Vollständiges RP-Interview mit dem Bezirksvorsteher von Rheydt-Mitte

Karl Sasserath [ - Uhr]

sasserath-karl1.jpgAm 23. Januar 2009 erschien in der RP ein inhaltlich gekürztes Interview mit mir. Der zuständige Redakteur der Rheinischen Post brachte mir seinen gekürzten Text vor der Veröffentlichung zur Kenntnis.

Das aus Platzgründen von der RP gekürzte Interview wurde von mir, damit es termingerecht erscheinen konnte, autorisiert. Dieses Interview nimmt der Sprecher der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Rheydt Ratsherr Roeske zum Anlass mich zu kritisieren.

Damit sich die Leserinnen und Leser der Bürgerzeitung ein eigenes Urteil und ihre eigene Meinung bilden können, hier die ungekürzte Version der Interviews, also einschließlich der gekürzten Passagen (fettkursiv).


 
Was war in Ihrem Bezirk der Höhepunkt 2008?

Sasserath: Zweifellos bildete das Jubiläum „50 Jahre Blumenkorso“ den Höhepunkt für die Menschen in Rheydt. Damit hat Rheydt die Stadt Mönchengladbach bereichert und allen, die dabei waren eine wundervolle Erinnerung geschenkt.

Ich denke, allen, die daran mitgewirkt haben – Vereinen, Schulen, Kindergärten, Unternehmen, Kirchen, Organisationen – gehört dafür ein großes Dankeschön. (Wobei Ulrich Ernst als Cheforganisator zweifellos die größte Anerkennung gebührt).

Sportlich sind der Spitzenplatz des Rheydter Spielvereins in der Bezirksliga, die Teilnahme der Jugendmannschaften des Schachklubs Turm Rheydt an der Deutschen Meisterschaft in Dresden und das 100jährige Vereinsjubiläum von Rheydt 08 herausragend gewesen.Z

u den musikalischen Höhepunkten zählt zweifellos das Weihnachtskonzert des Rheydter Kinder- und Jugendchores unter der Leitung von Theo Laß in der Rheydter Stadthalle.
 
 
 
Was war besonders ärgerlich?

Sasserath: Höchst ärgerlich war, dass die politische Mehrheit im Rat der Stadt Mönchengladbach gemeinsam mit der Bäderabteilung der NVV AG im Jahr 2008 keinen Weg finden wollte, der es möglich machte, mit der abschnittweisen Renovierung des Pahlkebades zu beginnen.Die Schließung des Bades stellt nicht nur Schulen und Vereine vor nicht länger hinnehmbare Probleme, das Bad fehlt auch Familien, Kindern und Jugendlichen, nicht nur in Rheydt.

Mit jedem Tag, an dem das Bad weiter leer steht, steigen auch die Sanierungskosten.

Ich hoffe, dass in diesem Jahr diese Hängepartie endlich einem guten Ende zugeführt werden kann. 
 
 
 
Was sind die dringlichsten Probleme im Bezirk?

Sasserath: Die Zentrenfunktion Rheydt wird durch das von der Stadt mit 14,6 Millionen Euro subventionierte Handels- und Dienstleistungszentrum (HDZ) in der Gladbacher Innenstadt bedroht.

Durch das HDZ verliert der Einzelhandel in der Innenstadt Rheydts weiter Kaufkraft.

Damit die Rheydter Innenstadt nicht verödet, muss auch aus bezirklicher Sicht das völlig überdimensionierte HDZ in Gladbach verhindert werden.

2009 muss der Einstieg in die Umsetzung des Innenstadtkonzeptes Rheydt gefunden werden.

Dazu gehört auch die Verbesserung der Sauberkeit im öffentlichen Raum durch GEM und Umweltamt.

Nach den schweren Ãœberschwemmungen im Jahr 2008 muss das Kanalnetz im Bereich Römer Straße bzw. Dohler Straße saniert und die Retentionsflächen im Bereich des Bungtbaches durch die NVV AG angelegt werden.

Dazu muss mit der Sanierung des Pahlkebades begonnen werden.

