeiters bleibt, wird man möglicherweise bald sehen.

An dieser Stelle ist es angebracht die Floskel „… wir gehen davon aus …“, in ihrer Bedeutung einmal näher zu betrachten. Dazu greifen wir gerne einmal darauf zurück, was Kommentator „Flintstone“ am 14.12.2010 (!) um 18:54 Uhr in einem anderen Zusammenhang schrieb:

„Wenn jemand erklärt, er gehe von einem bestimmten Sachverhalt aus, dann will er glauben machen, da werde ein Punkt markiert, ein Kurs abgesteckt, die Wahrheit gesagt und zwar von jemandem, der Boden unter den Füßen hat und weiß, wohin er will und wovon er redet.

In Wirklichkeit ist das nichts anderes als eine Flucht ins Unverbindliche!

Es ist eine Redensart, wie viele andere: nichtssagend und vielsagend. Man gebraucht sie gedankenlos, aber nicht ohne Not.

Mal ist es die Not, etwas sagen zu wollen, ohne etwas sagen zu können. Mal ist es die Not, etwas sagen zu müssen, ohne etwas sagen zu wollen.

Indem sie solcher Not Ausdruck geben, werden Redensarten unbewusst signifikant.

Statt dessen könnte man natürlich auch etwas „erwarten“, „feststellen“, „vermuten“, „mit etwas rechnen“, „etwas verlangen“, „zur Bedingung machen“, „befürchten“ oder „erhoffen“.

Das jedoch wäre eine Aussage, auf die man festgelegt werden könnte.

„Ich gehe davon aus“ suggeriert etwas mit großer Entschiedenheit zu sagen, weil es das Entscheidende eben nicht sagt, nämlich wer mit welchem Interesse und welcher Macht dasjenige betreibt oder hintertreibt, wovon da ausgegangen wird.“ (Zitat Ende)

„Kostenneutralität“?

Wenn sich die Verwaltung sicher wäre, dass die Maßnahmen „kostenneutral“ sind, hätte sie dies gesagt, und auch belegt.

Dass das „Sauberkeitskonzept“ für die Gebührenzahler NICHT kostenneutral ist, belegen die fast 2 Millionen EURO, die ihnen über die Abfallgebühren für 2015 unrechtmäßig in Rechnung gestellt wurden.

Sollte der Verwaltungsmitarbeiter „kostenneutral“ für den städtischen Haushalt gemeint haben, so ist dies auch nicht bewiesen.

Was „kostenneutral“ für die GEM bedeutet,  kann dank der Aussage  der GEM-Geschäftsführerin Gabriele Teufel vermutet werden, die  in einer anderen Sitzung des Bauausschusses zum Thema Kosten sogar erklärte: „… das zahlt doch sowieso der Gebührenzahler …“.

Es drängt sich die Frage auf, warum diese höchst eigenwillige Interpretation von Frau Teufel, im Hinblick auf Kostenbewusstsein, bereits seit Jahren von der Politik kritik- und klaglos toleriert wird.

 

Im Fall von „Sauberkeitskonzept“ und „Kompetenzzentrum Sauberkeit“ wurde von GEM, Verwaltung und GroKo nicht nur danach gehandelt, dass die Gebührenzahler sowieso klaglos alles berappen, sondern auch mit der Erwartung, dass die Bürger diese Kosten schon „schlucken“.

Dass die Bürger den Gebührenbescheid 2015 weniger kritisch betrachten liegt vor allem daran, dass dieser mit einer Senkung aufwarten konnte.

Für ein 35-l-Müllgefäß reduzierte sich die Gebühr beispielsweise von 256,32 auf 212,89 Euro, was rund 17% entspricht.

Ob dieser frohen Kunde dachte kaum ein Bürger daran, dass er ohne die „Sauberkeitskampagne“ der CDU noch weniger hätte zahlen müssen, denn darüber wird zielgerichtet geschwiegen.

 

Exkurs zu den „Straßenreinigungsgebühren“

„Die Straßenreinigungsgebühr je Frontmeter verringert sich unter den gleichen Voraussetzungen wie bei den Abfallgebühren von derzeit 7,27 Euro pro Meter auf 6,63 Euro pro Meter.“ (Zitat Ende)

Das war die Verlautbarung der Stadt am 06.03.2014, die heute noch auf der Homepage zu lesen ist.

Bürger sparen bei Abfallgebühren erheblich • Vertrag mit neuem Entsorger führt bei Abfall und Straßenreinigung zu Entlastungen von 75 Euro im Jahr

Die Realität jedoch sieht anderes aus:

Statt der angekündigten Reduzierung um 8,80% kam es zu einer Erhöhung um 4,00%.

Es wurde also nicht aus der in derselben Verlautbarung vorgerechneten Einsparung von -9,60 EURO für ein 15 Meter breites Grundstück: „Somit ergibt sich für ein Grundstück mit einer Straßenfront von 15 Metern und einer einmal wöchentlichen Reinigung eine Gebühr nur für die Reinigung von etwa 99,50 Euro statt der bisher 109,05 Euro.“ (Zitat Ende)

Vielmehr müssen die Hauseigentümer dieses Beispielgrundstückes (und in der Folge ggf. deren Mieter) mehr bezahlen und zwar +4,35 EURO.

Dagegen hatte die Eigentümergemeinschaft nicht geklagt, sondern nur gegen die Abfallentsorgungsgebühren.

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