E-Scooter im Linienverkehr: Verhandlung vor Bochumer Landgericht wegen „örtlicher Nichtzuständigkeit“ an Landgericht Dortmund verwiesen [mit Video & Audio]

Bernhard Wilms [ - Uhr]

Wie berichtet sollte am 30.10.2015 vor dem Bochumer Landgericht die Klage des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK) gegen die BOGESTRA, die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG, verhandelt werden.

Ähnlich wie in Lübeck klagt der BSK als anerkannte Verbraucherorganisation auch in Bochum gegen die Entscheidung der BOGESTRA, Menschen mit Behinderungen, die auf E-Scooter angewiesen sind, von der Beförderung in Bussen auszuschließen.

Auch die Mönchengladbacher NEW mobil & aktiv war einer entsprechenden Empfehlung des VDV – Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V.  gefolgt und nimmt in ihren Linienbussen keine E-Scooter mehr mit.

Grundlage der Empfehlung des VDV war eine bundesweit umstrittene Studie der STUVA (Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e. V., Köln) die ein ausschließlich auf „rechnerischen Nachweisen“ basierendes Gefährdungspotenzial prognostizierte.

Seit Ende Oktober 2015 liegt dem Bochumer Landesgericht ein von der Landesregierung NRW in Auftrag gegebenes Gutachten vor, das sowohl der BSK-Pressesprecher Peter Reichert, der Gelsenkirchener BSK-Beauftragte Manfred Liebich als auch der Hamburger Rechtsanwalt Lars Rieck, der den BSK sowohl in Schleswig-Holstein als auch in NRW vertritt, als Bestätigung der BSK-Positionen einschätzen.

Nicht die Tatsache, dass das neue Gutachten erst wenige Tage vor Verfahrensbeginn bei Gericht eingegangen war, sondern die Feststellung, dass das Landgericht Bochum „örtlich“ nicht zuständig ist, führte dazu, dass die Verhandlung nur etwa 5 Minuten dauerte und mit einer entsprechenden Erklärung der Vorsitzenden Richterin Sandmann endete.

Das Gericht verwies die Angelegenheit an das nunmehr „örtlich“ zuständige Landgericht Dortmund.

Im Vorfeld des Verfahrens hatte die BOGESTRA versucht, die Klage an das Verwaltungsgericht verweisen zu lassen, scheiterte jedoch daran, dass sich das Landgericht Bochum für zuständig erklärte.

Den Hintergrund dieser Verweisung am 30.10.2015 an das Landgericht erklärte der Gerichtssprecher vor der Presse damit, dass Richter und Anwälte eine NRW-spezifische Regelung, nach der Verbraucherschutzverfahren zentral beim Landgericht Dortmund zu verhandeln sind, entweder nicht gekannt oder übersehen hatten:

[audio: 15-10-30-bochum-statment-gerichtssprecher.mp3][ca. 4 Min]

Enttäuschung und Verbitterung der extra zur Verhandlung in das Bochumer Landgericht gekommenen Betroffenen, dass es nicht zur inhaltlichen Verhandlung kam, waren dementsprechend groß.

Darüber, zu den Hintergründen und zu weiteren Aspekten des Prozesses sprachen wir im Anschluss an die nur fünfminütige Verhandlung mit Manfred Liebich (BSK NRW), Rechtsanwalt Lars Rieck und dem BSK-Pressesprecher Peter Reichert in einem BZMG-Vis-á-vis-Interview:


Sie brachten die Enttäuschung der etwa 20 Betroffenen, die mit teilweise speziell ausgestattetetn E-Scootern und E-Rollstühlen zum Landgericht Bochum gekommen waren, zum Ausdruck, erläuterten die Funktion des BSK als einzigen Behindertenverband, der auch als Verbraucherverband anerkannt ist und drückten ihre Zuversicht aus, dass die Ergebnisse der neuen Studie die Busverkehrsunternehmen in nicht allzu ferner Zukunft zum Einlenken veranlassen.

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