Perspektiven für Mönchengladbach – Teil VI: Biogas-Anlage & warum die Stadt einen Vertragspartner braucht [mit O-Ton]

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

biogasanlage-juweltopIn der Ratssitzung am 07.07.2010 hatte der Technische Beigeordnete Andres Wurff dargelegt, warum die Verwaltung für den Städtebaulichen Vertrag einen Vertragspartner benötige.

Im Interview am 22.07. 2010 erläuterte Wurff diese Notwendigkeit, erklärte, was über einen Bebauungsplan geregelt werden könne und was nicht, beschrieb, was im Städtebaulichen Vertrag mit dem Grundstückseigentümer geregelt werden soll und wie rechtlichverbindlich solche Vereinbarungen sind.

Wurff betonte, dass der Bebauungsplan nicht „als Angebots-Plan“ also „auf Vorrat“ erstellt würde. Er würde nur dann Rechtskraft erlangen, wenn es einen Vertragspartner für den Städtebaulichen Vertrag gebe.

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Hier dieser Interviewteil zum Nachlesen:

BZMG: Eine andere Baustelle ist die Biogasanlage. In der letzten Ratssitzung hatten Sie gesagt, dass eine Gesellschaft wichtig sei, um Bauleitplanung zu machen. Sie müssen einen Vertragspartner haben. Muss dies eine neue Gesellschaft oder kann es eine existierende sein? Oder wie ist das zu verstehen?

Andreas Wurff: Also, damit diese Biogasanlage überhaupt errichtet werden kann, braucht man Planungsrecht. … Wir müssen einen Bebauungsplan aufstellen.

Dieser Bebauungsplan ermöglicht Planungsrecht für jedermann, dem das Grundstück gehört, wenn er sich an das Planungsrecht hält. Das ist das eine. D.h. wir werden eine öffentliche Fläche ausweisen, auf der eine Biogasanlage erstellt werden kann,

Die spezifischen Rahmenbedingungen für den Betrieb der Anlage regelt der Bebauungsplan nicht; er regelt die Bebauungsmöglichkeit. Er regelt die geordnete Erschließung. Den Nachbarschutz, beispielweise.

Aber er regelt natürlich nicht, wer diese Anlage betreiben kann. Er regelt z.B. auch nicht die Substrate, die dort verarbeitet werden.

Das ist etwas, was man in einem Städtebaulichen Vertrag oder in entsprechenden Dienstbarkeiten regeln muss. Das wollen wir auch tun, wir wissen ja, dass die NVV letzten Endes diejenige sein wird, aller Voraussicht nach jedenfalls, die diese Biogasanlage baut und betreibt. Es wird eine Betreibergesellschaft geben, die jetzt extra gegründet werden soll.

Um einen Städtebaulichen Vertrag zu schließen, brauchen wir also einen Partner. Wir als Stadt sind der eine Partner aber, da bedarf es auch desjenigen, der diese Biogasanlage baut und betreibt. Das wird unser Partner. Mit diesem schließen wir einen Vertrag hinsichtlich z.B. der Erschließungsmodalitäten.

Der Bebauungsplan sagt lediglich von der angrenzenden Straße aus und der Belastung dieser Straße aus, ist diese Anlage zu betreiben. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist die Aufgabe des Bebauungsplanes.

Das jetzt im Detail zu regeln und bestimmte Wege zwecks Optimierung zu fordern, ist etwas, das man vertraglich vereinbaren kann, und das würden wir beispielweise im Rahmen des Städtebaulichen Vertrages mit dem Betreiber dieser Anlage vereinbaren.

Es wird ein Monitoring geben, also eine Beobachtung der Verkehrsströme, der Verkehrswege ob das alles entsprechend verträglich gestaltet werden kann oder gegebenenfalls auch verändert werden muss.

Vereinbarungen darüber, dass gegebenenfalls Wege, die genutzt werden, die für diese Nutzung evtl. gar nicht geeignet sind, also kaputt gefahren werden, das ist ja auch die Sorge der Bevölkerung, dass diese wieder gerichtet werden, das ist das Eine.

Was viele auch umtreibt ist, dass genmanipuliertes Substrat dort zum Einsatz kommen könnte. Wir haben die politische Vorgabe dies auszuschließen.

