Landesregierung führt Widerspruchs­verfahren teilweise wieder ein und baut damit Hürden für Bürger ab • Vis-á-vis-Interview mit MdL Hans-Willi Körfges (SPD) [mit Audio]

Bernhard Wilms [ - Uhr]

Die NRW-Landesregierung aus SPD und B90/Die Grünen setzt ab 2015 auf mehr Selbstkontrolle der Verwaltung u.a. beim Thema Kommunalabgaben. Darüber sprachen wir mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Willi Körfges.

Mitte November beriet der nordrhein-westfälische Landtag über die Wiedereinführung des Widerspruchsverfahrens für einzelne Verwaltungsbereiche.

Im Oktober 2007 hatte die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung die Möglichkeit abgeschafft, dass Bürger sich per Widerspruch gegen mögliche fehlerhafte Verwaltungsentscheidungen wehren konnten. Stattdessen mussten sie unmittelbar bei Verwaltungsgerichten Klage einreichen, um zu ihrem Recht zu kommen.

Bevor ein Bürger klagen muss, ist zukünftig nach dem (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen – JustG NRW) wieder ein so genanntes „Vorverfahren“ durchzuführen.

Zuständig für dieses Verfahren ist die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder dessen Vornahme abgelehnt hat. Sie hat auch über den Widerspruch zu entscheiden.

Im Interview erläutert Körfges die Verwaltungsbereiche, in denen Widersprüche demnächst wieder möglich sein sollen, spricht über die Vorteile, dass nun auch Bürger, die mit ihrem Wohngeldbescheid nicht einverstanden sind oder bei denen es um Unterhaltsvorschuss und ähnliches geht, einfacher zu ihrem Recht kommen können.

„Es sind insbesondere elementare Dinge der Daseinsvorsorge für Menschen in besonders schwierigen Situationen, für die der Widerspruch wieder eingeführt wird,“ so Körfges.

Eine Wahl zwischen Klage und Widerspruch, die Bürger beispielsweise in Bayern haben, wird es zunächst in NRW nicht geben.

Diese Möglichkeit des so genannten „fakultativen Widerspruchsrechtes“ wurde erst gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens in die Diskussion eingebracht, so dass NRW-Bürger diese „Wahl“ erst später haben könnten.

Beim „fakultativen Widerspruchsrecht“ kann der Bürger wählen, ob er zunächst versucht im Rahmen eines wesentlich kostengünstigeren Widerspruchsverfahrens zu seinem Recht zu kommen, oder er sofort das Verwaltungsgericht anruft.

Bis zur Einführung dieser Alternative auch in NRW gilt: Erst das Widerspruchsverfahren „durchlaufen“, bevor eine Klage vor einem Verwaltungsgericht eingereicht werden kann.

Vorteile sieht Körfges im neuen Gesetz nicht nur für die betroffenen Bürger (bis zu 30% der Widersprüche seien erfolgreich und landen nicht mehr vor Verwaltungsgerichten), sondern auch für die Kommunen.

Deren „hochbezahlte Spezialisten“ (Stadtjuristen) könnten sich mehr auf ihre eigentlichen Aufgaben in den Kommunalverwaltungen konzentrieren, statt sich vor Gerichten und auf dem Gerichtsflur aufzuhalten.

Außerdem hätten die Kommunen die Chance, Dinge mit Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar und auf „Augenhöhe“ diskutieren zu können.

Vorteilhaft ist die Wiedereinführung des Widerspruchsverfahrens beispielsweise auch für Umweltverbände. Auch sie haben zukünftig (wieder) leichter die Möglichkeit, bei Entscheidungen „gegen die Natur“ Widerspruch einzulegen.

[audio:14-12-12-koerfges-widerspruch.mp3][ca. 15 Min.]

Artikel mit Textfassung des Interviews zum Download

 

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