Neue Windkraftanlagen in Mönchengladbach: Hat die NEW die „Büchse der Pandora“ geöffnet?

Bernhard Wilms [ - Uhr]

Pandora, die von Zeus aus Rache wegen des Feuerdiebstahls von Prometheus in die Welt gebracht wird, erhält von diesem eine Büchse, die die Hoffnung aber ansonsten nur die Übel der Welt enthält.

Nach ihrer Heirat mit Epimetheus (= der nachher Bedenkende), dem Bruder des Feuerdiebes Prometheus (= der vorher Bedenkende), öffnet Pandora die Büchse (andere Übersetzungen sprechen von einem Fass oder Krug) und alle Übel entweichen in die Welt. Bevor die Hoffnung heraus gekommen wäre, klappte sie den Deckel wieder zu.

Dumm gelaufen würde man heute sagen.

Wer nicht hören will, muss fühlen ebenso, denn Prometheus hatte seinen erst nacher alles bedenkenden Bruder vor Pandora samt Behältnis gewarnt, da von Zeus nicht Gutes zu erwarten war.

Leider wahr, aber zu spät.

Wir schlagen uns bis zum heutigen Tag oft mit mehr oder weniger hoffnungslosen Problemen herum. Wie aktuell den beiden von der NEW in Hardt und Buchholz geplanten jeweils zwei Windkraftanlagen, gegen die die Anwohner Sturm laufen.

Nun ist es unerheblich, wer in Mönchengladbach den Zeus gab, die NEW scheint jedoch in die Rolle des Epimetheus (nachher Bedenkenden) geschlüpft zu sein und ließ zu, dass Pandora die „Windkraftbüchse“ ohne Bedenken öffnete .

Wenn alles schlecht läuft und es am Ende zu einem Verwaltungsgerichtsverfahren kommt, könnte es sein, dass nun noch einmal das gesamte Stadtgebiet hinsichtlich potenzieller Standorte für neue Windkraftanlagen untersucht werden muss, sollte die NEW weiter an ihren beiden Vorhaben festhalten.

Das ist nämlich eine Schlussfolgerung aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, die am 13.12.2012 verkündet wurde.

Das Verfahren beruht auf einer Normenkontrollklage eines Unternehmens der Windkraftenergiebranche, das auf Flächen außerhalb  von durch eine Gemeinde ausgewiesenen Gebieten für Windkraftnutzung, Windkraftanlagen errichten wollte.

In der Entscheidung macht das Gericht deutlich, dass die Kommune im Rahmen ihrer Planungen nach „harten“ und „weichen“ Tabuzonen für Windkraftanlagen zu unterscheiden hat.

„Harte“ Tabuzonen eignen sich von vorne herein nicht für Windenergieerzeugung, bei „weichen“ können weitere Abwägungen dazu führen, dass sich diese Zonen für die Windkrafterzeugung eignen.

Es genügt jedoch nicht, dass eine Kommune pauschal Zonen ausschließt. Sie muss das WARUM auch für jede Fläche ausführlich erläutern. Soweit eine Interpretation des gerichtlichen Entscheidungstextes.

Das seinerzeitige Gutachten zur Ausweisung der Mönchengladbacher „Windkraftvorrangflächen“ hat die „harten“ und „weichen“ Kriterien mit berücksichtigt.

Diese sind in die Bewertung und die spätere Entscheidung des Rates für Wanlo und Pieperlohhof eingeflossen.

Ob die damaligen Erläuterungen einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung stand halten, wird sich möglicherweise noch zeigen.

Dies alles müsste dem Vorstand der NEW bekannt gewesen sein. Ebenso hätte er die seit Februar 2011 laufenden verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen kennen müssen.

Warum dennoch sicherlich nicht geringe Beträge für ein nun möglicherweise nutzloses Gutachten ausgegeben und nicht die Entscheidung des Gerichts abgewartet wurde, ist nicht nachvollziehbar.

Sollte dem NEW-Vorstand das Verfahren (Normenkontrollklage) bekannt gewesen sein, stellt sich die berechtigte Frage, ob dieser den Aufsichtsrat unter Vorsitz des SPD-Fraktionsvorsitzenden Lothar Beine (SPD) über diesen Sachverhalt pflichtgemäß unterrichtet hat.