Das können wir auch nur über diesen Städtebaulichen Vertrag regeln bzw. die Eintragung einer Dienstbarkeit, die den Einsatz bestimmter Substrate von vornherein ausschließt. Und zwar im Grundbuch, das wäre natürlich die allerstärkste Sicherung, dass der Nutzungszweck dieses Grundstückes insofern eingeschränkt wird, als die Verarbeitung derartiger Substrate dort nicht in irgendeiner Form  erfolgen kann. Das gilt dann natürlich für jeden, dem dieses Grundstück gehört.     

Selbstverständlich könnte dieser Betreiber dieses Grundstück irgendwann veräußern und es gibt vielleicht einen ganz anderen Partner, mit diesem hätten wir dann keinen Vertrag, weil im Rahmen eines Eigentumsübergangs nicht alle Dinge einfach übertragbar sind. Natürlich gelten die Vereinbarungen in der Regel auch für Rechtsnachfolger, aber da gibt es auch Wege, das wissen wir auch, sich daraus zu befreien.

Wie gesagt, wir brauchen einen Partner, um einen Städtebaulichen Vertrag zu schließen. Dessen Inhalte sind so zu manifestieren, dass der Betrieb der Anlage vollzogen wird, wie die Bevölkerung, die Verwaltung und die Politik sich das vorstellen.

Darüber hinaus kann man weitere Sicherungen einbauen, die die eigentliche Nutzung des Grundstückes betreffen, die noch darüber hinaus gehen. Das ist aber ein Thema, das jetzt mit dem Bebauungsplan nicht unmittelbar etwas zu tun hat. Denn im Bebauungsplan, wie gesagt, setzen wir Baurecht um. Wenn Sie so wollen für jedermann, dem dieses Grundstück gehört. …

Insofern ist es für uns wichtig, einen Partner zu haben, mit dem man einen Vertrag schließen kann, der in diesem Fall dann das NVV-Konsortium wäre.

BZMG: Beispielsweise …

Wurff: Beispielsweise – könnte natürlich auch jemand anderes sein.

BZMG: Das heißt aber nicht: kein Vertragspartner, kein Bebauungsplan? Den Bebauungsplan können Sie sowieso erstellen?

Wurff: Richtig.

BZMG: Da brauchen Sie keinen Betreiber. Würde natürlich wenig Sinn haben. Heißt aber auf der anderen Seite, wenn jemand da ist, der das machen will, machen sie den Bebauungsplan dazu … und den Städtebaulichen Vertrag. Muss dieser Grundstückseigentümer dann auch bauen? Oder kann er sagen: Mache ich im Moment nicht. Ist das seine freie Entscheidung, gibt es da nicht nur ein Baurecht, sondern eine Baupflicht?

Wurff: Eine Baupflicht kann man sicherlich nicht einbauen, da müsste es ein öffentliches, sehr vitales Interesse daran geben, dass diese Biogasanlage dort unbedingt erstellt wird.

Dieses Interesse kann ich im Moment nicht erkennen. Wir sind nicht gegen eine solche Anlage, die Politik möchte, dass diese Anlage ermöglicht wird. Sonst hätte sie nicht den Aufstellungsbeschluss für diesen Bebauungsplan getroffen. …

Was jetzt passiert ist, dass wir das Baurecht schaffen. Abstrakt. Dass wir aber natürlich dieses Baurecht – und so habe ich Politik verstanden – nicht als Angebot schaffen würden, für egal wen, sondern für Partner, die wir kennen, mit denen wir auch einen Städtebaulichen Vertrag schließen können.

Hätte ich den Bebauungsplan lediglich als Angebot für jedermann, hätte ich nicht die Chance Einfluss zu nehmen. Z.B. darauf, dass eben kein genmanipuliertes Substrat verarbeitet wird.

Ich glaube, dass dieser Bebauungsplan, hätte man keinen Partner, auch nicht zur Rechtskraft gelangen würde. Denn, so hat sich die Politik auch geäußert, wir brauchen einen Partner, mit dem wir klare Vereinbarungen treffen können, die eben solche Dinge ausschließen die sie gerade beschrieben haben. Nur dann würde dieser Bebauungsplan überhaupt Rechtskraft erlangen.

Ich wage einmal die Prognose, dass, hätten wir keinen Partner, der dort tatsächlich etwas umsetzen will, nämlich diese Biogasanlage, würden wir diesen Bebauungsplan nicht zur Rechtskraft kommen lassen und damit hätten wir kein Baurecht.

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