Die Belastungen durch Feinstaub und Lärm in Folge von Auto- und Bahnverkehr im Bereich der Friedrich-Ebert-Straße müssen verringert und die beschlossene Verkehrsberuhigung auf der Dohler- und der Geneickener Straße umgesetzt werden.

Weiterhin muss das Angebot im Bereich der offenen Ganztagsschule und das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren in Rheydt deutlich ausgebaut werden.

Die Sanierung der Städtischen Bühnen sowie der Stadthalle Rheydt muss schnell umgesetzt werden.


 
Was ändert sich nach der Kommunalwahl durch die Umstrukturierung der Stadtbezirke?
 

Sasserath: Bekanntlich haben CDU und FDP mit ihrer Mehrheit beschlossen, die jetzigen Stadtbezirke Rheydt-Mitte, Rheydt-West und Odenkirchen ab 2009 in einem Bezirk Süd zusammenzufassen.

Mit dieser Zusammenlegung entstünde zukünftig mit fast 85.000 Menschen (32,2 %) der mit deutlichem Abstand bevölkerungsreichste Stadtbezirk in Mönchengladbach.

Zum Vergleich: Heute leben in Rheydt-Mitte ca. 41.000, in Rheydt-West knapp über 24.200 und in Odenkirchen 19.886 Menschen. Derzeit verfügt jeder dieser drei Stadtbezirke über eine eigene Bezirksvertretung, eine eigene Bezirksverwaltungsstelle, eine eigene Bezirksvorsteherin bzw. einen Bezirksvorsteher.

Zukünftig soll es nur einen Bezirksvorsteher geben, wo es heute drei gibt, nur noch eine Bezirksvertretung, wo es heute deren drei gibt.

Sind es derzeit zusammengezählt 39 Mandatsträger in drei Bezirksvertretungen, sollen es zukünftig nur noch 19 Mandatsträger in einem Bezirk sein, was einer Verringerung um 20 Mandatsträger entspricht.


 
Welche Herausforderungen stellen sich durch die Umstrukturierung?

Sasserath: Die Verringerung der Bezirke erhöht für die Menschen und die Vereine den Abstand zur Politik deutlich.

In einer Stadt, die heute schon eine extrem geringe Wahlbeteiligung kennzeichnet, wird sich dadurch der notwendige Trend nicht umkehren lassen.

Anstatt sich Gedanken darüber zu machen, wie sich die politische Beteiligung verbessern ließe, bildet die innere Logik der Zusammenlegung der Bezirke das Interesse am politischen Machterhalt.

Die Zusammenlegung der neuen Bezirke folgt augenfällig dem Interesse am Erhalt der bekannten politischen Mehrheiten. Dazu braucht man nur die heutigen Mehrheiten, etwa in Wickrath und Rheindahlen oder die beabsichtigte Fusion von Giesenkirchen, Volksgarten und Neuwerk anzusehen. Diese Logik war allerdings schon 1975 bei der kommunalen Neugliederung  falsch, wie die widersinnige Teilung Rheydts damals in die Bezirke Rheydt-Mitte und Rheydt-West zeigt.

Die politische Aufgabenfülle in einem Innenstadtbezirk und einem Außenbezirk unterscheidet sich heute in Folge der unterschiedlichen Bevölkerungsstrukturen oder Vereinsstrukturen stark.

Trotz dieser leicht erkennbaren Unterschiede wollen CDU/FDP beiden unterschiedlichen Bezirkstypen die gleichen politischen Strukturen zur Verfügung stellen.

Dies bedeutet, dass die zukünftige Belastung für ein Mitglied einer Bezirksvertretung im Innenstadtbereich mehr als doppelt so hoch ist wie in einem Außenbezirk.

Gleichzeitig benötigt ein Mandatsträger in einem Innenstadtbezirk statistisch betrachtet doppelt so viele Stimmen für ein Mandat, wie ein Mandatsträger in einem Außenbezirk.


 
Wie schafft man es, alle Bezirke gleichwertig zu behandeln?

Sasserath: Diese Chance wurde meines Erachtens von CDU und FDP mit den jetzt gewählten Bezirkszuschnitten verschenkt.

