Symptome der Macht – Teil XX: „Nichts genaues weiß man nicht …“ – Beschlusskontrolle unerwünscht?

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

fragezeichen[04.12.2011] Fragt man Politiker nach dem Stand von Beschlüssen, die sie einmal mit gefasst haben, wird man mit großen Augen angesehen – der Rest ist (hilfloses?) Schweigen.

Fragt man zu demselben Thema Verwaltungsmenschen ist deren Schweigen beredt und nicht selten von einem verschmitzten Grinsen begleitet.

Der eine „Schweiger“ weiß vielleicht wirklich nichts, der andere weiß, warum er schweigt. Weil er nämlich weiß, dass der Politiker nichts wissen kann, weil er (der Verwaltungsmensch) ihm von sich aus nichts sagt.

Kompliziert?

Nein, überhaupt nicht. Denn eine der Aufgaben der Kommunalpolitiker ist es, das Handeln der Verwaltung zu kontrollieren und ihr Aufgaben zu erteilen. Und das im Auftrag der Bürger, die sie gewählt haben.

Soweit die Theorie.

Die Praxis sieht anders aus. Aus verschiedensten Gründen werden die Politiker ihrem Kontrollauftrag nicht oder nur bedingt gerecht.

Zum einen liegt es daran, dass die Posten in der Verwaltungsspitze meist parteipolitisch besetzt sind und in speziellen Fällen das allbekannte „Krähen-Prinzip“ gilt.

Zum anderen scheint es nicht „en vogue“, offen den eigenen Kooperationspartner, der sich mit einer scheinbar unbedeutenden Unterschrift in diese Kooperation „eingeschlichen“ hat oder „eingeschlichen“ wurde, danach zu fragen, ob er seinen Job, nämlich die Umsetzung der Beschlüsse, auch wirklich macht.

Zum einen kann es daran liegen, dass die den Politikern zur Verfügung stehenden Methoden und Mittel beschränkt sind.

Aber auch, dass beispielsweise im Kooperationsvertrag der Ampel, der mittlerweile schon fast inflationär verwendete Begriff „Transparenz“ nur zweimal vorkommt.

Welch ein Zufall!

Kernfrage einer wirksamen Kontrolle ist jedenfalls, ob und in welchem Umfang die Verwaltung die ihr durch Beschlüsse politischer Gremien erteilten Aufträge erledigt.

Hört man in die Mönchengladbacher Verwaltung hinein und spricht mit Politikern, erfährt man, dass es in der Mönchengladbacher Verwaltung weder ein Qualitätsmanagement noch eine zentrale und transparente „Verfolgung“ von Beschlüssen gibt.

Zwar sollen einzelne, den Gremien (Rat, Ausschüsse, Bezirksvertretungen) zugeordnete Fachbereiche, dafür zuständig sein, die Umsetzung von Beschlüssen zu überwachen; regelmäßige Berichte gibt es in den betreffenden Gremien aber nicht.

Keine Tagesordnung der über 20 Gremien enthält einen Tagesordnungspunkt, der die Verwaltung verpflichtet, regelmäßig Rechenschaft über ihr diesbezügliches Tun, nämlich das ordnungsgemäße Abarbeiten gefasster Beschlüsse, abzulegen.

Zwischenberichte gibt es nur, wenn einzelne Politiker oder Fraktionen diese explizit einfordern.

Und wenn solche Zwischenberichte zum Stand einer Angelegenheit beantragt werden, findet sich nicht selten eine Mehrheit, die solche Anträge ablehnt.

So bleibt manchem Kommunalpolitiker nichts anderes übrig, als – unter Hinweis beispielsweise auf das Informationsfreiheitsgesetz – Akteneinsicht zu verlangen.

Ein Vorgang, der nicht nur der vielbeschworenen Transparenz widerspricht, sondern auch einen vermeidbaren Verwaltungsaufwand in Gang setzt und keinesfalls im Sinn der Sache sein kann.

Man könnte dabei durchaus auf die Idee kommen anzunehmen, dass es sich hierbei um „System“ handelt, nämlich die Verwaltung darauf setzt, dass die (ehrenamtlichen) Kommunalpolitiker nicht über die Zeit und Möglichkeiten verfügen, selbst eine wirksame „Beschlusskontrolle“ vorzunehmen.

Dabei wäre es ganz einfach: Zum Eintritt in die Tagesordnung eines Gremiums gibt die Verwaltung einen Bericht über den Stand von Beschlüssen beispielsweise aus den letzten drei vorangegangen Gremiensitzungen. Offen, öffentlich und transparent.