Da es müßig ist, Lothar Beine oder andere Mitglieder des NEW-Aufsichtsrates danach zu fragen, weil sie sich auf die „Schweigepflicht“ berufen werden, bleibt diese Frage offen und bietet ein weiteres Feld für Annahmen.

Sollte der Aufsichtsrat nicht informiert worden sein, kommt dies einer Verletzung der Informationspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat gleich.

Bislang konzentrierten sich sowohl NEW-Vorstand als auch –Aufsichtsrat in ihren öffentlichen Aussagen auf das faunistische Gutachten, zu dem nach NEW-Angaben nunmehr ein „Entwurf eines Zwischenberichtes“ vorliegen soll, der öffentlich nicht zugänglich ist.

War die Planungsverzögerung in Wirklichkeit gar nicht (nur) das fehlende Gutachten, sondern (auch) die Tatsache, dass die von der NEW ausgewählten neuen Windkraftgebiete planungsrechtlich anfechtbar sein könnten?

Sollte es sich bei diesem (fehlenden) Gutachten um eine „Nebelkerze“ handeln?

Abgesehen davon erscheint nun auch die unwahre NEW-Behauptung, die Stadt hätte der halbstädtischen Tochter die „Vorgabe“ gemacht, nur den Bereich westlich der A61 untersuchen zu lassen, in einem vollkommen neuen und hellerem Licht.

Hätte es wirklich diese „Vorgabe“ gegeben, läge der „schwarze Peter“ jetzt bei der Bauverwaltung, weil diese dann nicht nur gegen den Ratsbeschluss aus 2003 verstoßen, sondern auch noch anhängige Gerichtsverfahren nicht berücksichtigt hätte.

Da es also eine „Vorgabe“ nicht gegeben hat, wie die NEW in ihrem Forum schlussendlich bestätigte, liegt die Verantwortung für alle Versäumnisse in Sachen „Neue Windkraftanlagen“ bei der NEW und damit bei ihrem Vorstand.

Damit aber auch die Verantwortung für die Kosten, die bei sachgerechter Planung und Abwägung hätten vermieden werden können.

Diese sind „ergebniswirksam“ und nehmen damit auch Einfluss auf den Jahresabschluss der NEW, so dass die Ausschüttung an die Stadt (über die EWMG) sich reduziert und damit auch auf den städtischen Haushalt auswirkt.

Dass die NEW in ihrer gestrigen Presseerklärung mitteilt, dass „aufgrund sich ändernder rechtlicher Rahmenbedingungen frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2014 über die Beantragung eines Bauleitplanverfahrens entschieden werden kann“, (Zitat Ende) lässt dreierlei vermuten:

  1. NEW-Vorstand und –Aufsichtsrat und die dem Aufsichtsrat angehörenden Parteien (einschließlich OB Norbert Bude, SPD) wollen das Thema „zusätzliche Windkraftanlagen“ aus dem Kommunalwahlkampf heraus halten
  2. NEW-Vorstand und –Aufsichtsrat wollen sich „sang- und klanglos“ von diesem Projekt verabschieden.
  3. NEW-Vorstand und –Aufsichtsrat wollen die Entwicklung rund um das JHQ abwarten und ggf. dort einen neuen „Versuch“ unternehmen.

Ersteres dürfte angesichts der undurchsichtigen und für die Betroffenen unsicheren Situation kaum gelingen.

Eine Überprüfung der „sich änderenden Rahmenbedingungen“ für die beiden geplanten Standorte dürfte bei der Vehemenz, mit der die NEW bisher versucht, diese beiden Maßnahmen voranzutreiben kaum 12 Monate in Anspruch nehmen.

Deshalb ist nicht nachvollziehbar, warum die Entscheidung erst „frühestens“ in der zweiten Jahreshälfte 2014, wie in der Presseerklärung erläutert, fallen soll. Gilt hier vielleicht: aus dem Fokus der Öffentlichkeit, aus dem Sinn, und das Vorhaben soll dem Vergessen anheim fallen?

Ob es auf dem JHQ-Gelände jemals Windkraftanlagen geben kann, ist angesichts der Tatsache, dass solche Anlagen als Industrieanlagen einzustufen sind, wie Landesumweltminister Remmel in einem BZMG-Interview deutlich machte, keinesfalls sicher.

Dies dürfte nicht zuletzt von der zukünftigen Ausweisung und Nutzung des übrigen JHQ-Geländes abhängen.

 

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