Gabriel beim SPD-Bürgerfrühstück als „Poltik-Erklärer“ und Ratgeber für Gülistan Yüksel in Mönchengladbach

Bernhard Wilms [ - Uhr]

Mitten drin und nicht nur dabei war der SPD-Bundes­vor­sitzende Sigmar Gabriel (im Bild mit Peter Gabor, dem Mönchen­gladbacher Vertreter der Behinderten­organi­­sation „Leben mit Asher-Syndrom“) am Samstag vor einer Woche (24.08.2013) beim Bürgerfrühstück auf dem alten Markt.

Gabor übergab Gabriel einen Brief, in dem er u.a. darum bittet, er (Gabriel) möge sich dafür einsetzen, dass für taub-blinde Menschen im Schwerbehindertenausweis ein gesondertes Behindertenmerkmal eingeführt wird, was Konsequenzen habe beispielsweise für das so genannte persönliche Budget und für die Eingliederungshilfe.

In einem launig geführten, teils die etwa 200 Zuhörer amüsiernden, in weiten Teilen aber ernsthaften Dialog mit der Moderatorin gaben die SPD-Bundestagskandidatin Gülistan Yüksel und Sigmar Gabiel einiges aus dem Privaten preis.

Gabriel beschrieb auch, wie er als junger Mensch über ein Engagement für ein Jugendheim, im Zuge dessen er mit anderen Jugendlichen ein Rathaus besetzt habe, zur Politik und zu SPD gekommen war.

Der SPD-Vorsitzende gab Gülistan Yüksel eine Vorahnung darauf, was sie erwarten könnte, sollte sie in den Bundestag einziehen. Dabei betonte er, dass Abgeordnete immer daran denken sollten, dass sie Ge-Wählte und nie Er-Wählte sind und Freundschaften in der Heimat gepflegt werden müssten, weil vermeintliche Freundschaften in Berlin nicht unbedingt von langer Dauer sind.

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Noch hat Yüksel sich nicht für einen oder mehrere Ausschüsse entschieden und sich auch noch nicht um eine Bleibe während des monatlich dreiwöchigen Aufenthaltes in Berlin gekümmert.

Programmatisch wiederholte Yüksel ihre Grundeinstellung, nah bei den Menschen „auf Augenhöhe“ sein, sich um deren Sorgen und Nöte kümmern und ihnen helfen zu wollen.

Nach dieser eher auf die Politik „als solche“ und teils persönlich ausgerichteten Talkrunde konnten die Zuhörer ihre speziellen Fragen stellen, wobei diese ausschließlich von Sigmar Gabriel beantwortet wurden.

Die Fragen begannen mit der Energiepolitik, zu der Gabriel meinte, dass er hoffe, dass im nächsten Jahr Schluss mit der „Anarchie“ sei, in der jeder das mache was er wolle.

Die CDU mache eine „absolut chaotische“ Energiepolitik, die dazu führe, dass es für die Bürger immer schwieriger werde, die Stromkosten zu bezahlen und außerdem der Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet werde. 

Bei der Forderung einer Fragestellerin nach einem besseren Verbraucherschutz im Sinne von Qualität statt Masse warf Gabriel den Ball zurück und erklärte, dass es am Verhalten der Verbraucher liege, wie sich die Qualität der Lebensmittel entwickle.

Die „Geiz-ist-geil“-Mentalität bei Lebensmitteln führe beispielsweise dazu, dass in einem niedersächsichen Landkreis mit 150.000 Einwohnern, 6 Millionen Schweinen und 15 Millionen Hühnern eine Mastanlage für 400.000 Hähnchen errichtet werden soll.

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In einer anderen Frage ging es um die Positionierung Gabriels zu den 400-Euro-Jobs. Nicht weit war dann der Weg zur Altersarmut.

Gabriel erklärte, man wolle die 400-EURO-Jobs nicht gänzlich abschaffen, sondern eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, damit sie wieder das werden, was sie früher einmal waren, nämlich die Möglichkeit, neben einer anderen Arbeit eine weitere Einnahmequelle zu nutzen. Die Entwicklung sei aus dem Ruder gelaufen.

Um dem entgegenzuwirken, seien u.a. ein gesetzlicher Mindestlohn und eine zeitliche Stundenbegrenzung erforderlich.

Deutschland wachse in eine Altersarmutsphase hinein, weil so viele Menschen in den letzten Jahrzehnten schlecht oder gar nichts verdient hätten.

Um Altesarmut zu vermeiden müsse etwas gegen die Erwerbsarmut unternommen werden.

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Anschließend ging er auf ein Thema ein, zu dem keine Frage gestellt wurde. Nämlich wie die SPD die vorher angesprochenen Veränderungen zu finanzieren gedenke.

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Auch die so genannte Mütterrente wurde thematisiert. Eine Teilnehmerin wollte wissen, wie sich die SPD dafür einsetzen wolle, dass Mütter eine verbesserte Rente erhalten würden und zwar auch die, deren Kinder vor 1992 geboren wurden.

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Abgesehen von den unterschiedlichen politischen Positionen haben Wahlveranstaltungen aller Parteien nur ein Ziel: Sie sollen vor allem ihre Parteifreunde und Sympathisanten „bei der Stange halten“.

Dass durch solche Veranstaltungen jemals ein Nichtwähler zum (Wieder-)wähler wurde , ist naturgemäß weder erwiesen noch wahrscheinlich.

Politiker beklagen uni sono, dass sich immer weniger Menschen für Politik interessieren würden.

Auch wenn sie mittlerweile (nicht nur bei solchen Veranstaltungen) bekennen, dass in Wirklichkeit Politiker- und Parteienverdrossenheit die Ursachen für „Nicht-wählen-gehen“ sind, haben sie keine wirksamen Ideen, was dagegen zu unternehmen ist.

Appelle aus der „hohen Warte“ der Bundespolitik reichen nicht. Da muss auf kommunaler Ebene angesetzt werden.

Hier werden die Kommunalpolitiker „hautnah“ beobachtet und deren Verhaltensweisen von den Bürgern „beurteilt“.

Hier wird festgestellt, dass die meisten von ihnen erst kurz vor der eigenen (!) Kandidatur Präsenz zeigen und sich in Position bringen. Dass sie für eine ganze Ratsperiode und nicht nur für den Wahltag gewählt wurden, haben viele von ihnen schon nach dem Wahlsonntag vergessen.

Wie oft hört man „wir sind ja nur Ehrenamtler“? Dabei verstehen sie ganz offensichtlich nicht (mehr) die Bedeutung dieses Wortes: Es ist eine „Ehre“, dieses „Amt“ bekleiden zu dürfen.

Sie und die sie tragenden Ortsparteien sind es, die in hohem Maße zur Politiker- und Parteienverdrossenheit beitragen, was sich in ständig sinkenden Wahlbeteiligungen ausdrückt, sinkende Wahlbeteiligungen nicht nur bei Kommunal-, sondern auch bei Landtags- und Bundestagswahlen. 

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