Dann könnten die Politiker nachfragen, Anmerkungen machen, Hinweise geben und mindestens auf diesem Wege kontrollieren, was die Verwaltung mit ihren Beschlüssen so „angestellt“ hat.

VIII_0473_Vorlage_Seite_1VIII_0735_Vorlage1_Seite_1Dass dies andernorts funktioniert, zeigt die Stadt Monheim. Dort gibt es einen Tagesordnungspunkt „Bericht über die Ausführung von Ratsbeschlüssen“. Und das bei allen Gremien.

Daran sollte sich der Oberbürgermeister Mönchengladbachs ein Beispiel nehmen. Dass dort der Zeitpunkt des jeweiligen Beschlusses fehlt kann man als „Schönheitsfehler“ gelten lassen.

Kein „Schönheitsfehler“ ist jedoch der vereinzelt zu lesende Satz „Der Vorgang wird zur Zeit bearbeitet“. Dieser „Allgemeinplatz“ ist unzureichend weil ohne Aussage über den wirklichen Stand.

Eine wirksame Kontrolle der Verwaltung durch die Politik beginnt bei einer eindeutigen Auftragsformulierung. Zu einem solchen „Auftrag“ (= Beschluss) gehört eine klare Terminvorgabe oder -vereinbarung.

Dazu muss nicht das Rad neu erfunden werden: http://www.somacos.de/de/sitzungsdienst/session/funktionen/beschlusskontrolle.html

beratungsvorlage-monheimWas der Mönchengladbacher Oberbürgermeister von Monheim auch lernen kann, ist die Tatsache, dass Beratungsvorlagen durchaus vollständig sein können.

beratungsvorlage-mgIn Mönchengladbach fehlen oft ganz elementare Angaben, wie beispielsweise Datum und Verfasser der Beratungsvorlage und die Sitzungstermine innerhalb einer Beratungsfolge.

Ganz anders in anderen Kommunen. Dort wissen Politiker und auch Bürger, ob und wie die Verwaltung arbeitet.

Denn Verwaltung ist nicht Selbstzweck, sondern „Dienstleister“ für die Bürger.

Die meisten Verwaltungsmitarbeiter sehen und leben das so. Aber nur soweit man ihnen die Chance dazu gibt. Chancen, die man ihnen hier in Mönchengladbach viel zu wenig gibt. 

Es gibt sicherlich viele Gründe und Erklärungsversuche, warum es ausgerechnet in dieser Stadtverwaltung nicht funktioniert.

Einer ist sicherlich, dass der Top-Down-Prozess nicht funktioniert.

Auch weil die Verwaltungsspitze nicht wirklich eine ist und weil der Hauptverwaltungsbeamte gleichzeitig als „Repräsentant“ fungiert und seine Schwerpunktsetzungen nicht gerade auf das ausgerichtet ist, wofür er in Wirklichkeit von den Bürgern bezahlt wird, nämlich die Verwaltung zu führen und zu leiten.

Ein anderer Grund ist ganz offensichtlich, dass Vorschläge zunächst einmal daraufhin überprüft werden, warum „es nicht geht“.

Man darf gespannt sein, wie lange es sich die Politiker noch gefallen lassen, dass ihnen die für ihre Kontrollaufgaben unabdingbaren Informationen „vorenthalten“ werden bzw. dass sie diese nur auf Nachfrage vollständig und nachvollziehbar erhalten (siehe oben).

Vielleicht ist es aber auch nur ein „Spielchen“ getreu dem Motto „Wissen ist Macht“, so dass man weiterhin sagen kann: „Nichts Genaues weiß man nicht …“

Übrigens: Eine zentrale Beschlusskontrolle soll es in Mönchengladbach schon mal gegeben haben …

Ein Kommentar zu “Symptome der Macht – Teil XX: „Nichts genaues weiß man nicht …“ – Beschlusskontrolle unerwünscht?”
  1. Der Hauptverwaltungsbeamte, der oberste Bürger, auch OB genannt, könnte sich viel Zeit verschaffen.

    Einfach mal Termine den ehrenamtlichen Bürgermeistern überlassen. Davon gibt es zwei.

    Das schafft Zeit für die wirklich wichtigen (öffentlichen Auftritte) und dringenden Themen in einer Verwaltung.

    Nicht nur vor Kameras glänzen. Das geht auch mit Fachkompetenz.

Ihr Kommentar