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Außergewöhnliches Programm im 2. Konzert 2016 der Niederrheinischen Sinfoniker in der Stadthalle zu Rheydt

Ein Konzert mit außergewöhnlichem Program gab es in der Stadthalle zu Rheydt zu hören. Den Anfang machte Franz Liszt mit seiner Tondichtung „Hamlet“.

Liszt ist ein auch heute noch verkanntes Genie, nicht nur als Pianist, sondern auch als Komponist und Denker des 19. Jahrhunderts.

Als Pianist erweiterte er entscheidend die klanglichen wie auch die technischen Möglichkeiten des Instrumentes.

Als Komponist schuf er neue Formen, neue Klanglichkeit, Farben, wobei er sich oft an Berlioz orientierte, der die Idee der symphonischen Dichtung entwickelte.

Er hat die Musikentwicklung entscheidend geprägt und öffnete jungen Komponisten Türen.

Wer kennt heute noch die großartige geistliche Musik, das umwerfende Oratorium „Die Legende von der Heiligen Elisabeth“ ?

Hier nun das wenig gespielte, düster klingende Monument nach dem Schauspiel „ Hamlet“ von William Shakespeare.

Liszt vertonte hier nur 3 Episoden, 3 Momente des gewaltigen Hamlet-Dramas:  den Monolog, „Sein“ oder „Nichtsein“  , etwas zur Ophelia, dieses aber sehr kurz, dann die Geisterszenen,

den abschließenden Trauermarsch „Der Rest ist Schweigen“.

Dieses inhaltlich sehr gedrängte, tief und außergewöhnlich, philosophisch, durchdachte Werk erklang hier in einer mich tief beeindruckenden Wiedergabe.

Schon der erste Einsatz des gestopften Horns, das anschließende Doppelthema, zuerst von Oboe und Flöte, dann von Klarinette und Fagott vibratolos gespielt, fahl im Klang,  nach dem Einsatz von Trompete, Horn, des gesamten Orchesters, der Orchester- Solisten, brachte eine unglaublich trostlose Stimmung, trotz der Kürzung des Textes, der kleinen Auflockerung durch das Opheliathema mit dem wunderbaren Violinsolo,  gelegentlichem Aufbäumen, Auffahren des Gesamtorchesters.

Eine grandiose Leistung des Orchesters und des wunderbar interpretierenden Dirigenten!

Der Beifall war sehr herzlich und ehrlich.

 

Das 3. Klavierkonzert in c-moll, Opus 37, von Ludwig van Beethoven schloss sich an.

Welch ein Unterschied zum „Hamlet“!

Jahrelang blieb das Konzert unvollendet in der Schublade liegen, erst 1803 erklang es im Konzert.

Nach dem längeren Orchestervorspiel im 3. Klavierkonzert, im  4. Klavierkonzert spielt der Solist den Anfang a capella,  kann der Solist sich dann zum Musizieren des Orchesters hinzugesellen.

Dann Steigerungen bis zum Fortissimo des Orchesters , nach dem der Solist wieder hinzutritt und endlich seine Solokadenz spielen darf.

Der Satz geht vehement zum Ende.

 

Der 2. Satz beginnt mit einem sehr in sich gekehrten Gesang  des Pianisten.

Das Orchester schließt in diesen Wohlklang ein.

Ungewöhnlich der Fortissimo-Schlussakkord.

 

Der 3. Satz, ungewöhnlich bei Beethoven, verbreitet Heiterkeit  und Lyrik, endet in der Coda in einem fulminanten C-Dur Akkord.

Ein Werk, bei dem man, obwohl  es reinster Beethoven ist, oft vermeint, Josef Haydn und auch Wolfgang Amadeus Mozart zu hören.

Die Ausführung überraschte etwas.

Ein sehr virtuoses Spiel des Pianisten Bernd Glemser, der im ersten Satz fast ausschließlich große Lautstärken favorisierte, in der brillanten Kadenz dann richtig zeigte, welche pianistischen Fähigkeiten er besitzt. Es donnerte und raste nur so. Sehr beeindruckend.

 

Im zweiten Satz dann in wunderbarem Zusammenklang mit dem Orchester ein musikalisches, ausdrucksvolles Spiel.

Der dritte Satz wurde, der Musik entsprechend, etwas agressiv angelegt, die lyrischen, gesangvollen Abschnitte von Pianist und Orchester ausgekostet.

Ohne erneute Kadenz ging es dann in den C-Dur Schluss.

Eine sehr schöne Wiedergabe, an der Orchester und Dirigent maßgeblich beteiligt waren.

Großer  Beifall für Solist Dirigent und Orchester, das unter Frank Beermann toll begleitete.

 

Den Abschluss bildete die 2.Sinfonie op. 16 in h-moll,  „Die vier Temperamente“  von Carl Nielsen.

Ein etwas ruppigges, hart instrumentiertes Werk, in dem ich aber doch etliches von Sibelius, Richard Strauss, Max Reger, zu hören glaubte.

Die unterschiedlichen Temperamente charakterisierte er hervorragend.

Der erste Satz, „der Choleriker“ schildert hervorragend Zorn, Wut, Hass, des Cholerikers in fast überbordender Lautstärke.

 

Im zweiten Satz hört man dann dauernd das Nachgeben, das Zurückhaltende des nicht aktiven  Menschen, der einfach alles auf sich zukommen lässt, einfach ein Phlegmatiker.

Auch hier wieder hervorragend in Musik gesetzt.

 

Der dritte Satz ergeht sich in Gram und Kummer über alles, was es nur gibt, alles ist kurz vor dem Ausbruch zum Weinen.  Immer nur niedergeschlagen, halt ein Melancholiker.

 

Aber dann kommt der „Mann“, der Macho, der sich einbildet, alles zu können und alles zu wissen.

Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit zeichnen ihn aus, den perfekten Sanguiniker.

Hier nutzten Dirigent, Frank Beermann, und Orchester die Möglichkeit, sich einmal  richtig austoben zu können, weidlich aus.

Es knallte und donnerte nur so.

 

Herzlicher Beifall für den fabelhaften Dirigenten und das sehr gut spielende Orchester.

 

Leider mischte sich in den ehrlichen Beifall des Publikums wieder Kreischen und Pfeifen.

Mussten  E i n i g e  damit ihre Verbindung zu den Orchestersolisten, evtl. persönlicher Art,  darstellen?

Eine schlecht geführte, schlechte Claque !

 

Wie auch in Theatervorstellungen ein schlechter Nachgeschmack!