„Paulus“ – Mendelssohn’s großes Oratorium in der Kaiser-Friedrich-Halle

Red. Theater [ - Uhr]

In der akustisch problematischen Kaiser-Friedrich-Halle wurde Mendelssohn’s Oratorium „Paulus“ aufgeführt. Ausführende waren Sophie Witte, Sopran, Eva Maria Günschmann, Mezzo, Simon Bode, Tenor, Rafael Bruck, Bariton.

In kleineren Partien Justus Seeger, Ingo Ziegler, Bass, der Niederrheinische Konzertchor, Mitglieder des Rheydter Kinderchor- und Jugendchors „Theo Lass“,   Niederrheinische Sinfoniker,

Choreinstudierung: Maria Benyumova,

Gesamtleitung: GMD  Mikhel  Kütson.

Der Paulus ist, wenn man die großangelegte Chorkantate  „Die erste Walpurgisnacht“,  1799 von Goethe gedichtet, 1832  schon von Mendelssohn im Elternhaus aufgeführt, 1843 überarbeitet, mit großem Erfolg aufgeführt, nicht als als Oratorium wertet, Mendelssohns erstes Oratorium.

Dass er, nachdem er Bachs Matthäuspassion gründlich studiert hatte, sie in etwas geänderter Form aufführte, in vielen Dingen zwar Bach nicht  kopierte,  aber Bachs Intentionen, seine Aufteilung nach Evangelisten, die schildernd, selten aber ins dramatischen Geschehen eingreifend, sangen, Chören, die den evangelischen Choral singend, aber auch dramatisch das Volk und andere Handelnde verkörperten,  ariose  Einlagen, zumal in der Partie des Paulus nachempfand, ist deutlich zu erkennen.

Vieles,  größtenteils bei den Solisten, wurde aber auch anders, so z.B in der Tenorpartie, wie auch in der Sopranpartie, kommt Bachs dramatischer <Johannespassion> näher.

Nicht zu übersehen ist aber auch, dass er die Symphoniae sacrae von Heinrich Schütz, den 3. Teil, die Bekehrung des Saulus  gekannt haben muss..

Dies alles hüllte er in die Klänge des romantischen Gefühls, des romantischen Orchesters ein. Viele Dinge, die seine Zeitgenossen wohl  verstört haben, wie z.B. die Worte Jesu von Frauenstimmen, bzw. Knabenstimmen singen zu lassen, waren und sind heute noch neu.

 Aufführungen, die hier mit barockem Klanggefühl,  eng mensurierten Bläsern,  vibratolosen Streichern  arbeiten, liegen bei Mendelssohn, trotz seiner Nähe zu Bach, nicht richtig.

Dann müsste man ja auch das „Deutsche Requiem“ von Brahms so aufführen, der die alten Meister bestimmt so gut, wenn nicht besser als Mendelssohn kannte. Gardiner hat es versucht, dazu die Altstimmen des Chores mit Countern besetzt. Das Ergebnis war schauerlich.

Damit zur Aufführung in der Kaiser-Friedrich-Halle. 

Wenn ich hier das Orchester, den Orchesterklang eventuell falsch beurteile, liegt es am Platz in der ersten Reihe. Differenzierungen, Feinheiten konnte ich von diesem Platz nicht erkennen.

Schon die ersten Takte des Orchesters, die sogenannte Ouvertüre, erkannte ich nicht wieder. Ein glanzloser, stumpfer Orchesterklang. Beim näheren Hinsehen entdeckte ich, das die Streicher „Non Vibrato“ spielten. Wurde vielleicht auch nur mit halben Bögen gespielt? Jede Lebendigkeit, jedes Blühen eines romantischen Klangs fehlten.

War es so von GMD  Mikhel  Kütson gewollt?

Jemand meinte in der Pause: Haben die Streicher auf Zigarrenkisten gespielt?

Armin Kaumanns schrieb in der Vorankündigung in der Rheinischen Post v. 20.11.2012, dass Kütson  „Warme Farben, die aber leicht klingen , obertonreiche Streicher, ein Hornklang, der sich zur Holzbläserfraktion orientiert“ avisierte, alles das konnte ich auf meinem Platz nicht hören.

Der Chor war für mich eine große Überraschung.  Äußerst präzise Ausführung auch der schwersten Chorstücke, deren nicht wenige sind. Die Fugen (reichlich in diesem Werk), liefen wie am Schnürchen. Die Protestantischen Choräle wurden klangschön musiziert.

Herrlich wäre es, wenn der Chor auch noch farbig singen könnte, dass heißt, die Worte mit Ausdruck versehen. Dies sollte bei guter Stimmbildung durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Ein großes Lob!

Der Kinderchor sang blitzblank und mit hervorragender Intonation.

Nun zu den Solisten:

Die schwere Sopranpartie dieses Werkes kam für Sophie Witte entschieden zu früh.  In der unteren Oktave „stehen“ die Töne nicht, sind substanzarm, nach oben wird die Stimme fester, aber mit steifen Ansätzen, ohne Vibrato angesungen.

Hierdurch entsteht eine große Unverständlichkeit des Textes. Die Arie „Jerusalem“ litt unter einem Sprachfehler, ein stimmhaftes „s“ entspricht nicht dem englischen „th“.  Da wäre noch Etliches zu verbessern.

Eva Maria Günschmann sang balsamisch die viel zu kurze Altpartie. Ihr hätte man viel länger lauschen können. Welch ein schöner Klang.

Der Tenor Simon Bode verfügt über einen perfekten Vordersitz der Stimme. Hierdurch ist es ihm möglich, die schwere Partie ohne Ermüdungserscheinung durchzustehen. Äußerst musikalisch gestaltet er die Texte und die Musik. Jedes Wort war zu verstehen,

Etwas langweilig finde ich das Timbre der Stimme. Technisch bedingt klingt es immer hell, weiss.

 Stimmungen gibt er durch schonungslosen Einsatz, nicht durch Farben der Stimme wieder. Hier ähnelt seine Stimme dem sogenannten “Heldentenor“  Klaus Florian Vogt, der immer wie ein emotionsloser, seelenloser Knabe  klingt, allerdings sehr viel schlechter als Simon Bode phrasiert.  Es wäre schade, wenn Bode so würde!  Trotz der kleinen Einschränkungen eine große Leistung.

Last, not least der Sänger der Titelfigur Paulus, der Bariton Rafael Bruck.

Ich gestehe, dass ich, nach der Operngala etwas voreingenommen, ihn als Paulus hörte. Aber das wurde bereits nach einigen Takten anders.

Er ist zweifellos die erfreulichste Erscheinung bei den Neuerwerbungen unseres Hauses. Perfekter Stimmsitz, warmes, dunkles Timbre, hervorragende Diktion und Artikulation, der Vortrag deutet auf den Liedersänger, der er hoffentlich ist oder sein wird. Grundmusikalische Darstellung der Figur. Einfach wunderbar!

Eine Wonne, ihm und Frau Günschmann ohne Einschränkung zuhören zu können.

Fazit: Eine Aufführung die mich trotz sehr schöner Einzelleistungen nicht zufrieden stellte.

Herbert Rommerskirchen

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