Die zukünftigen vier Bezirke sind nicht nur allein im Hinblick auf die soziale Zusammensetzung oder die Bevölkerungsstärke extrem unterschiedlich.

So sollen beispielweise in einem zukünftig fusionierten Bezirk (Rheindahlen/Wickrath) mehr als 44.600 oder 16,9 % aller Einwohner Mönchengladbachs leben.

Dagegen soll der Bezirk Süd (RY-Mitte, RY-West und Odenkirchen) mit zukünftig fast 85.000 Menschen (32,2 %) fast doppelt so groß sein. In beiden Bezirken sollen die politischen Gremien aber gleich groß sein.

Bekanntlich verfügen Giesenkirchen und Volksgarten über keine gemeinsame Bezirksgrenze, sondern werden durch Rheydt voneinander getrennt.

Gegen diese Ungleichheit klagt der Bezirk Volksgarten vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf.

Wenn aber die Satzung, die die Neuordnung der zukünftigen Bezirke regelt, vom Verwaltungsgericht aufgehoben wird, dann ist sie rechtlich nicht haltbar.

Deshalb führe ich als Privatperson mit der Unterstützung meiner Partei eine Klage gegen den Rat der Stadt, die ebenfalls am 23. Januar 2009 verhandelt wird.

Bekanntlich bin ich nicht der einzige, der die Zusammenlegung als ungleich ablehnt. Deshalb nutze ich die Rechtsweggarantie.

Ich bin sehr auf den Ausgang dieses Verfahrens gespannt.

Im Sinne einer gleichwertigen Behandlung der Bezirke wäre ein Zuschnitt auf acht Bezirke, wie von den Grünen gefordert, besser und im Hinblick auf die eingangs genannten Faktoren in der Praxis auch umsetzbar.
 
 
Welche Mehrheitsverhältnisse erwarten Sie bei der Kommunalwahl?

Karl Sasserath: Ob die beabsichtigte Millionensubvention für ein politisch umstrittenes Projekt wie das Handels- und Dienstleistungszentrum, die geplante Sperrung der Stepgesstraße,  „Giesenkirchen 2015″, die den Städtischen Bühnen verweigerte Tariferhöhung oder die im Nordpark vorgesehene Ausweichspielstätte für das Theater, der Stillstand beim Pahlkebad, die fehlende sechste Gesamtschule, der mit 30 Millionen geplante Rathaus Neubau in Rheydt, der fehlende Fortgang beim Innenstadtkonzept Rheydt – die vielfältigen Probleme an verschiedenen Stellen der Stadt werden wohl nicht ohne Einfluss auf die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Mönchengladbacher Stadtrat bleiben.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass CDU und FDP im Juni 2009 ihre bisherige Mehrheit im Stadtrat verlieren werden.

5 Kommentare zu “Vollständiges RP-Interview mit dem Bezirksvorsteher von Rheydt-Mitte”
  1. An Herrn ThomasB und die übrigen Kommentatoren:

    Nicht zum Inhalt, sondern zum Kommentieren selbst: Es steht jedem frei, in BZMG auf Artikel oder Kommentare anderer zu reagieren und zu schreiben, solange die „Nettikette“ eingehalten wird. Und das ist hier geschehen.

    Insofern, müssen Sie, ThomasB, auch nicht vorher fragen.

  2. Eine Frage an die vorherigen Kommentatoren: Herr Sasserath schreibt selbst, dass er das Interview VOR der Veröffentlichung gesehen und authorisiert hat!

    Insofern ist er auch für den kompletten Inhalt des Interviews verantwortlich.

    Wenn er der Meinung gewesen wäre, dass wichtige Passagen unrechtmäßigerweise gestrichen worden seien, hätte er das Interview nicht authorisieren dürfen.

    Tut mir jetzt leid, wenn ich einen Kommentar zu Ihren Kommentaren abgebe – vielleicht haben Sie sich ja auch noch mehr dabei gedacht, als hier abgedruckt worden ist – aber ich wusste nicht, wie ich bei Ihnen vorher nachfragen sollte…

    Ähnliches Herrn Roeske vorzuwerfen ist geradezu grotesk!

