Stadt Viersen: Kommunalaufsicht „kassiert“ Beschluss des Wahlausschusses

Hauptredaktion [ - Uhr]

logo-kreis-viersenDie Kommunalaufsicht des Kreises Viersen hat bei der Stadt Viersen Beschwerde gegen die Zulassung einiger Wahlvorschläge durch den Stadt-Wahlausschuss eingelegt. Das teilte der Pressesprecher des Kreises, Kaspar Müller-Bringmann, heute (Donnerstag, 23. Juli) mit.

Demnach seien die Wahlvorschläge für das Amt des Bürgermeisters der Wählergruppe Viersener Bürgervereinigung für bürgernahe Politik e.V. (Für VIE) sowie die Wahlvorschläge für die Wahl in den Wahlbezirken sowie die Reserveliste der Wählergruppe Für VIE, der Partei DIE LINKE sowie der Wählergruppe Bürgervereinigung Bund Sozialer Bürger, Freie Wähler (BSB) „nicht nach demokratischen Grundsätzen“ zustande gekommen.

Über die Beschwerde der Kommunalaufsicht muss nunmehr der Kreiswahlausschuss in einer Sondersitzung, voraussichtlich am Freitag, 31. Juli, entscheiden.

In der Begründung heißt es unter anderem, die handschriftliche Benennung der Kandidaten auf den Wahlzetteln stelle aufgrund der Möglichkeit, die Person des Abstimmenden zu identifizieren, einen Verstoß gegen den Grundsatz der geheimen Wahl dar.

Durch die geheime Abstimmung soll sicher gestellt werden, dass „von anderen gewünschte Ergebnisse“ nicht möglich sind. Könne der Wahlzettel einer bestimmten Person zugeordnet werden, so bestehe die Gefahr, dass nicht mehr unbeeinflusst abgestimmt wird.

Aufgrund des Sitzungsprotokolles des Stadt-Wahlausschusses sowie von Aussagen von Teilnehmern der Sitzung hatten die zurückgewiesenen Parteien und Wählergruppen ihre Listen in „nicht geheimer Wahl“ aufgestellt, so Pressesprecher Kaspar Müller-Bringmann.

„Verstöße gegen das Prinzip der geheimen Wahl konnten beim Aufstellungsverfahren der Parteien FDP und Bündnis 90/DIE GRÜNEN hingegen aufgrund des Sitzungsprotokolles nicht festgestellt werden.Deshalb hat die Kommunalaufsicht gegen diese Aufstellungen keine Beschwerde eingelegt, auch wenn diese Parteien trotz Aufforderung des Stadt-Wahlleiters ihre Wahlzettel nicht vorgelegt haben. Die Kommunalaufsicht geht davon aus, dass diese Wahlen nach Recht und Gesetz durchgeführt wurden. Entsprechende Eidesstattliche Erklärungen hatten die Parteien abgegeben“, so Kaspar Müller-Bringmann.

Weiter erläutert er: „Im übertragenen Sinne gilt hier das Rechtsprinzip der Unschuldsvermutung.“

Bereits am 16. Juli hatte der Kreiswahlausschuss des Kreises Viersen die Wahlvorschläge der Partei DIE LINKE für die Wahl des Kreistages wegen des Verstoßes gegen das Prinzip der geheimen Wahl zurückgewiesen.

Über einen etwaigen Einspruch DER LINKEN entscheidet der Landeswahlausschuss am 30. Juli, also einen Tag vor der voraussichtlichen Sitzung des Kreiswahlausschusses, so der Pressesprecher.

Warum ist der Kreis mit dieser Angelegenheit befasst?

Der Kreis nimmt bei dieser Angelegenheit eine Doppelrolle ein. Zum einen übt er die allgemeine Aufsicht (Kommunalaufsicht) über die kreisangehörigen Städte und Gemeinden aus. In dieser Funktion kann der Kreis Viersen Beschwerde gegen die Entscheidung des Wahlausschusses der Stadt Viersen einlegen, Parteien und Wählergruppen trotz festgestellter Mängel bei der Aufstellung der Kandidatenlisten zu den Kommunalwahlen am 30. August zuzulassen.

Zum anderen entscheidet im konkreten Fall der Kreiswahlausschuss als zuständiges Gremium über diese Beschwerde. Seine Entscheidung ist für die Zulassung der Bewerber zur Wahl endgültig.

Worum geht es?

Knackpunkt ist das ordnungsgemäße Zustandekommen der Kandidatenlisten. Die Kommunalaufsicht bemängelt, dass bei der Aufstellung der Listen demokratische Prinzipien, namentlich der Grundsatz der geheimen Wahl, missachtet wurden. Das handschriftliche Eintragen von Vor- und Zuname auf den Stimmzetteln verstößt gegen diesen Grundsatz, da das Wahlverhalten des einzelnen Parteimitglieds auf dem Wahlparteitag durch die Identifizierbarkeit der Handschrift rekonstruiert werden kann.

Diese Wahlentscheidung soll jedoch – wie die des Bürgers an der Wahlurne – frei von der Sorge sein, dass andere Parteimitglieder nachvollziehen können, wie er oder sie gewählt hat. Sonst wäre die Wahl nicht frei und unbeeinflusst.

Warum ist das wichtig?

Das Demokratieprinzip mit seinen Grundsätzen der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl ist eines der höchsten Güter der Bundesrepublik Deutschland.

Gerade der Grundsatz der geheimen Wahl gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Kernbestand an elementaren Verfahrensgrundsätzen, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlgangs sein kann: „Halten die Parteien bei der Wahl der Vertreterversammlung oder der Wahlkreis- und Listenkandidaten diese elementaren Regeln nicht ein, so begründet das die Gefahr der Verfälschung des demokratischen Charakters der Wahl bereits in ihrer Grundlage und damit einen Wahlfehler“, so das Bundesverfassungsgericht.

Dieser wäre im Übrigen im Wege der Wahlprüfung anfechtbar mit der Folge, dass die ganze Wahl wiederholt werden müsste.

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