Pssst, geheim!

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logo-rp.jpgIn unnachahmlicher Weise hat Ralf Jüngermann, Redaktionsleiter der RP, in der heutigen Ausgabe der Mönchengladbach Stadtpost die Situation von Politik und Verwaltung in Mönchengladbach auf den Punkt gebracht:

„Eins müssen Sie mir vorab versprechen. Was Sie heute hier lesen, das muss ausnahmsweise wirklich ganz unter uns bleiben. Jungs wollen am allerallerliebsten Fußball-Profi werden. Am allerliebsten Astronaut. Und am liebsten Geheimagent. Wenn es auch dazu nicht reicht, gibt es zumindest in Gladbach längst eine echte Alternative: Politiker.

Da muss man zwar nicht so flink sein wie Olli Neuville oder so mutig wie Reinhold Ewald, aber mindestens so verschwiegen wie ein KGB-Agent, der gleichzeitig für die CIA arbeitet.

Politik in Mönchengladbach ist so was von geheim, dass es ein Wunder ist, dass Ort und Termin der Ratssitzungen immer noch vorab bekannt gegeben werden. Obwohl das genau genommen ziemlich überflüssig ist. Denn die wirklich interessanten Abstimmungen laufen dann – ganz öffentlich – geheim, so dass am Ende niemand weiß, wer jetzt eigentlich wofür und wogegen war und erst recht nicht warum.

Alle anderen Abstimmungen verlaufen ungefähr so überraschend wie die Tatsache, dass Silvester dieses Jahr am 31. Dezember ist. Wer was meint, ist lange vorher ausgelotet worden. Eines der neuesten Instrumente zur politischen Geheimniskrämerei sind die Konferenzen der Fraktionsvorsitzenden, zu denen der Oberbürgermeister einlädt. Deren Tagesordnungen sind mittlerweile länger als die der Ratssitzungen.

Schließlich braucht Norbert Bude ja irgend ein Gremium, in dem er all die wichtigen Fragen der Stadt mal wegmoderieren kann. Also wo er die anderen fragen kann, wie sie es denn gerne hätten. Und mal vorsichtig auslotet, ob seine eigenen Vorstellungen eventuell unmaßgebliche Einzelmeinungen sind. Er hat es aber zugegebenermaßen auch nicht leicht. Denn was die CDU am Ende will, ist meistens so extrem geheim, dass sie es bis kurz vor Toresschluss selbst nicht weiß.

So wurde also in der jüngsten Runde nicht nur über das per se topgeheime Haus Westland geredet, sondern auch – das wissen Sie aber jetzt nicht von mir – über das Vorhaben des Oberbürgermeisters, der Jüdischen Gemeinde ein städtisches Haus für eine neue Synagoge zu schenken. Was der Regierungspräsident davon hält, wenn eine Stadt, die nix hat außer Schulden auch noch was verschenkt, ist keine geheime Kommandosache.

Er würde dann die erlaubte Höhe der Kredite wohl um den Wert der Immobilie reduzieren. Ob das den Politikern die Aufarbeitung der Geschichte wert ist, weiß kein Mensch. Denn die Fraktionsvorsitzenden mochten sich selbst in der hochgeheimen Sitzung dazu lieber nicht äußern.

Und hier noch ein paar der allergeheimsten aktuellen Geheimnisse: die Zahl der Eltern, die ihre Kinder freiwillig an einer Hauptschule anmelden (an manchen Schulen unter zehn). Die Ausweichspielstätte des Theaters (es gibt trotz aller Bemühungen noch gar keine). Der Termin, an dem die Briten in London den endgültigen Abzug ihrer Truppen beschließen (der 20. Februar).

Am meisten schützen müssen wir natürlich unsere größten Schätze. Darum ist es selbstverständlich der völlig richtige Ansatz, dass Nadja so kurz wie eben möglich im Museum gezeigt wird. Und da er ein echter Leuchtturm der Stadt ist, wird Rolf Königs schon bald eine richtungsweisende Entscheidung treffen: Der Ort der Aufstiegsfeier der Borussia wird diesmal nicht bekannt gegeben.

Jetzt ist Wochenende. Aber sagen Sie es vorsichtshalber nicht weiter!“

Ein Kommentar zu “Pssst, geheim!”
  1. Recht so, Herr Jüngermann!

    Irgendwie hat man als Gladbacher Bürger den Eindruck, dass sich unsere Politiker nach und nach zu einem „Geheimbund“ zusammen schließen, dabei aber „geheim“ nur solange gelten lassen, wie es ihren (wie auch immer gearteten) Interessen nicht zuwider läuft. So wie es aktuell zum Thema „Stadtbezirke“ zu sein scheint.

    Man mag zur SPD in MG stehen, wie man will: Sie verdient ein Lob dafür, wenn sie am 20. Februar im Rat „geheime Wahl“ beantragt.

    Das hat nichts mit „Geheimniskrämerei“, sondern ist ein demokratisch legitimes Mittel, den PolitikerInnen, die eine andere Stadtbezirkslösung favorisieren, das Recht zu sichert, sich nicht einem Fraktionszwang unterwerfen zu müssen.

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