    Also hören Sie doch bitte auf mit Ihren Verschwörungstheorien!

  3. Derart manipuliert habe ich noch keinen Protest des Herrn Roeske gelesen.

    Er sollte seinen (von ihm erhofften) Wählern die großen Lücken im Interview des Bezirksvorstehers Sasserath erklären.

    Er sollte erklären ob er nicht wußte, daß Sasserath auch von Themen wie ein „Dankeschön allen Vereinen, Schulen, Kindergärten, Unternehmen, Kirchen, Organisationen“ des Rheydter Blumenkorso sprach. Und ebenso vom Rheydter Spielverein in der Bezirksliga, die Teilnahme der Jugendmannschaften des Schachklubs Turm Rheydt an der Deutschen Meisterschaft in Dresden und das 100jährige Vereinsjubiläum von Rheydt 08.

    Oder auch vom Weihnachtskonzert des Rheydter Kinder- und Jugendchores unter der Leitung von Theo Laß in der Rheydter Stadthalle.

    Das alles hat Roeske nicht gewußt? Hat er nachgefragt? Bei wem und wann? Oder warum nicht?

    Welche Stellungnahme wird er öffentlich dazu abgeben? Ist er dazu überhaupt fähig?

  4. Warum war Herr Sasserath so naiv…?

    Aber hinterher ist man immer schlauer… 🙂

    Natürlich ist dieses Vorgehen der RP eine Riesensauerei, natürlich erwarte ich eine Stellungnahme der Verantwortlichen dazu, die Frage für mich ist, wer bringt diesen Neu-Redakteuren eigentlich einen solchen meinungsverachtenden Stil des Schreibens bei?

    Genau dieser Stil wird doch von seriösen Redaktionen geächtet.

    Oder ist der wirtschaftliche Druck bei der RP schon so groß, dass eine Lobby-Leistung für bestimmte Politiker erbracht werden muß, für mich hat es den Anschein.

    Auch ich spreche von Klüngel und mit mir sicher viele Gladbacher.

  5. man muss nicht gerade ein freund der grünen sein, um zu erkennen, auf welch subtile art und weise die rp meinung machen will.

    sie macht ein langes interview und streicht dann die sachen raus, die ihr (oder der cdu) nicht in den kram passt und lässt dinge drin, die dem interviewpartner eher schaden als ihm nutzen (sollen).

    das streichen wird dann mit platzproblemem begründet. na klasse!

    dabei hätte sie doch locker das riesengroße bild von herrn sasserath kleiner machen können und hätte damit mehr platz für text gehabt.

    zum beispiel wurde die überschwemmungsproblematik raus genommen, weil sie ja vielleicht dem leser ins gedächtsnis zurückrufen könnte, dass hier die mehrheitsfraktionen und die nvv in der vergangenheit falsche oder gar keine entscheidungen getroffen haben.

    oder das heisse thema „theater“ mit der unsäglichen ablehnung des zuschusses für die gehälter der mitarbeiter.

    oder die neugliederung der stadtbezirke, die nur cdu und fdp nutzen und dem bürger gar nichts bringen, allenfalls weniger ansprechpartner und längere wege.

    oder die diskussion um die gesamtschulen, bei denen die vermeintlichen cdu-spitzenpolitiker vor den gladbacher bürgern so reden und im landtag genau das gegenteil mit beschließen.

    oder der rathausneubau in rheydt, den niemand braucht und will, außer die cdu, die ihren bauunternehmen eine zukunft geben will.

    oder, dass gerade dieser rathausneubau 30 millionen kosten soll, wovon bisher noch niemand etwas zu wissen schien, mit ausnahme von cdu, fdp und den cdu-nahen, hochrangigen verwaltungsbeamten und natürlich die rp.

    alles das sollte dem rp lesenden bürger nicht noch einmal ins gedächtnis gerufen werden, wie cdu und fdp ihre eigenen süppchen kochen – zu lasten der mönchengladbacher.

    die kölner würden von klüngel sprechen.

    also „platzprobleme“?

    da komm der eine doch mächtig ins grübeln und der andere lacht sich schlapp.

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