Kleine Tonnen passé? • Teil XVI: GroKo will keine Bürgerbeteiligung auf „normalem“ Weg • Streitpunkte „Mindest-Restvolumen 20 Liter“ und „35-Liter-Tonnen“ werden mags/GEM und GroKo noch lange „begleiten“ • Verwaltungsgericht gibt Bürgern Recht

Bernhard Wilms [ - Uhr]

[29.12.2017] Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben die am 21.12.2017 vom mags-Verwaltungsrat beschlossenen Regelungen zu einem Mindest-Restmüllvolumen von 20 Liter pro Person und Woche (ab 2019) in der städtischen Satzung und die Weigerung, den Bürgern zusätzlich eine 35-Liter-Tonne anzubieten, ein oder mehrere juristische Nachspiele.

Dazu muss man weder Jurist noch Prophet sein, noch eine Glaskugel zur Hand haben.

Dass es so kommen kann, darauf haben auch Fraktionskollegen von Dr. Hans Peter Schlegelmilch (CDU) und Felix Heinrichs (SPD) diese schon frühzeitig hingewiesen und sie auch entsprechend gewarnt.

Diese Warnung bezog sich keineswegs darauf, dass es ein Bürgerbegehren zum Erhalt der „Ringtonnen“ geben könnte. Vielmehr wollen die meisten Bürger die Wahl haben, welche (Roll-)Tonnen sie für ihre spezifische Entsorgung des Restmülls verwenden.

Dass die GroKo einen von den Grünen in der Ratssitzung am 20.12.2017 beantragten und von FDP und DIE LINKE unterstützten Ratsbürgerentscheid ablehnte, bei dem die Frage zur Abstimmung gestellt werden sollte: „Soll es eine Restmüllrolltonne mit einem nutzbaren Volumen von 35 Litern geben?“, zeugt von Uneinsichtigkeit, um nicht zu sagen Sturheit oder gar Ignoranz, und „Gutachtergläubigkeit“, die die Politik(er)verdrossenheit schüren, und sich auf Dauer durchaus auch auf andere GroKo-Projekte in Mönchengladbach übertragen könnte.

So wird man sich auf ein Bürgerbegehren einstellen dürfen, in dem genau diese Frage gestellt werden könnte.

Sollten etwa 8.500 Mönchengladbacher Bürger dieses Bürgerbegehren unterstützen (nach §26 der Gemeindeordnung NRW 4% der ca. 210.000 Wahlberechtigten), müsste sich der Rat erneut mit dem Thema „35-Liter-Tonnen“ befassen.

Bleibt die GroKo dann bei ihrer Ablehnung diese Tonnen zuzulassen und in der Satzung zu verankern, könnte ihr annähernd das blühen, was sie schon 1996 erlebt hatte, nämlich eine Niederlage in einem Bürgerentscheid).

Und die könnte Auswirkungen auf die 2020 anstehende Kommunalwahl haben, auch wenn die aktuellen Akteure ganz offensichtlich heute noch auf ein wenig ausgeprägtes Langzeitgedächtnis der Mönchengladbacher Wähler setzen.

Wenn das nicht – angesichts der gegenüber 1996 schnelleren und intensiveren Kommunikationswege – ein Trugschluss ist.

Ja. Ein Mindest-Restmüllvolumen ist sogar gewollt.

Diverse Verwaltungsgerichte sehen keine rechtlichen Bedenken gegen die formelle Wirksamkeit entsprechender Satzungsbestimmungen. Eine satzungsrechtliche Festlegung eines Mindestbehältervolumens sei also nicht zu beanstanden.

Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Gemeinde bei der Zuteilung des Behältervolumens im Rahmen ihres weit reichenden Organisationsermessens allgemeine Durchschnittswerte sowohl für den Ansatz des zu erwartenden Abfalls als auch für die Bereithaltung von Behältergrößen zugrunde legen darf.

Solche Satzungsregelungen würden nicht gegen das Landesabfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LAbfG NRW) verstoßen, wonach durch die Zuteilung eines bestimmten Mindest-Behältervolumens die Anreizfunktion der Gebührenbemessung zur Vermeidung, Getrennthaltung und Verwertung nicht unterlaufen werden dürfe.

Eine Klage vor einem Verwaltungsgericht gegen eine Passage als solche in einer städtischen Satzung dürfte zwar ins Leere laufen, nicht jedoch vorgegebene Größen des Mindest-Behältervolumens, wie die 20 Liter pro Person und Woche in Mönchengladbach.

Anders stellt sich die Situation dar, wenn es um die Festlegung von Mindest-Restmüllvolumen pro Person und Woche geht.

Mit diesem Thema hatte sich ein Verwaltungsgericht schon vor Jahren in mehreren Verfahren auseinandergesetzt. Damals hatten Bürger gegen eine Stadt geklagt, die in ihrer Satzung ein Mindest-Restmüllvolumen pro Person und Woche von 7,5 Liter festgeschrieben hatte.

