Von Haudegen, alten Hasen und Bürgern

Glossi [ - Uhr]

haudegenMit Haudegen bezeichnet man landläufig kampferprobte Militärs, die sich durch waghalsige und teilweise tolldreiste Art auszeichnen, sehr mutig Risiken eingehend. Wenn jemand einen anderen als „Haudegen“ tituliert, schwingt manchmal auch etwas Ehrfurcht mit. Manchmal!

Wenn jemand sich selbst als „Haudegen“ bezeichnet, geschieht das meist mit dem Ziel, deutlich zu machen: “nur mit mir geht’s“ oder „werdet erst mal so alt wie ich“ und vor allem: „meine Erfahrung habt Ihr noch lange nicht“!

Alte Hasen? Das sind die besonders gewitzten, die, die Haken schlagen und verwirren können, ohne sich auch nur einen Millimeter bewegt zu haben. Die in sich ruhen und trotzdem ordentlich austeilen, um nicht zu sagen „auskeilen“.

Ja, vor alten Hasen, den so ruhig und unscheinbar wirkenden, sollte man sich in acht nehmen. Mit denen ist oft nicht zu spaßen. Sie können so ungenießbar sein, wie ein echter alter, in der freien Wildbahn vorkommender vierbeiniger Kollege.

Fragen sie mal einen Jäger. Der wird es bestätigen. Da helfen keine Tricks und noch so langes „Weichkochen“ – die bleiben, meistens, zäh wie Leder und ungenießbar.

Eben wie die zweibeinigen menschlichen Namensvettern, auf die man immer wieder mal trifft und Gefahr läuft, sich, sprichwörtlich, an ihnen die Zähne auszubeißen.

Da hilft nur Beharrlichkeit und mindestens genauso viel Geduld. In beiden Fällen oft nur ein Weichklopfen.

Beide – „Haudegen“ und „alte Hasen“ – sind meist nicht mehr so ganz frisch. Das liegt logischerweise am Alter, was an sich nichts Schlimmes wäre.

Wenn ja, wenn, da nicht noch eine sehr eigenwillige Gesinnung hinzu käme, die meist durch entsprechend zur Schau getragenes Verhalten abgerundet wird. Dann ist äußerste Vorsicht geboten!

Beiden ist eins gemein: Es schwingt „Macht“, „Machtstreben“, „Machtbewusstsein“ und „Machtausübung“ mit.  Und dann kommt diese ganz spezielle Note hinzu. Denn „Macht haben“ hat oft auch viel mit Arroganz zu tun.

Arroganz, die sich nicht selten aus einer grenzenlosen Selbstüberschätzung speist, durch die der Protagonist meint, einzigartig und unersetzlich zu sein, seine Mitmenschen abwerten zu müssen, über sie abschätzig spricht und schlussendlich die Wirklichkeit verzerrt.

Denn meist, ließ man diese Typen gewähren ohne ihnen Paroli zu bieten. Teils aus Respekt, teils weil sie andere sowieso nicht „mitspielen“, schon gar nicht in ihre Karten gucken lassen! Wo käme man da auch hin?

Was aber hat das mit Mönchengladbach zu tun, was mit den Bürgern?

Nun, mit Mönchengladbach an sich wenig. Viel jedoch mit den Protagonisten, ob im Karneval, im Brauchtum, in Sozialorganisationen, in Verwaltung und Politik.

Überall gibt es sie die „alten Haudegen“ und „alten Hasen“. Dort wo sie sind, wollen sie bleiben und entsprechend respektiert und vor allem hofiert werden.

Insbesondere letzteres lieben sie. Große Auftritte sind ihr Element. Sie sind es gewohnt, dass alle bemüht sind, sich nach ihnen zu richten. Das ist ungeschriebenes Gesetz!

Was hat das nun mit dem Bürger „an sich“ zu tun? Nun, Bürger, das ist eine ganz spezielle Spezies, die sich in den letzten Jahren immer mehr anmaßt eine Meinung zu haben.

Sich gar emanzipiert!, Wissen ansammelt, es bündelt, sich kompetent macht und sich auch noch (!) entsprechend artikuliert.

Das stört besonders die „alten Haudegen“. Denn alles, was auch nur den Eindruck erwecken könnte, die Bürger würden an ihrer Macht rütteln, ist ihnen zuwider.

Wo kommen wir da hin? Zwergenaufstand?

Der Legende nach soll Archimedes nach der Eroberung von Syrakus dem römischen Soldaten, der ihn festnehmen sollte und ihn gerade beim Zeichnen geometrischer Figuren im Sand störte, zugerufen haben: Noli turbare circulos meos („Störe meine Kreise nicht!“). Der Soldat soll daraufhin dermaßen in Rage geraten sein, dass er Archimedes erschlug.

Nun wird der Bürger nicht gerade zu solchen „finalen“ Mitteln greifen, aber im übertragenen Sinne ist er manchmal nicht weit davon entfernt, wie in jüngster Vergangenheit vielfach festzustellen war, und in Teilen in der BZMG-Themenreihe „Symptome der Macht“ und an anderen Stellen wiederzufinden ist.

Und damit sind wir schon bei der Mönchengladbacher Kommunalpolitik angelangt und verbinden damit auf den ersten Blick die jahrelang von der CDU besetzten „Machtzentren“. 

Unter dem Deckmantel der „politischen Verantwortung für die Stadt“ wurde Macht – nicht selten im schlechten Sinne – ausgeübt. Die Bürger als Individuen und in ihrer Gesamtheit spielten eine eher untergeordnete Rolle und waren erst vor Wahlen wieder interessant.

