Städte- und Gemeindebund NRW verweist auf dramatische Situation bei Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

In einem Interview mit der „WELT“ forderte der DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg einen Marshallplan für Flüchtlingshilfe.

Die deutschen Städte und Gemeinden sind demnach zunehmend mit der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit angelangt.

Trotz des Willens diesen unverschuldet in Not geratenen Menschen zu helfen, können die Kommunen diese nicht ohne Unterstützung von Bund, Ländern und auch der EU leisten.

Die Kommunen sehen sich zunehmend hinsichtlich der Kosten überfordert. Die aktuelle Kostenerstattung ist bei weitem nicht kostendeckend. Besonders die Krankheitskosten sind enorm hoch.

Unter anderem fordert Landsberg, dass auf europäischer Ebene die vielen Initiativen in einem Kommissariat zusammen gefasst werden.

Heute äußerte sich auch Dr. Bernd-Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, zu der Problematik und den Herausforderungen, vor denen die Kommunen in NRW stehen.

Schneider hatte sich bereits vor wenigen Tagen dazu geäußert, dass Städte und Gemeinden dringend auf eine zügige finanzielle Entlastung angewiesen seien.

Angesichts der dramatisch steigenden Flüchtlingszahlen in Deutschland und Nordrhein-Westfalen fordern die Kommunen ein Sofortprogramm vom Land zur besseren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. „Wir können die Städte und Gemeinden mit dieser zunehmend schwierigen Aufgabe nicht allein lassen“, erklärte Schneider in Düsseldorf.

Immer mehr Kommunen seien von der Aufgabe, in kurzer Zeit viele neue Flüchtlinge unterzubringen, überfordert. Insbesondere hält der Städte- und Gemeindebund NRW, Spitzenverband von 359 kreisangehörigen Kommunen, folgende Maßnahmen für nötig:

  • Raschere Anpassung und Erhöhung der Pauschalen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz an die tatsächlichen Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen
  • Bereitstellung zusätzlicher Einrichtungen zur Erstaufnahme der Flüchtlinge und Asylbewerber durch das Land
  • Längere Verweildauer der Zugewanderten in den Landesaufnahme-Einrichtungen
  • Bau- und Finanzierungsprogramm des Landes für kommunale Flüchtlingsunterkünfte
  • Erleichterung im Baurecht bei Einrichtung oder Neubau von Flüchtlingsunterkünften
  • Entlastung der Kommunen von Krankheitskosten der Zugewanderten, wenn diese eine bestimmte Höhe überschreiten.

Städte und Gemeinden haben bereits mehrfach in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass eine Anpassung der Pauschalen hinsichtlich der Höhe und des Personenkreises längst überfällig ist.

So ergab eine Umfrage unter 294 Kommunen für 2012 Gesamtkosten für Flüchtlinge und Asylbewerber von 79,5 Mio. Euro, aber nur eine Landeszuweisung von 46 Mio. Euro. Kostendeckungsgrad: 58 Prozent.

Allein die Krankheitskosten lagen bei 17 Mio. Euro. „Diese erhebliche Deckungslücke zeigt, dass die bestehende Finanzierungsregelung des Landes weit hinter der Entwicklung der Fallzahlen und des Aufwandes zurückgeblieben ist“ machte Schneider deutlich.

Besonders für die oft extrem hohen Krankheitskosten müsse eine solidarische Lösung gefunden werden. Vielfach sei die Gesundheit der Neuankömmlinge durch Flucht und Vertreibung bereits angegriffen, wenn sie Deutschland erreichen. Wenn dann noch in den Heimatländern unbehandelte chronische Erkrankungen hinzukommen, entstünden rasch Kosten im sechsstelligen Bereich für einzelne Personen.

„Das kann den Haushalt einer kleinen Kommune ins Wanken bringen“, warnte Schneider. Daher sei eine Erstattungslösung wie etwa in Hessen sinnvoll, wo das Land sämtliche Krankheitskosten über 10.200 Euro pro Person übernehme.

Ein Problem – so Schneider – stelle auch die Gruppe der geduldeten Asylbewerber dar. Oft könnten solche Personen nicht in ihr Heimatland zurückgebracht werden, selbst wenn ein Asylantrag rechtskräftig abgelehnt worden sei. „Für diese Menschen erhalten die Städte und Gemeinden derzeit keine Erstattung – dies muss sich unverzüglich ändern“, betonte Schneider.

Die Städte und Gemeinden in NRW stehen klar zum Asylrecht. Es bietet einen wichtigen Schutz für Menschen, die politisch verfolgt werden. Gleiches gilt für Flüchtlinge, die ihre Heimat wegen Krieg oder Bürgerkrieg verlassen müssen.

„Die Kommunen unterstützen die vom Land NRW gewünschte Willkommenskultur“, stellte Schneider klar. Allerdings sichere nur eine ausreichende Finanzierung seitens des Landes angesichts knapper kommunaler Kassen die Akzeptanz für Flüchtlinge in der Bevölkerung.

„Hier muss das Land als der verfassungsrechtlich Verantwortliche rasch nachbessern“, erklärte Schneider abschließend.

Bisher keine Kommentare

Ihr Kommentar