Das VG entschied, dass das von der beklagten Stadt festgelegte Mindest-Restmüllvolumen pro Person und Woche von 7,5 Liter nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar sei.

Deshalb verstoße die satzungsrechtliche Regelung zum Mindest-Restmüllvolumen gegen das LAbfG NRW, das nach wie vor Gültigkeit hat.

Nach dem LAbfG NRW sei eine Stadt/Gemeinde zwar ermächtigt, in den Satzungen für einzelne Abfallfraktionen ein bestimmtes Mindest-Behältervolumen vorzuschreiben, es müsse aber darauf geachtet werden, dass die Anreizfunktion der Gebührenbemessung nicht unterlaufen werde.

Dieser gesetzlichen Vorgabe, Anreize zur Abfallvermeidung und –verwertung über die Gebührenbemessung zu schaffen, werde – so das Gericht – im konkreten Fall (7,5 Liter pro Person) nicht Rechnung getragen.

Maßgeblich stellt das VG darauf ab, dass bei der Festlegung eines Mindest-Restmüllvolumens pro Person und Woche, bezogen auf das konkrete Stadtgebiet, schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werden muss, aufgrund welcher Ermittlungen das Mindest-Restmüllvolumen ermittelt worden ist.

Nicht ausreichend zur Begründung eines Mindest-Restmüllvolumens sei der bloße Hinweis auf Volumenwerte, die zuvor von anderen Städten und Gemeinden im Lande angesetzt worden bzw. von den Verwaltungsgerichten schon einmal rechtlich unbeanstandet geblieben seien.

Verweise auf andere Kommunen seien, so das VG, nicht tragfähig, selbst wenn man unterstellt, dass die dort gefundenen Werte zuvor im Wege einer nachvollziehbaren Berechnung ermittelt und nicht ihrerseits schlicht Abfallentsorgungssatzungen anderer Kommunen entnommen worden sind.

Dieses folge daraus, dass sich die landesweiten Abfalldaten, insbesondere die Restmüllmengen pro Einwohner, von Kommune zu Kommune wegen der Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren so stark unterscheiden würden, dass sich Verallgemeinerungen und die Übertragung von Zahlen auf andere Städte und Gemeinden verbieten würden.

Im konkreten Fall kritisiert das VG, dass die beklagte Stadt bei der Festlegung des Mindest-Restmüllbehältervolumens nicht berücksichtigt habe, dass der Anteil der Bioabfälle an der Gesamtabfallmenge ca. 35% betrage.

Damals stellte das VG fest im konkreten Fall ein Mindest-Restmüllvolumen von ca. 6 Liter pro Person und Woche fest. Selbst mit diesem Wert sei, bezogen auf die konkrete Stadt, noch nicht der untere Bereich dessen erreicht, was durch die Vermeidung, Verwertung und Trennung von Abfällen möglich sei.

Würden weitere Einflussgrößen zusätzlich berücksichtigt (z.B. das Konsumverhalten, der Grad der Bereitschaft die Vorgaben des Abfallrechts, insbesondere der Kreislaufwirtschaft zu erfüllen, die Struktur des Wohngebiets, die konkrete Wohnsituation, die Zusammensetzung der Haushalte, das Alter und der Grad der Anwesenheit der Bewohner, das konkrete Abfalltrennungsverhalten), so würde bei einem Zusammentreffen mehrerer dieser entlastenden Einflussgrößen der damals gefundene Wert von 6 Liter pro Einwohner und Woche noch deutlich unterschritten werden können, weil weitere Abfallmengen wegfallen würden, die in den von der Kommune angenommenen Durchschnittswert pro Einwohner und Woche eingeflossen seien.

Das VG ging davon aus, dass ein Mindest-Restmüllvolumen pro Person und Woche konkret für das jeweilige Gemeindegebiet festzulegen ist.

Weiterhin sei auch zutreffend, dass die Festlegung eines Mindest-Restmüllvolumens pro Person und Woche schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werden können müsse.

Gleichwohl könne eine pauschale Berücksichtigung der Bioabfallmengen an der Gesamtabfallmenge im Rahmen der Festlegung des Mindest-Restmüllvolumens pro Person/Woche (auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Eigenkompostierung) nicht generell zutreffend sein.

Übertragen auf den „Fall Mönchengladbach“ kann das in der Konsequenz bedeuten, dass Anfang Januar 2019 (nicht 2018) – wie in den vergangenen Jahren – bei der mags viele hundert Widersprüche gegen die Festlegung der Mindest-Restmüllvolumen eingehen, weil es an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Berechnung zur Festlegung der 20 Liter pro Person und Woche fehlt.

Es sei denn, die mags liefert gerichtsfeste Ermittlungen nach, der mags-Verwaltungsrat ändert die Satzung an dieser Stelle und entgeht einem Bürgerbegehren (mit ggf. anschließendem Bürgerentscheid), indem sie auch eine 35-Liter-Tonne zulässt.

Zeit dazu haben beide hinreichend, nämlich 12 Monate.

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