Eben: „Stört meine Kreise nicht!“

Je länger diese CDU/FDP-Zeit nun vorbei ist, umso deutlicher werden Vermutungen zur Gewissheit, dass „Selbstbedienung“ und „Klientelpolitik“ die eigentliche „Leitkultur“ waren.

Dass diese „Leitkultur“ (Leidkultur?) sich mit der „Klientelpolitik“ der FDP deckte, lag auf der Hand und hat auch dazu geführt, dass diese Liaison so lange hielt.

Als die „alten Hasen“ in der FDP erkannten, dass sich der (Wähler-)Wind drehen und die „alten Haudegen“ zudem innerhalb der CDU an Macht verlieren würden, zogen sie – für sie rechtzeitig – die Reißleine und fanden dazu in „Giesenkirchen 2015“ einen willkommenen Anlass.

Man ist schließlich flexibel.

Bekanntlich fand die FDP dann auch in der „Ampel“ eine neue „Heimat“, in der sie ihre „Klientelpolitik“ fortzusetzen hofft(e). Um das abzusichern, hat man sehr intensiv auch hinsichtlich der Regeln zur Zusammenarbeit „die Feder geführt“.

So entstanden ab Zeile 854 der Kooperationsvertrag interne „Abstimmungs­verein­barungen“, die das Zustandekommen von „Ampel-internen Mehrheitsentscheidungen“ geradezu ausschließen.

Dass die FDP die einzige Fraktion war, die Kooperationserfahrungen mitbrachte, kam ihr dabei sehr zugute. Auch dass bei der Nichteinhaltung auch nur eines dieser sieben „Regelungspunkte“ das Ende der Kooperation „droht“.

„Politik ist die Kunst des Möglichen“, wird Konrad Adenauer gerne zitiert.

Überträgt man diesen Spruch auf die aktuelle Situation der „Ampel“, muss man sie umformulieren: „Politik in der Ampel ist die Kunst des Unmöglichen“.

Ist vielleicht etwas überspitzt formuliert, trifft aber auf viele Fragen aktuell anstehender Entscheidungen zu.

Da gibt es z.B. einen Verkehrentwicklungsplan (VEP), zu dem die FDP in persona Dr. Jansen Winkeln sich strikt weigert, über Tempo-30-Strecken und eingeschränkte Lkw-Durchgangsverkehre zu diskutieren, geschweige sie gar einer detaillierten Betrachtung zu unterziehen.

Bürger unerwünscht!

Da gibt es eine Methangas-Anlage, zu der die Grünen sich nach intensiverem Nachdenken und Wegdenkens der Silbe „Bio“ in einer meinungsbildenden Diskussion wiederfinden.

Für Lothar Beine (SPD) war die Sache mit der Methangas-Anlage schon „so gut wie durch“und eigentlich nur noch „was zum Durchwinken“.

Etwas, das „seiner“ NVV mit fetten, auf 20 Jahre sicheren Subventionen helfen soll: “mittel- bis langfristig das Ergebnis zu verbessern“. So stand es zumindest in der Beschlussvorlage für den Rat der Stadt Mönchengladbach.

Was immer das heißen mag und sich doch hoffentlich auch in der Realität zum (finanziellen) Wohle der Bürger dieser Stadt auswirken wird! Nichts Genaues weiß man nicht …

Die FDP befasste sich nur oberflächlich mit der Sache. Schließlich hatten die „alten Haudegen“ und „alten Hasen“ der Vergangenheit und vergangenen Koalition schon alles ausgekaspert und sich pro Methangas-Anlage entschieden.

Das war klar, das stand fest und das soll nun nur noch umgesetzt werden.

Sich da noch lange mit „zickenden“ Bürgern aufzuhalten, die selbstverständlich gar nicht wissen was für sie gut ist – das kann es doch wohl nicht sein! Liberal total!

Bürger von SPD und FDP unerwünscht!

Besonders störend werden die Befürworter der Methangas-Anlage in diesem Zusammenhang die Tatsache empfinden, dass die Bürger die Funktion und Möglichkeiten der Anhörungskommission des Planungs- und Bauausschusses doch tatsächlich ernst nehmen, und viele von ihnen auf ihr Recht einer individuellen Anhörung pochen werden.

Da könnten auch „Haudegen“ oder „alte Hasen“ trotz eventuell langer„Vorreden“ und ausführlicher „Belehrungen“ noch eine Lehrstunde in Bürgerbeteiligung erwarten.

Das könnte noch spannend werden!

Bürger unerwünscht?

Das wollte ich nur mal gesagt haben.

Euer Glossi

Ein Kommentar zu “Von Haudegen, alten Hasen und Bürgern”
  1. Das ist doch mal ein echter Witz:

    Politiker müssen in einer „Anhörung“ zur Abwechslung mal Bürger in endlosen, lang ausschweifenden Reden ertragen, lange Belehrungen hinnehmen, ausschweifende und sich ewig wiederholende Erläuterungen in demütiger Haltung hinnehmen – und dabei auch noch interessiert und intelligent blicken.

    Schade, dass ich kein Redetalent habe.

    Die alten Hasen hören sich doch am liebsten selbst reden – und müssen nun mal Reden der Bürger duldsam anhören.

    Hoppediz-Erwachen in Wanlo – die Tollitäten laden ein zur Narrensitzung.

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